Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.08.2018, Az. 3 StR 145/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 4605

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Gegenstand

Anwendung des Verschlechterungsverbots auf die Einziehungsanordnung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2017 - soweit es ihn betrifft - dahin geändert, dass

a) im Fall IV. "II.4." ("Anrufblocker") der Urteilsgründe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr festgesetzt wird,

b) der Ausspruch über die Einziehung eines Geldbetrags in Höhe von 190.461,90 € entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen [X.]s in zwei Fällen unter Einbeziehung einer in einem Urteil des [X.] verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten sowie wegen Betruges zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt und die Vollstreckung beider Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Daneben hat es gegen den Angeklagten die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 190.461,90 € angeordnet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die - jeweils nicht ausgeführten - [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. Mit Urteil des [X.]s Düsseldorf vom 4. September 2014 war der Angeklagte wegen gewerbsmäßigen [X.] in drei Fällen und wegen "gewerbsmäßigen" Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 (3 [X.]) hat der Senat diese Verurteilung im Fall [X.] der Urteilsgründe hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe - unter teilweiser Aufrechterhaltung der Feststellungen - aufgehoben und im Schuldspruch zu Fall II.6. der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges schuldig ist. Das [X.] hat das Verfahren im Fall [X.] der Urteilsgründe nunmehr nach § 154 Abs. 2 [X.] eingestellt und hinsichtlich der Fälle II.3. und II.4. der Urteilsgründe die Strafverfolgung beschränkt, so dass ohne die Notwendigkeit, weitere Feststellungen treffen zu müssen, in diesen Fällen nur noch neue Einzelstrafen festzusetzen und unter Beachtung der Gesamtstrafenfähigkeit dieser Einzelstrafen mit derjenigen aus einem Urteil des [X.] vom 9. November 2012 eine Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung zu treffen war. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"Wegen der vorgenommenen Beschränkung unter Ausscheidung des Komplexes '[X.])' wollte die 17. [X.] des [X.]s Düsseldorf entsprechend dem Hinweis des Senats (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2015 - 3 [X.] -, juris Rn. 32) aus der gemäß § 55 Abs. 1 [X.] einzubeziehenden Freiheitsstrafe des [X.] vom 9. November 2012, der - rechtsfehlerfrei - neu festgesetzten Einzelstrafe im Fall 'II.3.' wegen gewerbsmäßigen [X.]s von einem Jahr (vgl. [X.] - 68, 75 - 77) sowie der für den [X.]' gleichfalls wegen gewerbsmäßigen [X.]s zu verhängenden Einzelstrafe eine Gesamtstrafe von einem Jahr und elf Monaten bilden ([X.]/vorletzter Absatz sowie Tenor des Urteils; bei den Ausführungen auf [X.]/Absatz 3 handelt es sich - wie die bereits in sich widersprüchlichen Bezeichnungen belegen - um ein offensichtliches Schreibversehen, siehe dazu auch nachfolgend). Allerdings hat die Kammer eine auf den ersten Blick sich erschließende eindeutige Bezifferung der Höhe der Einzelstrafe im Komplex 'II.4.' vergessen.

Dies kann der Senat jedoch in der beantragten Weise nachholen. Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 [X.] steht dem nicht entgegen. Dieses Verbot bezieht sich zwar beim Zusammentreffen mehrerer selbständiger Handlungen sowohl auf die Gesamtstrafe als auch die Einzelstrafen, aus denen diese gebildet ist. Voraussetzung dafür ist aber, dass überhaupt Einzelstrafen ausgesprochen worden sind. Ist dies - wie hier bezüglich des Tatkomplexes 'II.4.' - unterblieben, so liegt insoweit keine richterliche Entscheidung vor, deren Abänderung zum Nachteil des Angeklagten durch § 358 Abs. 2 S. 1 [X.] verboten ist (vgl. [X.] Beschluss vom 12. Juli 2016 - 3 StR 162/16).

Die Einzelstrafe für den [X.]' (gewerbsmäßiger [X.]) ist auf die dem Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 5 [X.] entnommene Mindeststrafe von einem Jahr festzusetzen. Denn aus der hypothetischen Sicht der 17. großen [X.] des [X.]s Düsseldorf ist - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats im Beschluss vom 1. Oktober 2015 (3 [X.], juris Rn. 30) - davon auszugehen, dass diese als Einzelstrafe im [X.]' die Mindeststrafe des Regelstrafrahmens (ein Jahr Freiheitsstrafe) festgesetzt hätte, wenn ihr der in ihrem Urteil enthaltene Rechtsfehler nicht unterlaufen wäre (vgl. zu diesem Aspekt [X.] in [X.] Kommentar, [X.], 7. Aufl., § 354 Rn. 10 m.w.N.). Dies ergibt sich zunächst daraus, dass das [X.] im Zusammenhang mit der Festsetzung der Einzelstrafe im [X.]' rechtsfehlerfrei einen minder schweren Fall i.S.d. § 263 Abs. 5 Alt. 2 [X.] ausgeschlossen hat ([X.], 76). Die Gründe gelten für den [X.]' entsprechend, zumal nach der erfolgten Beschränkung im [X.])' analog § 154a Abs. 2 [X.] auf den Vorwurf des versuchten (anstatt des vollendeten) gewerbsmäßigen [X.]s ([X.]; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., § 154a Rn. 7a m.w.N.) der kausal verwirklichte [X.] im [X.]' deutlich über demjenigen im [X.]' liegt (vgl. [X.]/Absatz 1). Es ist bereits deshalb sicher davon auszugehen, dass die [X.] - hätte sie nähere Ausführungen zur Strafzumessung im Komplex 'II.4.' gemacht - bei dieser Tat ebenfalls keinen minder schweren Fall angenommen und eine noch niedrigere Freiheitsstrafe als eine solche von einem Jahr verhängt hätte. Doch ergibt sich dies auch noch aus einem anderen Aspekt: Den Ausführungen auf [X.]/Absatz 3 im Gesamtzusammenhang mit weiteren Strafzumessungserwägungen ist zu entnehmen, dass die 17. große [X.] die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten aus der gemäß § 55 [X.] einzubeziehenden Freiheitsstrafe des [X.] vom 9. November 2012 von sechs Monaten, der neu gebildeten [X.] von einem Jahr für den Komplex 'II.3.' ([X.], 77) und einer weiteren [X.] von einem Jahr zusammensetzen wollte. Letztere wurde - wohl infolge eines Schreibversehens (und in Abweichung zu den Ausführungen auf [X.]/vorletzter Absatz) - nicht als Einzelstrafe für den Komplex 'II.4.' bezeichnet, sondern versehentlich als 'rechtskräftige Einzelstrafe von 1 Jahr Freiheitsstrafe betreffend den Betrug in Zusammenhang mit der Erschleichung von Krediten ([X.] 'II.6')' ([X.]/Absatz 3), die jedoch tatsächlich (und rechtlich zutreffend) als eigenständige Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und zwei Monaten separat bestehen blieb (vgl. Tenor [X.], [X.]; Beschluss des Senats vom 1. Oktober 2015 - 3 [X.]). Auch dies belegt, dass die [X.] die Gesamtfreiheitsstrafe aus zwei [X.]n in Höhe von je einem Jahr und der gemäß § 55 Abs. 1 [X.] einbezogenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bilden, mithin also für den Komplex 'II.4.' die Mindestfreiheitsstrafe des Regelstrafrahmens des § 263 Abs. 5 [X.] hat festsetzen wollen und dies auch getan hätte, wenn ihr der vorgenannte Rechtsfehler nicht unterlaufen wäre.

Die Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten bleibt hiervon unberührt; denn es ist im Hinblick auf die vorgenannten Erwägungen sicher auszuschließen, dass das [X.] eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte. Diese - auf einer Verständigung beruhende (vgl. [X.], 74) - Gesamtstrafe ist jedenfalls angesichts der beträchtlichen intendierten Gesamtschäden angemessen i.S.d. § 354 Abs. 1a S. 1 [X.] und bewegt sich am unteren Rande dessen, was noch als gerechter Schuldausgleich angesehen werden kann. Daher gefährdet es im Ergebnis den Bestand des Strafausspruchs auch nicht, dass die [X.] bei der Gesamtstrafenbildung auf [X.] auf eine sich inhaltlich nicht erschließende einschlägige Vorstrafe 'aus dem [X.] vom 09.11.2017' Bezug nimmt."

3

Dem schließt sich der Senat an.

4

2. Die [X.] hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand; ihr steht das von Amts wegen zu beachtende Verschlechterungsverbot aus § 358 Abs. 2 Satz 1 [X.] entgegen. Hierzu hat der [X.] ausgeführt:

"Im Urteil der 14. großen [X.] des [X.]s Düsseldorf vom 4. September 2014, gegen das ausschließlich der Angeklagte (und ein Mitangeklagter) Revision eingelegt hatten und das daraufhin mit Beschluss des Senats vom 1. Oktober 2015 (3 [X.]) teilweise aufgehoben wurde, war weder eine den Beschwerdeführer betreffende Verfallsanordnung noch - anders als bei Mitangeklagten (vgl. [X.], 124 des Urteils der 14. großen [X.] des [X.]s Düsseldorf vom 4. September 2014) - eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 [X.] (in der vom 1. April 2012 bis 30. Juni 2017 geltenden Fassung) getroffen worden. Das Verbot der Schlechterstellung erfasst aber auch die Entscheidung über Verfallsanordnungen ([X.], Beschluss vom 28. April 2015 - 3 [X.]) und Entscheidungen nach § 111i [X.] a.F. (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Oktober 2007 - 3 [X.]/07 -, juris Rn. 17). An deren Stelle sind die §§ 73 ff. [X.] in ihrer Fassung der Änderung durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 getreten. Für sie kann daher nichts anderes gelten (vgl. auch [X.], Urteil vom 20. September 2017 - 7 KLs 6052 Js 8343/16 (3) -, juris Rn. 51 - 56). Daher durfte aus Rechtsgründen keine [X.] mehr ausgesprochen werden. Aus diesem Grunde scheidet auch eine Zurückverweisung der Sache an eine andere [X.] aus. Vielmehr hat die [X.] endgültig und ersatzlos zu entfallen (vgl. [X.], Beschluss vom 28. April 2015 - 3 [X.])."

5

Auch dem folgt der Senat.

6

3. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 [X.]).

VRi[X.] [X.] ist wegen
Urlaubs gehindert zu
unterschreiben.

        

[X.]     

        

Spaniol

[X.]

                                   
        

     Berg     

        

Hoch     

        

Meta

3 StR 145/18

21.08.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Düsseldorf, 23. Oktober 2017, Az: 17 KLs 1/16

§ 111i StPO, § 358 Abs 2 S 1 StPO, § 55 StGB, § 73 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.08.2018, Az. 3 StR 145/18 (REWIS RS 2018, 4605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4605

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 194/19

2 StR 1/21

Zitiert

3 StR 102/15

3 Ws 560/07

Zitieren mit Quelle:
x

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