Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2015, Az. II ZB 13/14

II. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12025

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 13/14

vom

28. April 2015

in der Handelsregistersache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 4
Wird eine [X.] mit beschränkter Haftung durch die Eröffnung des [X.] über ihr Vermögen aufgelöst, kann sie nur in den in §
60 Abs.
1 Nr.
4
GmbHG genannten Fällen fortgesetzt werden.
[X.], Beschluss vom 28.
April 2015 -
II ZB 13/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 28.
April 2015
durch den
Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr. Bergmann
und den [X.] Prof.
Dr.
[X.], die
[X.]in
Dr.
[X.] sowie die [X.]
Dr.
Drescher
und
Born
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten gegen den Beschluss des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 1.
April 2014 werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu
1 ist eine im Handelsregister des [X.] eingetragene [X.] mit beschränkter Haftung. Über ihr Vermögen wurde durch Beschluss des [X.] vom 1.
April 2011 das Insol-venzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet. Am 10.
Mai 2011 wurde von Amts wegen die Auflösung der Beteiligten zu
1 in das Handelsregister ein-getragen. Das Insolvenzverfahren wurde durch rechtskräftigen Beschluss des [X.] vom 4.
Juni 2013 gemäß § 200 [X.] nach vollzo-gener [X.] aufgehoben. Dieser Umstand wurde am 8.
Juli 2013 in das Handelsregister eingetragen.
1
-
3
-

Der Beteiligte zu
2, Geschäftsführer und alleiniger [X.]er der [X.] zu 1, hat am 18.
Juli 2013 eine [X.]erversammlung abgehalten und die Fortsetzung der Beteiligten zu
1 beschlossen. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 18.
Juli 2013 hat er unter Vorlage der Niederschrift über den [X.]erbeschluss die Fortsetzung der [X.] angemeldet.
Das Registergericht hat die [X.]eldung zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Beteiligten wurden gleichfalls zurückgewiesen. Dagegen richten sich die vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbe-schwerden der Beteiligten.
II.
Die nach ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß §
70 Abs.
1 FamFG statthaften und auch im Übrigen zulässigen Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.
1.
Das Beschwerdegericht (OLG [X.], ZIP
2014, 1428 = GmbHR 2014, 874) hat zur
Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausge-führt:
Gemäß §
60 Abs.
1 Nr.
4 Hs.
1 GmbHG werde die [X.] mit be-schränkter Haftung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Nach § 60 Abs.
1 Nr.
4 Hs.
2 GmbHG könnten die [X.]er die Fortset-zung der [X.] beschließen, wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der [X.] vorsehe, aufgehoben werde. Diese Ausnahmefäl-le lägen nicht vor. Eine Fortsetzung sei dann ausgeschlossen. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass nach dem Vortrag der Beschwerdeführer sämtli-che Gläubiger der [X.], deren Forderungen zur Insolvenztabelle fest-2
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-

gestellt worden seien, vollständig befriedigt worden seien und sowohl das Stammkapital als auch weiteres Vermögen zur freien Verfügung der Geschäfts-führung stehe.
2.
Diese Ausführungen sind ohne Rechtsfehler. Wird eine [X.] mit beschränkter Haftung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] aufgelöst, kann sie nur in den in §
60 Abs.
1 Nr.
4
GmbHG genannten Fällen fortgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die [X.] über ein das satzungsgemäße Stammkapital
übersteigendes Vermögen verfügt und alle Gläubiger im Insolvenzverfahren befriedigt wurden.
a)
Eine verbreitete Auffassung im Schrifttum will bei einer Beendigung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH in anderen als in den in §
60 Abs.
1 Nr.
4
GmbHG genannten Fällen die Fortsetzung der [X.] nicht ausschließen (vgl.
[X.],
GmbHR 2003, 67, 71; Hacker/[X.], [X.], 761, 768 f.; [X.], [X.], 626, 627; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 7.
Aufl., §
60 Rn.
51; [X.]/K.
Schmidt/[X.], GmbHG, 11.
Aufl., vor §
64 Rn.
180
ff.; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., § 11 Rn.
154). Nach herr-schender Auffassung handelt es sich bei den durch §
60 Abs.
1 Nr.
4 GmbHG im eröffneten Insolvenzverfahren der [X.] eingeräumten Fortsetzungs-möglichkeiten um eine abgeschlossene Regelung (vgl.
[X.], GmbHR 2006, 91, 92; [X.], [X.], 1183, 1185; [X.], [X.], 278; [X.], [X.] 15/2014 [X.]. 2; [X.],
[X.], 31, 32
f.; [X.], [X.] 1/2015 [X.]. 2; [X.] in EWiR 2014, 645
f.; [X.] in [X.]/
[X.]/[X.], 3.
Aufl., [X.]. 10 Rn.
21; [X.].[X.].[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
62 Rn.
32; Henssler/[X.]/[X.], 2.
Aufl., GmbHG §
60 Rn.
74; [X.] in Baumbach/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
60 Rn.
95; Beckmann/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
60 Rn.
69; [X.]/Schmidt-7
8
-
5
-

Leithoff/[X.], GmbHG, 5.
Aufl., §
60 Rn.
76; [X.]/[X.], GmbHG, 8.
Aufl., §
60 Rn.
102; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, GmbHG, §
60 Rn.
128, 147; [X.]KommGmbHG/[X.], §
60 Rn.
273).
b)
Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig.
aa)
Für die [X.] des §
274 Abs. 2 Nr.
1 AktG hat der [X.] zum alten Konkursrecht bereits entschieden, dass eine Fortset-zung der [X.] nach Auflösung durch die Eröffnung des [X.] nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zulässig ist (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Oktober 2002
-
V
ZR
243/01, [X.], 382, 386). Für §
60 Abs.
1 Nr.
4 GmbHG gilt nichts anderes. Gegen eine Fortsetzungsmöglichkeit in anderen als den in §
60 Abs.
1 Nr.
4 GmbHG genannten Fällen spricht der Umstand, dass der Wortlaut der Norm im Zuge der Insolvenzrechtsreform des Jahres 1994 nicht erweitert wurde ([X.]KommGmbHG/[X.], §
60 Rn.
273; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, GmbHG,
§ 60 Rn.
147). Die Auffassung der Rechts-beschwerde, der Wortlaut sei weder eindeutig noch abschließend und der Ge-setzgeber habe keinen Anlass gehabt, die Regelung zu ändern, überzeugt da-gegen nicht. Denn die Frage einer Fortsetzungsmöglichkeit außerhalb der in §
60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG genannten Fälle war bereits unter der Geltung der Konkursordnung streitig (vgl.
[X.]/[X.], GmbHG, 8.
Aufl., §
60 Rn.
101 ff.).
Die Regelung in §
60 Abs.
1 Nr.
4 GmbHG ordnet nicht nur die Auflösung der [X.] im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermö-gen an, sondern sieht ausdrücklich die Möglichkeit der Fortsetzung vor, wenn das Verfahren auf Antrag der [X.] gemäß §§
212, 213 [X.] eingestellt wird oder nach Bestätigung eines Insolvenzplans, welcher den Fortbestand der 9
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-
6
-

[X.] vorsieht, aufgehoben wird. In diesen Fällen kann die [X.] durch einen Fortsetzungsbeschluss der [X.]er nach allgemeinen Grundsätzen fortgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat mit §
60 Abs.
1 Nr.
4
GmbHG zwei gangbare Wege aufgezeigt, die sowohl den Erhalt der [X.]-schaft als auch deren weitere Teilnahme am Marktgeschehen ermöglichen.
In den gesetzlich geregelten Fällen, sowohl bei der Fortsetzung der [X.] bei Wegfall der Insolvenzgründe
oder der Einstellung des [X.] mit Zustimmung der Gläubiger nach §§ 212, 213 [X.] als auch bei der Beendigung des Insolvenzverfahrens durch einen Insolvenzplan, beseitigt das Unternehmen (unter Mitwirkung seiner Gläubiger) die zur Insolvenz führen-de unternehmerische Krise und bleibt -
für die beteiligten Verkehrskreise er-kennbar
-
als wirtschaftliche Einheit aus Sach-
und Personalmitteln am Markt erhalten. Bei einer Beendigung des Insolvenzverfahrens nach [X.] gemäß §
200 [X.] besteht demgegenüber regelmäßig kein fortsetzungsfähiges Unternehmen mehr (vgl. [X.], [X.], 1183, 1185; [X.], [X.] 15/2014 [X.]. 2). Die Auflösungsfolge des § 60 Abs.
1 Nr.
4 GmbHG dient dem Gläubigerschutz
und es ist im Regelfall nicht zu erwarten, dass die [X.] in den nicht in §
60 Abs.
1 Nr.
4 GmbHG genannten Fällen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch über maßgebliches [X.]svermögen verfügt, welches eine Fortsetzung der [X.] ohne Gefährdung der Gläubiger rechtfertigen könnte (vgl. [X.], [X.] 15/2014 [X.].
2; [X.]/
[X.], GmbHG, 8. Aufl., § 60 Rn.
102; [X.]KommGmbHG/[X.], §
60 Rn.
273; [X.] in [X.]/[X.]/Winter, GmbHG, §
60 Rn.
147).
bb)
Eine Erweiterung der von Gesetzes wegen beschränkten Fortset-zungsmöglichkeiten wäre auch dann nicht geboten, wenn die Beteiligte zu
1 12
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über ein das satzungsgemäße Stammkapital übersteigendes Vermögen verfüg-te und alle Gläubiger im Insolvenzverfahren befriedigt worden wären.
Für eine solche Fortsetzungsmöglichkeit besteht schon kein Bedürfnis. Denn gerade nach Beseitigung der Insolvenzreife und nach der Befriedigung aller Gläubiger kann der Weg des §
212 [X.] beschritten und eine Einstellung des Insolvenzverfahrens wegen Wegfalls des [X.] herbeigeführt werden. Danach kann die Fortsetzung der [X.] beschlossen werden.
Lassen die Beteiligten diese gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der Fortsetzung ungenutzt, ist kein Grund dafür ersichtlich, eine nicht im Gesetz vorgesehene Möglichkeit zur Fortsetzung der
[X.] durch einen schlich-ten Fortsetzungsbeschluss zu eröffnen (vgl. [X.], [X.], 278, 279; [X.], [X.] 15/2014 [X.].
2; [X.]KommGmbHG/[X.], §
60 Rn.
273; [X.]/Schmidt-Leithoff/[X.], GmbHG, 5.
Aufl., §
60 Rn.
76). Dagegen spricht vielmehr, dass anders als im Fall des §
212 [X.] dann keine gerichtliche Prüfung stattfindet, ob die Insolvenzreife überwunden ist, §
212 Satz 2 [X.] (vgl. [X.].[X.].[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
62 Rn.
33;
Henssler/[X.]/[X.], 2.
Aufl., GmbHG §
60 Rn.
74; [X.]Komm
GmbHG/[X.], §
60 Rn.
271; [X.]/Nerlich, GmbHG, 2.
Aufl., §
60

14
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-
8
-

Rn.
360; zur gerichtlichen Prüfung [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, §
212 [X.] Rn.
11 ff.).

Bergmann
[X.]
[X.]

Drescher
Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.09.2013 -
HRB 540 GE -

OLG [X.], Entscheidung vom 01.04.2014 -
2 W 89/13 -

Meta

II ZB 13/14

28.04.2015

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2015, Az. II ZB 13/14 (REWIS RS 2015, 12025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12025

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