Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2003, Az. V ZR 437/01

V. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4077

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:7. März 2003K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB § 463 Satz 2 a.[X.] die Kenntnis offenbarungspflichtiger Umstände voraussetzt, kann [X.] Tatrichter nicht mit der Feststellung begnügen, der Verkäufer habe sich der"Kenntnis bewußt verschlossen". Ausreichend ist demgegenüber, daß der [X.] Umstände zwar nicht positiv kennt, ihr Vorhandensein aber für möglich hält [X.] nicht offenbart, obwohl er weiß oder billigend in Kauf nimmt, daß die Umständefür die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sind.[X.], Urt. v. 7. März 2003 - [X.]/01 - [X.][X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.], Prof. Dr. [X.], [X.], [X.] Dr. Schmidt-Räntschfür Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. [X.] Oberlandesgerichts [X.] vom 21. [X.] im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum [X.] Beklagten erkannt worden ist.In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten [X.] Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 9. Mai 1996 kaufte der Kläger von dem [X.] für 290.000 DM eine Eigentumswohnung in dem [X.]in [X.]. Der Vertrag enthält einen Gewährleistungsausschluß für [X.] von Grund und Gebäuden sowie die Versicherung des [X.], daß ihm keine versteckten Mängel des Gebäudes bekannt seien unddaß er keine ihm bekannten Mängel verschwiegen habe. Die Wohnung wurdeim Juni 1996 übergeben.- 3 -Bei dem Nachbarhaus, [X.], das ebenfalls dem [X.], waren 1992 Setzungen und Risse aufgetreten, die auf ein unter [X.] befindliches Wurzelwerk zurückzuführen waren. Dieses hatte demErdreich Wasser entzogen und Schrumpfungen des Bodens und damit Erdbe-wegungen verursacht, denen das Mauerwerk nicht standgehalten hatte.Im März 1996 stellte der seinerzeit von dem Beklagten beauftragte [X.] Dr. St. auch im [X.] des [X.] 62 [X.]. Mit Schreiben vom 22. April 1996, von dem der Beklagte erst im Juni oderJuli 1996 Kenntnis genommen haben will, teilte [X.]diesem mit, daßauch der Boden unter dem [X.] mit vitalen Wurzeln durchzo-gen sei, die zu Setzungen und Rissen führen könnten.Im Jahre 1997 kam es zur Bildung von Rissen im Mauerwerk des [X.] 62. Schadensursache war eine Verwurzelung des Abwasser-kanals. Die Kosten für die Beseitigung betrugen anteilig für den [X.] [X.] 1998 verlangte der Kläger Rückabwicklung des Kaufvertrages [X.] weitergehender Schäden unter dem Gesichtspunkt des § 463 BGB a.[X.] auf Zahlung von zunächst 356.477,04 DM nebst Zinsen, Zug um [X.] Rückübertragung des Wohnungseigentums, gerichteten Klage hat [X.] in Höhe von 313.296,09 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Ober-landesgericht hat den zu zahlenden Betrag auf 334.719,13 DM nebst Zinsenerhöht. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantragweiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des [X.] 4 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hält die Klage - ohne die Norm allerdings aus-drücklich zu nennen - unter dem Gesichtspunkt des § 463 Satz 1 BGB a.F. fürbegründet. Es meint, der Beklagte habe "arglistig ... zugesichert, daß ihm keineversteckten Mängel des Gebäudes bekannt seien und daß er keine ihm be-kannten Mängel ... verschwiegen habe". Diese Zusicherung sei falsch, da [X.] Beklagte jedenfalls so behandeln lassen müsse, als sei ihm bekannt gewe-sen, "daß sich wegen der Durchwurzelung des Untergrundes des [X.] eine erhöhte Gefahr von Setzungen des Bodens unddamit eine Gefahr von Entstehen von Schäden an Gebäudebestandteilen ...des Gemeinschaftseigentums bekannt gewesen seien" (gemeint ist wohl: [X.] solche Gefahr bestanden habe).II.Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.1. Die Annahme, der Beklagte hafte wegen Fehlens einer zugesichertenEigenschaft, § 463 Satz 1 BGB a.F., ist verfehlt. Die Versicherung in dem [X.], keine versteckten Mängel zu kennen und keine bekanntenMängel zu verschweigen, stellt keine Zusicherung einer Eigenschaft der Kauf-sache dar (Senat, Urt. v. 9. November 1990, [X.] 194/89, NJW 1991, 1181,1182; Urt. v. 22. November 1991, [X.] 215/90, NJW-RR 1992, 333; Urt. [X.] -3. März 1995, [X.] 43/94, NJW 1995, 1549). Sie bedeutet nicht die Gewähr-übernahme für das Fehlen von Mängeln, sondern enthält eine Aussage zumKenntnisstand und zur Redlichkeit des Verkäufers.2. Soweit das Berufungsgericht von einer "arglistigen Zusicherung" aus-geht und dadurch und durch Bezugnahme auf Ausführungen des [X.] arglistigen Verschweigen eines Mangels zum Ausdruck bringt, daß [X.] die Voraussetzungen einer Haftung nach § 463 Satz 2 BGB a.F. für ge-geben erachtet, ist ihm nach den bisher getroffenen Feststellungen ebenfallsnicht zu folgen.a) Die Haftung nach dieser Vorschrift setzt voraus, daß der [X.] zum Zeitpunkt des Kaufs vorhandenen Fehler der Kaufsache arglistigverschwiegen hat. Als Fehler sieht das Berufungsgericht "die konkrete [X.] erheblicher Schäden" an dem Haus an, zu dem die gekaufte Ei-gentumswohnung gehört. Das ist im Ansatz nicht zu beanstanden. Daß einesolche konkrete Gefahr bestand, hat das Berufungsgericht aber - wie die Revi-sion zu Recht rügt - nicht fehlerfrei festgestellt. Soweit es pauschal auf dieAussage des [X.]und ein Gutachten des SachverständigenDr. H. (im Urteil: [X.] ) verweist, ist dem nicht zu entnehmen, worin es diekonkrete Gefahr sieht. Ohnehin liegt ein Sachverständigengutachten Dr. H. nicht vor. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die zunächst [X.] angeordnet worden war, ist nämlich nicht durchgeführt worden.Der Sachverständige hat in einem vorbereitenden Schreiben lediglich eineknappe Bemerkung zum Zustand des Gebäudes gemacht, die indes keine [X.] Angaben zur Gefahrensituation zum Zeitpunkt des Kaufvertrages ent-halten. Die Aussage des [X.]läßt ebenfalls nicht erkennen, daß- 6 -im Mai 1996 die konkrete Gefahr eines erheblichen Schadenseintritts bestand.Der Zeuge hat lediglich über [X.] berichtet, die aufdas Vorhandensein vitaler Wurzeln zurückzuführen seien und die - wie er auchin seinem Schreiben vom 22. April 1996 zum Ausdruck gebracht hat - zu [X.] und Rißbildungen führen können. Von einer konkreten Gefahr des Ein-tritts erheblicher Schäden ist nicht die Rede.Darauf deutet auch nicht die weitere Entwicklung hin. Die Schäden, die1997 eingetreten sind, hatten eine andere Ursache, von deren Vorhandenseinim Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht ausgegangen werden kann, [X.] die Parteien nicht ausgehen konnten. Rückschlüsse auf den vom [X.] angenommenen Fehler bei Vertragsschluß lassen sich daraus nurbedingt ziehen. Verwertbare Aussagen eines Sachverständigen liegen hierzunicht vor. Zudem konnte das Berufungsgericht zu seiner Einschätzung nichtgelangen, ohne dem unter Beweis gestellten Vortrag des [X.], daß es sich bei den aufgetretenen Rissen um Setzungsrisse handele, [X.] einem etwa 100 Jahre alten Haus - wie hier - normal seien und keine we-sentliche Beeinträchtigung darstellten.b) Unterstellt man das Vorhandensein einer konkreten Gefahr für [X.] erheblicher Schäden, so ist auch die weitere Annahme des Berufungs-gerichts, der Beklagte habe diesen Fehler arglistig verschwiegen, nicht frei [X.]. Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, daß der [X.] Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oderdoch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß der Käufer den Fehlernicht kennt und bei [X.] den Vertrag nicht oder nicht mit dem verein-barten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr. des Senats, vgl. nur Urt. v. 10. [X.] 7 -1983, [X.] 292/81, [X.], 990; Urt. v. 20. März 1987, [X.] 27/86, [X.], 2511; Urt. v. 7. Juli 1989, [X.] 21/88, NJW 1989, 42). Daß der Beklagteden Fehler gekannt oder ihn wenigstens für möglich gehalten hat, stellt [X.] nicht fest. Soweit es davon ausgeht, daß diese [X.] dem Schreiben des Zeugen [X.]vom 22. April 1996 habe [X.] können, und soweit es meint, der Beklagte habe nicht schlüssig [X.] und auch keinen ihm obliegenden Beweis dafür angeboten, daß ihm [X.] des Kaufs dieses Schreiben nicht bekannt gewesen sei, verkennt es- wie die Revision zu Recht rügt - die Darlegungs- und Beweislast. Die die [X.] begründenden Umstände muß der Käufer beweisen, nichtmuß sie der Verkäufer ausräumen (Senat, [X.]Z 117, 260, 263; [X.],Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 463 BGB a.F. Rdn. 5m.w.N.).Soweit die Revisionserwiderung meint, der Beklagte habe sich nach denGrundsätzen der Wissenszurechnung (§ 166 Abs. 1 BGB entspr.) eine etwaigeKenntnis seines Architekten Kr. , den er mit umfassenden Vollmachtenausgestattet habe, zurechnen zu lassen, ist ihr nicht zu folgen. Die Vorausset-zungen für eine Wissenszurechnung liegen nicht vor (vgl. Senat, [X.]Z 117,104, 106 f.). Unabhängig davon, welche Vollmachten Kr. hatte, so [X.] jedenfalls nicht von dem Beklagten als Verhandlungsführer oder Verhand-lungsgehilfe in die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger eingeschaltet [X.]. Insoweit war er lediglich im Innenverhältnis für den [X.], was eine (entspr.) Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB ausschließt (SenataaO m.w.[X.] 8 -Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe [X.] der Kenntnis bewußt verschlossen, hält ebenfalls einer rechtlichenPrüfung nicht stand.Die Rechtsprechung des [X.] hat ein bewußtes Sich-verschließen der Kenntnis dann gleichgestellt, wenn es um rechtliche Bewer-tungen von Tatsachen geht. So erfordert die Kenntnis davon, nicht zum Besitzberechtigt zu sein (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder etwas rechtsgrundlos emp-fangen zu haben (§ 819 Abs. 1 BGB), nicht nur ein Kennen der tatsächlichenUmstände, aus denen auf die Nichtberechtigung zu schließen ist, sondernauch die Kenntnis dieser Rechtsfolge selbst (für § 819 Abs. 1 BGB: [X.]Z 118,383, 392 m.w.N.; für § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB: vgl. [X.]Z 32, 76, 92). [X.] der Tatsachen ist stets nötig und kann nicht durch wertende Überle-gungen ersetzt werden (vgl. auch [X.], [X.], 1099, 1100, 1102 f.;Schreiber, [X.], 230, 231). Nur hinsichtlich des Schlusses von der Tatsa-chenkenntnis auf die Einschätzung der Rechtslage, den Mangel des rechtli-chen Grundes (§ 819 Abs. 1 BGB) oder die fehlende Besitzberechtigung (§ [X.]. 1 Satz 2 BGB), genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtsho-fes ein Weniger. Im Wege einer wertenden Betrachtung, um einerseits die Be-weisschwierigkeiten des Gläubigers zu vermindern und andererseits nicht [X.] zu belohnen, der sich [X.] stellt, läßt die [X.] objektivierte Sicht ausreichen. Würde sich ein redlich Denkender, dem [X.] bekannt sind, der zutreffenden rechtlichen Bewertung nicht ver-schließen, so darf auch im jeweiligen Fall angenommen werden, daß [X.] die Rechtsfolge kennt (Senat, [X.]Z 26, 256, 260; Urt. v. 12. April1996, [X.] 310/94, NJW 1996, 2030, 2031; [X.]Z 133, 246, 250 f.).- 9 -Um eine solche rechtliche Bewertung, um einen Schluß von bekanntenTatsachen auf eine bestimmte rechtliche Einordnung, geht es bei § 463 Satz [X.] a.F. nicht. Entscheidend ist allein, ob der Beklagte die den Fehler be-gründenden Umstände kannte. Ob er sie zutreffend als Fehler im Sinne desGesetzes einordnete, ist ohne Belang. Er mußte nur wissen, daß die konkreteGefahr bestand, daß das Gebäude infolge der Durchwurzelung des Bodenserheblichen Schaden nehmen könnte. Diese Kenntnis muß festgestellt werden.Sie kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Die Annahme,der Beklagte habe sich dieser Kenntnis "bewußt verschlossen", ist daher [X.].Unabhängig von diesen Kategorien reicht es für einen bedingten Vorsatzallerdings - wie stets - aus, daß der Verkäufer die Umstände zwar nicht positivkennt, ihr Vorhandensein aber für möglich hält und sie nicht offenbart, obwohler weiß oder billigend in Kauf nimmt, daß die Umstände für die Entschließungdes anderen Teils von Bedeutung sind. Mit einem Sichverschließen vor [X.] dieser Umstände hat das indes nichts zu tun.[X.] ein Anspruch aus § 463 Satz 1 BGB nicht in Betracht kommt, bleibtes Sache des Tatrichters zu prüfen, ob aus den gesamten Umständen des- 10 -Falles auf ein arglistiges Verhalten des Beklagten geschlossen werden kann,das zu einer Haftung nach § 463 Satz 2 BGB führt.Tropf[X.]KleinGaierSchmidt-Räntsch

Meta

V ZR 437/01

07.03.2003

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2003, Az. V ZR 437/01 (REWIS RS 2003, 4077)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4077

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