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Bürgschaft: Berufung des Bürgen auf ein Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners
Der Bürge kann sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ein Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem zwischen diesem und dem Gläubiger geschlossenen Stillhalteabkommen auch dann berufen, wenn sich der Gläubiger in dem Stillhalteabkommen die Geltendmachung der Ansprüche aus der Bürgschaft ausdrücklich vorbehalten hat.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 21. April 2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Bürgschaftsforderung zur Insolvenztabelle.
Der im Revisionsverfahren allein noch beteiligte Beklagte, früherer Beklagter zu 3, ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Dezember 2011 eröffnet.
Die Klägerin gewährte der A. Beteiligung Verwaltung AG, der früheren Beklagten zu 1 (im Folgenden: Hauptschuldnerin), mit Darlehensvertrag vom 26. April 2006 u.a. auf deren Geschäftskonto einen Kontokorrentkredit über 4,6 Mio. €. Die Insolvenzschuldnerin, die bereits am 10. Januar 2007 eine inhaltsgleiche Bürgschaftserklärung abgegeben hatte, und der frühere Beklagte zu 2 übernahmen jeweils mit Urkunde vom 20. Januar 2009 selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaften für Ansprüche der Klägerin aus dem Darlehensvertrag vom 26. April 2006; der frühere Beklagte zu 2 bis zu einem Betrag von 3,475 Mio. € und die Insolvenzschuldnerin bis zu einem Betrag von 4,6 Mio. €. Im Laufe des Jahres 2009 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der Hauptschuldnerin, weshalb die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 25. März 2010 kündigte. Die Höhe der Restforderung der Klägerin aus dem Darlehensvertrag ist streitig.
Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit zunächst die Hauptschuldnerin aus dem Darlehensvertrag sowie den früheren Beklagten zu 2 und die Insolvenzschuldnerin als Bürgen auf Zahlung eines erstrangigen [X.] von 1,5 Mio. € aus der in der Höhe streitigen Restforderung in Anspruch genommen. Während des Rechtsstreits wurde das Insolvenzverfahren sowohl über das Vermögen der Hauptschuldnerin als auch über dasjenige der Insolvenzschuldnerin eröffnet. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin meldete die Klägerin insgesamt Forderungen in Höhe von 11.841.049,19 € zur Tabelle an, wovon 3.581.505,63 € auf den Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag vom 26. April 2006 entfielen.
Während des Ruhens des vorliegenden Verfahrens schlossen die Klägerin, die Hauptschuldnerin und der frühere Beklagte zu 2 sowie einige von dessen Familienangehörigen - ohne Beteiligung der Insolvenzschuldnerin oder des früheren Beklagten zu 3 - am 13. Januar 2012 einen außergerichtlichen Vergleich. Dieser umfasst u.a. eine "aufschiebend bedingte Stillhaltevereinbarung", in der sich die Klägerin verpflichtet, die [X.] aus dem Kontokorrentkredit vorbehaltlich einer Zahlung von 435.000 € nicht mehr gegen die Hauptschuldnerin geltend zu machen und die Klage gegen diese und den früheren Beklagten zu 2 zurückzunehmen. Zwischen den Parteien ist streitig geblieben, ob sich die Klägerin in diesem Vergleich eine Inanspruchnahme der Insolvenzschuldnerin als [X.] wirksam vorbehalten hat. Nach Zahlungseingang hat die Klägerin die Klage gegen die Hauptschuldnerin und den früheren Beklagten zu 2 zurückgenommen, den Rechtsstreit ausschließlich gegen den Beklagten wieder aufgenommen und die Klage auf Feststellung einer Forderung in Höhe von 3.581.505,63 € zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin umgestellt.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision in Höhe von 1,5 Mio. € zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Feststellung zur Insolvenztabelle in Höhe von 1,5 Mio. € weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
A.
Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Bürgschaft für den nicht verjährten Teil der geltend gemachten Darlehensforderung in Höhe von 1,5 Mio. € beschränkt. Bei der Beschränkung der Revisionszulassung auf die Haftung der [X.] für den nicht verjährten Teil des [X.] handelt es sich um einen rechtlich selbstständigen und abtrennbaren Teil des [X.]. Auch die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob die zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin getroffene Stillhaltevereinbarung dem Beklagten die Einrede des § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] eröffnet, ist nur für diesen Teil des [X.] erheblich. Die Revision greift das Berufungsurteil auch nur in diesem Umfang an.
B.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit dies für die Revision von Bedeutung ist, ausgeführt:
Die Berufung der Klägerin sei unbegründet. Der Klägerin stehe gegen die Insolvenzschuldnerin zwar grundsätzlich ein unverjährter Anspruch aus § 765 Abs. 1, § 767 [X.] in Höhe von 1,5 Mio. € zu. Die Insolvenzschuldnerin könne sich aber nach § 768 [X.] auf die Einrede aus dem zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin im Vergleich vom 13. Januar 2012 vereinbarten Stillhalteabkommen (pactum de non petendo) berufen.
Bei der Regelung im Vergleich vom 13. Januar 2012, wonach die Klägerin nach fristgerechtem Eingang der vereinbarten Zahlung die [X.] gegen die Hauptschuldnerin nicht mehr geltend machen werde, handele es sich um eine echte Stillhaltevereinbarung. Sie führe zwar nicht zum Erlöschen der Hauptschuld, da sie keinen Schuldenerlass im Sinne des § 397 [X.] enthalte. Die Auslegung des Vergleichs ergebe vielmehr zur Überzeugung des Senats, dass die Klägerin und die Hauptschuldnerin ein unbefristetes pactum de non petendo ausgehandelt hätten. Dies folge aus Wortlaut sowie Zweck des Vergleichs und sei von den vernommenen Zeugen bestätigt worden.
Diese Stillhaltevereinbarung begründe für die Insolvenzschuldnerin eine Einrede im Sinne des § 768 [X.]. Auf die Frage, ob sich die Klägerin in dem Vergleich eine Inanspruchnahme der Insolvenzschuldnerin wirksam vorbehalten habe, komme es nicht an. Das Berufungsgericht sei nämlich an[X.] als das [X.] ([X.] 1994, 1109, 1110) der Auffassung, dass eine Stillhaltevereinbarung trotz eines solchen Vorbehaltes für den Bürgen eine Einrede im Sinne des § 768 [X.] begründe. Diese Vorschrift solle nämlich verhindern, dass Gläubiger und Hauptschuldner Absprachen zulasten des Bürgen träfen. Der Vorbehalt entfalte keine Wirkung, wenn der Bürge, da er nicht Partei des Vergleiches gewesen sei, keinen Einfluss auf dessen Formulierung und Inhalt gehabt habe.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich der Beklagte für die Insolvenzschuldnerin als [X.] nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf die zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin geschlossene Stillhaltevereinbarung berufen kann.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet festgestellt, dass die Klägerin und die Hauptschuldnerin im Vergleich vom 13. Januar 2012 ein unbefristetes Stillhalteabkommen geschlossen haben.
Danach ist die Hauptschuldnerin zur Zahlungsverweigerung berechtigt und der Klägerin ist es untersagt, ihre Forderung gerichtlich geltend zu machen oder einen anhängigen Prozess weiter zu betreiben (vgl. [X.], Urteile vom 12. Januar 1977 - [X.], [X.], 311, 312, vom 21. Februar 1983 - [X.], [X.], 533, 534 f., vom 14. Juni 1989 - [X.], NJW-RR 1989, 1048, 1049 und vom 27. Januar 1999 - [X.], NJW 1999, 1101, 1103).
2. Die Insolvenzschuldnerin kann sich als [X.] nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf dieses Leistungsverweigerungsrecht der Hauptschuldnerin aus dem Stillhalteabkommen berufen, obgleich sich die Klägerin, was mangels abschließender Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich zugunsten der Klägerin zu unterstellen ist, die Geltendmachung der Ansprüche aus der Bürgschaft gegen die Insolvenzschuldnerin ausdrücklich vorbehalten hat.
Ob sich ein Bürge gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch dann auf ein zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner vereinbartes Stillhalteabkommen berufen kann, wenn sich der Gläubiger eine Inanspruchnahme des Bürgen ausdrücklich vorbehalten hat, ist umstritten.
a) Eine Ansicht geht davon aus, dass insbesondere im Fall einer selbstschuldnerischen Bürgschaft maßgeblich sein soll, ob nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien des Stillhalteabkommens dem Bürgen diese Einrede zustehen soll ([X.], [X.], 153, 154 = [X.] 1994, 1909; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 768 Rn. 6; [X.]/[X.], [X.], Stand: 15. Juni 2017, § 768 Rn. 5; [X.]/Brödermann, [X.], 12. Aufl., § 768 Rn. 9; [X.], [X.] a. - 3.95, [X.], 385).
b) Demgegenüber gesteht die überwiegende Meinung dem Bürgen im Falle eines Stillhalteabkommens stets eine Einrede nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu ([X.] in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], [X.]., § 91 Rn. 320; [X.]. in [X.], Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 768 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2012, § 768 Rn. 22; MünchKomm[X.]/[X.], 7. Aufl., § 768 Rn. 7; Soergel/Gröschler, [X.], 13. Aufl., § 768 Rn. 7; Füller in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, Handelsgesetzbuch, [X.] Rn. 590; [X.]/[X.], [X.], Stand: 1. August 2017, § 768 Rn. 15; [X.]/[X.], [X.], 1[X.]., § 768 Rn. 5; [X.], NJW 1996, 887, 893 f.).
c) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.
aa) Nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann der Bürge die Einreden des [X.] wie eigene geltend machen. Dieses Recht steht auch dem selbstschuldnerisch haftenden Bürgen zu ([X.], Urteil vom 12. März 1980 - [X.], [X.]Z 76, 222, 226). Der Bürge ist dabei nicht auf Gegenrechte beschränkt, die dem Hauptschuldner gegen die verbürgte Forderung zustehen, sondern kann auch Einreden des [X.] gegen die Verwertung der Bürgschaft geltend machen ([X.], Urteil vom 20. April 1989 - [X.], [X.]Z 107, 210, 214). Denn die Bürgschaft soll als akzessorisches Sicherungsmittel dem Gläubiger gegen den Bürgen im Allgemeinen keine besseren Rechte gewähren als gegen den Hauptschuldner ([X.], Urteile vom 1. Oktober 2002 - [X.], [X.], 2278, 2279 und vom 23. Januar 2003 - [X.], [X.]Z 153, 311, 316, jeweils mwN). Deshalb kann sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Bürge auf sämtliche Einreden des [X.] berufen, soweit der [X.] der Bürgschaft dem nicht entgegensteht ([X.], Urteil vom 20. April 1989 - [X.], [X.]Z 107, 210, 214).
Danach kann der Bürge nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch ein - vorübergehendes oder dauerhaftes - Leistungsverweigerungsrecht des [X.] aus einem Stillhalteabkommen mit dem Gläubiger geltend machen.
bb) Diese Einrede des Bürgen entfällt nicht dadurch, dass sich der Gläubiger in der Stillhaltevereinbarung die Inanspruchnahme des Bürgen vorbehalten hat.
(1) Eine Bürgschaft kann allerdings auch zur Sicherung von Ansprüchen übernommen werden, die der Gläubiger gegen den Hauptschuldner aus Rechtsgründen nicht durchsetzen kann ([X.], Urteile vom 10. Februar 2000 - [X.], [X.]Z 143, 381, 385 und vom 1. Oktober 2002 - [X.], [X.], 2278, 2279).
Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass nach der bei Abschluss des [X.] vereinbarten Sicherungsabrede die Insolvenzschuldnerin auch dann als [X.] für die Hauptforderung haften sollte, wenn diese nicht oder nur eingeschränkt durchsetzbar wäre.
(2) [X.] findet weiter eine Grenze im [X.] der Bürgschaft. Wird der vereinbarte oder bei Abschluss der Bürgschaft vorausgesetzte [X.] durch einen Umstand ausgelöst, der zugleich zur eingeschränkten Durchsetzbarkeit der gesicherten Forderung oder zu deren Wegfall führt, so kann sich der Bürge darauf nicht berufen (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - [X.], [X.], 1350 Rn. 21).
Dem steht es entgegen der Ansicht der Revision jedoch nicht gleich, wenn eine erst nach Übernahme der Bürgschaft zwischen Hauptschuldner und Gläubiger geschlossene Stillhaltevereinbarung dazu dienen soll, die Insolvenz des [X.] zu vermeiden, und zur Erreichung dieses Zwecks - wie hier zugunsten der Klägerin anzunehmen - gleichzeitig eine entsprechende Entlastung des Bürgen ausgeschlossen sein sollte. Denn Gläubiger und Hauptschuldner können über den Schutz des Bürgen nicht ohne dessen Mitwirkung verfügen. Eine dem Bürgen nachteilige Abrede ist als Vertrag zulasten Dritter diesem gegenüber unwirksam ([X.], Urteil vom 1. Oktober 2002 - [X.], [X.], 2278, 2280; für eine Stundungsvereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner, die dem Bürgen nicht zugutekommen sollte: [X.], 310, 312).
Dem entspricht der § 768 Abs. 2 [X.] zugrunde liegende [X.]. Danach bleibt es ohne Wirkung gegenüber dem Bürgen, wenn der Hauptschuldner auf eine ihm zustehende Einrede verzichtet. Entsprechend kann der Hauptschuldner auch nicht mit Wirksamkeit gegenüber dem Bürgen vereinbaren, dass eine solche Einrede zwar ihm, nicht aber dem Bürgen zugutekommen soll. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Bürge - an[X.] als vorliegend - hinsichtlich einzelner Einreden [X.] auf seine Rechte aus § 768 [X.] verzichtet hätte.
cc) Ohne Bedeutung ist weiter, dass es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt und die Insolvenzschuldnerin nach Inanspruchnahme als [X.] die Möglichkeit hätte, nach § 774 [X.] gegen die Hauptschuldnerin vorzugehen (aA [X.], [X.], 153, 154; [X.], [X.] a. - 3.95, [X.], 385 f.). Denn die in § 774 [X.] eröffnete [X.] steht jedem Bürgen von Gesetzes wegen zu und dient somit nicht der Kompensation des Verlustes von Einreden des Bürgen aus dem Hauptschuldverhältnis.
Deswegen kann auch ein Bürge, der im Falle der selbstschuldnerischen Bürgschaft auf die Einrede der [X.] aus § 771 [X.] verzichtet, die von § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfassten Einreden uneingeschränkt geltend machen ([X.], Urteil vom 12. März 1980 - [X.], [X.]Z 76, 222, 226). Zwar hat der Gläubiger in diesem Fall die Möglichkeit, den Bürgen unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Dennoch muss auch der selbstschuldnerisch haftende Bürge grundsätzlich nicht mehr leisten als der Hauptschuldner.
dd) Umstände, die unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nach § 242 [X.] einer Geltendmachung der Einrede aus der Stillhaltevereinbarung durch die Insolvenzschuldnerin als [X.] entgegenstehen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Da die Insolvenzschuldnerin am [X.] der Klägerin mit der Hauptschuldnerin vom 13. Januar 2012 nicht beteiligt war, könnten ihr allenfalls dann Einreden der Hauptschuldnerin aus diesem Vergleich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] verwehrt sein, wenn sich dafür etwas aus dem [X.] des [X.] herleiten ließe (vgl. [X.], Urteil vom 1. Oktober 2002 - [X.], [X.], 2278, 2280). Dafür ist jedoch nichts ersichtlich, sodass der Vorbehalt einer Inanspruchnahme der Insolvenzschuldnerin dieser gegenüber keine Wirkung hat und sich die Insolvenzschuldnerin nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf das dauernde Leistungsverweigerungsrecht der Hauptschuldnerin berufen kann.
3. Der Umstand, dass sich die Insolvenzschuldnerin trotz des - im Revisionsverfahren zu unterstellenden - Vorbehalts ihrer Inanspruchnahme durch die Klägerin auf die Einrede aus dem Stillhalteabkommen berufen kann, führt entgegen der Ansicht der Revision nicht dazu, dass die unbefristete Stillhaltevereinbarung insgesamt unwirksam ist.
Die Auffassung der Revision, eine Abrede zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner über die Hauptforderung sei insgesamt unbeachtlich, wenn sie entgegen deren Erwartung dem Bürgen eine Einrede eröffne, besitzt keine rechtliche Grundlage. Weder benennt die Revision ein Defizit der dem Vergleich zugrunde liegenden Willenserklärungen, noch beruft sie sich auf deren Anfechtung. Es ist auch nicht dargetan, dass die Voraussetzungen der §§ 134, 138 [X.] erfüllt wären. Eine Fehlvorstellung der Parteien des Vergleichs, die Haftung der Insolvenzschuldnerin als [X.] könne neben einer umfassenden, unbefristeten Stillhaltevereinbarung zur Hauptforderung unverändert aufrecht erhalten werden, würde lediglich einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum darstellen.
Für den insoweit vergleichbaren Fall eines Verzichts des [X.] auf eine bestehende Einrede ordnet auch § 768 Abs. 2 [X.] nicht die Nichtigkeit dieses Verzichts an, sondern sieht lediglich vor, dass der Verzicht dem Bürgen gegenüber - also relativ - keine Wirkung entfaltet. Dem entsprechend kann sich der Beklagte trotz eines Vorbehalts der Klägerin, die Insolvenzschuldnerin als [X.] weiter in Anspruch zu nehmen, auf das streitgegenständliche Stillhalteabkommen berufen, ohne dass dies zur Nichtigkeit der Stillhaltevereinbarung im Verhältnis zwischen Klägerin und Hauptschuldnerin führt.
Eine in diesem Zusammenhang von der Revision angeführte Entscheidung des [X.] ([X.], 310) ist nicht einschlägig. Dort ging es um einen Dissens der Vertragsparteien beim Abschluss der Stundungsvereinbarung. So liegt der Fall hier nicht. Die Parteien haben tatsächlich eine einvernehmliche Stillhaltevereinbarung getroffen. Ihre Erklärungen stimmen nach ihrem objektiven Gehalt überein, sodass § 155 [X.] nicht anwendbar ist ([X.], Urteile vom 9. Juli 1973 - [X.], [X.], 1114 und vom 3. Dezember 1992 - [X.], [X.], 1307, 1309).
Unabhängig davon haben die Vertragspartner des Vergleichs vom 13. Januar 2012 in § 6 Ziffer 5 ausdrücklich bestimmt, dass die Wirksamkeit aller übrigen Bestimmungen des Vertrags nicht davon berührt werden solle, dass - wie hier - eine einzelne Bestimmung nicht durchsetzbar sei.
4. Ob sich der Beklagte daneben noch auf die Einrede des § 776 [X.] oder die Verjährung der Forderung berufen kann, braucht der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu entscheiden.
5. Die Abweisung der Klage auf Feststellung der Forderung aus der Bürgschaft zur Insolvenztabelle als unbegründet hat danach Bestand. Zwar hat eine Stillhaltevereinbarung im Grundsatz zur Folge, dass eine abredewidrig erhobene Klage als unzulässig abzuweisen ist ([X.], Urteil vom 14. Juni 1989 - [X.], NJW-RR 1989, 1048, 1049). Danach wäre auch die gegen einen Bürgen gerichtete Klage, der sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf diese Einrede zur Verteidigung gegen seine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft beruft, als unzulässig abzuweisen. Ob das auch dann allgemein gilt, wenn die Klage auf Feststellung der Bürgenhaftung zur Insolvenztabelle erhoben worden ist, kann offenbleiben. Jedenfalls in dem Sonderfall, in dem - wie hier - eine unbefristete und inzwischen auch unbedingte Stillhaltevereinbarung der Forderung entgegensteht, deren Feststellung zur Insolvenztabelle begehrt wird, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Denn die wirtschaftlichen Wirkungen einer unbefristeten Stillhaltevereinbarung entsprechen denen eines Erlasses (vgl. dazu [X.], Urteil vom 30. November 1955 - [X.], [X.], 25, 26; [X.]/[X.], Stand: 1. August 2017, [X.] § 397 Rn. 20; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 397 Rn. 5). Das gilt insbesondere für die - hier vorliegende - akzessorische Haftung eines Bürgen, da dieser nach § 768 Abs. 2 [X.] die einmal begründete Einrede aus der Stillhaltevereinbarung auch dann nicht verliert, wenn die Hauptschuldnerin später auf diese Einrede verzichtet. Der Klägerin ist damit auf Dauer das Recht genommen, die [X.] durchzusetzen. Folglich muss vorliegend der Beklagte die hier streitige [X.] der Klägerin in dem Insolvenzverfahren nicht berücksichtigen.
[X.] |
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Maihold |
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Matthias |
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Derstadt |
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Dauber |
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Meta
28.11.2017
Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 21. April 2016, Az: 5 U 103/15
§ 768 Abs 1 S 1 BGB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2017, Az. XI ZR 211/16 (REWIS RS 2017, 1680)
Papierfundstellen: MDR 2018, 289-291 WM2018,48 REWIS RS 2017, 1680
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
XI ZR 211/16 (Bundesgerichtshof)
XI ZR 362/15 (Bundesgerichtshof)
Bürgschaft: Bereicherungseinrede des Bürgen gegen den Gläubiger bei unwirksamer Sicherungsvereinbarung
XI ZR 242/15 (Bundesgerichtshof)
Bürgschaft: Einredeverlust des Bürgen im Hinblick auf den Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung nach rechtskräftiger Verurteilung …
XI ZR 242/15 (Bundesgerichtshof)
XI ZR 362/15 (Bundesgerichtshof)