Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.09.2010, Az. 7 B 15/10

7. Senat | REWIS RS 2010, 3414

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid; Einwendungsausschluss für Vereinigung im Verfahren über Rechtsbehelf


Leitsatz

1. Der Einwendungsausschluss gemäß § 2 Abs. 3 UmwRG und § 10 Abs. 3 BImSchG steht auch im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (ZUR 2010, 28) mit Gemeinschaftsrecht in Einklang (im Anschluss an Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - NuR 2010, 558).

2. Die Erstreckung der Präklusionsregelung des § 2 Abs. 3 UmwRG auf Verfahren, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind (§ 5 Abs. 1 UmwRG), verstößt nicht gegen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts.

3. Das Schriftformerfordernis des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG ist bei Einwendungen in elektronischer Form nur gewahrt, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen den der [X.]eigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung und zum [X.]etrieb des [X.]werkblocks 5 (mit einer Feuerwärmeleistung von 1 750 MWth) auf deren [X.]etriebsgrundstück in [X.]. Den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids machte die [X.]eklagte am 21. Oktober 2006 im [X.] für den [X.] sowie in örtlichen Tageszeitungen öffentlich bekannt mit dem Hinweis, dass der Antrag und die dazugehörigen Unterlagen vom 30. Oktober 2006 bis einschließlich 29. November 2006 bei der [X.] und der [X.] [X.] auslägen und eingesehen werden könnten. Einwendungen gegen das Vorhaben könnten in der [X.] vom 30. Oktober 2006 bis einschließlich 13. Dezember 2006 erhoben werden.

2

Am 13. Dezember 2006 übersandte der Kläger, vertreten durch seine örtlich [X.]evollmächtigte, eine E-Mail an die [X.]eklagte unter dem [X.]etreff "IMS-Stellungnahme § 60 STEAG [X.]"; in der Anlage hierzu (Stellungnahme des [X.] vom 11. Dezember 2006) wendet sich der Kläger gegen das Vorhaben der [X.]eigeladenen. Die E-Mail war nicht mit einer eingescannten Unterschrift versehen. Am selben Tag - ausweislich des Ausdrucks des Faxschreibens um 23.57 Uhr - wurde die vorgenannte Stellungnahme der [X.] durch Telefax übermittelt; das übersandte Schriftstück bestand nur aus der nicht unterschriebenen Seite 1. Ein weiteres Faxschreiben mit der vollständigen, von der [X.]evollmächtigten des [X.] unterschriebenen Stellungnahme erreichte die [X.]eklagte, ausweislich des vom Absenderfaxgerät stammenden Uhrzeitaufdrucks, am 14. Dezember 2006 in der [X.] von 0.00 bis 0.08 Uhr.

3

Die gegen den Vorbescheid erhobene Klage hat das Oberverwaltungsgericht abgewiesen. Der Kläger sei mit seinem Vorbringen im Klageverfahren - da im Anhörungsverfahren verfristet eingewandt - materiell präkludiert. Die Präklusionsvorschriften der § 2 Abs. 3 UmwRG, § 10 Abs. 3 [X.] a.F. stünden in Einklang mit [X.] Gemeinschaftsrecht. Art. 10a [X.] sage über die Zulässigkeit von Präklusionsvorschriften nichts aus. Auch der [X.]e Effektivitätsgrundsatz des Art. 10 Abs. 1 [X.] sei nicht berührt. Eine fristwahrende Übersendung der Stellungnahme vom 11. Dezember 2006 sei weder durch eine E-Mail noch per Telefax erfolgt.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die [X.]eschwerde des [X.].

II.

5

Die [X.]eschwerde des [X.] bleibt ohne Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

6

1. Die von der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage,

ob die so genannten "Präklusionsregelungen" der § 2 Abs. 3 UmwRG, § 10 Abs. 3 [X.], wonach (hier) Umweltvereinigungen im Rechtsbehelfsverfahren gegen eine angefochtene Genehmigungsentscheidung zu einem im Sinne von §§ 3 bis 3e UVPG (hier gemäß § 3e UVPG) i.V.m. Anlage 1 zu § 3 UVPG umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Vorhaben mit allen Einwendungen ausgeschlossen sind, die nicht bereits im Genehmigungsverfahren vorgebracht worden sind, mit [X.] Gemeinschaftsrecht, namentlich Art. 10a der [X.], Art. 16 der [X.] in Einklang stehen,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision; sie ist in der Rechtsprechung des [X.] bereits geklärt.

7

Nach § 2 Abs. 3 UmwRG ist eine [X.] (im Sinne von § 3 Abs. 1 UmwRG), die im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat, im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verwaltungsverfahren nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Diese [X.]estimmung steht in Einklang mit [X.] Gemeinschaftsrecht ([X.]eschluss vom 11. November 2009 - [X.]VerwG 4 [X.] - juris Rn. 3 ff. = [X.], 103), sie entspricht insbesondere auch den Anforderungen der Richtlinie 2003/35/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 ([X.]).

8

a) Nach Art. 10a Unterabs. 1 [X.] und dem wortgleichen Art. 15a Unterabs. 1 [X.] (nunmehr Art. 16 [X.]), die durch die [X.] in die [X.] und 96/61/[X.] eingefügt worden sind, stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das [X.] bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaates dies als Voraussetzung fordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die [X.]estimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

9

Zu der in diesen beiden Rechtsvorschriften enthaltenen Einschränkung, dass das Recht auf Zugang zu Gerichten "im Rahmen innerstaatlicher Rechtsvorschriften" verliehen wird, dass somit die Ausgestaltung des Verfahrens Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten sei, hat das [X.] sinngemäß Folgendes angemerkt ([X.]eschluss vom 11. November 2009 a.a.[X.] Rn. 5 bis 7): Die Mitgliedstaaten seien bei der Ausgestaltung ihrer "innerstaatlichen Rechtsvorschriften" nicht völlig frei; insbesondere dürfe das nationale Verfahrens- und Prozessrecht die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Der [X.] habe - wenngleich in anderem Zusammenhang - den Rechtssatz betont, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechtsbehelfen dem Grundsatz der Effektivität des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich genüge, da sie ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sei. Nach der Entscheidungspraxis des [X.] sei für die nationale Anwendung des [X.] jeder Fall, in dem sich die Frage stelle, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Gemeinschaftsrechts unmöglich mache oder übermäßig erschwere, unter [X.]erücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des [X.] und der [X.]esonderheiten des Verfahrens zu prüfen. [X.]ei Anwendung dieser Maßstäbe bestünden keine Zweifel, dass die Präklusion des § 2 Abs. 3 Alt. 1 UmwRG "angemessen" begrenzt sei. Zwar trete im Gegensatz zu Klagefristen, von deren Einhaltung der nationale Gesetzgeber den Zugang zu den Gerichten abhängig machen dürfe, der Ausschluss verfahrensrelevanten Vorbringens bereits vor einem anfechtbaren Rechtsakt ein. Dies sei aber ohne [X.]edeutung, weil das [X.] als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkomme. Dieser Rechtsschutz sei nicht unzureichend; denn er liege auch im wohlverstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren könnten, bevor eine Art planerische Verfestigung eingetreten sei.

b) Entgegen der Auffassung der [X.]eschwerde ergeben sich aus den zwischenzeitlich vorliegenden Gründen des Urteils des [X.] vom 15. Oktober 2009 in der Rechtssache [X.]/08 (ZUR 2010, 28) keine ernstlichen Zweifel an der zuvor durch die Rechtsprechung des [X.] bereits bestätigten Konformität der Regelung des § 2 Abs. 3 UmwRG mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts (ebenso Urteil vom 14. April 2010 - [X.]VerwG 9 A 5.08 - juris Rn. 106 ff. zu § 62 [X.]NatSchG a.F. [X.] 2010, 558).

Dem Urteil des [X.] liegt ein Sachverhalt zu Grunde, der [X.]esonderheiten des [X.] Rechts zum Gegenstand hat. Dies verdeutlicht die zweite Vorlagefrage (Rn. 22), die darauf abhebt, ob Art. 10a [X.] verlange, dass die betroffene Öffentlichkeit die Entscheidung eines Gerichts über einen Antrag auf Genehmigung anfechten kann, obwohl sie die Möglichkeit hatte, sich an dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor diesem Gericht zu beteiligen und sich in diesem Verfahren zu äußern; in diesem Fall war - in Abweichung vom [X.] Recht - die angegriffene Genehmigung des Projektes mit Urteil einer der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörigen [X.] erfolgt (Rn. 32). Darüber hinaus war Gegenstand des Verfahrens vor dem [X.] eine [X.]estimmung im [X.] Umweltrecht, wonach die Klage einer (Umwelt-)[X.] unter anderem voraussetzt, dass sie mindestens 2 000 Mitglieder hat (Rn. 14), die die im Ausgangsverfahren klagende [X.] nicht erreichte (Rn. 19). Es stellte sich somit die Frage, ob die [X.]eschränkung der Klagemöglichkeiten einer [X.] mit weniger als 2 000 Mitgliedern, die im Genehmigungsverfahren gegenüber einer gerichtlichen Stelle bereits Einwendungen hat erheben können, mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

Der [X.] stellt hierzu in den von der [X.]eschwerde in [X.]ezug genommenen Rn. 37 bis 39 fest, auch der Umstand, dass die Genehmigung von einem Gericht im Rahmen seiner verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit erteilt worden sei, hindere eine [X.] nicht an einer Anfechtung nach den Modalitäten des nationalen Rechts. Eine [X.]eteiligung am behördlichen Verfahren habe daher keine Auswirkungen auf die Voraussetzungen für die Ausübung des Anfechtungsrechts. Dieses bestehe, gleichviel, welche Rolle die [X.] in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre [X.]eteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte, und unabhängig davon, ob die [X.] mindestens 2 000 Mitglieder hat (Rn. 52).

Mit diesen Hinweisen bringt der [X.] insbesondere zum Ausdruck, dass zum einen die Möglichkeit einer [X.]eteiligung am Verwaltungsverfahren nicht ausreicht, um den Anforderungen von Art. 10a [X.]/Art. 16 [X.] zu genügen, das Klagerecht also nicht deshalb entfällt, weil sich die [X.] insoweit bereits beteiligt hat (vgl. auch Rn. 48), und dass zum anderen eine weitere Überprüfungsmöglichkeit nicht deshalb ausgeschlossen werden darf, weil das Genehmigungsverfahren gerichtlichen Charakter bzw. die [X.] nicht mindestens 2 000 Mitglieder hatte. Entgegen dem umfänglichen Vorbringen der [X.]eschwerde kann diesen Äußerungen dagegen nicht entnommen werden, dass § 2 Abs. 3 UmwRG gegen Art. 10a [X.] bzw. gegen Art. 16 [X.] verstößt. Die Entscheidung verhält sich hierzu nicht.

Der [X.] geht in der [X.]egründung auch dieser Entscheidung vielmehr wiederum ausdrücklich - und in Fortsetzung seiner früheren Rechtsprechung zur grundsätzlichen Zulässigkeit nationaler Fristenregelungen ([X.], Urteile vom 16. Mai 2000 - [X.]. [X.]/98 - Slg. 2000, [X.] Rn. 31, 33 f. und vom 9. Februar 1999 - [X.]. [X.] - Slg. 1999, [X.] Rn. 26) - davon aus, dass die Genehmigung nach den Modalitäten des nationalen Rechts anzufechten ist (Rn. 37). [X.] aber die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Rechtsbehelfen grundsätzlich dem Erfordernis der Effektivität des Gemeinschaftsrechts, weil sie ein Anwendungsfall des grundsätzlichen Prinzips der Rechtssicherheit ist, so ist entgegen der [X.]eschwerde nicht ersichtlich, warum die [X.]en Vorgaben für nationale Ausschlussfristen auf die [X.]eurteilung nationaler Präklusionsvorschriften als Regelung eines vorgezogenen Rechtsschutzes (Urteil vom 17. Juli 1980 - [X.]VerwG 7 C 101.78 - [X.]VerwGE 60, 297 <304> = [X.] 451.171 AtG Nr. 6) nicht übertragen werden können (vgl. auch Kment, Nationale Unbeachtlichkeits-, Heilungs- und Präklusionsvorschriften unter [X.]erücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben, S. 81 f.).

Es besteht somit auch in Ansehung der Entscheidungsgründe des Urteils des [X.] kein Anlass zu vernünftigen Zweifeln an der Konformität innerstaatlicher Präklusionsbestimmungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UmwRG mit den beiden genannten [X.]estimmungen des Gemeinschaftsrechts. Eine Zulassung der Revision mit dem Ziel, dem [X.] die Frage vorzulegen, ob Gemeinschaftsrecht eine Präklusionsvorschrift wie § 2 Abs. 3 UmwRG gestattet, ist weiterhin nicht veranlasst. Eine Auslegungsbedürftigkeit von Art. 10a [X.] bzw. Art. 16 [X.] in [X.]ezug auf § 2 Abs. 3 UmwRG besteht nicht.

2. Die weiteren als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig erachteten Fragen,

ob die Anwendung einer Rechtsnorm - wie vorliegend § 2 Abs. 3 UmwRG bzw. § 10 Abs. 3 (letzter Satz) [X.] -, welche es potentiellen [X.] in [X.]ezug auf die Möglichkeiten einer späteren Anfechtung einer Verwaltungsentscheidung zur Anforderung macht, bereits im Verwaltungsverfahren in einer bestimmten Weise tätig zu werden - hier sich mittels Abgabe von Einwendungen am Verfahren zu beteiligen -, mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG sowie dem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zu vereinbaren ist, dass die betreffende von einer Rechtsvorschrift des einfachen Rechts (hier § 2 Abs. 3 UmwRG bzw. § 10 Abs. 3 (letzter Satz) [X.]) gestellte Anforderung erst zu einem [X.]punkt in [X.] tritt bzw. für den späteren Rechtsmittelführer erst zu einem [X.]punkt relevant wird, in welchem er die zur Voraussetzung für eine gerichtliche Kontrolle geforderte Handlung nicht mehr erbringen kann, und

ob § 5 UmwRG mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, insbesondere Art. 10a [X.] sowie Art. 7 der [X.] 2003/35/[X.] i.V.m. der Veröffentlichung des Art. 10a [X.] im [X.] der [X.] vom 25. Juni 2003, vereinbar ist, soweit sich gemäß § 5 Halbs. 1 UmwRG die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 UmwRG auch auf Verfahren erstreckt, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen,

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich ohne Weiteres anhand des Gesetzes und der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] beantworten lassen. Die Fragen heben ab auf die Rechtsauffassung des [X.], wonach der Einwendungsausschluss nach § 2 Abs. 3 UmwRG auch für nach dem 25. Juni 2005 eingeleitete Verfahren gilt, in denen die Einwendungsfrist - wie hier - vor dem Inkrafttreten des [X.] am 15. Dezember 2006 bereits abgelaufen war, die Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 Halbs. 1 UmwRG sich also auch auf die Präklusionsregelung erstreckt ([X.] ff.).

Soweit sich die [X.]eschwerde auf das aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Rückwirkungsverbot und auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG bezieht, entspricht sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die [X.]eschwerde macht nicht deutlich, welche Fragen hierzu in der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] noch ungeklärt sind und inwiefern es anlässlich des vorliegenden Falls weitergehenden oder neuen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf geben könnte ([X.]eschluss vom 8. Dezember 2005 - [X.]VerwG 1 [X.] 37.05 - juris Rn. 4). Das bloße [X.]enennen der beiden Normen des Verfassungsrechts stellt insbesondere keine hierauf bezogene Sichtung und rechtliche Durchdringung des [X.] dar ([X.]eschluss vom 23. November 1995 - [X.]VerwG 9 [X.] 362.95 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 20). Eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Inhalt der Grundrechte findet nicht statt.

Die Erstreckung der Präklusionsregelung des § 2 Abs. 3 UmwRG auch auf Verfahren, die - wie vorliegend - nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind (§ 5 Abs. 1 Halbs. 1 UmwRG), verstößt nicht gegen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. Mit dieser Übergangsregelung sollte den durch Art. 3 Nr. 7 und Art. 4 Nr. 4 der [X.] neu eingefügten Art. 10a [X.] und Art. 15a UIV-[X.] entsprechend der Umsetzungsfrist des Art. 6 der [X.] fristgerecht Geltung verschafft werden. § 5 Abs. 1 Halbs. 1 UmwRG orientiert sich an der Rechtsprechung des [X.]. Danach ist es nicht gestattet, dass ein Mitgliedstaat, der eine Richtlinie nach Ablauf der [X.]en Umsetzungsfrist in die nationale Rechtsordnung umsetzt, durch eine Übergangsregelung von der Richtlinie erfasste Projekte ausnimmt, deren Genehmigungsverfahren zwar vor Inkrafttreten des nationalen Gesetzes, aber nach Ablauf der Umsetzungsfrist eingeleitet wurde ([X.], Urteile vom 9. August 1994 - [X.]. [X.]/92 - Slg. 1994, [X.] Rn. 17, 20 und vom 18. Juni 1998 - [X.]. C-81/96 - Slg. 1998, [X.] Rn. 22 f.). Dem trägt § 5 Abs. 1 Halbs. 1 UmwRG mit seiner Rückwirkung auf die [X.] vorgegebene Umsetzungsfrist Rechnung. Soweit § 5 Halbs. 1 UmwRG bestimmt, dass das (gesamte) Gesetz auf Verfahren anwendbar ist, die - wie hier - nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind, bestehen mit [X.]lick auf das Gemeinschaftsrecht keine [X.]edenken. Ob diese [X.]eurteilung auch gilt, soweit die Anwendbarkeit des Gesetzes für vor diesem [X.]punkt eingeleitete Verfahren ausgeschlossen wird, kann dahinstehen.

Soweit die [X.]eschwerde darauf verweist, dass Art. 10a [X.] eine § 2 Abs. 3 UmwRG entsprechende [X.]eschränkung nicht enthalte, ist wiederum darauf hinzuweisen, dass nationale Präklusionsvorschriften als Regelung eines vorgezogenen Rechtsschutzes - unter den o.g. Voraussetzungen, die hier erfüllt sind - mit dem Erfordernis der Effektivität des Gemeinschaftsrechts in Einklang stehen. Zudem hatte die in § 10 Abs. 3 [X.] enthaltene Präklusionsregelung auch für Umweltverbände bereits vor Inkrafttreten des [X.] Geltung.

3. Auch die weitere als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig erachtete Frage,

ob es für die Anwendung der Präklusionsvorschriften des § 10 Abs. 3 [X.] nicht darauf ankommt, ob eine erforderliche öffentliche [X.]ekanntmachung der Antragsunterlagen fehlerhaft unterblieben oder unvollständig erfolgt ist, sofern der Kläger, der seine Einwendungen nicht innerhalb offener Frist bei der zu deren Entgegennahme berufenen Stelle eingereicht hat, Kenntnis von den ausgelegten Antragsunterlagen hatte, selbst wenn ihm aufgrund schuldfreier [X.] von einer anderweitig fehlerfrei erfolgten öffentlichen [X.]ekanntmachung der Hinweis auf die Einwendungspräklusionsfolge des § 10 Abs. 3 letzter Satz [X.] nicht bekannt gegeben wurde,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Soweit die in sich nur schwer verständliche Frage darauf zielt, welche Auswirkungen es hat, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher [X.]elange am Verfahren beteiligt worden ist und insoweit Kenntnis von dem Vorhaben und damit verbundenen Fristen hatte, wird es hierauf in einem Revisionsverfahren nicht ankommen.

Zwar ist die Auffassung des [X.], die Kenntnisnahme des Vorhabens durch den Kläger infolge seiner Verfahrensbeteiligung als Träger öffentlicher [X.]elange habe diesen, unabhängig von einer ordnungsgemäßen [X.]ekanntmachung, bereits in die Lage versetzt, fristgerecht Einwendungen zu erheben, mit der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] nicht vereinbar. Danach muss ein Träger öffentlicher [X.]elange, der durch das Vorhaben zugleich in eigenen Rechten betroffen ist und sich die Möglichkeit deren Geltendmachung im Klageweg offenhalten will, im Rahmen der [X.]etroffenenbeteiligung ausdrücklich frist- und formgerecht Einwendungen erheben (Urteil vom 9. Juni 1999 - [X.]VerwG 11 A 8.98 - juris Rn. 29 mit zahlr. [X.]pr Nachw. = [X.] 316 § 73 [X.] Nr. 30). Dies setzt voraus, dass die öffentliche [X.]ekanntmachung des Vorhabens den gesetzlichen Anforderungen entsprechend erfolgt ist, um auch einem Träger öffentlicher [X.]elange als potentiellem Einwendungsführer gesicherte Kenntnis über den Lauf der Einwendungsfrist zu verschaffen.

Hierauf würde es in einem Revisionsverfahren aber entscheidungserheblich nicht ankommen. Denn das Oberverwaltungsgericht hat zugleich festgestellt, dass das Vorhaben der [X.]eigeladenen am 21. Oktober 2006 im [X.] für den [X.] Nr. 42 unter Hinweis auf den Einwendungsausschuss öffentlich bekanntgemacht worden ist. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist ein immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiges Vorhaben im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Genehmigungsbehörde und - da dies einer breiten Öffentlichkeit nicht zugeht - außerdem in den im [X.]ereich des Standortes verbreiteten örtlichen Tageszeitungen öffentlich bekanntzumachen. Gegenüber dem Kläger, der als eingetragener Verein seinen Sitz in [X.] hat (§ 2 Abs. 1 der Vereinssatzung) und in Verfolgung seines Vereinszwecks Einwendungen im eigenen Namen erhoben hat, wird die Einwendungsfrist durch die öffentliche [X.]ekanntmachung im amtlichen Veröffentlichungsblatt in Gang gesetzt, die - nach den Feststellungen des [X.] - den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat. Dass die ortsübliche [X.]ekanntmachung in [X.] fehlerhaft erfolgt ist, ist mit [X.]lick auf den Kläger unerheblich. Von der Anstoßfunktion der öffentlichen [X.]ekanntmachung, aber auch von hiermit verbundenen Fehlern können nur Personen oder [X.]en betroffen werden, die im jeweiligen Verbreitungsbereich des amtlichen Veröffentlichungsblatts oder der örtlichen Tageszeitungen wohnen. Ein potentiell [X.]etroffener kann sich nicht darauf berufen, dass es in anderen, ihn nicht betreffenden Teilen des Einwirkungsbereichs des Vorhabens zu einer fehlerhaften öffentlichen [X.]ekanntmachung gekommen ist ([X.], [X.]eschluss vom 6. März 1985 - 7 [X.] 64/84 - [X.], [X.], § 10 - 5 S. 10; [X.], in[X.]/Scheuing, GK-[X.], § 10 Rn. 280; [X.]/[X.]/[X.], Immissionsschutzrecht und Industrieanlagen, 3. Aufl., 2. Teil, Rn. 71; vgl. a. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2010, § 73 Rn. 90; [X.]/[X.]onk/Sachs, [X.], 7. Aufl. 2008, § 73 Rn. 91). Denn [X.]ekanntmachungsmängel, die einen Einwendungsführer nicht betreffen, können nicht ursächlich dafür sein, ihn von der fristwahrenden Geltendmachung seiner Rechte abzuhalten.

4. Auch die weitere als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig erachtete Frage,

ob eine die Fristen des § 2 Abs. 3 UmwRG, § 10 Abs. 3 (letzter Satz) [X.] bedienende Einwendung in dem Sinne "schriftlich" zum Ablauf der Einwendungsfrist vorliegen muss, dass ein mit einer Unterschrift versehenes Exemplar des Einwendungstextes bei der zur Entgegennahme der Einwendung zuständigen Stelle zumindest als Faxkopie eingegangen sein muss oder ob es insofern ausreichend ist, wenn der Inhalt der Einwendungen bei der zur Entgegennahme der Einwendung zuständigen Stelle per E-Mail eingegangen ist, auch wenn diese E-Mail nicht mit einer elektronischen Signatur im Sinne von § 3a [X.] versehen war, sofern kein Zweifel an der Identität und dem Übertragungswillen der die Einwendungen übermittelnden Person bestehen,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die [X.]eantwortung dieser Frage ergibt sich schon aus dem Gesetz. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 [X.] a.F. sind Einwendungen gegenüber der zuständigen Stelle schriftlich zu erheben. Vorliegend bestimmt § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] [X.] - insoweit identisch mit der entsprechenden [X.]estimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des [X.]undes -, dass eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden kann, wobei in diesem Fall das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen ist (ähnlich § 125a [X.]G[X.], § 87a Abs. 3 AO).

Mit dieser Anforderung will der Gesetzgeber einen fälschungssicheren elektronischen Schriftverkehr gewährleisten und sicherstellen, dass die Signatur des Dokuments durch die Person erfolgt ist, der diese zugeordnet ist (zu den sicherzustellenden Funktionen der Schriftform vgl. [X.]TDrucks 14/4987 S. 17). Das Signaturgesetz unterscheidet in § 2 unter anderem zwischen (einfachen) elektronischen Signaturen (Nr. 1), fortgeschrittenen elektronischen Signaturen (Nr. 2) und qualifizierten elektronischen Signaturen (Nr. 3). Von diesen drei Signaturformen bietet letztere den höchsten Grad an Sicherheit, während das bloße Anfügen einer eingescannten Unterschrift an ein Dokument eine sichere Authentifizierung nicht gewährleistet, da diese beliebig kopierbar ist und anderen Dokumenten angefügt werden kann.

Nicht vereinbar mit dieser Zielrichtung der Sicherstellung der Identität und Echtheit eines Dokuments ist daher das Ansinnen der [X.]eschwerde, auch hinter den Anforderungen des § 2 Nr. 3 [X.] zurückbleibende Kriterien für die Identitäts- und Echtheitsgarantie ausreichen zu lassen. Eine E-Mail, welche diesen normativen Anforderungen nicht genügt, ist vielmehr nicht geeignet, die gesetzliche Frist für die Erhebung von Einwendungen zu wahren ([X.]GH, [X.]eschluss vom 4. Dezember 2008 - IX Z[X.] 41/08 - NJW-RR 2009, 357, juris Rn. 8 f.). Entgegen der [X.]eschwerde ist die Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 26. August 1983 - [X.]VerwG 8 C 28.83 - [X.] 310 § 81 VwGO Nr. 9; [X.]eschluss vom 19. Dezember 2001 - [X.]VerwG 3 [X.] 33.01 - juris Rn. 2 m.w.N.), wonach in Ausnahmefällen vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift Abstand genommen werden kann, wenn sich auch ohne eigenhändige Namenszeichnung aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den [X.] ergibt, auf die Übermittlung von Dokumenten durch einfache E-Mail nicht übertragbar. Denn nur unter [X.]eachtung der in § 3a [X.] bestimmten Voraussetzungen wird eine gesetzlich angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt ([X.]TDrucks 14/9000 S. 30).

Meta

7 B 15/10

14.09.2010

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 9. Dezember 2009, Az: 8 D 10/08.AK, Urteil

§ 2 Abs 3 UmwRG, § 5 Abs 1 UmwRG, § 10 Abs 3 BImSchG, Art 4 Nr 4 EGRL 35/2003, Art 3 Nr 7 EGRL 35/2003, § 73 VwVfG, § 3a Abs 2 VwVfG, § 2 Nr 3 SigG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.09.2010, Az. 7 B 15/10 (REWIS RS 2010, 3414)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3414

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 C 21/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb einer Verbrennungsanlage für Ersatzbrennstoffe/Sekundärbrennstoffe im Industriepark Frankfurt/Höchst; …


7 B 79/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Vereinbarkeit nationaler Präklusionsregelungen mit dem europäischen Unionsrecht; Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur bei Einwendung per …


7 C 36/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Beschränkter Prüfungsumfang bei der Verbandsklage nach Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (juris: UmwRG); zum Umfang der Umweltverträglichkeitprüfung bei Änderungsvorhaben; …


5 K 4/14 (Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern)


7 VR 1/10, 7 VR 1/10 (7 C 21/09) (Bundesverwaltungsgericht)

Klagerecht eines Umweltverbandes; Antrag, aufschiebende Wirkung gegen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid wiederherzustellen; im Revisionsverfahren gestellter Antrag


Referenzen
Wird zitiert von

VI ZB 28/10

VI ZB 28/10

8. Kammer

8 L 991/22

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.