Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2004, Az. IXa ZB 229/03

IXa- Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3986

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSIXa [X.] 229/03vom19. März 2004in dem [X.]:ja[X.]Z:nein ZPO § 829 Abs. 1Der Formularantrag eines Gläubigers, näher bezeichnete Ansprüche [X.] gegen nicht mehr als drei bestimmte Geldinstitute am [X.] Schuldners zu pfänden, ist grundsätzlich nicht rechtsmißbräuchlich.[X.], [X.]uß vom 19. März 2004 - IXa [X.] 229/03 -LGChemnitzAGFreiberg- 2 -Der IXa-Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] 19. März 2004beschlossen:Auf die Rechtsmittel des Gläubigers werden der [X.]uß der3. Zivilkammer des [X.] vom 25. Juli 2003 undder [X.]uß des [X.] vom 24. Juni 2003 auf-gehoben.Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kostender Rechtsmittelverfahren, an das [X.] zurück-verwiesen.Gründe:[X.] Gläubiger beantragte beim Amtsgericht den Erlaß eines Pfändungs-und Überweisungsbeschlusses wegen einer titulierten Hauptforderung in [X.] 502,97 Euro zuzüglich Zinsen und Kosten. In einem vorformulierten Be-schlußformular benannte er als Drittschuldner drei Geldinstitute, die am Wohn-ort des Schuldners einen Geschäftsbetrieb unterhalten. Nachdem das Amtsge-richt den Gläubiger erfolglos aufgefordert hatte, zum Bestehen der zu pfänden-den Forderungen nähere Angaben zu machen, hat es den Erlaß eines [X.] und Überweisungsbeschlusses mit der Begründung abgelehnt, es [X.] unzulässige Ausforschungspfändung vor. Die vom Gläubiger gegen dieseEntscheidung eingelegte sofortige Beschwerde hat das [X.]. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des [X.], mit der er den Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses er-reichen will.[X.] gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch imübrigen zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der [X.]üsse des Land-sowie des Amtsgerichts und Zurückverweisung der Sache an das [X.] Das Beschwerdegericht meint, das Amtsgericht habe die Pfändung [X.] als unzulässige Ausforschungspfändung abgelehnt, weil der Gläubigerkeine ausreichenden Tatsachen für das Bestehen der zu [X.] und deren Pfändbarkeit vorgetragen habe. Da die Schlüssigkeitsprüfung- vor allem aufgrund der Tatsache, daß der Gläubiger gegen [X.] in gleicher Art und Weise mit der Benennung von drei Geldinstitutenals Drittschuldner vorgegangen sei - Anhaltspunkte dafür ergeben habe, [X.] könne wegen Nichtbestehens der Forderungen ins Leere gehen,hätte der Gläubiger nach Aufforderung durch den Rechtspfleger darlegen müs-sen, aus welchen Gründen er das Bestehen der zu pfändenden Ansprüche [X.] gegen die benannten drei Drittschuldner behaupte. Dies folge ausder Pflicht des Vollstreckungsgerichts, auch die Interessen des Schuldners undder Drittschuldner zu wahren. Der Gläubiger müsse sich durch das Verfahrenauf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, welches das Gesetz für die- 4 -Ausforschung vorsehe, die für die Forderungspfändung notwendigen [X.] verschaffen. Jede andere Vollstreckungsmaßnahme mit identischer Zweck-bestimmung sei [X.] Die Rechtsbeschwerde vertritt die Auffassung, die Angaben im [X.] Pfändung und Überweisung seien als hinreichend substantiierter Tatsa-chenvortrag anzusehen. Eine unzulässige Ausforschung liege nicht vor; [X.] das Vorgehen des Gläubigers nicht rechtsmißbräuchlich.3. Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Meinung ist überzeugend.a) Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erlaß eines Pfändungs-und Überweisungsbeschlusses prüft das zuständige Vollstreckungsgerichtnicht, ob die zu pfändende Forderung besteht; es prüft nur, ob diese nach [X.] des Gläubigers dem Schuldner gegen den Drittschuldner zustehenkann und ob sie nicht unpfändbar ist ([X.], [X.]. v. 27. Juni 2003 - IXa [X.]62/03, [X.], 1875, 1876; vgl. [X.]/[X.], ZPO 3. Aufl. § 819 Rn. [X.], ZPO 23. Aufl. § 829 Rn. 4, 5; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 829Rn. 20). Der Sachvortrag des Gläubigers ist dabei als wahr zu unterstellen. [X.] zu pfändende Anspruch nicht begründet, sondern lediglich bezeichnet wird,darf der Rechtspfleger den Antrag nur ausnahmsweise ablehnen, wenn [X.] der Anspruch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offenbarnicht zustehen kann oder ersichtlich unpfändbar ist. Deshalb pfändet das [X.] auch nur die "angebliche Forderung" des Schuldners gegenden Drittschuldner (vgl. [X.]/Walker, Vollstreckung und [X.]. § 829 ZPO Rn. 32; [X.]/[X.] aaO; [X.]/StöberaaO).- 5 -b) Die Frage, ob von einem schlüssigen Sachvortrag ausgegangen wer-den kann, wenn der Gläubiger in einem Formular gleichzeitig die Pfändung [X.] von mehreren Forderungen des Schuldners gegen eine Vielzahlvon an seinem Wohnort ansässigen Geldinstituten beantragt, ist streitig.Zum Teil wird die Meinung vertreten, der sich das [X.] hat, daß in einem solchen Fall der Gläubiger lediglich unsub-stantiierte Behauptungen und Vermutungen aufstelle, die auf die Ausforschungvon Erkenntnisquellen zielten und die beantragte Pfändung nicht rechtfertigenkönnten (vgl. [X.]/Stöber, aaO Rn. 5, Stöber, Forderungspfändung 13. Aufl.Rn. 485 d; Alisch [X.] 1985, 107 ff.). Eine solche unzulässige Ausforschungs-pfändung ist von der Rechtsprechung bejaht worden bei der Benennung von [X.], [X.] 1985, 789) oder 264 Geldinstituten ([X.], [X.], 1916) ohne einen weiteren Tatsachenvortrag für konkrete Geschäftsbe-ziehungen.Nach der Gegenmeinung (vgl. [X.] [X.] 1985, 105 ff; [X.] [X.] [1989], 129, 131 ff), auf die sich die Rechtsbeschwerde beruft, ist der [X.] und [X.] zu erlassen, weil der Antrag genügend be-stimmt sei, nicht der Ausforschung diene und auch nicht als rechtsmißbräuch-lich zu bewerten [X.]) Für den zu entscheidenden Fall, in dem in einem vorformulierten [X.] zu pfändende Ansprüche des Schuldners gegen drei an seinem Wohnortansässige Geldinstitute als Drittschuldner benannt sind, ist der zuletzt darge-stellten Rechtsauffassung zu folgen.Der Gläubiger hat zum Bestehen der zu [X.] vorgetragen, weil diese nach Schuldner, Drittschuldner und Schuld-grund bestimmt bezeichnet sind. Zwar ist es nach der Lebenserfahrung wenig- 6 -wahrscheinlich, daß dem Schuldner, der es wegen einer Forderung in geringerHöhe zu Vollstreckungsmaßnahmen kommen läßt, die in dem Antrag auf [X.] Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bezeichneten Ansprüche ins-gesamt oder zumindest überwiegend zustehen (vgl. [X.] Rpfleger 1993,357). Dies genügt jedoch für die Antragsablehnung nicht, weil damit das Nicht-bestehen jedes der bezeichneten Ansprüche weder positiv feststeht noch [X.] ist (vgl. [X.] aaO S. 106; [X.] aaO S. 132). Denn es ist nach derallgemeinen Lebenserfahrung ebenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen, daß [X.] mit den drei Geldinstituten an seinem Wohnort in [X.] steht und insoweit die zu pfändenden Ansprüche bestehen. Die Unter-haltung von bis zu drei örtlichen Bankverbindungen bezeichnet allerdings auchdie Obergrenze, die im allgemeinen bei nicht gewerblich tätigen Schuldnern [X.] kommt.Mit seinem weit gefaßten Antrag auf Erlaß eines Pfändungs- und Über-weisungsbeschlusses verstößt der Gläubiger nicht gegen die Wahrheitspflichtdes § 138 Abs. 1 ZPO, die es lediglich verbietet, Erklärungen gegen [X.] abzugeben ([X.]/[X.], aaO § 138 Rn. 3). Er darf Tatsachen be-haupten, über die er keine positive Kenntnis hat und im Regelfall auch nichthaben kann, die er aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich und möglichhält (vgl. [X.], Urt. v. 19. September 1985 - [X.], NJW 1986, 246, 247und ständig). Nur eine willkürliche, "ins Blaue hinein" aufgestellte [X.] Forderung ohne jeden Anhaltspunkt für ihr Bestehen ist unbeachtlich. [X.] kann bei der Bezeichnung von Ansprüchen des Schuldners gegen drei anseinem Wohnsitz tätige Geldinstitute nicht gesprochen werden.Soweit das Vollstreckungsgericht aufgrund des gleichartigen [X.] Gläubigers gegen verschiedene Schuldner in Parallelverfahren am [X.] der zu pfändenden Forderungen gezweifelt und deshalb ergänzende An-gaben verlangt hat, beruht dies auf einer unzulässigen Amtsermittlung. [X.] -§§ 829 ff ZPO sehen - wie oben unter 3. a) dargestellt worden ist - eine materi-elle Prüfung der zu pfändenden Ansprüche nicht vor, wenn diese nach [X.] des Gläubigers im konkreten Zwangsvollstreckungsverfahren be-stehen und pfändbar sein können.Eine "Forderungspfändung auf Verdacht" ist bis zur Grenze einer Ausfor-schungspfändung wegen des durch Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Befriedi-gungsrechts des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung (vgl. [X.]Z 141, 173,177) nicht rechtsmißbräuchlich. Zwar könnte der Gläubiger zunächst die Sach-pfändung durchführen und nach deren Fruchtlosigkeit im Rahmen des Verfah-rens auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§§ 807, 900 ff ZPO) ausfor-schen, ob und welche Ansprüche dem Schuldner gegen Geldinstitute zustehen.Bei einem solchen Vorgehen besteht aber - worauf die Rechtsbeschwerde [X.] hinweist - die Gefahr, daß der Schuldner, der nach der [X.] Konten im Vermögensverzeichnis mit Pfändungen rechnen muß, dieseräumt, so daß die spätere Pfändung ins Leere geht (vgl. [X.] aaO S. 107).Entgegen der Ansicht des [X.] werden dadurch wederdie schützenswerten Interessen der als Drittschuldner beteiligten [X.] die des Schuldners in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Wer als [X.] Konten führt, muß und wird sich auf Pfändungen von Guthaben einstellen.Im Normalfall ist für ein Geldinstitut, das über einen voll eingerichteten [X.] verfügt, die Drittschuldnererklärung (§ 840 ZPO) nicht mit einemins Gewicht fallenden zusätzlichen personellen und sachlichen Aufwand [X.], weil es die erforderlichen Erklärungen mit Hilfe moderner Datentechnikleicht abgeben kann (vgl. [X.] aaO S. 106). Der Schuldner, der die Ursachefür die Zwangsvollstreckung gesetzt hat, muß die für ihn durch ins Leere ge-hende Pfändungen möglicherweise eintretenden Nachteile im vorrangigen In-teresse des Gläubigers [X.] 8 -4. Nach alledem können die angefochtenen Entscheidungen keinen [X.] haben. Gemäß § 577 Abs. 5, § 572 Abs. 3 ZPO ist die Sache an [X.] zurückzuweisen.[X.] [X.][X.]BoetticherZoll

Meta

IXa ZB 229/03

19.03.2004

Bundesgerichtshof IXa- Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2004, Az. IXa ZB 229/03 (REWIS RS 2004, 3986)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3986

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