Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.04.2016, Az. 5 AZR 312/15

5. Senat | REWIS RS 2016, 12295

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Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 10. April 2015 - 6 Sa 1502/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Entgelterhöhung aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder Gleichbehandlung.

2

Die zwischen der nicht tarifgebundenen Beklagten und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat geschlossene „Gesamtbetriebsvereinbarung Vergütungssystem vom 8. April 2010“ (im [X.]) lautet auszugsweise:

        

„Präambel

        

Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat stimmen darin überein, die bisherige Vergütungspraxis zu systematisieren.

        

Ziele dieser Gesamtbetriebsvereinbarung sind insbesondere, die Schaffung einer eindeutigen Beziehung zwischen Aufgaben und Anforderungen sowie dem Gehalt und die Definition von [X.] durch Vergütungsgruppen, die als motivierend und leistungssteigernd empfunden werden.

        

Das insoweit dieser Gesamtbetriebsvereinbarung zugrunde liegende Entgeltsystem basiert unter anderem auf Funktionsbewertungen, einer Vergütungsstruktur in Form von Gehaltsbändern und einem Stationsbonus.

        

…       

        

2       

Funktionsbewertungssystem

        

2.1     

Ausgangspunkt für die Definition der individuellen Grundvergütung der Mitarbeiter ist eine Funktionsbewertung aller bei der Arbeitgeberin vorkommenden Funktionen.

                 

Die Funktionen wurden nach den acht Bewertungskriterien

                 

- Fachwissen

                 

- Unternehmenskenntnis

                 

- Soziale Kompetenz und Führungsqualität

                 

- Denkrahmen

                 

- Schwierigkeitsgrad

                 

- Entscheidungsfreiraum

                 

- Einflussgröße

                 

- Einfluss auf Zielerreichung

                 

bewertet.

                 

Jedem Kriterium ist eine Punkteskala zugeordnet, auf der im Bewertungsprozess das jeweilige Anforderungsniveau mit einem Punktwert festgelegt wird (Bewertungstabelle, Anlage 1).

                 

Die Addition der Punktwerte der acht Bewertungskriterien führt zu einer Gesamtpunktsumme. Auf dieser Basis erfolgt eine Zuordnung der Funktionen zu einer der Vergütungsgruppen und den damit verbundenen Gehaltsbändern (Vergütungsgruppen, Anlage 2).

        

…       

        
        

3       

Vergütungsstruktur

        

3.1     

Ausgehend von den Grundsätzen der Funktionsbewertung (vgl. oben 2) erfolgt die individuelle Grundgehaltsermittlung für den einzelnen Mitarbeiter auf der Basis eines Gehaltsbandsystems. Dabei wird unter Grundgehalt das Monatsentgelt oder der Stundenlohn (Stundenlohn multipliziert mit dem durchschnittlichen monatlichen Stundensatz) ohne Zuschläge verstanden.

        

3.2     

Es werden sechs Vergütungsgruppen gebildet. Den Vergütungsgruppen 1 bis 5 sind eine [X.] und eine [X.] zugeordnet; der Vergütungsgruppe 6 eine [X.].

        

3.3     

Die [X.] und -unterlinien werden jährlich angepasst. Sie werden um den Erhöhungsprozentsatz der Gehaltsanpassungen des Vorjahres angepasst.

        

4       

Ermittlung und Festlegung des individuellen Grundgehalts

        

4.1     

Alle Mitarbeiter werden grundsätzlich in die Vergütungsgruppe eingestuft, die für die von ihnen ausgeübte Funktion ermittelt wurde. Mitarbeiter, die die Funktion, die sie besetzen, noch nicht vollständig ausfüllen, werden zunächst im unteren Bereich der Vergütungsgruppe eingestuft und werden schrittweise in Abhängigkeit von ihrer Leistung gehaltlich in der Vergütungsgruppe entwickelt (Funktionseinsteiger).

        

4.2     

Durch die [X.] und die [X.] ist jeweils der Entgeltkorridor vorgegeben, innerhalb dessen das individuelle Grundgehalt liegen kann. Die tatsächliche Festlegung des Grundgehalts erfolgt durch den Vorgesetzten.

        

4.3     

Das Grundgehalt wird jährlich am dritten Donnerstag im Oktober überprüft. Der [X.] wird zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat abgestimmt. Für die Bestimmung werden die Entwicklung der Lebenshaltungskosten (Verbraucherpreisindex gemäß statistischem Bundesamt in den letzten 12 Monaten) und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens herangezogen.

        

…       

        
        

9       

[X.] und Einmalzahlungen

        

…       

        
        

9.2     

Mitarbeiter, deren Grundgehaltserhöhung nach 4.3 zum Überschreiten der [X.] führen würde, erhalten eine Erhöhung bis zur [X.]. Der gegebenenfalls verbleibende Betrag wird, multipliziert mit 12, als Einmalzahlung gewährt.

        

9.3     

Lag das Grundgehalt bereits vor der Erhöhung über der [X.] wird anstelle einer Grundgehaltserhöhung eine Einmalzahlung gewährt. Deren Höhe bemisst sich nach dem berechnetem Erhöhungsbetrag nach 4.3, multipliziert mit 12.

        

…“    

        

3

Der Kläger ist seit Jahren bei der Beklagten angestellt. Er ist als Lagerarbeiter der Vergütungsgruppe 4 zugeordnet. Die Beklagte erhöhte sein Gehalt im Jahr 2011 um 1,5 %, im [X.] um 2,5 % und im [X.] um 2,0 %. [X.] erhielt weder der Kläger noch ein anderer Arbeitnehmer der Beklagten eine Gehaltserhöhung.

4

Die [X.] und [X.]n wurden im Jahr 2011 um 1,5 %, im [X.] um 1,5 %, im [X.] um zumindest 2,0 % - nach dem Behaupten der Beklagten um 2,5 % - und im [X.] um 2 % erhöht.

5

Mit der vorliegenden, mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger die Erhöhung seines Grundgehalts ab 1. Januar 2014 entsprechend der im [X.] vorgenommenen Erhöhung der [X.] verlangt. Des Weiteren begehrt er die Feststellung, die Beklagte sei verpflichtet, künftig Gehaltserhöhungen im jeweiligen Umfang der [X.]erhöhung vorzunehmen. Er hat geltend gemacht, nach den Regelungen der [X.] habe einer [X.]erhöhung zwingend eine Anhebung der Grundgehälter in gleicher Höhe zu folgen. Bei einem anderen Verständnis verstießen die Regelungen der [X.] gegen § 2 [X.] und § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, weil sich die Lage seines Grundgehalts innerhalb der [X.] verschlechtere. Dies stelle einen Eingriff in das arbeitsvertragliche [X.] dar. Zudem führe eine andere Sichtweise zur Ungleichbehandlung gegenüber Mitarbeitern, die nach einer Gehaltserhöhung neu eingestellt und auf der [X.] eingestuft würden. Solche Mitarbeiter würden besser behandelt, weil ihr Gehalt entsprechend der [X.]erhöhung anzupassen sei, um ein Herausfallen aus der Bandlinie zu vermeiden. Der Anspruch auf Gehaltserhöhung folge zudem aus betrieblicher Übung. Die Beklagte habe durch die wiederholte Anhebung des Grundgehalts entsprechend der Erhöhung der [X.] einen Vertrauenstatbestand gesetzt, künftig in gleicher Weise zu verfahren.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 595,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Grundgehalt des Klägers ab dem Monat Februar 2015 um 45,81 Euro brutto zu erhöhen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Grundgehalt des Klägers zukünftig jeweils in der Höhe zu erhöhen, in welcher die Beklagte die [X.] erhöht.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die [X.] sehe lediglich eine jährliche Überprüfung der Grundgehälter vor. Aus einer Erhöhung des Grundgehalts folge zwar die Verpflichtung, die [X.] zu erhöhen, aus einer [X.]erhöhung ergäben sich aber keine Konsequenzen für die Entwicklung der Gehälter.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen und die Klage, wie zwar nicht ausdrücklich tenoriert, aber den Entscheidungsgründen zu entnehmen, im Übrigen insgesamt abgewiesen.

I. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf eine Erhöhung seiner Vergütung ab 1. Januar 2014 um 2 % und auf künftige Gehaltserhöhungen im Umfang der jeweiligen Erhöhung der [X.]. Er kann deshalb weder weitere Zahlungen für den Zeitraum Januar 2014 bis Januar 2015 noch die beantragten Feststellungen verlangen.

1. [X.] Vergütungssystem begründet keine Verpflichtung der [X.], das Gehalt des [X.] entsprechend der [X.]erhöhung anzuheben. Ein Anspruch folgt weder aus 3.3 [X.] noch aus 4.3 [X.]. Dies ergibt die Auslegung der [X.] (zu den Auslegungsregeln vgl. [X.]Rspr.: [X.] 5. Mai 2015 - 1 [X.] - Rn. 26; 13. Oktober 2015 - 1 [X.] - Rn. 22).

a) Nach 3.3 Satz 1 und Satz 2 [X.] sind die [X.] und [X.]n jährlich um den Erhöhungsprozentsatz der Gehaltsanpassungen des Vorjahres anzupassen. Damit steht der Wortlaut der Regelung der vom Kläger vertretenen Auslegung entgegen, Gehaltserhöhungen seien im jeweiligen Umfang der Erhöhung der [X.] vorzunehmen. Das Gegenteil ist der Fall. 3.3 Satz 2 [X.] regelt ausdrücklich die Erhöhung der [X.] in Abhängigkeit von der Erhöhung der Grundgehälter. [X.] sind als Folge von Gehaltserhöhungen zu vollziehen, nicht aber umgekehrt, Erhöhungen der Grundgehälter als Folge von [X.]. Dem entspricht die Formulierung in 3.3 Satz 1 [X.], [X.] und [X.]n sind jährlich anzupassen. Bezugsgröße der [X.]anpassung ist nach 3.3 Satz 2 [X.] stets der Erhöhungsprozentsatz der Gehaltsanpassungen des Vorjahres. Unterbleibt eine Gehaltserhöhung, ist eine „Anpassung“ der [X.] hinfällig. Ein anderes Verständnis führte nicht zu einem sachgerechten und praktisch brauchbaren Ergebnis. Die vom Kläger vertretene Auslegung setzte bei einmaliger Erhöhung der Grundgehälter einen Kreislauf in Gang, indem die [X.] entsprechend der Erhöhung der Grundgehälter und die Grundgehälter entsprechend den [X.] zu erhöhen wären. Hierfür bietet die [X.] keinen Anhaltspunkt.

b) Aus 4.3 Satz 1 [X.] ließe sich allenfalls ein Anspruch auf Überprüfung der Gehaltssituation herleiten, nicht aber auf Erhöhung der Grundgehälter (vgl. [X.] 16. September 1998 - 5 [X.] - zu I 1 b der Gründe). Ebenso wenig folgt ein Anspruch aus 4.3 Satz 2 und Satz 3 [X.].

aa) Der - wie die Beklagte - nicht tarifgebundene Arbeitgeber bestimmt autonom das Volumen der zur Vergütung aller Mitarbeiter bereitgestellten Mittel und entscheidet über zukünftige Aufstockungen dieses Volumens. Mangels [X.] leistet er sämtliche Vergütungsbestandteile „freiwillig“, dh. ohne hierzu normativ verpflichtet zu sein (vgl. [X.] 26. August 2008 - 1 [X.] - Rn. 21, [X.]E 127, 297). Lediglich für die Ausgestaltung, also den Verteilungs- und [X.] nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.], bedarf es der Mitbestimmung des Betriebsrats. Daher ist die Entscheidung, ob Gehälter erhöht werden sollen, mitbestimmungsfrei. Allerdings kann der Arbeitgeber freiwillig gegenüber dem Betriebsrat eine Verpflichtung zur Gehaltserhöhung eingehen oder insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats begründen. Dies kann in einer eigenen freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 [X.] oder im Rahmen einer ansonsten nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.] mitbestimmten Betriebsvereinbarung geschehen. Die Übernahme einer derartigen, gesetzlich nicht gebotenen und in der Praxis ungewöhnlichen Verpflichtung muss aber gerade im letztgenannten Fall deutlich zum Ausdruck kommen ([X.] 21. Januar 2003 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b aa der Gründe; 18. Oktober 2011 - 1 [X.] - Rn. 13).

bb) [X.], sich bei der [X.] ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit zu begeben, kommt in der [X.] nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck. 4.3 Satz 2 und Satz 3 [X.] bestimmen lediglich, dass der [X.] zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat abzustimmen sei. Die Regelung lässt sich nahtlos in die betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben einfügen, indem angenommen wird, die Abstimmung nach 4.3 Satz 2 und Satz 3 [X.] sei nur im Fall einer von der [X.] zuvor getroffenen Erhöhungsentscheidung vorzunehmen und diene lediglich ihrer Umsetzung. Hierfür spricht auch die Unbestimmtheit des nach 4.3 Satz 3 [X.] bei der Abstimmung ua. heranzuziehenden Kriteriums „wirtschaftliche Lage des Unternehmens“ (vgl. [X.] 21. Januar 2003 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b bb der Gründe). Wie diese Lage zu bestimmen ist und bei welcher Lage eine Gehaltserhöhung vorzunehmen wäre, regelt die [X.] nicht.

cc) Erst Recht ergibt sich aus 4.3 [X.] kein Zusammenhang zwischen der Erhöhung der [X.] und der Erhöhung der Grundgehälter. Die Erhöhung der [X.] ist in 4.3 Satz 2 und Satz 3 [X.] nicht als Kriterium genannt.

c) § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.] erfordert keine Erhöhung der Grundgehälter als Folge einer [X.]anpassung. Diese Bestimmung schützt den einzelnen Arbeitnehmer nicht davor, dass sich bei gleichbleibender Vergütungshöhe die Lage seines Grundgehalts innerhalb der [X.] ändert.

aa) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.] hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung mitzubestimmen, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von [X.]n. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Sie sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt ([X.] 22. Juni 2010 - 1 [X.] - Rn. 21, 23 mwN, [X.]E 135, 13).

bb) Die [X.] regelt [X.]. Sie stellt in 3.3 [X.] und 4.3 [X.] mit der Zuordnung bestimmter Funktionen zu Gehaltsbändern abstrakt-generelle Grundsätze zur Lohnfindung auf (vgl. [X.] 22. Juni 2010 - 1 [X.] - Rn. 21, 23 mwN, [X.]E 135, 13). Die Entgeltordnung selbst ordnet die Anpassung des [X.] als Folge der Entgelterhöhung des Vorjahres an. Damit steht die Position des Grundgehalts des einzelnen Arbeitnehmers innerhalb der [X.] unter dem Vorbehalt der Anpassung der [X.] an Gehaltserhöhungen. Die Entscheidung, ob Gehälter erhöht werden sollen, unterliegt, wie bereits ausgeführt, nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Deshalb kann sich eine Verletzung von § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.] nicht aus dem Fehlen einer die Beklagte verpflichtenden Regelung ergeben.

d) Die Regelungen der [X.] sind mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 [X.]) vereinbar.

aa) Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichstellung von Personen in vergleichbarer Lage sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblicher Sachgrund für eine Gruppenbildung ist vor allem der mit der jeweiligen Regelung verfolgte Zweck ([X.] 18. Mai 2010 - 1 [X.] - Rn. 15; 9. Dezember 2014 - 1 [X.] - Rn. 24). Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten ([X.] 14. Mai 2013 - 1 [X.] - Rn. 18; 8. Dezember 2015 - 1 [X.] - Rn. 20).

bb) Eine Gruppenbildung, die zwischen neu eingestellten und länger beschäftigten Arbeitnehmern differenziert, nimmt die [X.] nicht vor. Sonderregelungen enthält die [X.] lediglich in 4.1 Satz 2 für „[X.]“ und 9.1 bis 9.3 für Überschreiter. [X.] man zugunsten des [X.], die [X.] sähe bei nach einer Gehaltserhöhung auf der [X.] eingestuften Mitarbeitern, wenn diese als Folge der [X.]anpassung nach 3.3 [X.] aus der [X.] „herausfielen“, eine Gehaltserhöhung vor, gölte dies gleichermaßen für alle hiervon betroffenen Arbeitnehmer. Mitarbeiter deren Gehalt, wie das des [X.], auch nach der [X.]anpassung im Rahmen des [X.] liegt, befänden sich mit diesen Mitarbeitern nicht in einer vergleichbaren Lage. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz kommt deshalb nicht in Betracht.

e) Die in der Gesamtbetriebsvereinbarung vorgesehene Erhöhung der [X.] ohne entsprechende Erhöhung der Grundgehälter verstößt weder gegen § 2 [X.] noch führt sie zu dessen Umgehung.

aa) 3.3 [X.] und 4.3 [X.] haben keine Änderung der Arbeitsbedingungen des [X.] zur Folge. Eine Änderung von „Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 [X.] tritt allein bei einer Veränderung der Vertragsbedingungen ein. § 2 Satz 1 [X.] greift nur ein, wenn die Änderung auf Basis der bestehenden vertraglichen Regelungen nicht zu erreichen ist. Unter „geänderten Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1 [X.] sind folglich andere Arbeitsvertragsbedingungen zu verstehen ([X.] 26. Januar 2012 - 2 [X.] - Rn. 14, [X.]E 140, 328). Eine bestimmte Position der Vergütung des [X.] innerhalb der [X.] haben die Parteien nicht vereinbart. Sie ergibt sich lediglich als Reflex der [X.] und hat nicht den Status einer Vertragsbedingung.

bb) § 2 [X.] wird durch 3.3 [X.] und 4.3 [X.] nicht umgangen. Diese Regelungen greifen nicht in das arbeitsvertragliche [X.] ein. Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird durch das Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung und Vergütung bestimmt. Die nach den Bestimmungen der [X.] unter dem Vorbehalt künftiger Anpassungen stehende Position des [X.] innerhalb der [X.] berührt das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht.

2. Ein Anspruch auf Gehaltserhöhung ergibt sich nicht aus betrieblicher Übung.

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden ([X.] 19. März 2014 - 5 [X.] - Rn. 43).

b) Die Voraussetzungen der Entstehung einer betrieblichen Übung sind danach nicht erfüllt.

aa) Es sind keine Umstände gegeben, aus denen geschlossen werden könnte, die Beklagte habe in der Vergangenheit Gehaltserhöhungen als Folge von und gekoppelt an [X.] vorgenommen. Allein die Übereinstimmung der [X.] in einzelnen Jahren lässt einen solchen Schluss nicht zu. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte musste der Kläger [X.] als Umsetzung der Regelungen in 3.3 Satz 1 und Satz 2 [X.] verstehen, dh. als Folge von Gehaltserhöhungen, nicht aber umgekehrt, Erhöhungen der Grundgehälter als Folge von [X.].

bb) Die vom Kläger vertretene Auslegung der [X.], nach 3.3 [X.], 4.3 [X.] seien Gehaltserhöhungen im jeweiligen Umfang der Erhöhung der [X.] vorzunehmen, führte zu keinem anderen Ergebnis. Hätte die Beklagte, wie vom Kläger behauptet, Gehaltserhöhungen gekoppelt an [X.] vorgenommen, stellte dies lediglich einen vermeintlichen [X.] dar, der nicht zum Entstehen einer betrieblichen Übung führte (vgl. [X.] 17. September 2013 - 3 [X.] - Rn. 60; 19. März 2014 - 5 [X.] - Rn. 43).

cc) Mit den Gehaltserhöhungen der Jahre 2011 bis 2013 für sich genommen, hat die Beklagte ebenfalls keine betriebliche Übung begründet.

(1) Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern wiederholt eine Erhöhung der Löhne und Gehälter, kann eine betriebliche Übung selbst bei über Jahre gleichbleibender Gehaltserhöhungspraxis nur entstehen, wenn deutliche Anhaltspunkte in seinem Verhalten dafür sprechen, er wolle die Erhöhungen auch ohne Bestehen einer Verpflichtung künftig, dh. auf Dauer vornehmen (vgl. zur Weitergabe von Tarifentgelterhöhungen: [X.] 19. Oktober 2011 - 5 [X.] - Rn. 14; 24. Februar 2016 - 4 [X.] - Rn. 21). Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit über die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Mit den freiwilligen Entgeltsteigerungen entsteht regelmäßig lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung des erhöhten Entgelts, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, Erhöhungen künftig überhaupt oder nach einem bestimmten Schema vorzunehmen (vgl. [X.] 19. Oktober 2011 - 5 [X.] - Rn. 15; 24. Februar 2016 - 4 [X.] - Rn. 22).

(2) Danach hat die Beklagte durch die freiwilligen Gehaltserhöhungen in der Vergangenheit, selbst wenn man unterstellt, sie habe diese parallel zu den [X.] vorgenommen, keine betriebliche Übung begründet, auf die der Kläger die geltend gemachten Ansprüche stützen könnte. Es fehlt an den erforderlichen - über die bloße Erhöhungspraxis der vergangenen Jahre hinausgehenden - deutlichen Anhaltspunkten im Verhalten der [X.], aus denen sich für den Kläger erkennbar der Wille ergäbe, sich unter Aufgabe ihrer Entscheidungsfreiheit auf Dauer zu Erhöhungen zu verpflichten. Gegen einen Verpflichtungswillen der [X.] spricht zudem 4.3 [X.]. Aufgrund der Regelung konnte der Kläger nicht annehmen, sein Gehalt würde fortlaufend jährlich erhöht. Er musste vielmehr davon ausgehen, die Beklagte habe sich von Jahr zu Jahr nach einer Überprüfung zu Erhöhungen entschlossen.

3. Ein Anspruch auf Gehaltserhöhung folgt nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers voraus. Im Bereich der Vergütung findet der Grundsatz Anwendung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt ([X.] 3. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 22, [X.]E 149, 78; 3. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.]E 149, 69). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers ([X.] 25. Januar 2012 - 4 [X.] - Rn. 57, [X.]E 140, 291). Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung ([X.] 3. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 22, aaO; 3. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 18, aaO).

b) Danach ist der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht eröffnet.

aa) Die Beklagte hat im Jahr 2014 ihren Arbeitnehmern, auch den neu eingestellten, keine Gehaltserhöhungen gewährt. Eine Ungleichbehandlung, die einen Anspruch des [X.] begründen könnte, scheidet deshalb aus.

bb) Selbst wenn man unterstellt, nach den Regelungen der [X.] sei das Gehalt von Mitarbeitern, die nach einer Gehaltserhöhung neu eingestellt und auf der [X.] eingestuft wurden, anzupassen, um ein Herausfallen aus der [X.] zu vermeiden und die Beklagte habe entsprechende Erhöhungen vorgenommen, wäre der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht eröffnet. Der bloße - ggf. vermeintliche - Normvollzug enthält keine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers. Eine solche trifft der Arbeitgeber erst dann, wenn er freiwillig, dh. ohne rechtliche Verpflichtung über die Vertragserfüllung hinaus Leistungen gewährt ([X.] 21. Mai 2014 - 4 [X.] - Rn. 20, [X.]E 148, 139; 3. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 149, 69).

II. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Busch     

        

    Mandrossa     

                 

Meta

5 AZR 312/15

27.04.2016

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hannover, 21. Oktober 2014, Az: 10 Ca 316/14, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.04.2016, Az. 5 AZR 312/15 (REWIS RS 2016, 12295)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12295

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