Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.12.2024, Az. VI ZR 117/24

6. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 11603

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Gegenstand

Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten auch bei ungültig gewordener TÜV-Prüfplakette des unfallbeschädigten Pkws


Leitsatz

Ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten kann nicht allein wegen eines überschrittenen Vorführtermins zur Haupt- und Abgasuntersuchung bei dem unfallbeschädigten Pkw verneint werden. Die Nutzung eines verkehrssicheren Pkw mit nach § 29 Abs. 7 Satz 1 StVZO ungültig gewordener Prüfplakette ist nur dann rechtswidrig, wenn eine Behörde den Betrieb des Fahrzeugs untersagt oder beschränkt hat.

Tenor

Auf die Revision des [X.]wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.]vom 14. März 2024 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer auf Erstattung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall in Anspruch.

2

Der Pkw des [X.]erlitt am 5. November 2018 bei einem Verkehrsunfall einen Totalschaden. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit. Zum Zeitpunkt des Unfalls war für das Fahrzeug des [X.]der Termin zur Haupt- und Abgasuntersuchung um mehr als ein halbes Jahr überschritten; dieser hätte im März 2018 stattfinden müssen. Der Kläger mietete vom 5. bis 19. November 2018 ein Ersatzfahrzeug an. In einem Rechtsstreit mit dem Mietwagenunternehmen wurde der Kläger zur Zahlung von 1.024,73 € verurteilt. Mit seiner Klage verlangt er von der Beklagten Erstattung dieser Mietwagenkosten nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 990,08 € nebst Zinsen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.]das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

4

Der Kläger könne aus Rechtsgründen keinen Ersatz der [X.]verlangen. Zwar gehörten die [X.]zu den Herstellungskosten, seien also Teil der Aufwendungen, die der Schädiger dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersetzen müsse. Der Geschädigte dürfe dabei aber nicht aus anderen Gründen ohnehin an der Benutzung seines Fahrzeugs während der Ausfallzeit gehindert sein. Hätte der Unfall nicht stattgefunden, hätte der Kläger sein Fahrzeug mangels Haupt- und Abgasuntersuchung nicht mit Billigung der Rechtsordnung nutzen dürfen. Wenn die Haupt- und Abgasuntersuchung nicht fristgerecht vorgenommen werde, stelle dies eine Ordnungswidrigkeit dar, zudem könnten die Behörden die Stilllegung des Fahrzeugs androhen und durchsetzen. Die Anmietung des Mietwagens sei folglich nicht unfallbedingt erfolgt, sondern nur anlässlich des Verkehrsunfalls. Sie hätte zur Herstellung der Mobilität in jedem Fall erfolgen müssen, bis das Fahrzeug mit bestandener Haupt- und Abgasuntersuchung als nachweislich verkehrssicher und zulassungsfähig wieder hätte genutzt werden dürfen.

5

Im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung könne die faktisch mögliche, aber den Anforderungen der Rechtsordnung nicht entsprechende Nutzung des Fahrzeugs einen Anspruch auf Ausgleich des Nutzungsausfalls nicht begründen. Dies müsse jedenfalls im Hinblick auf den Sicherheitscharakter einer regelmäßigen Hauptuntersuchung gelten. Der Kläger hätte jederzeit mit einer sofortigen Entziehung des Fahrzeugs rechnen müssen, die Nutzung hätte also jederzeit beendet werden können, weshalb die faktische Nutzung keinen Geldwert darstelle. Die Nutzung des Fahrzeugs ohne gültige Prüfplakette sei von der Rechtsordnung missbilligt. Darauf, ob das Fahrzeug vor dem Unfall verkehrssicher und die Anmietung erforderlich gewesen sei, komme es nicht an.

II.

6

Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann der Anspruch auf Ersatz von [X.]nicht verneint werden.

7

1. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann derjenige, der sein Fahrzeug infolge des schädigenden Ereignisses nicht nutzen kann, als erforderlichen Herstellungsaufwand nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer den Ersatz der [X.]verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. nur Senatsurteile vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11, NJW 2013, 1870 Rn. 15; vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539 Rn. 8; vom 27. März 2012 - VI ZR 40/10, r+s 2012, 565 Rn. 8; vom 2. Februar 2010 - VI ZR 139/08, NJW 2010, 1445 Rn. 10; vom 12. Oktober 2004 - VI ZR 151/03, BGHZ 160, 377, 383, juris Rn. 18). [X.]gehören aber dann nicht zum erforderlichen Herstellungsaufwand, wenn der Geschädigte im Zeitraum der Anmietung des Mietwagens ohnehin aus anderen Gründen an der Benutzung seines Fahrzeugs gehindert gewesen wäre (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1984 - VI ZR 225/82, NJW 1985, 793, juris Rn. 8; MüKoStVR/Almeroth, BGB, § 249 Rn. 254; Geigel/Katzenstein, Haftpflichtprozess, 29. Aufl., Kap. 3 Rn. 122; beim Nutzungsausfallschaden: Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7 mwN).

8

2. Nach diesen Grundsätzen kann ein Anspruch des [X.]auf Ersatz von [X.]nicht allein wegen des für sein Fahrzeug seit mehr als einem halben Jahr überschrittenen [X.]zur Haupt- und Abgasuntersuchung verneint werden. Der Kläger war ohne den Unfall nicht bereits aus Rechtsgründen an der Nutzung seines Fahrzeugs gehindert; dem Kläger war auch nicht wegen der jederzeit möglichen Beschränkung oder Untersagung der Nutzung des Fahrzeugs durch die Behörde Schadensersatz zu versagen.

9

a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Pkw des [X.]vor dem Unfall verkehrssicher und mangelfrei war. Zugunsten der Revision ist daher dem Vortrag des [X.]gemäß zu unterstellen, dass er ohne den Unfall nicht wegen Mängeln oder aus Gründen der Verkehrssicherheit an der weiteren Nutzung seines Fahrzeugs gehindert gewesen wäre. Allein aufgrund des Umstands, dass die Frist zur Vorführung des Fahrzeugs zur Haupt- und Abgasuntersuchung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts um mehr als ein halbes Jahr überschritten war, kann nicht angenommen werden, dass das Fahrzeug tatsächlich nicht mehr verkehrssicher war (vgl. aber zur Annahme fehlender Verkehrssicherheit bei einer seit mehreren Jahren überfälligen Hauptuntersuchung OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2024 - 3 M 99/23, juris Rn. 11).

b) Der Kläger war entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht aus rechtlichen Gründen an der Nutzung seines Pkw gehindert. Die Nutzung eines (verkehrssicheren) Pkw mit überschrittener Frist zur Vorführung zur Haupt- und Absaguntersuchung ist nur dann rechtswidrig, wenn eine Behörde den Betrieb des Fahrzeugs untersagt oder beschränkt hat. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass dies hier der Fall war (hierzu unter aa). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nicht, dass der Kläger aufgrund des etwa drohenden [X.]oder aus anderen Gründen von der weiteren Nutzung seines Pkw abgesehen hätte (unter bb). Aus dem "Sicherheitscharakter" der Hauptuntersuchung folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht bereits, dass die Erstattung von [X.]im Streitfall zu versagen wäre (unter cc); etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der bisherigen Senatsrechtsprechung (unter dd). Schließlich kann der Schadensersatzanspruch auch nicht wegen einer möglichen Betriebsbeschränkung oder -untersagung versagt werden (unter ee).

aa) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 StVZO haben die Halter von zulassungspflichtigen Kraftfahrzeugen (§ 3 Abs. 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung) ihre Fahrzeuge auf ihre Kosten nach Maßgabe der Anlage VIII zur [X.]in regelmäßigen Zeitabständen untersuchen zu lassen. Pkw sind mindestens in den in Nr. 2.1.2 der Anlage VIII zur [X.]angegebenen regelmäßigen Zeitabständen einer Hauptuntersuchung zu unterziehen. Bei einer Hauptuntersuchung werden die untersuchungspflichtigen Fahrzeuge auf ihre Verkehrssicherheit, ihre Umweltverträglichkeit sowie auf Einhaltung der für sie geltenden Bau- und Wirkvorschriften untersucht (Nr. 1.2.1 der Anlage VIII zur StVZO). Die Abgasuntersuchung ist damit Teil der Hauptuntersuchung (Nr. 1.2.1.1 der Anlage VIII zur StVZO; MüKoStVG/Meyer, 1. Aufl., § 29 StVZO Rn. 65; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., § 29 StVZO Rn. 20a).

Der Halter eines Fahrzeugs hat nach § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVZO den Monat, in dem das Fahrzeug spätestens zur Hauptuntersuchung vorgeführt werden muss, durch eine Prüfplakette nach Anlage IX zur [X.]auf dem Kennzeichen nachzuweisen. Diese Prüfplakette wird nach § 29 Abs. 7 Satz 1 StVZO mit Ablauf des jeweils angegebenen Monats ungültig. Die schuldhafte nicht rechtzeitige Vorführung zur Hauptuntersuchung begründet nach § 69a Abs. 2 Nr. 14 StVZO eine Dauerordnungswidrigkeit, die mit der Vorführung endet (vgl. OLG Karlsruhe, [X.]2014, 212, juris Rn. 6; OLG Rostock, VRS 128, 43, juris Rn. 7; OLG Stuttgart, DAR 1980, 188; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., § 29 StVZO Rn. 35; [X.]in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Aufl., § 29 StVZO Rn. 99 f.).

Befindet sich an einem Fahrzeug, das mit einer Prüfplakette versehen sein muss, keine gültige Prüfplakette, so kann die nach Landesrecht zuständige Behörde für die [X.]bis zur Anbringung einer gültigen Prüfplakette den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagen oder beschränken, § 29 Abs. 7 Satz 4 StVZO. Die betroffene Person hat das behördliche Verbot oder die Beschränkung zu beachten, § 29 Abs. 7 Satz 5 StVZO; bei schuldhaftem Zuwiderhandeln liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, § 69a Abs. 2 Nr. 15 StVZO. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde für das Fahrzeug des [X.]eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung für den Zeitraum, für den er Ersatz von [X.]beansprucht, angeordnet hatte.

Aus den Regelungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ergibt sich damit nicht, dass jede Nutzung eines (verkehrssicheren) Fahrzeugs mit nach § 29 Abs. 7 Satz 1 StVZO ungültig gewordener Prüfplakette rechtswidrig wäre (vgl. auch LG Frankfurt, NJW-RR 1992, 1183; OLG Hamm, NJW 1970, 1560; Nissen, [X.]2020, 551, 553, auch 554 ff. zur abweichenden Praxis im [X.]Ausland). Solange die zuständige Behörde den Betrieb des Fahrzeugs nicht untersagt oder beschränkt hat, ist die Nutzung eines Fahrzeugs mit ungültig gewordener Prüfplakette erlaubt (vgl. OLG Koblenz, [X.]1981, 95 f.; OLG Stuttgart, [X.]1980, 188; OLG Hamm, NJW 1970, 1560; Nissen, [X.]2020, 551, 553; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., § 29 StVZO Rn. 32; [X.]in Haus/Krumm/Quarch, Verkehrsrecht, 3. Aufl., § 29 StVZO Rn. 107). Eine Nutzung mit ungültig gewordener Prüfplakette lässt auch nicht automatisch den Haftpflichtversicherungsschutz erlöschen (vgl. Nissen, [X.]2020, 551, 557).

bb) Der Kläger hätte seinen Pkw nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur Haupt- und Abgasuntersuchung spätestens im März 2018 vorführen müssen. In der Zeit, für die der Kläger Ersatz der [X.]fordert (5. bis 19. November 2018), war der Vorführtermin damit um mehr als ein halbes Jahr überschritten. Dem Kläger drohte - wenn nicht bereits vor dem Unfall ein solches Bußgeld verhängt worden war, wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - ein Bußgeld von 25 € (Nr. 186.2.2 der Anlage [X.]zur Bußgeldkatalog-Verordnung: Vorführtermin zur Hauptuntersuchung um mehr als vier bis zu acht Monate überschritten). Erst ab einer Überschreitung des Termins um mehr als acht Monate drohte neben einem Bußgeld von 60 € (Nr. 186.2.3 der Anlage [X.]zur Bußgeldkatalog-Verordnung) auch ein Punkt im Fahreignungsregister (Nr. 3.5.1 der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass den Kläger die Bußgelddrohung von 25 € von der Nutzung seines Fahrzeugs im relevanten Zeitraum im November 2018 aufgrund des damit verbundenen Entdeckungsrisikos abgehalten hätte. Die Nutzung des Fahrzeugs trotz des überschrittenen [X.]zum Zeitpunkt des Unfalls deutet auf das Gegenteil hin. Das Berufungsgericht hat auch keine weiteren Umstände festgestellt, aus denen sich ergäbe, dass der Kläger sein Fahrzeug im November 2018 nicht hätte nutzen können.

cc) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der "Sicherheitscharakter einer regelmäßigen Hauptuntersuchung" es erfordern würde, dem Kläger die Erstattung von [X.]zu versagen. Richtig ist zwar, dass mit der Hauptuntersuchung dafür gesorgt werden soll, dass Fahrzeuge während ihres Betriebs in einem sicheren und umweltfreundlichen Zustand gehalten werden (vgl. Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2014/45/[X.]vom 3. April 2014 über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/40/EG). Da die §§ 2969a [X.]ein Nutzungsverbot nicht bereits beim Überschreiten des [X.]eines Pkw zur Hauptuntersuchung vorsehen und die Richtlinie 2014/45/[X.]dies auch nicht fordert, liefe es dieser gesetzlichen Wertung zuwider, würde man mit dem Berufungsgericht nun annehmen, der Sicherheitscharakter der Hauptuntersuchung [X.]einen weiteren Gebrauch des Pkw.

dd) Der Streitfall ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht mit dem Fall vergleichbar, in dem ein als Schaden geltend gemachter entgangener Gewinn nur unter Verletzung eines gesetzlichen Verbots hätte erzielt werden können (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1986 - VI ZR 151/84, NJW 1986, 1486). Der Senat hat ausgeführt, dass der Geschädigte im Wege des Schadensersatzes nicht einen Gewinn erhalten soll, dessen Erzielung andere gesetzliche Vorschriften (konkret: Vorschriften der bis zum 30. Juni 1994 geltenden Arbeitszeitordnung) gerade verhindern wollen (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1986 - VI ZR 151/84, NJW 1986, 1486, 1487, juris Rn. 18). Zum einen geht es im Streitfall nicht um den Ersatz entgangenen Gewinns, sondern um die Erstattung erforderlicher Herstellungskosten, zum anderen ist den §§ 29, 69a [X.]nicht zu entnehmen, dass jeder Gebrauch eines Fahrzeugs mit ungültig gewordener Prüfplakette verhindert werden soll.

Der Streitfall ist auch nicht mit dem Fall vergleichbar, in dem für das Fahrzeug die nach § 1 [X.]erforderliche Haftpflichtversicherung nicht besteht. Nach § 6 Abs. 1 [X.]in der hier maßgeblichen, bis 16. April 2024 geltenden Fassung wird derjenige, der schuldhaft ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 [X.]erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, bestraft. Durch diese Strafdrohung soll - anders als durch §§ 29, 69a [X.]- jeder Gebrauch eines Fahrzeugs, für das keine Haftpflichtversicherung besteht, auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verhindert werden (vgl. OLGR Hamm, 1996, 185; O[X.]a.M., NZV 1995, 68; OLG Karlsruhe, VersR 1989, 58; Geigel/Katzenstein, Haftpflichtprozess, 29. Aufl., Kap. 3 Rn. 122).

ee) Das Berufungsgericht hat die Erstattung von [X.]auch mit der Begründung verneint, der Kläger habe jederzeit mit einer sofortigen Untersagung oder Beschränkung des Betriebs des Fahrzeugs rechnen müssen, weshalb dessen faktische Nutzung keinen Geldwert habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Zwar geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass § 29 Abs. 7 Satz 4 StVZO neben einer ungültigen Prüfplakette keine weiteren Voraussetzungen für eine im Ermessen der Behörde stehende Betriebsbeschränkung oder -untersagung vorsieht. Das Berufungsgericht übersieht aber, dass der Kläger nach dem oben Gesagten sein Fahrzeug rechtmäßig nutzen konnte, solange die Behörde nicht tätig geworden ist. Da diese rechtmäßige Nutzungsmöglichkeit durch den Unfall wegfiel, kann der Kläger als Ersatz den erforderlichen Herstellungsaufwand in Form von [X.]verlangen.

III.

Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem dargestellten Rechtsfehler. Sie war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Seiters                    von Pentz                    Allgayer

                  Böhm                        Linder

Meta

VI ZR 117/24

03.12.2024

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 14. März 2024, Az: 2 S 6063/22

§ 249 Abs 2 S 1 BGB, § 29 Abs 7 S 1 StVZO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.12.2024, Az. VI ZR 117/24 (REWIS RS 2024, 11603)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 11603

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Unfall, Nutzungsausfallentschädigung, Schaden, Nutzungsausfall, Vorschaden


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VI ZR 139/08

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