Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2002, Az. I ZR 119/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 55

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 119/00Verkündet am:19. Dezember 2002FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] von [X.] § 17 Abs. 2, § 13 Abs. 4a)Eine unzulässige Verwertung einer Kundenliste als Geschäftsgeheimnis ei-nes Unternehmens ist auch dann gegeben, wenn die Namen der Kunden [X.] der geschäftlichen Tätigkeit in die persönlichen Unterlagen [X.] gelangt sind und von diesem bei der Ausübung seiner Ge-schäftstätigkeit außerhalb des Unternehmens verwertet werden.b)Dem Inhaber des neuen Geschäftsbetriebs ist das unbefugte Verhalten [X.] nicht über § 13 Abs. 4 UWG zuzurechnen. Er kann jedocheigenverantwortlich als Störer oder als Tatbeteiligter am [X.].[X.], Urt. v. 19. Dezember 2002 - I ZR 119/00 - [X.] LG Mainz- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 19. Dezember 2002 durch [X.] und [X.] [X.], Pokrant, [X.] undDr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Schlußurteil des 6. Zivil-senats des [X.] vom 13. April 2000 aufge-hoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit Wein,Sekt und Spirituosen. Sie setzen ihre Produkte über Handelsvertreter und an-gestellte Außendienstmitarbeiter direkt bei den [X.] vom 1. Oktober 1986 bis zum 1. Oktober 1988 war der [X.] für die Klägerin tätig, die ihm zu Beginn seiner Tätigkeit eine Karteimit mindestens 1.500 Kundenadressen zur Verfügung stellte. Nach [X.] bei der Klägerin wechselte [X.] zur [X.], die ihn auf [X.] "[X.]" in [X.] vom 29. Oktober bis 6. November1988 in ihrem Weinstand einsetzte. Zur Vorbereitung dieser Ausstellung drucktedie Beklagte Einladungsbriefe, die neben ihrem Briefkopf ein Bild und den Na-men des [X.] enthielten. Dieser versandte die Briefe mit der An-rede "Lieber Weinfreund, sehr geehrter Kunde" an mindestens 200 bis 220Kunden der Klägerin, die bis dahin noch nicht zur Kundschaft der [X.] hatten.Die Klägerin hat behauptet, [X.] habe in Zusammenarbeit mit der [X.] etwa 1.000 ihrer Stammkunden angeschrieben und zu Weinproben [X.] der [X.] eingeladen. Deren Adressen habe er sich [X.] der ihm überlassenen Kundenkartei notiert.Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Sie istder Auffassung, das gezielte Ansprechen ihrer Kundschaft sei unzulässig, weilihre Kundenlisten als Geschäftsgeheimnis auch nach Beendigung des [X.].Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat behauptet, [X.] [X.] Rückgabe sämtlicher von der Klägerin erhaltener Unterlagen unter Zuhil-fenahme des Telefonbuchs aus dem Gedächtnis heraus die Adressen der Kun-den der Klägerin aufgezeichnet und an diese die blanko gedruckten [X.] -Das [X.] hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeu-tung - die Beklagte unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, es zu [X.]2.zum Zweck der Vermittlung oder des Abschlusses von Geschäf-ten betreffend Weine, Schaumweine und Spirituosen selbst oderüber Beauftragte (Handelsvertreter, Außendienstmitarbeiter) ge-zielt in Verbindung zu Stammkunden der Klägerin zu treten, vondenen sie oder ihre Beauftragten nur Kenntnis aufgrund [X.] übergewechselter, früherer [X.] Klägerin oder früherer Tätigkeit bei ihr haben.Nicht von dem Verbot betroffen sind:a)Stammkunden der Klägerin, die von den übergewechseltenAußendienstmitarbeitern der Klägerin für sie geworben wur-den;b)Kunden, die vor dem Wechsel des jeweiligen Außendienstmit-arbeiters gleichzeitig Kunden der [X.] [X.])Kunden, die es vor dem Wechsel des jeweiligen [X.] abgelehnt haben, weiterhin Weine,Schaumweine oder Spirituosen von der Klägerin zu beziehen.Als Stammkunden gelten Kunden, die in den letzten beidenJahren vor dem Wechsel des jeweiligen [X.] mindestens zwei Bestellungen bei der [X.] haben.Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der [X.] ins-gesamt abgewiesen und die Anschlußberufung der Klägerin, mit der sie eineAufhebung der Beschränkung des Verbots gemäß Ziffer 2a des landgerichtli-chen Tenors begehrt hat, zurückgewiesen.- 5 -Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufge-hoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an [X.] zurückverwiesen (Urt. v. 14.1.1999 - I ZR 2/97, [X.] 1999,934 = [X.], [X.] Berufungsgericht hat die Klage nach Vernehmung des Weinberaters[X.] erneut insgesamt abgewiesen.Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Wiederher-stellung des vom [X.] unter Ziffer 2 des Tenors ausgesprochenen Ver-bots mit der Maßgabe erstrebt, daß die in Ziffer 2a enthaltene [X.] aufgehoben wird. Darüber hinaus verfolgt sie den von der [X.] der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Klageantrag zu [X.] 2. weiter.Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die geltend gemachten [X.] seien nicht begründet, weil die Versendung der [X.] an Kunden der Klägerin nicht anstößig [X.] des § 1 UWG sei.Dazu hat es ausgeführt:Der Handelsvertreter [X.] habe dadurch, daß er die Anschriften der Kun-den der Klägerin verwendet habe, weder gegen vertragliche noch gegen ge-setzliche Bestimmungen verstoßen. Ein Verstoß gegen § 90 HGB sei schon- 6 -deshalb nicht gegeben, weil es nicht der Berufsauffassung eines ordentlichenKaufmanns widerspreche, wenn ein ausgeschiedener Handelsvertreter sich imWettbewerb um Kunden seines früheren Geschäftsherrn bemühe.Ob die Beklagte sich einen Verstoß des Handelsvertreters [X.] gegen§ 17 Abs. 2 UWG als eigenes wettbewerbswidriges Handeln anrechnen lassenmüßte, könne offenbleiben, da ein derartiger Verstoß nicht feststehe. Nach demErgebnis der Beweisaufnahme sei nicht erwiesen, daß der Handelsvertreter[X.] Aufzeichnungen aus der ihm anvertrauten Kundenkartei der Klägerin ge-fertigt und diese bei der Versendung der hier in Rede stehenden [X.] an Kunden der Klägerin verwendet habe.I[X.] Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.] zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß [X.] und -anschriften, die dem Handelsvertreter [X.] während seiner Tä-tigkeit für die Klägerin bekannt geworden sind, Geschäftsgeheimnisse [X.] von§ 17 Abs. 2 UWG darstellen. Es hat auch mit Recht angenommen, daß die Klä-gerin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 UWG zu [X.]. Insoweit erhebt die Revision auch keine Beanstandungen.2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Be-rufungsgerichts, die Klägerin habe einen Verstoß des Handelsvertreters [X.] gegen § 17 Abs. 2 UWG nicht bewiesen.a) Das Berufungsgericht hat im unstreitigen Tatbestand seines [X.] 23. Januar 1992, auf das im angefochtenen Urteil wegen der [X.] Sach- und Streitstandes verwiesen wird, festgestellt, daß der Handelsver-treter [X.] anläßlich der Verbraucherausstellung "[X.]" vom 29. Oktober bis6. November 1988 an mindestens 200 bis 220 Kunden der Klägerin, die bis da-hin noch nicht zur Kundschaft der [X.] zählten, [X.]. Die Beklagte selbst hat vorgetragen, die Adressen für die [X.] stammten von [X.] , der die Anschriften aus dem Gedächtnis unterZuhilfenahme des Telefonbuchs aufgezeichnet habe. Danach gab es für dievon dem Handelsvertreter [X.] verwendeten Adressen keine andere Quelle [X.] selbst.Der Handelsvertreter [X.] hat bei seiner Zeugeneinvernahme bekundet,es sei ihm nach seinem Ausscheiden bei der Klägerin möglich gewesen, einegrößere Anzahl von Kunden unter Zuhilfenahme des Telefonbuchs zu rekon-struieren. Die Telefonnummern habe er entweder im Kopf gehabt, oder sie [X.] auf Unterlagen, die er sich während seiner Tätigkeit bei der Klägerin gefertigthabe, notiert gewesen. Dabei habe es sich nicht um die von der Klägerin zurVerfügung gestellten Karteikarten mit Daten von deren Kunden, sondern umNotizen gehandelt, die er für sich gemacht habe, um sie unterwegs bei [X.] zur Verfügung zu haben. Denn die Kundenkartei habe er nichtimmer mitnehmen [X.]) Auf diese Bekundungen des Zeugen [X.] konnte das [X.] Abweisung der Klage nicht stützen. Eine unzulässige Verwertung der [X.] als Geschäftsgeheimnis eines Unternehmens ist auch dann gegeben,wenn die Namen der Kunden im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit in diepersönlichen Unterlagen des Handelsvertreters gelangt sind und von diesembei der Ausübung seiner Geschäftstätigkeit außerhalb des Unternehmens [X.] -Ist davon auszugehen, daß die hier in Rede stehenden Adressen vondem Handelsvertreter [X.] stammten, und gibt es für die Tatsache, daß er [X.] bei der Versendung der Einladungsbriefe verwenden konnte,keine andere nachvollziehbare Erklärung, als die, daß er die Namen zuvor ausder Kundenkartei der Klägerin in seine von ihm selbst gefertigten Aufzeichnun-gen übertragen hatte, so durfte das Berufungsgericht nicht annehmen, die Klä-gerin habe den ihr obliegenden Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungendes § 17 Abs. 2 UWG in der Person des Handelsvertreters [X.] nicht erbracht.3. Gleichwohl hätte das Berufungsgericht die Klage mit dem [X.] im Ergebnis zu Recht abgewiesen, wenn eine wettbewerbsrechtli-che Haftung der [X.] für einen zu unterstellenden Verstoß des Handels-vertreters [X.] gegen § 17 Abs. 2 UWG nicht in Betracht käme. Dies ist [X.] nicht der [X.]) Eine Haftungszurechnung nach § 13 Abs. 4 UWG scheidet allerdingsaus. Nach dieser Vorschrift werden dem Inhaber des [X.] seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen zugerech-net, weil die arbeitsteilige Organisation seines Betriebs die Verantwortung [X.] Verhalten im Wettbewerb nicht beseitigen soll. Der Betriebsinhaber, demdie [X.] seiner Angestellten oder Beauftragten zugutekommen, soll sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter [X.] ihm abhängigen [X.] verstecken können (vgl. [X.], Urt. v. 31.5.1990- I ZR 228/88, [X.] 1990, 1039, 1040 = [X.], 79 - Anzeigenauftrag,m.w.[X.]; [X.]/Piper, UWG, 3. Aufl., § 13 Rdn. 38).- 9 -Der dem Handelsvertreter [X.] angelastete Verstoß liegt in seiner Personals Geheimnisträger begründet und rührt aus seiner früheren Tätigkeit für dieKlägerin her. Dieser Verstoß kann der [X.] als neuer Arbeit- oder Auf-traggeberin nach § 13 Abs. 4 UWG nicht angelastet werden, weil eine solcheHaftung sich nicht mit der arbeitsteiligen Organisation ihres Betriebs begründenläßt.b) Unberührt bleibt jedoch eine eigenständige Haftung der [X.] alswettbewerbsrechtliche Störerin. Ebenso kann eine Haftung der [X.] aus§ 1 i.V. mit § 17 Abs. 2 UWG in Betracht kommen, wenn in ihrer Person [X.] der Strafvorschrift des § 17 Abs. 2 UWG erfüllt wären.Nach dem Vorbringen der Klägerin hat die Beklagte den Wettbewerbs-verstoß des Handelsvertreters [X.] dadurch gefördert, daß sie ihm - wie ande-ren zur [X.] übergewechselten Handelsvertretern auch - für "[X.]" Kunden eine Zusatzprovision von 15 % zugesagt hat. Daraus kann sich eineHaftung der [X.] als Störerin oder im Falle der Kenntnis von dem (revisi-onsrechtlich zu unterstellenden) unbefugten Verhalten des Handelsvertreters[X.] aus § 1 i.V. mit § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG [X.] 10 -II[X.] Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerinaufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung andas Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird sich auch mit dem er-sichtlich zu weit gehenden Unterlassungsantrag der Klägerin zu befassen ha-ben.[X.]Büscher Schaffert

Meta

I ZR 119/00

19.12.2002

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2002, Az. I ZR 119/00 (REWIS RS 2002, 55)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 55

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