Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. V ZB 197/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 652

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.] 197/11
vom
8. Dezember 2011

in der Zwangsversteigerungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 59
Werden im Falle eines [X.] nur auf die abweichenden Be-dingungen abgegeben, denen der Schuldner nicht zugestimmt hat, darf der [X.] erteilt werden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Beeinträch-tigung des Schuldners bestehen.

[X.], Beschluss vom 8. Dezember 2011 -
V [X.] 197/11 -
LG [X.]

[X.]

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2
-

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Dezember 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.], die Richterin Dr.
[X.], [X.]
Czub und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 25. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt für die Gerichtskosten und die anwaltliche Vertretung der

Gründe:
I.
Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Vollstreckungsgericht mit Be-schluss vom 3. Mai 2010 die Zwangsversteigerung des im Rubrum bezeichne-weil die Abbruchkosten für die Gebäude den Bodenwert überstiegen. Das Grundstück besteht aus zwei Flurstücken. In Abteilung II des Grundbuchs ist unter Nr. 5 eine Belastung für eines dieser Flurstücke (441/12) mit einer Grund-dienstbarkeit (Geh-
und Fahrrecht) zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Flurstücke 439/4 und 441/13 eingetragen. Am 20. Oktober 2010 stellte die [X.] zu 3 als Eigentümerin des Flurstücks 439/4 einen Antrag auf Versteige-rung zu abweichenden Bedingungen, nämlich unter [X.] der ge-nannten Grunddienstbarkeit. Die Gläubigerin stimmte zu. In dem Termin zur 1
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Zwangsversteigerung am 21. April 2011 erfolgte ein [X.], weil die Zustimmung der [X.] zu den abweichenden [X.] noch nicht vorlag. Gebote wurden nur zu den abweichenden Be-dingungen abgegeben. Der Zuschlag wurde der Beteiligten zu 3 zu ihrem ilt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Schuldnerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin die Aufhebung des [X.] erreichen.

II.
Das Beschwerdegericht meint, ein Zuschlagsversagungsgrund gemäß §
83 Nr. 1 [X.] sei nicht gegeben, weil die Vorschrift des § 59 [X.] eingehalten worden sei. Ebenso wenig sei der Zuschlag gemäß § 83 Nr. 2 [X.] zu versa-gen. Ein Einzelausgebot der beiden Flurstücke habe nicht erfolgen müssen, weil diese ein Grundstück im Rechtssinne bildeten.

III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 100 [X.] im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde eine Verletzung von §
83 Nr.
1 i.V.m. § 59 [X.].
a) Die Durchführung des [X.]s sowohl nach den gesetzli-chen als auch nach den abweichenden Bedingungen entsprach §
59 Abs.
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[X.], weil vor Durchführung der Zwangsversteigerung nicht feststand, ob die Rechte der Schuldnerin oder der [X.] durch das Bestehen-bleiben der Dienstbarkeit beeinträchtigt wurden. Es kann dahinstehen, ob -
wie die Rechtsbeschwerde meint
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für die anschließende Erteilung des Zuschlags eine Zustimmung der [X.] erforderlich gewesen wäre, weil die Schuldnerin ihre Zuschlagsbeschwerde darauf nicht stützen kann (§
100 Abs.
2 [X.]).
b) Auch der Schuldner kann im Sinne von §
59 Abs. 1 Satz 3 [X.] beein-trächtigt werden, wenn mit der Abweichung ein geringerer Übererlös erzielt wird, weniger Schulden getilgt werden als nach den gesetzlichen Bedingungen oder wenn das geringste Gebot so hoch wird, dass niemand bietet ([X.], [X.], 19. Aufl., § 59 Rn. 4.2). Mit der Frage, ob aus diesem Grund die Zustim-mung der Schuldnerin zu den
abweichenden Bedingungen erforderlich war, hat sich das Beschwerdegericht zwar nicht befasst. Ein Zuschlagsversagungsgrund ergibt sich aus der fehlenden Zustimmung aber nicht.
[X.]) Es besteht keine Einigkeit darüber, wie zu verfahren ist, wenn im Fal-le eines [X.] -
wie hier
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nur auf die abweichenden Bedin-gungen, nicht aber auf die gesetzlichen Bedingungen abgegeben werden und der Schuldner nicht zustimmt. [X.] steht nach überwiegender und zutreffender Ansicht, dass die Zuschlagserteilung auch dann erfolgen kann, wenn nicht auf beide Ausgebotsarten geboten worden ist ([X.], Rpfleger 2006, 93, 94; [X.], Rpfleger 1984, 427; [X.], [X.], 5. Aufl., §
59 Rn. 14; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl. § 59 Rn. 69; [X.]/Siwonia, [X.], § 59 Rn. 17; [X.], [X.]O, § 59 Nr. 6.3; [X.], Rpfleger 1987, 397, 401; aA [X.], Rpfleger 1986, 326, 338). Das folgt schon [X.], dass das [X.] das gesetzlich vorgesehene Mittel für den Nachweis einer von vornherein zweifelhaften Beeinträchtigung darstellt und die 6
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Möglichkeit einer Versteigerung zu den gesetzlichen Bedingungen gewährleis-tet (so zutreffend [X.], Rpfleger 2006, 93, 94).
bb) Uneinigkeit besteht in dieser Fallkonstellation aber darüber, inwieweit eine Beeinträchtigung des Schuldners zu der Versagung des Zuschlags führen muss. Teilweise wird vertreten, der Zuschlag müsse stets auf das abweichende Ausgebot erfolgen ([X.], Rpfleger 1984, 427; [X.], [X.]O, §
59 Rn.
14; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 59 Rn. 5; [X.], [X.]O, § 59 Nr. 6.3; [X.], Rpfleger 1987, 397, 401), während er nach anderer Auffassung versagt werden muss, wenn eine Beeinträchtigung möglich erscheint ([X.], Rpfleger 2001, 509). Andere meinen, für die Zuschlagserteilung sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beeinträchtigung jedenfalls nicht sicher fest-stehe ([X.], Rpfleger 2006, 93, 94; [X.], [X.]O, § 59 Rn. 69; [X.]/
Siwonia, [X.], § 59 Rn. 17). Der Senat teilt die zuletzt genannte Ansicht mit der Maßgabe, dass der Zuschlag nur versagt werden darf, wenn konkrete Anhalts-punkte für die Beeinträchtigung des Schuldners durch die abweichenden Be-dingungen bestehen. Dafür spricht die Überlegung, dass ein genereller Vorrang der gesetzlichen Bedingungen nicht anzunehmen ist und es der Funktion des [X.]s entspricht, den Nachweis der Beeinträchtigung zu ermögli-chen. Kann es ein eindeutiges Ergebnis nicht herbeiführen, ist der Zuschlag im Zweifel zu erteilen (so zutreffend [X.], Rpfleger 2006, 93, 94). Sprechen dagegen konkrete Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung, ist die Zustimmung des Schuldners gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 [X.] erforderlich.
cc) Danach ist der Zuschlag im Einklang mit § 59 [X.] erteilt worden. Weil keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ohne das Bestehen-bleiben der Dienstbarkeit ein besseres [X.] erzielt worden wäre, ist eine Beeinträchtigung der Schuldnerin nicht ersichtlich; auch die 8
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Rechtsbeschwerde verweist nicht auf Umstände, die diese Annahme rechtferti-gen könnten.
b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, das [X.] habe in den abweichenden Bedingungen nicht das Beste-henbleiben der Dienstbarkeit auch zugunsten des Flurstücks 441/13 vorsehen dürfen,
weil sich der Antrag der Beteiligten zu 3 nur auf das Flurstück 439/4 be-zogen habe. Es kann dahinstehen, ob der gemäß §
59 Abs.
1 Satz
1 [X.] er-forderliche Antrag vorlag. Jedenfalls wäre ein etwaiger Verstoß gegen §
59 Abs.
1 Satz 1 [X.] gemäß § 84 Abs. 1 Alt.
1 [X.] geheilt worden, weil es auch insoweit an einer Beeinträchtigung der Schuldnerin fehlt. Allerdings ist die [X.] nach § 84 Abs. 1 Alt.
1 [X.] schon dann ausgeschlossen, wenn die Mög-lichkeit einer Beeinträchtigung besteht ([X.], [X.]O, §
84 Rn.
2.2 mwN). [X.] dafür, dass ein höherer [X.] erzielt worden wäre, wenn die Dienstbarkeit nur zugunsten des Flurstücks 439/4 und nicht auch zu-gunsten des Flurstücks 441/13 bestehen geblieben wäre, sind nach dem Er-gebnis des [X.]s aber nicht ersichtlich und werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.
2. Ebenso wenig liegt ein Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 2 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] vor. Zu Recht hat das Vollstreckungsgericht kein Einzelausgebot der beiden Flurstücke vorgenommen.
a) Das Beschwerdegericht weist zutreffend darauf hin, dass diese ein einheitliches Grundstück im Rechtssinne bilden, nämlich ein im Bestandsver-zeichnis eines Grundbuchblattes unter einer bestimmten Nummer gebuchtes Stück der Erdoberfläche (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 1971 -
V
ZR 164/68, NJW 1971, 560, 561). Es handelt es sich bei den Flurstücken deshalb nicht um "mehrere in demselben Verfahren zu versteigernde Grundstücke" im Sinne von § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.].
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b) Es
besteht auch kein Anlass für eine analoge Anwendung des § 63 [X.]. Zwar hat der Senat in dem von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Beschluss vom 24. November 2005 ([X.] -
NJW 2006, 1000 f.) eine sinngemäße Anwendung von § 63 [X.] unter bestimmten Umständen für ange-zeigt gehalten. Dies bezog sich aber nur auf den Fall, dass eine Vereinigung von Grundstücken stattgefunden hat, obwohl eine Verwirrung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu befürchten war (Senat, [X.]O, Rn. 21 f.). Wie auch die Rechtsbeschwerde erkennt, liegt ein solcher Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vor. Dienstbarkeiten, die nur an Grundstücksteilen bestehen, be-gründen keine Verwirrungsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.], wenn der belastete Grundstücksteil bestimmbar ist ([X.]/[X.] [Stand: 1.9.2011], §
5 Rn. 35; [X.], [X.], 27. Aufl., § 5 Rn. 13). So ist es hier. Weil die Dienstbarkeit auf einem von zwei Flurstücken lastet, ist klar erkennbar, auf welchem Teil des einheitlichen Grundstücks die Belastung ruht.

IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (Senat, Beschluss vom 25.
Januar 2007 -
V
[X.] 125/05,
[X.]Z 170, 378, 381 mwN). Der Gegenstands-wert ist nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen, der dem [X.] entspricht. Der Wert der anwalt-lichen Vertretung richtet sich gemäß § 26 Nr. 2 RVG zwar grundsätzlich nach

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dem Verkehrswert des Grundstücks. Ist dieser aber -
wie hier
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negativ, ist hilfsweise der Wert des [X.]s heranzuziehen.
[X.]
[X.]
Czub

[X.]
Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.04.2011 -
24 K 411/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 25.07.2011 -
3 T 261/11 -

Meta

V ZB 197/11

08.12.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. V ZB 197/11 (REWIS RS 2011, 652)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 652

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