Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2001, Az. IX ZR 309/00

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2919

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:5. April 2001PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein_____________________ZPO § 88Weckt ein Rechtsanwalt als [X.] selbst ernsthafte Zweifelan der Wirksamkeit seiner eigenen Bevollmächtigung, darf das Gericht dieseauch von Amts wegen prüfen.[X.], [X.]eil vom 5. April 2001 - [X.]/00 - [X.] LG Frankfurt ([X.] 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] Kreft und die [X.], [X.], Dr. Zugehör und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juli 2000 wird auf [X.] Beklagten zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Durch [X.]eil des [X.] vom 1. November 1999 ist die frühere,säumnisbedingte Verurteilung der Beklagten aufrecht erhalten worden, es [X.], näher bezeichnete Rechte und Ansprüche in einem Zwangsver-steigerungsverfahren anzumelden. Im Verfahren vor dem [X.] war [X.] durch Rechtsanwalt U. vertreten. Gegen das nicht förmlich zugestellte[X.]eil hat die Beklagte durch einen beim Berufungsgericht zugelassenenRechtsanwalt [X.] am 6. Januar 2000 Berufung eingelegt und sie rechtzeitigbegründet.Danach hat Rechtsanwalt [X.] angezeigt, daß U. schon seit [X.] 1998 nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen, die Beklagte also imerstinstanzlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei; den- 3 -Auftrag zur Berufungseinlegung habe er - [X.] - am Tage der [X.] erhalten. Die Klägerin hat daraufhin den Mangel der Vollmachtauf der Gegenseite gerügt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor [X.] war die Beklagte anwaltlich nicht vertreten. Durch die [X.], als Versäumnisurteil bezeichnete Entscheidung hat das Berufungs-gericht die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Dagegen richtetsich deren Revision.Entscheidungsgründe:I.1) Die Revision ist zulässig. Zwar findet gegen [X.] [X.] gemäß § 542 Abs. 3 i.V.m. § 339 ZPO der Einspruch, nichtdie Revision statt. Jedoch hat das Berufungsgericht, sachlich zutreffend, daraufhingewiesen, daß seine Entscheidung nicht auf der Säumnis der Berufungsklä-gerin, sondern auf der Grundlage der von Amts wegen anzustellenden Über-prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels beruhe.Ein [X.]eil, das nach § 519b ZPO eine Berufung als unzulässig verwirft,ohne daß die Säumnis einer [X.] hierauf Einfluß hätte (vgl. hierzu [X.], [X.]. 9. Oktober 1957 - [X.], NJW 1957, 1840), ist kein Versäumnisurteili.[X.]. § 542 ZPO, weil es nicht auf einer Säumnis beruht (vgl. [X.], 357,360). Es ist - vorbehaltlich des Meistbegünstigungsgrundsatzes - mit der [X.] -sion, nicht mit einem Einspruch anzufechten ([X.], [X.]. v. 13. Oktober 1998- VI ZR 81/98, [X.], 291 f; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 59. [X.] 542 Rn. 2; [X.]/[X.], 2. Aufl. § 519b Rn. 11, § 542Rn. 3; [X.]/[X.], ZPO 22. Aufl. Vor § 330 Rn. 11 a.E.; vgl. schon [X.], [X.]. 2. Juli 1957 - [X.], [X.] § 338 ZPO Nr. 2; v. 10. Januar 1961 - [X.]/60, NJW 1961, 829 f; v. 28. Januar 1969 - [X.], NJW 1969, 845,846).2) Die Berufung gegen das [X.]eil des [X.] vom [X.] war auch nicht deswegen von vornherein unzulässig, weil der [X.] der Beklagten während der ersten Instanz seine Postulationsfä-higkeit verloren hat. Denn auch ein während des Verfahrensstillstandes nach§ 244 Abs. 1 ZPO erlassenes [X.]eil ist nicht nichtig, sondern nur anfechtbar([X.]Z 66, 59, 61 [X.] Die Verwerfung der Berufung hat das Berufungsgericht wie folgt [X.]: Sie sei von einem Rechtsanwalt eingelegt worden, der dazu nichtwirksam bevollmächtigt gewesen sei (§§ 78, 88 ZPO). Die Zulassung [X.] U. sei mit Wirkung zum 16. November 1998 - rechtskräftig seit25. Juni 1999 - widerrufen worden. Seit dem 20. Juli 1999 sei der (frühere)Rechtsanwalt U. in der Liste der zugelassenen Rechtsanwälte gelöscht. Mit [X.] habe er die aus § 81 ZPO folgende Befugnis verloren, den [X.] die Vollmacht zur Rechtsmitteleinlegung zu erteilen. Der Auftrag zur- 5 -Rechtsmitteleinlegung - nebst der konkludent ausgesprochenen Bevollmächti-gung - sei hier erst am 6. Januar 2000, also nach der Löschung, erteilt [X.] deshalb unwirksam. Die Beklagte sei im Berufungsrechtszug von [X.] nicht gemäß der [X.] vertreten gewesen. Dafür, daß sie selbstihrem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten - innerhalb der Berufungsfrist(§ 516 ZPO) - [X.] erteilt hätte, fehle es an Anhaltspunkten.2. Dagegen rügt die Revision: Für die Revisionsinstanz sei in Ermange-lung gegenteiliger Feststellungen davon auszugehen, daß Rechtsanwalt [X.] Vollmacht der Beklagten zu ihrer Vertretung in erster Instanz gehabt habe.Die Löschung des Rechtsanwalts U. in der Liste der zugelassenen Anwältebedeute nicht, daß U. gehindert gewesen sei, außerhalb des Prozessesrechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben und einem (zugelassenen) Kolle-gen ein Prozeßmandat zu erteilen. Das Berufungsgericht habe übersehen, daßdas Recht, Prozeßhandlungen vorzunehmen, nur ein Ausschnitt der [X.], die ein Mandant einem Rechtsanwalt erteile. In Ermangelung eines [X.] Willens des Mandanten sei davon auszugehen, daß der nichtmehr zugelassene Rechtsanwalt mindestens noch bevollmächtigt sei, einemanderen Kollegen Vollmacht zu erteilen. Dies ergebe sich auch aus dem - entsprechend anzuwendenden - § 87 Abs. 2 ZPO.3. Zwar hat die Revisionsbegründung darin Recht, daß die eigene Po-stulationsfähigkeit eines [X.]vertreters nicht Voraussetzung dafür ist, daß [X.] materiellem Recht Bevollmächtigte für die [X.] wirksam zu [X.]. Dazu können sogar Privatleute befugt sein. Insoweit sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Vollmacht von den prozeßrechtlichen [X.] ihres ordnungsmäßigen Nachweises zu trennen. Auf die Streit-- 6 -frage, ob eine [X.] als solche erlischt, wenn der prozeßbevoll-mächtigte Rechtsanwalt nicht mehr zur Anwaltschaft zugelassen ist, kommt esdafür nicht entscheidend an.Ferner genügt es, wenn ein Rechtsmittel aufgrund einer formlos erteil-ten, nach materiellem Recht wirksamen Vollmacht eingelegt wird, sofern diesenur - bei Bedarf - später in der Form des § 80 ZPO für den Zeitpunkt der [X.] nachgewiesen wird (vgl. §§ 88, 89 ZPO).4. Jedoch ist das Berufungsurteil aus einem anderen Grunde richtig. [X.] hat trotz Rüge der Klägerin und Aufforderung des [X.] des Rechtsanwalts [X.] nicht in der prozessual gebote-nen Weise nachgewiesen. Der Senat hat dies von Amts wegen zu berücksich-tigen, weil es um einen gemäß § 519b Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu [X.] Verfahrensmangel geht; insbesondere prüft das [X.] Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen ([X.]Z 4, 389, 395 f; 6, 369,370; 7, 280, 284; [X.], [X.]. v. 4. November 1981 - [X.], NJW 1982,1873; [X.] NJW 1962, 1933 Nr. 27 [X.]) Auf die Anzeige des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten [X.], [X.], der erstinstanzlich tätige "Rechtsanwalt" U. sei nicht mehrals Anwalt zugelassen gewesen, er - [X.] - vertrete die Beklagte nicht mehr,hat ihm das Berufungsgericht mit Verfügung vom 22. Juni 2000 aufgegeben,bis zum 3. Juli 2000 seine [X.] zur Einlegung der Berufung [X.]. Diese Anordnung war rechtswirksam. Schon vor der auf § 88 Abs. 1ZPO gestützten Rüge der Klägerin war das Gericht hier befugt, die [X.] Vorlage einer Vollmacht aufzufordern. Denn jedenfalls wenn ein [X.] 7 -walt als [X.] selbst ernsthafte Zweifel an der [X.] eigenen Bevollmächtigung weckt, darf das Gericht sie von [X.] (vgl. [X.] NJW 1970, 1464 f; OLG Frankfurt NJW 1970,1885, 1886; [X.], ZPO 21. Aufl. § 88 Rn. 4; [X.]/von [X.], 2. Aufl., § 88 Rn. 4; [X.]/Schütze, ZPO 3. [X.] 88 Rn. 3 a.E.). [X.] hat auf die Aufforderung erwidert, eine schriftliche Voll-macht existiere nicht, er sei fernmündlich durch "Rechtsanwalt" U. beauftragtworden; ob dieser zu einem solchen Auftrag bevollmächtigt gewesen sei, [X.] - [X.] - nicht. Seine Vollmacht war somit nicht formgerecht nachgewiesen.Es kommt hi[X.] nicht mehr entscheidend darauf an, ob die anschließende,auf § 88 ZPO gestützte, ausdrückliche Rüge der Klägerin noch so [X.], daß das Berufungsgericht sie im Verhandlungstermin hätte [X.] dürfen (§§ 132 Abs. 1, 335 Abs. 1 Nr. 3 [X.] hätte es nach materiellem Recht genügt, wenn die Beklagte [X.] U. eine nach § 167 Abs. 1 BGB wirksame und fortdauernde(§ 168 BGB) Vollmacht erteilt hätte, die diesen auch ermächtigte, einen [X.] für die höhere Instanz zu bestellen, und wenn U. - darauf ge-stützt - dem Rechtsanwalt [X.] eine Vollmacht wenigstens mündlich erteilthätte. Bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am [X.] ist aber keinerlei Vollmacht vorgelegt worden.aa) Damit ist einerseits in materiell-rechtlicher Hinsicht offengeblieben,ob der frühere Rechtsanwalt U. zur Bevollmächtigung des [X.] ermächtigt war. Eine Vollmachtsurkunde für [X.] liegt ebenfalls nicht vor.- 8 -bb) In formeller Hinsicht hatte Rechtsanwalt [X.] überhaupt keine Pro-zeßvollmacht i.S.d. § 80 ZPO nachgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihm- auch im Hinblick auf § 89 ZPO - eine genügend lange Zeit zur [X.]. Es brauchte daher zur Wahrung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1GG) den Verhandlungstermin nicht zu verlegen, § 227 ZPO.Somit ist davon auszugehen, daß Rechtsanwalt [X.] nicht wirksam vonder Beklagten zur Berufungseinlegung bevollmächtigt war.b) Eine Prozeßhandlung, die ohne wirksame [X.] vorge-nommen und auch nicht wirksam genehmigt wird, ist unwirksam. Ein ohneVollmacht eingelegtes Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen ([X.],[X.]. v. 26. November 1953 - [X.], [X.] § 97 ZPO Nr. 4 unter a; [X.]. 8. Mai 1990 - VI ZR 321/89, NJW 1990, 3152).Kreft Kirchhof Fischer Zugehör Ganter

Meta

IX ZR 309/00

05.04.2001

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2001, Az. IX ZR 309/00 (REWIS RS 2001, 2919)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2919

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