Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.10.2010, Az. 5 AZN 861/10

5. Senat | REWIS RS 2010, 2454

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Gegenstand

Besetzung des Gerichts - Geschäftsverteilung


Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 4. Juni 2010 - 2 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 18.294,84 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

2

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO besteht nicht.

3

1. Die Revision ist nach § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG zuzulassen, wenn ein Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 bis 5 ZPO geltend gemacht wird und vorliegt. Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts gemäß § 547 Nr. 1 ZPO liegt vor, wenn über die [X.] andere [X.] entscheiden als die gesetzlich berufenen. „Gesetzlicher [X.]“ bedeutet, dass sich der für die einzelne Sache zuständige [X.] im Voraus eindeutig aus einer allgemeinen Regelung ergeben muss ([X.] 26. September 2007 - 10 [X.] - Rn. 11, [X.] ZPO § 547 Nr. 7).

4

2. Die 2. Kammer des [X.]s Sachsen-Anhalt war bei der anzufechtenden Entscheidung vorschriftsmäßig besetzt iSd. § 547 Nr. 1 ZPO. Es hat in der von § 35 Abs. 2 ArbGG vorgeschriebenen Besetzung mit einem Vorsitzenden, dem Vizepräsidenten des [X.]s, und je einem ehrenamtlichen [X.] aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber mündlich verhandelt und entschieden.

5

3. Die Zuteilung der Sache an die 2. Kammer des [X.]s entsprach dem Geschäftsverteilungsplan.

6

a) Es kann dahinstehen, ob die Zuteilung der Sache an die 2. Kammer des [X.]s nicht bereits [X.] Nr. 2 des [X.] als Ergebnis einer Reihenfolge entsprochen hätte. Denn nach dem ausdrücklichen Beschluss des Präsidiums des [X.]s vom 17. März 2010, welches bei Zweifeln über die geschäftsplanmäßige Zuteilung entscheidungsbefugt ist ([X.] [X.] des Präsidiums des [X.]s Sachsen-Anhalt für das [X.]) war für den vorliegenden Rechtsstreit die 2. Kammer zuständig. Anhaltspunkte dafür, dass der Präsidiumsbeschluss vom 17. März 2010 selbst nicht den Voraussetzungen des [X.] entsprach, gibt es nicht.

7

b) Doch selbst wenn eine Zuteilung an die 2. Kammer bereits unzweifelhaft nach der Reihenfolge und damit in Abhängigkeit von der Zuteilung von [X.]en an die 7. Kammer erfolgt wäre, läge kein absoluter Revisionsgrund vor.

8

aa) Für die [X.]e schreibt § 35 Abs. 1 ArbGG vor, dass es aus dem Präsidenten und ua. „der erforderlichen Zahl von weiteren Vorsitzenden“ besteht. Jede Kammer des [X.]s wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und je einem ehrenamtlichen [X.] aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber tätig, § 35 Abs. 2 ArbGG. Die zuständige oberste Landesbehörde bestimmt die Zahl der Kammern, § 35 Abs. 3 ArbGG.

9

bb) § 35 Abs. 1 ArbGG geht davon aus, dass die [X.], die die Funktion eines Kammervorsitzenden am [X.] ausüben, an diesem Gericht planmäßig angestellt und als „Vorsitzende [X.] am Landearbeitsgericht“ ernannt sind. Nur einem solchen garantiert Art. 97 Abs. 2 GG die persönliche Unabhängigkeit durch Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit. Die Heranziehung von nicht planmäßig angestellten [X.]n ([X.]n auf Probe, abgeordneten [X.]n) darf deshalb nur in den Grenzen erfolgen, die sich nach verständigem Ermessen aus der Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden, oder aus anderen zwingenden Gründen ergeben (so schon [X.] 9. November 1955 - 1 [X.] - [X.]E 4, 331 , 345). Sie muss die Ausnahme sein und darf nicht zur Regel werden ([X.] 3. Juli 1962 - 2 [X.] - [X.]E 14, 156 , 163 f.). Hier sind strenge Maßstäbe anzulegen ([X.] 6. Juni 2007 - 4 [X.] - Rn. 34 mwN, [X.]E 123, 46).

cc) Von der vorschriftsmäßigen Besetzung der Kammern ist deren Bildung und die Zuteilung von [X.]en nach der Maßgabe des [X.] zu unterscheiden, § 21e Abs. 1 GVG. Die 7. Kammer des [X.]s Sachsen-Anhalt war gemäß § 35 Abs. 3 iVm. § 17 ArbGG ordnungsgemäß gebildet. Dass seit mehreren Jahren ein [X.] am Arbeitsgericht als Vorsitzender der 7. Kammer des [X.]s Sachsen-Anhalt im Zeitpunkt der Zuteilung des Rechtsstreits an die 2. Kammer des [X.]s tätig und diese selbst deshalb gegebenenfalls nicht vorschriftsmäßig besetzt war, änderte nichts an der ordnungsgemäßen Bildung der 7. Kammer und deren Kammerzuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan. Eine gegebenenfalls fehlerhafte Besetzung der 7. Kammer berührt nicht deren wirksame Bildung und die wirksame Zuteilung von Rechtsmitteln an diese Kammer.

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG.

        

Müller-Glöge

        

Laux   

        

Biebl 

        
                 

W. Hinrichs

        

Dombrowsky

                 

Meta

5 AZN 861/10

13.10.2010

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZN

vorgehend ArbG Magdeburg, 19. August 2009, Az: 5 Ca 3426/08, Urteil

§ 72 Abs 2 Nr 3 Alt 1 ArbGG, § 547 Nr 1 ZPO, § 35 Abs 1 S 1 ArbGG, § 35 Abs 2 ArbGG, § 35 Abs 3 S 2 ArbGG, § 17 Abs 1 ArbGG, § 21e Abs 1 S 1 GVG, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.10.2010, Az. 5 AZN 861/10 (REWIS RS 2010, 2454)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2454

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