Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2016, Az. I ZB 92/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12141

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:280416BIZB92.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 92/15
vom
28. April 2016
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 28. April 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher,
die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof.
Dr.
Koch und Feddersen

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin
wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des
Landgerichts [X.]
vom 23. September
2015
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:
[X.] Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner aus einem [X.] die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung.
Der Schuldner gab am 16.
Dezember 2014 die Vermögensauskunft nach §
802c ZPO ab. Dabei gab er auf die Frage Nr.
10 nach "[X.]" an, Arbeitslosengeld
II und Leistungen für Unterkunft vom [X.] zu beziehen. Die
Frage Nr.
17 nach "Ansprüchen aus Pacht-, Miet-
und Leasingverträgen" verneinte
der Schuldner
und erklärte, dass die Mietkaution vom Jobcenter bezahlt
worden sei. Die ebenfalls unter Nr.
17 gestellte Frage 1
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"Wurde die Zahlung der Nebenkosten durch einen [X.] als Darlehen geleis-tet?" verneinte der Schuldner. Angaben zum Vermieter machte der Schuldner nicht.
Mit Schreiben vom 30.
Dezember 2014 beantragte die Gläubigerin beim zuständigen Gerichtsvollzieher die Nachbesserung der Vermögensauskunft, weil der Schuldner angeben müsse, in welcher Höhe und an [X.] die Mietkauti-on geleistet worden sei, wer Wohnungseigentümer sei und ob die Mietkaution vom Schuldner an das Jobcenter -
gegebenenfalls in [X.] -
zurückgezahlt werde.
Der Gerichtsvollzieher lehnte das Nachbesserungsverlangen
mit der Begründung ab, der Schuldner werde bei Abnahme der Vermögensauskunft danach befragt, ob er die Kaution [X.]. Werde im Vermö-gensverzeichnis keine [X.]zahlung vermerkt, erfolge eine solche nicht.
Die gegen die Ablehnung des Gerichtsvollziehers gerichtete Erinnerung wies das Amtsgericht zurück. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Nachbesserungsantrag weiter.
I[X.] Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Gläubigerin könne [X.] Nachbesserung der Vermögensauskunft verlangen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch auf Rückerstattung nicht verbrauchter Nebenkosten-vorauszahlungen eines Beziehers von Leistungen nach dem [X.] sei un-pfändbar. Das Nachbesserungsverlangen der Gläubigerin sei daher mutwillig oder schikanös.
II[X.] Die aufgrund ihrer Zulassung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch
ansonsten zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache
an die Vorinstanz.
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1. Die angefochtene Entscheidung ist unter Verletzung des [X.] des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Sie ist deshalb aufzuheben und zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Der Einzelrichter durfte über die Beschwerde nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Be-deutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Dem originären Einzelrichter nach §
568 ZPO ist die Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt ([X.], Beschluss vom 16.
Mai 2012
[X.]/11, [X.], 3518 Rn. 4 mwN). Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung ist im wei-testen Sinne zu verstehen, so dass nicht der Einzelrichter, sondern das Kollegi-um entscheiden muss, [X.]n zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder
wie vorliegend -
zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts geboten ist (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 24. November 2011 -
VII ZB 33/11, NJW-RR 2012, 441 Rn.
9).
2. Hinsichtlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen [X.] macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Eine Nachbesserung der Vermögensauskunft mit Blick auf Ansprüche auf Rückerstattung von Betriebs-
oder Nebenkostenrückzahlung kommt nicht in Betracht. Der Senat hat mittlerweile
entschieden, dass einem Verlangen auf Nachbesserung einer Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO das Rechts-schutzbedürfnis fehlt, [X.]n der
Gläubiger [X.] über [X.] für Betriebs-
und Heizkosten verlangt, die der Sozialhilfeträger für einen Empfänger von Leistungen nach dem [X.] an dessen Vermieter geleistet hat. 6
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5
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Ein solches [X.]sbegehren ist mutwillig, weil diese Ansprüche nicht der Pfändung unterliegen ([X.], Beschluss vom 3. März 2016 -
I ZB
74/15).
2. Das Nachbesserungsverlangen ist auch hinsichtlich der Umstände der Kautionszahlung unbegründet.
Die erteilte [X.] ist insoweit
nicht unvoll-ständig.
Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer Vermögensauskunft ver-langen, [X.]n der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, [X.] oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Oktober 2007 -
I [X.], NJW-RR 2008, 1163
Rn. 8; Beschluss vom 20.
November 2008 -
I [X.], [X.], 1431 Rn. 13; Beschluss vom 3.
Februar 2011 -
I ZB 50/10, NJW-RR 2011, 667 Rn. 7; Beschluss vom 12.
Januar 2012 -
I ZB 2/11, [X.], 606 Rn. 20, jeweils noch zu §
807 ZPO
aF). Dazu muss aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich sein, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind, oder der Gläubiger glaubhaft machen, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis versehentlich unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat (vgl.
[X.], NJW-RR 2011, 667 Rn. 8 f.).
Unzulässig ist allerdings eine Nachbesse-rung zur Beantwortung von Fragen über Vermögenspositionen, die schon zu-sammengefasst verneint sind ([X.], [X.] 2013, 46; [X.]/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 802d Rn. 16).
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Im Streitfall geht aus dem Vermögensverzeichnis hervor, dass der Schuldner die Frage
nach Ansprüchen aus Pacht-, Miet-
und Leasingverträgen
verneint hat. Die Frage, ob er die Kaution in [X.] an das Jobcenter zurück-zahlt, bedarf damit keiner Beantwortung, weil die Frage nach Ansprüchen aus dem Mietverhältnis bereits
zusammenfassend verneint worden ist und somit
kein berechtigtes Interesse an der Frage nach weiteren Einzelheiten eines Kau-tionsrückzahlungsanspruchs
besteht.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.03.2015 -
435 M 1088/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 23.09.2015 -
3 T 339/15 -

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Meta

I ZB 92/15

28.04.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2016, Az. I ZB 92/15 (REWIS RS 2016, 12141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12141

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I ZB 92/15

I ZB 65/11

VII ZB 33/11

I ZB 50/10

I ZB 2/11

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