Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2016, Az. VIII ZR 70/16

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 1267

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:071216UVIIIZR70.16.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 70/16
Verkündet am:

7. Dezember 2016

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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2 -

Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche
Verhandlung vom 7. Dezember 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richter Prof.
Dr.
Achilles und Dr.
Schneider, die Richterin Dr.
Fetzer sowie
den Richter Dr.
Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der [X.] werden das Urteil der 2. Zivil-kammer des [X.] ([X.]) vom 24. Februar 2016 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2015 im Kostenpunkt und insoweit abge-ändert, als zum Nachteil der
[X.] entschieden worden ist.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger begehren von der [X.], ihrer ehemaligen Vermieterin, Schadensersatz mit der Behauptung, diese habe ihr [X.]srecht vereitelt.
Die Kläger mieteten mit Vertrag vom 23. November 2010
eine Dachge-schosswohnung in einem im Eigentum der [X.] stehenden Zehnfamilien-haus in L.

an. Am vertraglich vereinbarten Mietbeginn (15. Dezember 2010) wurde den Klägern die Wohnung auch überlassen.
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Bereits vor Abschluss des Mietvertrags mit den Klägern hatte die [X.] mit notarieller Teilungserklärung vom 28. September 2010 die Umwandlung des Anwesens, in dem sich die angemietete Wohnung befindet, zu Wohnungs-eigentum erklärt. Am 16. Dezember 2010 veräußerte die Beklagte die künftigen zehn Wohnungen an N.

und A.

K.

. Der Kaufpreis für die Dachge-schosswohnung nebst Stellplatz belief sich auf 207.000

. Die Anlage des Wohnungsgrundbuchs und die Eintragung der [X.] als Eigentümer der zehn Wohnungen erfolgten kurze [X.] später am 23. Dezember 2010. Am 18.
Oktober 2011 wurde A.

K.

als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 28. November 2012 bot die Beklagte, vertreten durch ihren Geschäftsführer
A.

K.

, dem Kläger zu 1 den Kauf der Dachgeschosswohnung nebst Stellplatz
zum Preis von

nahm das
Angebot nicht an. Die
Wohnung wurde
sodann anderweitig
veräu-ßert. Der neue Eigentümer teilte den Klägern auf Anfrage mit, er wolle die Wohnung künftig
selbst nutzen. Daraufhin kündigten die Kläger das Mietver-hältnis fristgemäß.
Mit der Klage haben die Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Höhe von 11.422,10 nebst Zinsen in Anspruch
genommen. Sie sind der Auffassung, die Beklagte habe das ihnen als Mieter zustehende [X.]srecht vereitelt; sie
sei ihnen deshalb zum Ersatz des entstandenen
Schadens verpflichtet.
Das Amtsgericht hat der Klage, unter deren Abweisung im Übrigen, in ist beim [X.] erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision verfolgt
die Beklagte ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung vor Erlass des [X.] vom 6. April 2016
([X.], [X.], 540) ergangen ist, hat zur Be-gründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Zu Recht habe das Amtsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klä-ger aus § 280 Abs. 1, § 577 Abs. 1, § 469 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht, da die [X.] ihre
gesetzliche Verpflichtung, die Kläger beim Abschluss des [X.] vom 16. Dezember 2010 über das ihnen zustehende [X.]srecht zu informieren, verletzt habe.
Nach § 469 Abs.1 Satz 1 BGB habe der Verpflichtete dem [X.] den Inhalt des
mit dem [X.] unverzüglich mitzuteilen. Gemäß
§ 577 Abs. 1 BGB sei der Mieter zum [X.] berechtigt, wenn vermietete Räume, an denen nach Überlassung an den Mieter [X.] begründet worden sei oder begründet werden solle, an einen [X.] verkauft würden. Diese gesetzlichen Voraussetzungen lägen im Streitfall vor.
Dem stehe nicht entgegen, dass die Teilungserklärung bereits am
28. September 2010 und damit vor Abschluss des Kaufvertrages ([X.] 2010) und Überlassung der Mietsache (15. Dezember 2010) beurkundet worden sei. Denn entscheidend sei der [X.]punkt des abgeschlossenen [X.] der Umwandlung in Wohnungseigentum. Dieser sei mit der Anlage der 6
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[X.], also hier mit der Eintragung am 23. Dezember 2010, wirksam erfolgt. Dieser [X.]punkt liege nach dem Einzug der klagenden Mieter.
Da
die Vorschrift des § 577 BGB der Stärkung der Mieterrechte diene, müsse deren Schutzbereich auch diejenigen Fälle erfassen, in denen
-
wie im Streitfall -
bereits
ein Teil des Umwandlungsvorgangs, nämlich die Beurkun-dung der Teilungserklärung, vor der Überlassung der Mietsache erfolge, der maßgebliche Vollzug aber erst danach.

II.
Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Den Klägern steht der geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus
§ 280 Abs. 1, § 577 Abs. 1 Satz 1, § 469 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu. Ihnen
musste der Verkauf der Dachgeschosswohnung vom 16. Dezember 2010 nicht gemäß § 469 Abs. 1 Satz 1 BGB offen gelegt werden, da ein
[X.]srecht an der Wohnung nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht bestand. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts ist von Rechtsirrtum
beeinflusst.
1. Der Mieter ist nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB unter zwei
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gleichberechtigt nebeneinander stehenden -
Alternativen zum [X.] berech-tigt. Voraussetzung der ersten Alternative ist, dass nach der Überlassung der vermieteten Wohnräume an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist und dieses dann an einen [X.] verkauft wird
([X.]surteil vom 6. April 2016 -
[X.],
[X.]O Rn. 23 [zum [X.]srecht an einer in demselben Objekt gelegenen Wohnung]; [X.], Urteil vom 22. November
2013 -
V [X.], [X.]Z 199, 136 Rn. 5). Nach der zweiten Alternative ist die Entstehung eines [X.]srechts davon abhängig, dass nach der Überlassung der vermie-11
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teten Wohnräume an den Mieter Wohnungseigentum begründet werden soll und das zukünftige Wohnungseigentum an einen [X.] verkauft wird. Gegen-stand des [X.]srechts ist in diesem Fall ein sachenrechtlich noch nicht vor-handenes, aber in seiner Entstehung bereits angelegtes Wohnungseigentum. Das [X.]srecht des Mieters entsteht in einem solchen Fall nur dann, wenn sich der Veräußerer beim Verkauf des noch ungeteilten Grundstücks gegen-über dem [X.] zur Durchführung der Aufteilung nach § 8 WEG verpflichtet und ferner die von dem [X.]srecht erfasste künftige Wohneinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist ([X.]surteil vom 6.
April 2016 -
[X.], [X.]O
Rn. 24 mwN).
2. Im Streitfall sind die Voraussetzungen beider
Alternativen des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB
nicht
erfüllt.
a) Das Berufungsgericht hat allerdings im Ansatz richtig gesehen, dass die Entstehung des [X.]srechts nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht daran scheitert, dass die Beklagte bereits am 28. September 2010 und damit vor der am 15. Dezember 2010 erfolgten Überlassung der Mietsache an die Kläger (und sogar schon vor Abschluss des Mietvertrags
vom 23. November 2010) die für die Aufteilung in Wohnungseigentum erforderliche Teilungserklä-rung (§ 8 WEG) hat notariell
beurkunden lassen.
Dies ändert nichts daran, dass Wohnungseigentum erst nach Überlassung der Wohnräume an die [X.] worden ist. Denn die Teilung ist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG erst mit
dem dinglichen Vollzug, der hier am 23. Dezember 2010 mit der Anlegung der [X.] erfolgte, wirksam geworden ([X.]surteil vom
6. April 2016
-
[X.], [X.]O Rn. 26).
b) Das Berufungsgericht hat jedoch übersehen, dass es für die Entste-hung eines [X.]srechts nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht ausreicht, wenn nach der Überlassung der Wohnräume an den Mieter Wohnungseigen-15
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7 -

tum begründet worden ist.
Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass der [X.] des Kaufvertrags
mit dem
[X.] der Begründung von Wohnungseigen-tum zeitlich nachfolgt. Wird dieses erst
nach dem Verkauf an den [X.] be-gründet, scheidet ein [X.]srecht aus ([X.], Urteil vom 22. November 2013
-
V [X.], [X.]O Rn. 5; [X.]surteil vom 6. April 2016
-
[X.], [X.]O Rn. 28).
c) So verhält es sich auch im Streitfall. Die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags
zwischen der [X.] und den Erwerbern fand am [X.] 2010 statt. Wohnungseigentum wurde erst danach mit der am 23. Dezem-ber 2010
erfolgten Eintragung der Teilungserklärung in das Grundbuch begrün-det. Es wurde also nicht -
wie von § 577 Abs.1 Satz 1 Alt. 1 BGB vorausge-
setzt -
eine Wohnung verkauft, an der bereits vor Abschluss des Kaufvertrags Wohnungseigentum entstanden war.
d)
Auch die Voraussetzungen des § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB sind, wie die Revision zu Recht geltend macht, im Streitfall nicht erfüllt, weil die [X.], Wohnungseigentum zu begründen, nicht erst nach der Überlassung an den Mieter gefasst und dokumentiert worden ist.
[X.]) Der [X.] hat in der bereits erwähnten, den Verkauf einer anderen Wohnung desselben Hauses betreffenden Entscheidung vom 6. April 2016

([X.], [X.]O Rn. 30 ff.) ausgeführt, dass nach dem Willen des Gesetz-gebers dem Mieter durch die Regelung des § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zwar (auch) ein [X.]srecht an künftig entstehendem Wohnungseigentum gesichert werden soll, das Entstehen des [X.]srechts aber nicht an geringe-re Voraussetzungen geknüpft sein sollte, als im Falle bereits begründeten Wohnungseigentums nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Das Gesetz gibt in beiden Alternativen des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB eine zeitliche Abfolge der [X.] vor, die nur bei deren strikter Einhaltung zu der Entstehung eines 18
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[X.]srechts führt. Soweit es um die künftige Begründung von [X.] geht
(§ 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB), muss die Absicht hierzu nach außen dokumentiert werden. Diese
Bekundung nach außen ist
regelmäßig in der notariellen Beurkundung der Teilungserklärung zu sehen ([X.]surteil vom 6. April 2016 -
[X.], [X.]O Rn. 42 f.). Um ein [X.]srecht des Mieters entstehen zu lassen, muss die Überlassung an den Mieter indes nach
§ 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zeitlich vor der nach außen dokumentierten [X.], Wohnungseigentum begründen zu wollen, erfolgt sein. Daran fehlt es im Streitfall. Denn die Beurkundung der Teilungserklärung erfolgte am 28. Sep-tember 2010, mithin bereits mehrere Monate vor dem
Abschluss des [X.] mit den Klägern (23. November 2010) und deren Besitzerlangung am ver-traglich vereinbarten Tag des [X.] (15. Dezember 2010).
[X.]) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die die Entstehung eines [X.]srechts des Mieters nach §
577 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB betref-fenden Ausführungen des [X.]s im Urteil vom 6. April 2016 ([X.], [X.]O)
stünden insoweit in Widerspruch zu den diesbezüglich im Urteil vom
22. November 2013 (V [X.], [X.]O) angestellten Erwägungen des [X.], als der [X.] für die hinreichende Absicht des Vermieters, Wohnungs-eigentum zu begründen, die notarielle Beurkundung der Teilungserklärung aus-reichen lasse, während der [X.] zusätzlich eine aus dem Kaufvertrag mit dem [X.] folgende Verpflichtung des Verkäufers zum Vollzug der Auftei-lung verlange, trifft dies nicht zu.
Der [X.] hat in der herangezogenen Entscheidung nicht etwa ausgesprochen, dass die Absicht zur Begründung von Wohnungseigentum erst dann hinreichend manifest sei, wenn ein Kaufvertrag mit dem [X.] geschlos-sen werde. Er
hat vielmehr in Abgrenzung von sogenannten "[X.]"
ausgesprochen, dass für das Entstehen des [X.]srechts in diesen Fäl-21
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len die bloße Veräußerung an den [X.] nicht ausreicht, sondern dieses nur dann entstehen kann, wenn sich der veräußernde Vermieter zusätzlich zur [X.] verpflichtet, nicht jedoch, wenn erst die Er-werber Wohnungseigentum begründen sollen ([X.],
Urteil vom 22. November 2013 -
V [X.], [X.]O Rn. 17). Dass der Kaufvertrag mit dem [X.] von dem Veräußerer bereits vor der Überlassung an den Mieter erfolgen müsste, um ei-ne hinreichende Absicht, Wohnungseigentum zu begründen, annehmen zu können, lässt sich der Entscheidung hingegen nicht entnehmen
(vgl. [X.]sur-teil
vom 6. April 2016
-
[X.], [X.]O Rn. 44) .

III.
Nach alledem
kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache zur End-entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt auf die Berufung der [X.]n zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils, soweit zum Nachteil der

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[X.]
entschieden worden ist. Mangels Bestehen eines [X.]srechts
ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider

Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.05.2015 -
2e [X.] 453/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 24.02.2016 -
2 [X.]/15 -

Meta

VIII ZR 70/16

07.12.2016

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2016, Az. VIII ZR 70/16 (REWIS RS 2016, 1267)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1267

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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