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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Plausibilitätsprüfung - Neufestsetzung der Honorare auf Grundlage der ärztlichen Leistungen
Maßgeblich für die Errechnung des Zeitaufwandes bei Tages- und Quartalsprofilen sind allein die in Anhang 3 des EBM zugrunde gelegten Prüfzeiten für die ärztlichen Leistungen. (Rn. 46)
2.Bei der Berechnung der Überschreitung der Quartalsarbeitszeiten ist nicht die genehmigte Arbeitszeit, sondern bei den mit einem Berdarfplanungsfaktor von 0,5 angestellten Ärzten eine höchstzulässige Quartalsarbeitszeit von 390 Stunden zugrunde zu legen. (Rn. 51)
3.Bei einer Vertretung innerhalb eines MVZ durch den MVZ angehörige Ärzte handelt es sich - unter Beachtung der Fachgebietsgrenzen - um eine "interne" Vertretung, für die die Regelung des § 32 Ärzte-ZV nicht gilt. (Rn. 63 – 65)
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Oktober 2016, S 38 KA 1611/14 insoweit abgeändert, als die Beklagte verpflichtet wird, über den Widerspruch der Klägerin entsprechend der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 9/10, die Beklagte 1/10.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Streitig ist die Aufhebung von Honorarbescheiden und die Neufestsetzung der Honorare im Rahmen einer sachlich rechnerischen Richtigstellung aufgrund einer Plausibilitätsprüfung für die Quartale 3/2007 sowie 4/07 bis 4/09 wegen implausibler Quartalsarbeitszeiten.
Die Klägerin ist ein zum 1.7.2006 in der Rechtsform einer Partnerschaft gegründetes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in A-Stadt. Das MVZ bestand zum Zeitpunkt seiner Gründung aus den zugelassenen Vertragsärzten Dr. K., Orthopäde und Dr. K., FA für physikalische Medizin (jeweils Bedarfsplanungsfaktor 1,0) sowie dem angestellten Arzt Dr. B., Orthopäde (38,5 Stunden, Bedarfsplanungsfaktor 1,0). Bis zur Gründung des MVZ bestand zwischen diesen drei Ärzten eine Berufsausübungsgemeinschaft. Ab dem 1.1.2007 folgte für den zum 31.12.2006 ausgeschiedenen Dr. B. die ebenfalls mit 38,5 Stunden angestellte Ärztin Frau I. nach. Zum 1.10.2007 reduzierte Frau I. ihre wöchentliche Stundenzahl auf 19,25 Stunden (Bedarfsplanungsfaktor 0,5) und schied sodann zum 30.6.2008 aus dem MVZ aus. Ebenfalls zum 1.10.2007 besetzte das MVZ die freigewordene Angestelltenstelle im Umfang von 0,5 mit Dr. B. (19,25 Wochenstunden) nach und stockte dessen Arbeitszeit nach dem Ausscheiden von Frau I. zum 1.7.2008 auf 38,5 Stunden wöchentlich (Bedarfsplanungsfaktor 1,0) auf.
Dr. B. schied zum 31.5.2009 aus, seine Stelle wurde zum 1.7.2009 mit Dr. R. (38,5 Stunden wöchentlich, Bedarfsplanungsfaktor 1,0) nachbesetzt.
Aufgrund zeitlicher Auffälligkeiten im Quartal 3/07 leitete die Beklagte mit Anhörungsschreiben vom 26.8.2010 bei der Klägerin zunächst für die Quartale 3/07 bis 2/08, später ausgeweitet auf die Quartale 4/07 bis 4/09 ein Plausibilitätsprüfungsverfahren ein, das mit Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheiden für das Quartal 3/07 (Bescheid vom 16.12.2011) sowie für die Quartale 4/07 bis 4/09 (Bescheid vom 22.3.2012) endete.
Gegenstand der Honorarrückforderungen war dabei die fehlerhafte Abrechnung der GOP 31920 EBM (Kontraktionsmobilisierung) in den Quartalen 3/07 bis 4/09 sowie die Überschreitung des genehmigten Tätigkeitsumfanges der angestellten Ärzte Frau I. und Herr Dr. B. in den Quartalen 3/07 bis 2/09. Bei der Überschreitung des genehmigten Tätigkeitsumfanges stellte die Beklagte auf die im Beschluss des Zulassungsausschusses angegebene Wochenstundenzahl ab. Die Honorarneufestsetzung führte hinsichtlich des Quartals 3/07 zu einer Rückforderungssumme von 17.554,85 € und für die Quartale 4/07 bis 4/09 zu einer Rückforderungssumme von 261.961,82 €.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde hinsichtlich des Quartals 3/07 auf die Überschreitung des genehmigten Tätigkeitsumfanges beschränkt, die Rückforderung bezüglich der GOP 31920 EBM im Quartal 3/07 wurde anerkannt. Bezogen auf die Quartale 4/07 bis 4/09 griff die Klägerin den Bescheid vom 22.3.2012 vollumfänglich an. Eine Überschreitung des genehmigten Tätigkeitsumfangs liege nicht vor, denn zugrunde zu legen sei nicht der genehmigte Tätigkeitsumfang, sondern entsprechend voll zugelassenen Vertragsärzten eine Quartalsarbeitszeit von 780 Stunden, mithin bei einer bedarfsplanerischen Berücksichtigung von 3,0 pro Quartal eine Quartalsarbeitszeit von 2340 Stunden. Alle Ärzte des MVZ hätten zusammen diese zur Verfügung stehenden Stunden nur marginal überschritten. Zudem hätten sich die Mitarbeiter wechselseitig vertreten, wobei in den einzelnen Quartalen größere Krankheitszeiten auszugleichen gewesen wären.
Daraufhin gab die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.9.2014 den Widersprüchen der Klägerin teilweise statt.
Den Bescheid vom 16.12.2011 (Quartal 3/07) änderte sie insoweit ab, als für dieses Quartal keine Überschreitung des Tätigkeitsumfangs bei Frau I. mehr festgestellt wurde. Die noch verbleibende Rückforderungssumme von 1.478,85 € bezog sich ausschließlich auf die GOP 31920 EBM.
Den Bescheid vom 22.3.2012 (Quartale 4/07- 4/09) änderte die Beklagte insoweit ab, als die Rückforderungssumme auf 160.470,49 € reduziert wurde. Aufgreifkriterium für die Plausibilitätsprüfung nach § 8 Abs. 3 der Richtlinien gemäß § 106a SGB V seien bei Vertragsärzten mit vollem Versorgungsauftrag 780 Quartalsstunden. Diese Zeitgrenze sei auch bei vollzeitbeschäftigten angestellten Ärzten zu beachten. Bei angestellten Ärzten mit einem Bedarfsplanungsfaktor von 0,5 seien 260 Quartalsstunden zu veranschlagen. Berücksichtigt worden sei auch die stattgefundene Vertretung. Die Regelungen in der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV), hier § 32 Ärzte-ZV, seien anwendbar. Allgemein könne sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn gemäß § 37 S. 1 SGB I werde § 45 Abs. 2 - 4 SGB X von § 106a SGB V verdrängt. Die Klägerin habe gegen ihre Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Ein Verschulden liege vor.
Die Beklagte stellte unter Berücksichtigung der Vertretung für die Quartale 4/07 bis 2/09 sodann folgende Zeitüberschreitungen fest:
Quartal Arzt zulässige Quartalsarbeitszeit Überschreitung des
Mit ihrer am 10.10.2014 zum Sozialgericht München eingelegten Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung des zwischenzeitlich verrechneten Rückforderungsbetrages samt Verzinsung. Nachdem die Klage bezüglich der GOP 31920 mit Schriftsatz vom 27.11.2015 zurückgenommen wurde, betrug dieser Rückforderungsbetrag noch 150.209,33 €.
Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung sei als Aufgreifkriterium jeweils die Summe der Arbeitszeiten aller beim MVZ tätigen Ärzte (also 3 × 780 Quartalsstunden) maßgeblich. Werde dies berücksichtigt, dann seien lediglich in den Quartalen 1/08, 2/08 und 3/08 Überschreitungen der Arbeitszeit, allerdings geringen Umfangs (2,7% bis 5,3%) festzustellen. Unzulässig sei, für angestellte Ärzte mit dem Bedarfsplanungsfaktor 0,5 lediglich 260 Quartalsstunden und nicht 390 Quartalsstunden zu Grunde zu legen, denn die im Genehmigungsbescheid enthaltenen Festlegungen dienten ausschließlich Bedarfsplanungszwecken und insbesondere der Klärung des Zulassungsstatus. Sinn und Zweck der Bedarfsplanungsrichtlinien sei aber gerade nicht der einer Leistungsbegrenzung. Das Aufgreifkriterium von 2.340 Quartalsstunden für das MVZ müsse in jedem Quartal überprüft werden. Hinzu komme, dass im Jahr 2015 eine Änderung der Regelung des § 106a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB V erfolgt sei. Darin sei die Rede von einer Gleichbehandlung von Vertragsärzten und angestellten Ärzten entsprechend des jeweiligen Versorgungsauftrags. In der geänderten Vorschrift, die auch für das hier vorliegende Verfahren gelte, werde nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften differenziert. Überschreitungen einzelner Ärzte seien mit Unterschreitungen anderer zu saldieren.
Zudem sei das Zeitprofil anhand der tatsächlich im EDV-System der Klägerin erfassten Arbeitsstunden pro Quartal zu ermitteln und nicht anhand der im EBM hinterlegten Zeitprofile. Die im EBM hinterlegten Werte seien Durchschnittswerte, die für eingespielte „Profi“-Praxen keine Geltung hätten. Ein geringeres Zeitprofil sei der Effektivität dieser Praxen geschuldet. Bei dieser Sachlage sei keine „Unplausibilität“ festzustellen. Im Übrigen führe die Erfüllung der Aufgreifkriterien nicht automatisch zu einer Korrektur. Vielmehr müssten weitere Prüfungen nach § 12 der Richtlinien zu § 106a SGB V erfolgen. In diesem Zusammenhang sei die Inanspruchnahme des arbeitsrechtlichen Direktionsrechts geeignet, eine Abrechnungsauffälligkeit zu erklären.
Was die Vertretung betreffe, so gelte die Regelung des § 32 Ärzte-ZV nicht für das MVZ. Das MVZ sei vielmehr mit einer Berufsausübungsgemeinschaft vergleichbar. Aufgabe der Vertretungsbestimmung sei es, Abweichungen vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung zu regeln. Dies gelte jedoch nur, wenn die Person des Leistungserbringers von der Person des Leistungsabrechners abweiche, was beim MVZ nicht der Fall sei. Das MVZ erbringe nämlich die Leistung unter der gleichen Abrechnungsnummer.
Die Beklagte führte aus, es sei zwischen dem Aufgreifkriterium und der nachfolgenden Plausibilitätsprüfung zu unterscheiden. Bei dem Aufgreifkriterium sei die Gesamtobergrenze für das MVZ zu ermitteln (3 x 780 Quartalstunden = 2.340 Quartalsstunden). Die Arztbezogenheit ergebe sich ausdrücklich aus § 106a Abs. 2 S. 1 HS 2 SGB V. Der von der Klägerseite angewandte Rückschluss auf 390 Quartalsstunden gehe fehl, da die Quartalsstundenzahl in Widerspruch zu § 58 Abs. 2 S. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie stehe. Denn 390 Quartalsstunden entsprächen bei 13 Wochen pro Quartal 30 Stunden pro Woche und nicht 19,25 Stunden pro Woche. Dies sei mit den Anstellungsgenehmigungen nicht zu vereinbaren. Auch ergebe sich daraus ein Bedarfsplanungsfaktor von 0,75 und nicht von 0,5. Letztendlich würde dies eine Ausweitung von 3,0 auf 3,5 Arztstellen bedeuten. Eine solche Ausweitung des Tätigkeitsumfangs sei weder beantragt, noch von den Zulassungsgremien genehmigt. Für die Ansicht der Beklagten könnten auch mehrere Entscheidungen der Sozialgerichte angeführt werden, so die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (Az. L 12 KA 145/12 B ER), die Entscheidung des Sozialgerichts Marburg vom 30.01.2013 (Az. S 12 KA 170/11) und die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 11.12.2013 (Az. B 6 KA 39/12R) und vom 17.08.2011 (Az. B 6 KA 27/11 B). Hier liege eine nicht ordnungsgemäße Abrechnung vor, da die Abrechnung nicht von den erteilten Genehmigungen gedeckt sei. Die Unterscheidung zwischen einem angestellten Arzt mit Vollanstellung, bei dem eine Quartalsstundenzahl von 780 zu Grunde zu legen sei, und einem angestellten Arzt mit hälftiger Anstellung, bei dem eine Quartalsstundenzahl von 260 anzusetzen sei, resultiere daraus, dass es bei einer Genehmigung einer Vollanstellung, anders als bei einer hälftigen Anstellung keine Grenze nach oben gebe. Ein Vertragsarzt mit einer hälftigen Zulassung sei allerdings mit einer Quartalsstundenzahl von 390 zu berücksichtigen. Auf das MVZ sei auch die Vertretungsregelung nach § 32 Ärzte-ZV anwendbar. Das MVZ sei nicht mit einer Berufsausübungsgemeinschaft im Sinne von § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV vergleichbar. Somit bedürfe eine Vertretung, die länger als drei Monate dauere, der Genehmigung durch die Beklagte. Ausreichend als Aufgreifkriterium sei, wenn nur eine Überschreitung in einem Quartal festgestellt worden sei.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 11.10.2016 teilweise stattgegeben. Es hat die Bescheide vom 16.12.2011 und 22.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2014 aufgehoben, soweit sie sich nicht auf die GOP 31920 beziehen, und hat die Beklagte zur Neuverbescheidung verurteilt. Eine Aufhebung der Bescheide ohne Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts käme nur in Betracht, wenn eine Plausibilitätsprüfung nach § 106a SGB V ausgeschlossen wäre. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Denn die Beklagte sei nicht gehindert, bei einer Abrechnungsauffälligkeit in einem Quartal die Abrechnungsprüfung auf weitere Quartale auszudehnen. Begründet sei die Klage aber im Hinblick auf eine Neuverbescheidung, wobei allerdings ein Zinsanspruch nach ständiger Rechtsprechung des BSG ausscheide.
Im Laufe des Gerichtsverfahrens hätten sich vor allem drei Punkte ergeben, die im Zusammenhang mit der Plausibilitätsprüfung von Bedeutung seien und klärungsbedürftig erscheinen würden. Es handele sich zum einen um die Höhe des Quartalszeitprofils bei angestellten Ärzten mit dem Bedarfsfaktor 0,5, den zur Ermittlung des Zeitprofils maßgeblichen Werten (maßgeblich entweder die im EBM hinterlegten Werte oder die tatsächlich im EDV-System der Klägerin erfassten Arbeitsstunden) und die Rechtsfrage, ob die Vertretungsregelungen in der Ärzte-ZV auf das MVZ Anwendung finden.
Die Differenzierung, Vertragsärzte mit einem halben Versorgungsauftrag mit 390 Stunden zu berücksichtigen, angestellte Ärzte mit einem Bedarfsplanungsfaktor von 0,5 aber nur mit 260 Quartalsstunden, sei nach Auffassung des Gerichts nicht vereinbar mit § 106a Abs. 2 S.2 2. HS SGB V, wonach Vertragsärzte und angestellte Ärzte entsprechend des jeweiligen Versorgungsauftrages gleich zu behandeln seien. Die Regelung, die erst seit 23.7.2015 in dieser Fassung vorliege, gelte gemäß § 106a Abs. 2 S. 9 SGB V auch für Verfahren, die am 31.12.2014 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen seien, somit auch für das hier streitgegenständliche. Der Gesetzgeber habe, worauf der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zutreffend hinweise, nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften differenziert. Eine Differenzierung stelle auch einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar.
Im Ergebnis handele es sich um eine ordnungsgemäße Leistungsabrechnung im Sinne von § 6 der Richtlinie zu § 106a SGB (im Folgenden: Richtlinie), wenn die Quartalsstundenzahl unterhalb von 390 Stunden bleibe.
Bezüglich des Zeitprofils sah das SG als maßgeblich grundsätzlich die im EBM hinterlegten Werte (vergleiche § 8 Abs. 1 der Richtlinie iVm. Anhang 3 zum EBM in der jeweils gültigen Fassung). Zutreffend gehe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin davon aus, dass eine Plausibilität aufgrund der Erfüllung eines Aufgreifkriteriums nicht automatisch eine Kürzung zur Folge habe. Vielmehr seien nach § 12 Abs. 1 der Richtlinie weitere Prüfungen erforderlich. Nach § 12 Abs. 3 der Richtlinie sei zu prüfen, ob sich die Abrechnungsauffälligkeiten zu Gunsten des Arztes erklären ließen. Die in § 12 Abs. 3 der Richtlinie enthaltenen Beispiele seien nicht abschließend. Sie würden aber darauf hindeuten, dass pauschale Gesichtspunkte - wie vorliegend das Argument, bei eingespielten „Profi“-Praxen - zu denen sich die Klägerin rechne - würden wegen deren Effektivität die im EBM hinterlegten Werte keine Geltung besitzen - nicht zu berücksichtigen seien. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass nur in seltenen Fällen auf die im EBM hinterlegten Werte zurückgegriffen werden könnte.
Auch seien nach Auffassung des Gerichts die Vertretungsregelungen in § 32 Ärzte-ZV anwendbar. Dort sei die Vertretung als Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung geregelt. Innerhalb von Berufsausübungsgemeinschaften (BAG´s) liege keine Vertretung vor, solange nur ein Mitglied in der Praxis tätig ist (vgl. Schallen, Komment. zur Ärzte-ZV, Rn 16 zu § 32). Das MVZ sei jedoch nicht mit einer BAG vergleichbar, da die im MVZ tätigen Ärzte keine gemeinsamen vertragsärztlichen Leistungen erbringen (vgl. Schallen, Komment. zur Ärzte-ZV, Rn 18 Vorbemerkung zu § 18). Die von der Beklagten angeführten Argumente überzeugten. Die BAG verfüge im Gegensatz zu einem MVZ oder dessen Rechtsträger nicht über eine eigene Zulassung, sondern jeder Partner der BAG. Adressat einer Anstellungsgenehmigung sei bei dem MVZ nicht, wie bei der BAG der einzelne anstellende Arzt, sondern der Rechtsträger des MVZ´s als Inhaber der Zulassung. Schließlich sei noch zu berücksichtigen, dass im Regelfall von einer Vertretung auszugehen sei.
Gegen dieses Urteil legte allein die Klägerin am 21.11.2016 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht ein. Mit der Berufung begehrt wird die Aufhebung der Bescheide und Rückzahlung von 150.209,33 €. Nicht mehr streitig ist die Zahlung von Verzugszinsen. Die Berufung richte sich hilfsweise aber hinsichtlich der Neuverbescheidung gegen die Auffassung, es seien die im EBM aufgeführten Zeitwerte und nicht die im Praxisverwaltungsprogramm der Klägerin hinterlegten Zeitwerte maßgeblich. Auch richtet sich die Berufung gegen die Anwendung der Vertretungsregelungen des § 32 Ärzte-ZV bei MVZ.
Eine Plausibilitätsprüfung hätte bereits deshalb nicht stattfinden dürfen, weil das Aufgreifkriterium der Überschreitung der Quartalsarbeitszeit im Quartal 3/07 nicht erfüllt gewesen sei. Gleiches gelte für die Quartale 4/07 bis 4/09. Die Beklagte habe keine Überschreitung des Gesamtquartalsprofils von 2340 Std. festgestellt und zum Gegenstand ihrer Honorarrückforderung gemacht. Sie habe vielmehr die Zeitüberschreitungen für die einzelnen Ärzte festgestellt und ihre Honorarrückforderung danach berechnet. Nachdem die Klägerin im Quartal 3/07 aber nach dem Praxisverwaltungsprogramm der Klägerin nur eine Quartalsarbeitszeit von insgesamt 2.216 Stunden ausweise, könne hierauf keine Plausibilitätsprüfung gestützt werden. Es handle sich bei diesen Zahlen um die Auswertung der Leistungserfassung im zertifizierten Praxisverwaltungsprogramm der Klägerin auf der Basis der im EBM hinterlegten Minutenwerte. Diese Werte wichen deutlich von denen der Beklagten ab. Die Beklagte habe versäumt, den Grund für die unterschiedlichen Werte aufzuklären.
Sofern man die Auffassung des SG teile, die Aufgreifkriterien seien erfüllt, sei nicht genügend geklärt worden, inwieweit die Überschreitungen dennoch plausibel seien, die Abrechnungsauffälligkeiten sich also zugunsten der Ärzte erklären ließen. Hierzu sei die Beklagte jedoch nach der Plausibilitätsrichtlinie zu § 106a SGB V verpflichtet. Bei der Ermittlung der Quartalszeitprofile bzw. der Zeitprofile für den einzelnen Arzt sei das Praxisverwaltungsprogramm der Klägerin zu Grunde zu legen, wonach sich nur für die Quartale 1-3/08 geringfügige Überschreitungen des Quartalsprofils ergäben. Diese Überschreitungen seien zudem mit dem höheren Spezialisierungsgrad, der besseren Organisation und damit der höheren Effektivität der Klägerin zu erklären. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Klägerbevollmächtigte seine bisherige Argumentation. Insbesondere seien die Einwendungen der Klägerin gegen die Zeitprofile der Beklagten auch nicht pauschal, zumal sich die Beklagte in keinster Weise mit entlastenden Gesichtspunkten auseinandergesetzt habe. Der Umfang der Überschreitungen für das MVZ liege zudem nur zwischen 2,7 und 5,3% und sei aus Sicht der Klägerin im Hinblick auf die vorgetragene und nachvollziehbare bessere Effektivität im MVZ der Klägerin im Vergleich zu den im EBM hinterlegten Durchschnittswerten absolut plausibel und damit nicht geeignet, irgendwelche Honorarkorrekturen auszulösen.
Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten sei § 32 Ärzte-ZV nicht auf MVZ anwendbar, denn MVZ stünden wie Berufsausübungsgemeinschaften gegenüber der KVB als einheitliche Rechtspersönlichkeit dar. Die Ärzte hätten sich daher ohne Genehmigung der Beklagten untereinander vertreten können, wobei Über- und Unterschreitungen einzelner Ärzte gegeneinander hätten aufgerechnet werden müssen. Sofern sich im vorliegenden Fall Ärzte der Fachrichtung Orthopädie gegenseitig vertreten hätten, lägen vollständig deckungsgleiche Fachgebiete vor. Insofern führe das gegenseitige Auffangen von Ausfällen durch die im MVZ der Klägerin tätigen Orthopäden nicht dazu, dass Leistungen aus unterschiedlichen Fachgebieten erbracht würden, so dass es insofern keiner Genehmigung nach § 32 Ärzte-ZV bedürfe. Gleiches gelte aber auch für eine Vertretung der Fachrichtung Orthopädie durch die Fachrichtung physikalische Medizin (Doktor K.), denn beide Fachrichtungen verfügten mit der Diagnose und Therapie von Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates über ein gemeinsames identisches Betätigungsfeld, in welchem die gegenseitige Vertretung ohne Abstriche möglich sei.
Der Bevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.10.2016 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die einbehaltenen 150.209,33 Euro an die Klägerin auszuzahlen und hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 22.03.2016 entsprechend der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sei aufgrund des erfüllten Aufgreifkriteriums der Zeitüberschreitung in 3/07 berechtigt und verpflichtet gewesen, die Abrechnung der Klägerin einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Bei der Berechnung der Quartalsarbeitszeit habe die Beklagte auch zu Recht die Prüfzeiten nach Anhang 3 EBM und nicht die aus dem EDV-Programm der Klägerin ermittelten Zeiten zu Grunde legen dürfen. Die von der Klägerin übermittelten Auszüge aus dem Praxis-EDV-Programm würden keinerlei Aufschluss darüber geben, auf welcher Berechnungsgrundlage diese Zahlen zu Stande gekommen seien, auf welchen einzelnen Leistungen diese Zeiten basierten und ob es sich im Ergebnis um Brutto- oder Netto-Arbeitszeiten handle. Zudem habe der Klägerbevollmächtigte erstinstanzlich behauptet, dass EDV-Programm ermittle die tatsächlichen Arbeitszeiten. Zwar führe die Erfüllung eines Aufgreifkriteriums nicht zwangsläufig zu einer Honorarrückforderung, jedoch habe die Klägerin keine substantiierten Argumente dafür vorgebracht, dass sich die zeitlichen Überschreitungen zu Gunsten der Klägerin erklären ließen. Bei der Argumentation, eine Unterschreitung der im Anhang 3 EBM hinterlegten Prüfziffern basiere auf ärztlicher Erfahrung und besonderer Praxisorganisation, handle es sich um eine pauschale Behauptung, mit der sich die Beklagte nicht eingehender hätte auseinandersetzen müssen.
Zudem verkenne die Klägerin, dass sich die Plausibilitätsprüfung auch auf die fehlerhafte Abrechnung der mit 9 Minuten Prüfzeit bewerteten GOP 31920 EBM beziehe, für die in jedem Quartal die fehlerhafte Abrechnung festgestellt worden sei. Die Garantiefunktion der Sammelerklärungen sei somit entfallen und die Beklagte aufgrund der Feststellungen zur Honoraraufhebung- und Neufestsetzung berechtigt.
Zum Tätigkeitsumfang bei hälftiger Anstellung führte die Beklagte aus, dass Gegenstand der vorliegenden Prüfung entsprechend § 8a Abs. 2 der Richtlinien gemäß § 106a SGB V auch gewesen sei, ob die für die angestellten Ärzte genehmigten Arbeitszeiten eingehalten worden seien. Bereits aus dieser Bestimmung folge, dass die Tätigkeit eines angestellten Arztes nur in einem begrenzten zeitlichen Rahmen zulässig sei und die Einhaltung dieses Umfangs überprüfbar sei. Diese Regelung würde ins Leere laufen, würde man - wie die Klägerseite fordere - ein Aufrechnen von zeitlichen Überschreitungen eines angestellten Arztes mit zeitlichen Unterschreitungen eines anderen angestellten Arztes derselben Praxis als zulässig erachten. Der Rechtsauffassung des SG zum Umfang einer hälftigen Anstellung sei aber im Ergebnis zu folgen. Das SG bestätige auch zutreffend die Anwendung der Vertretungsregelung nach § 32 Ärzte-ZV auf das klägerische MVZ. Die von der Klägerseite angeführte Entscheidung des BSG (B 6 KA 31/10 R) beziehe sich ausdrücklich auf BAGs und nicht auf MVZ. Die Praxishistorie spiele insoweit keine Rolle. Zudem sei vorliegend das entscheidende Kriterium einer BAG, die gemeinschaftlich ausgeübte vertragsärztliche Tätigkeit im Sinne des § 33 Ärzte ZV, auf das auch das BSG in der genannten Entscheidung abstelle, bei der Klägerin nicht erfüllt, da Inhaber der Zulassung nicht der einzelne Arzt, sondern der Rechtsträger des MVZ sei. Somit scheide eine gemeinschaftlich ausgeübte vertragsärztliche Tätigkeit bereits nach dem Wortlaut des § 33 Ärzte-ZV aus. Die gemeinschaftlich ausgeübte Tätigkeit innerhalb einer BAG zeichne sich insbesondere durch die Flexibilität in der vertragsärztlichen Versorgung aus. Einerseits ermögliche es den Patienten, im Quartal den Behandler zu wechseln, um beispielsweise längere Wartezeiten zu vermeiden, andererseits ermögliche es auch den einzelnen Ärzten der BAG, Ausfallzeiten unabhängig von den Vertretungsregelungen nach § 32 Ärzte-ZV intern gegenseitig „aufzufangen“. Genau diese interne „Auffangmöglichkeit“ beanspruche die Klägerin vorliegend, um die festgestellten Überschreitungen des Anstellungsumfangs zu rechtfertigen. Es sei zwar richtig, dass sowohl eine BAG als auch ein MVZ der Beklagten als Abrechnungseinheit gegenübertreten würden. Die Grundkonzeption eines MVZ sei dabei jedoch eine andere. Das MVZ sei als Praxisform eingeführt, um eine fachbereichsübergreifende Versorgung „aus einer Hand“ zu ermöglichen, die in dieser Form durch eine BAG nicht möglich sei. Es sollte die Möglichkeit geschaffen werden, unterschiedliche Fachgruppen bzw. Schwerpunkte als Einheit „unter einem Dach“ zu vereinen. Insofern unterscheide sich das MVZ einerseits von einer Praxisgemeinschaft, die aus mehreren selbständigen Praxen bestehe und andererseits von einer BAG, die gerade aufgrund der Überschneidung der Fachgebiete auf eine gemeinsame Patientenbehandlung und die vorgenannte Flexibilität abziele. Auch hinsichtlich der Verantwortung der Beklagten gegenüber würden sich deutliche Unterschiede ergeben, die eine unterschiedliche Behandlung beider Praxisformen rechtfertigten. Aufgrund der zulassungsrechtlichen Situation träfen bei der BAG die vertragsärztlichen Rechte und Pflichten jeden einzelnen in der BAG tätigen Vertragsarzt, der entsprechend der Disziplinargewalt der Beklagten unterliege. Bei einem MVZ hingegen trage dessen Rechtsträger der Beklagten gegenüber die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Abrechnung. Eine Gleichbehandlung von BAG und MVZ dahingehend, dass auch innerhalb eines MVZ die Vertretungsregelungen nach § 32 Ärzte-ZV keine Anwendung finden und Ausfallzeiten gegenseitig „aufgefangen“ werden könnten, sei weder geboten noch gerechtfertigt.
Hierzu hat sich die Klägerin nochmals mit Schriftsatz vom 10.8.2017 geäußert und die bisherige Argumentation zusammengefasst. Zur Frage des Aufgreifkriteriums wurde ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten sei es gerade nicht ausreichend, dass erst im Rahmen des Widerspruchsbescheides auf die Überschreitung der Quartalsarbeitsprofile des MVZ abgestellt worden sei. Zudem äußere sich die Beklagte nach wie vor nicht, dass die Klägerin ein zertifiziertes Programm (MEDISTAR) zur Leistungserfassung verwende und die Klägerin zu ihren niedrigeren Zeitprofilen ausführlich vorgetragen hätte. Da es sich bei den Prüfzeiten um Durchschnittszeiten handle, die nach der Rechtsprechung auch unterschritten werden könnten, könnten die auf die GOP 31920 EBM entfallenden Minutenwerte nicht mehr Gegenstand des Zeitprofils sein, da ansonsten die Klägerin in doppelter Weise belastet werde. Dies ignoriere die Beklagte vollkommen.
Sofern die Beklagte erneut geltend machen wolle, dass ein Ausgleich des Arbeitsausfalls eines Arztes durch die Tätigkeit eines angestellten Arztes nicht zulässig sei, wenn insofern die genehmigte Arbeitszeit des angestellten Arztes überschritten werde, so treffe dies nicht zu. Eine im Hinblick auf § 106a SGB V relevante Implausibilität könne sich nach Auffassung der Klägerin insofern dann ergeben, wenn die in einem MVZ tätigen Ärzte - angestellt oder als Träger des MVZ - in der Weise tätig seien, dass keiner von ihnen vertreten werden müsse. Dann könne eine Überschreitung des Zeitprofils zeigen, dass der genehmigte Tätigkeitsumfang des angestellten Arztes nicht eingehalten worden sei. § 8a Abs. 2 der Richtlinie gemäß § 106a SGB V laufe damit nicht ins Leere, wenn Verrechnungen zwischen zeitlichen Unterschreitungen eines Arztes mit zeitlichen Überschreitungen eines anderen Arztes im MVZ erfolgen würden.
Zur Anwendung der Vertretungsregelung des § 32 Ärzte-ZV ergänzte der Klägerbevollmächtigte, dass aus Patientenperspektive sich MVZ und Gemeinschaftspraxis kaum voneinander unterscheiden würden. Die Entscheidung des BSG vom 14.12.2011, B 6 KA 31/10 R sei zumindest wegen der Historie der Klägerin auf den vorliegenden Fall direkt anzuwenden. Maßgeblich seien die Grundsätze der wechselseitigen „Vertretung“, die auch auf das MVZ zutreffen würden. Sofern die Beklagte schließlich einen Unterschied zwischen einer Gemeinschaftspraxis und einem MVZ darin sehe, dass hier eine unterschiedliche Zuordnung von vertragsarztrechtlichen Rechten und Pflichten erfolge, treffe dies ebenfalls nicht zu. Sofern ein MVZ in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zugelassen sei, hafteten die hinter dem MVZ stehenden Träger ohnehin unmittelbar für die Einhaltung der vertragsarztrechtlichen Pflichten. Sofern das MVZ in der Rechtsform einer GmbH errichtet werde, hätten die Gesellschafter gemäß § 95 Abs. 2 SGB V selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen für Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen abzugeben. Somit würden auch hier die Gesellschafter für die Einhaltung der vertragsarztrechtlichen Pflichten im MVZ haften.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen Bezug genommen.
Die nach § 143 Sozialgesetzbuch (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.
1) Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides sind § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V sowie § 106a Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB V. Danach prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Einzelheiten der Plausibilitätsprüfung ergeben sich aus den „Abrechnungsprüfungs-Richtlinien“ (AbrechnPr-RL; idF vom 1.1.2005 bzw. 1.7.2008), die die Partner der Bundesmantelverträge auf der Grundlage von § 106a Abs. 6 Satz 1 SGB V vereinbart haben.
Die regelhafte Plausibilitätsprüfung erstreckt sich auf die Feststellung von Abrechnungsauffälligkeiten durch Überprüfung des Umfangs der abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand (§ 7 Abs. 2 AbrechnPr-RL). Hierfür sind die im Anhang 3 zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgeführten Prüfzeiten für die ärztlichen Leistungen zugrunde zu legen (§ 8 Abs. 1 AbrechnPr-RL). Für jeden Tag der ärztlichen Tätigkeit wird im Hinblick auf die angeforderten Leistungen ein Tageszeitprofil und ein Quartalszeitprofil ermittelt (§ 8 Abs. 2 AbrechnPr-RL). Die „Aufgreifkriterien“ regelt § 8 Abs. 3 AbrechnPr-RL: Beträgt bei Vertragsärzten die auf der Grundlage der Prüfzeiten ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tagesprofilzeiten an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden, führt die Kassenärztliche Vereinigung weitere Prüfungen auf der Grundlage von § 12 AbrechnPr-RL durch. Ergänzend hierzu enthält § 8a AbrechnPr-RL (in der ab dem 1.7.2008 geltenden Fassung) ergänzende Regelungen für Arztpraxen und Medizinische Versorgungszentren mit angestellten Ärzten. Danach kann bei angestellten Ärzten die genehmigte Arbeitszeit zugrunde gelegt werden, § 8a Abs. 3 AbrPr-RL.
Auf der Grundlage von § 106a Abs. 5 SGB V hat die Beklagte mit den Landesverbänden der Krankenkassen eine Vereinbarung zur Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs. 5 SGB V (Vereinbarung zur Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs. 5 SGB V über Inhalt und Durchführung der Abrechnungsprüfungen nach § 106a Abs. 2 und Abs. 3 SGB V) getroffen, die zum 1.1.2006 in Kraft getreten ist und für die Prüfung von Abrechnungen ab dem Quartal 2/05 gilt. Ab dem Quartal 3/08 gilt die Vereinbarung vom 15.10.2009. Die Vereinbarungen samt Anlagen enthalten nähere Regelungen zu Inhalt und Verfahrensweise der Plausibilitätsprüfung.
Das Richtigstellungsverfahren wird durchgeführt, wenn die Plausibilitätsprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, dass Leistungen fehlerhaft abgerechnet worden sind (§ 5 Abs. 2 AbrechnPr-RL).
2) Streitgegenständlich im Berufungsverfahrens ist nur noch die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014, soweit sich dieser nicht auf die Absetzung der GOP 31920 EBM bezieht. Soweit das SG auch den Bescheid vom 16.12.2011 (Quartal 3/07) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 aufgehoben hat, geht diese Aufhebung ins Leere, denn die im Widerspruchsbescheid ausgewiesene Rückforderung für das Quartal 3/07 basierte allein auf der fehlerhaften Abrechnung der GOP 31920 EBM. Hinsichtlich dieser GOP war die Klage jedoch mit Schreiben vom 27.11.2015 zurückgenommen worden.
3) Die sodann noch streitgegenständlichen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aufgrund implausibler Arbeitszeiten für die Quartale 4/07 bis 2/09 sind teilweise zu beanstanden. Die Berufung ist insoweit begründet, als die Beklagte über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals zu entscheiden hat.
a) Für das zunächst geprüfte Quartal 3/07 war das Aufgreifkriterium des Überschreitens der Quartalsarbeitszeit bei angestellten Ärzten (§ 8 Abs. 3 iVm § 8a Abs. 3 AbrPr-RL) erfüllt. Denn der genehmigte Tätigkeitsumfang von Frau I. von 500,5 Std. war bei einem Quartalsprofil von brutto 758,22 Stunden überschritten. Damit durfte die Beklagte weitere Überprüfungen nach § 12 AbrechnPr-RL vornehmen und die Prüfung auf die Quartale 4/07 bis 4/09 ausdehnen. Das im Widerspruchsbescheid vom 10.09.2014 der Bescheid vom 16.12.2011 für das Quartal 3/07 insoweit abgeändert wurde, dass keine Überschreitung des Quartalsprofils mehr angenommen wurde und die Rückforderung auf die (unstreitige) Falschabrechnung der GOP 31920 beschränkt wurde, ändert nichts daran, dass das Aufgreifkriterium zunächst vorlag und die Beklagte dementsprechend ihre Prüfung ausdehnen durfte. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geht fehl, wenn er meint, durch die Aufhebung der Kürzung im Widerspruchsbescheid sei das Aufgreifkriterium nachträglich entfallen und die Ausdehnung der Prüfung auf die Quartale 4/07 bis 4/09 rechtswidrig. Er verkennt bei dieser Argumentation insbesondere, dass das Vorliegen eines Aufgreifkriteriums nicht zwangsläufig zu einer nachfolgenden Honoraraufhebung und -neufestsetzung führen muss, sondern eben - wie schon der Wortlaut „Aufgreifkriterium“ nahelegt - nur der Anlass für eine weitergehende Prüfung darstellt.
b) Auch für die Quartale 4/07 bis 2/09 haben die bei der Klägerin angestellten Ärzte Frau I., Dr. B. sowie Dr. K. die nach § 8 Abs. 3, § 8a Abs. 3 AbrechnPr-RL als Aufgreifkriterium formulierte Quartalszeit von 780 Stunden bzw. den genehmigten Tätigkeitsumfang um die im Tatbestand wiedergegebenen Werte (Überschreitung des Tätigkeitsumfangs in Stunden) überschritten. Damit durfte die Beklagte weitere Überprüfungen nach § 12 AbrechnPr-RL vornehmen.
aa) Quartalsprofile, die Behandlungszeiten für Leistungen dokumentieren, die der Arzt in einem Quartal abgerechnet hat, eignen sich als Indizienbeweis für eine nicht ordnungsgemäße Abrechnung. Tages- und Quartalsprofil stehen nach § 8 Abs. 3 AbrechnPr-RL alternativ als Indizien für eine implausible Abrechnung nebeneinander. Die Eignung von Tagesprofilen als Indizienbeweis für eine nicht ordnungsgemäße Abrechnung hat das BSG bereits bejaht (BSGE 73, 234, 238 f = SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 S. 13 ff). Für Quartalsprofile, die Behandlungszeiten für Leistungen dokumentieren, die der Arzt in einem Quartal und damit in einem deutlich längeren Zeitraum abgerechnet hat, gilt nichts anderes (BSG, Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/11 B -, Rn. 6, juris; Clemens in jurisPK-SGB V, Rn. 144 zu § 106a; Engelhardt, a.a.O., Rn. 47 zu § 106a).
Wird einer der in § 8 Abs. 3 der AbrechnPr-RL genannten Werte überschritten, liegen Abrechnungsauffälligkeiten vor und die KÄV führt eine Prüfung nach § 12 AbrechnPr-RL durch. Diese Prüfung dient nicht mehr der Ermittlung von Auffälligkeiten, sondern der Feststellung, ob die anhand der Zeitprofile zu Tage getretenen Abrechnungsauffälligkeiten auf einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung beruhen. Geprüft wird, wie § 12 Abs. 3 Satz 1 AbrechnPr-RL ausdrücklich feststellt, ob sich die Auffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen.
bb) Die von der Beklagten erstellten Quartals- bzw. Tagesprofile sind nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Quartalsprofile entsprechend der Regelungen in § 7 Abs. 2 AbrPr-RL, § 8 Abs. 1 AbrechnPr-RL auf der Grundlage der Zeitangaben im EBM (Anhang 3 zum EBM) erstellt. Ob das von der Klägerin verwendete Abrechnungsprogramm abweichende Tageszeit - und Quartalszeitprofile errechnet, bleibt ohne Auswirkungen, denn maßgeblich für die Errechnung des Zeitaufwandes sind allein die in Anhang 3 des EBM zugrunde gelegten Prüfzeiten für die ärztlichen Leistungen. Darauf hat das SG mit zutreffender Begründung hingewiesen.
Die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Auszüge aus ihrem Praxisverwaltungsprogramm führen ebenfalls nicht dazu, die Richtigkeit der von der Beklagten errechneten Quartalsarbeitszeitprofile zu erschüttern und die von der Klägerin nach ihrem Praxisverwaltungsprogramm ausgewiesenen Zeiten zugrunde zu legen. Soweit die Klägerin meint, mit der Vorlage der Auszüge belegen zu können, dass die von der Beklagten ermittelten Zeitprofile unzutreffend seien und sie die höchstzulässigen Quartalsprofilzeiten nicht überschritten hat, geht sie mit dieser Annahme fehl. Zum einen handelt es sich bei den als Anlage K5 vorgelegten Auszügen nur um Auszüge für den Monat Juli 2007, die schon aus diesem Grund nicht die Quartalsarbeitszeiten belegen können. Außerdem ergibt die Addition der in den Unterlagen ausgewiesenen Einzelminuten der Ärzte für diesen Monat nicht den Wert, der als Summe im Programm der Klägerin für alle Ärzte für diesen Monat angegeben wird. Zudem hat der Klägerbevollmächtigte nicht näher dargelegt, auf welche konkreten Leistungen sich die angeblich effektivere Arbeitsweise der klägerischen Praxis beziehen soll. Richtig ist zwar, dass es sich bei den EBM-Minutenwerten um Durchschnittszeiten handelt, die im Einzelfall auch unterschritten werden können. Die Durchschnittszeit stellt sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar, der auch schwere Fälle berücksichtigt, wie sie in jeder Praxis vorkommen.
Der Senat sieht daher keinen Anlass, an der Tragfähigkeit der von der Beklagten verwendeten Daten zu zweifeln und legt diese der weiteren Prüfung zugrunde.
cc) Nicht zu beanstanden ist die Folgerung der Beklagten, dass bei einem Quartalsarbeitszeitprofil von über 780 Stunden eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vorliegt. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass bei Überschreiten bestimmter zeitlicher Vorgaben die Leistung nicht mehr oder nicht mehr vollständig erbracht werden kann bzw. nicht erbracht worden ist. Das Quartalsprofil von 780 Stunden geht von einer durchgehenden Fünf-Tage-Woche für 52 Wochen im Jahr aus (3220 Stunden), die auf die vier Quartale gleichmäßig umgelegt werden.
dd) Hinsichtlich der Überschreitung der Quartalsarbeitszeiten hat das SG zutreffend ausgeführt, dass bei der Berechnung der Überschreitung nicht die genehmigte Arbeitszeit, sondern bei den mit einem Bedarfsplanungsfaktor von 0,5 angestellten Ärzten eine höchstzulässige Quartalsarbeitszeit von 390 Stunden zugrunde gelegt werden muss. Dies wird von der Beklagten, die ihrerseits nicht in Berufung gegangen ist, auch nicht mehr bestritten.
c) Damit ist durch die - auch unter Berücksichtigung einer Quartalsarbeitszeit von 390 Stunden bei angestellten Ärzten mit einem Bedarfsplanungsfaktor von 0,5 - von der Beklagten festgestellten bzw. bei einer Neuverbescheidung zugrunde zulegenden Quartalsarbeitszeiten von über 780 bzw. 390 Stunden ein hinreichend tauglicher Indizienbeweis für eine nicht ordnungsgemäße Abrechnung zur Überzeugung des Senats erbracht.
Wenn eine Honorarabrechnung des Vertragsarztes auch nur einen Fehlansatz aufweist, bei dem dem Arzt grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, so erfüllt die jeder Quartalsabrechnung beizufügende sog. Abrechnungssammelerklärung nach der Rechtsprechung des BSG nicht mehr ihre Garantiefunktion. Die Folge ist, dass diese als nicht wirksam abgegeben gilt, sodass das gesamte Quartalshonorar zu Fall kommt (vgl. hierzu grundlegend das Urteil des BSG vom 17.9.1997, 6 RKa 86/95). Mithin kann der gesamte Quartalshonorarbescheid aufgehoben werden, d.h. es kann eine sachlich-rechnerische Richtigstellung mit Folgen weit über das sonst mögliche Ausmaß hinaus erfolgen. Dies ist gerechtfertigt, denn es handelt sich durch das Vorliegen grober Fahrlässigkeit um einen atypischen Fall besonders gravierenden Fehlverhaltens. Auch die falsche grob fahrlässige Abrechnung nur einzelner GOP - hier für alle Quartale die mittlerweile unstreitige GOP 31920 - führt dazu, dass die Sammelerklärung für das entsprechende Quartal ihre Wirkung verliert und die Honorarbescheide aufgehoben werden können.
d) Ihr weites Kürzungsermessen (vgl. hierzu Urteil des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 25.3.2015, L 7 KA 19/12, juris, unter Verweis auf Urteil des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 10.10. 2007, L 7 KA 56/03, zitiert nach juris, dort
Rn. 34) im Rahmen der Neufestsetzung des Honorars hat die Beklagte nach alledem allerdings in rechtlich zu beanstandender Weise ausgeübt. Es liegt in der Natur der Sache, dass im Rahmen der Plausibilitätsprüfung anhand von Zeitprofilen nicht eindeutig feststellbar ist, welche der abgerechneten Leistungen mängelbehaftet sind, während gleichzeitig feststeht, dass die Gesamtheit der abgerechneten Leistungen so nicht erbracht worden sein kann.
aa) Bei der Berechnung der Zeitüberschreitungen als Grundlage für eine Neuberechnung des Honorars hat die Beklagte zunächst zutreffend auf die Einzelüberschreitungen der Ärzte abgestellt und eine Verrechnung der Unter- und Überschreitungen der einzelnen Ärzte - abgesehen von Vertretungen - zu Recht abgelehnt. Auffällig ist die enorme Überschreitung einzelner Ärzte mit weit über 780 Stunden im Quartal. Diese Zeiten sind plausibel durch den einzelnen Arzt nicht erbringbar, so dass eine Verrechnung schon aus tatsächlichen Gründen ausscheidet.
bb) Ebenfalls zutreffend hat die Beklagte die auf die sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 31920 entfallenden Zeitanteile bei der Überschreitung nicht mehr zugrunde gelegt.
cc) Die Berechnung des Berichtigungsbetrages ist jedoch abweichend von der Auffassung der Beklagten und des SG im Hinblick auf die Anwendung des § 32 Ärzte-ZV zu beanstanden. Nach § 32 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV können sich Vertragsärzte bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, ist sie der KÄV anzuzeigen, § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV. Die Beklagte und ihr zustimmend das SG haben für die Vertretung durch Dr. B. die Vertretungsregelung des § 32 Ärzte-ZV auf MVZ anwendbar erklärt hat. Dies hatte zur Folge, dass die über drei Monate hinausgehenden Vertretungen bei der Berechnung der Überschreitungen nicht berücksichtigt wurden.
Bei einer Vertretung innerhalb eines MVZ durch dem MVZ angehörige Ärzte handelt es sich nach Auffassung des Senats jedoch um eine „interne“ Vertretung, für die die Regelung des § 32 Ärzte-ZV nicht gilt.
Die Vertretungsregelung des § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV findet auf die in einer Berufsausübungsgemeinschaft - BAG - (vormals Gemeinschaftspraxis) tätigen Partner insoweit keine Anwendung, als die Behandlung durch einen anderen Arzt der BAG keine „Vertretung“ des Vertragsarztes darstellt. Dies hat das BSG bereits wiederholt entschieden (zuletzt BSG, Urteil vom 14.11.2011, B 6 KA 31/10 R) und entspricht auch der herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 9. Aufl. 2018, § 32 RdNr. 17; Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Komm zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2007, § 32 RdNr. 12; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 20 RdNr. 6).
Das BSG hat dies damit begründet, dass die Gemeinschaftspraxis der KÄV gegenüber wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit auftritt (BSG SozR 4-1930 § 6 Nr. 1 RdNr. 14) und sich die für Vertragsärzte geltenden Vertretungsregelungen auf die Praxis als Gesamtheit beziehen (BSG MedR 1993, 279 = USK 92205 S. 1052). „Behandelnder Arzt“ in einer Gemeinschaftspraxis ist „die“ Gemeinschaft und nicht der einzelne Arzt, der ihr angehört (Wenner a.a.O. § 20 RdNr. 6). Einer Vertretung bedarf es in einer Gemeinschaftspraxis nur, wenn der Ausfall eines Partners nicht durch die weiterhin tätigen anderen Partner aufgefangen werden kann (vgl BSG MedR 1993, 279 = USK 92205 S. 1052; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr. 1 RdNr. 14) und deshalb ein externer Arzt - evtl. Vertragsarzt - herangezogen werden muss.
Das BSG führt hierzu mit Urteil vom 14.11.2011, B 6 KA 31/10 R aus: „Gegen die Annahme eines Vertretungsfalles innerhalb einer Gemeinschaftspraxis sprechen auch praktische Erwägungen. Zum einen kommt eine Vertretung nur bei Vorliegen der in § 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 Ärzte-ZV genannten Gründe (Urlaub, Krankheit, Fortbildung, Wehrübung und Schwangerschaft) in Betracht. Der keineswegs seltene Fall, dass Ärzte einer Gemeinschaftspraxis jeweils nur an bestimmten Wochentagen in der Praxis tätig werden (sei es, um hierdurch längere Sprechzeiten je Wochentag zu erzielen, sei es, um Zeit für andere Tätigkeiten zu haben), wird hiervon nicht erfasst. Zum anderen ist nach § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV eine Vertretung der KÄV mitzuteilen, wenn sie länger als eine Woche dauert; auch gewährt § 32 Abs. 1 Satz 6 Ärzte-ZV der KÄV ein Prüfrecht, wenn die Vertretung innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums länger als einen Monat dauert. Damit wäre der reguläre Urlaub der Gemeinschaftspraxispartner in allen Fällen anzeigepflichtig und Prüfungsgrund. All dies ist mit dem Grundgedanken einer gemeinschaftlich ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit nicht vereinbar.
Dies gilt auch für fach- und versorgungsbereichsübergreifende Gemeinschaftspraxen. Die einzige Abweichung zu fachgleichen Gemeinschaftspraxen besteht darin, dass das Spektrum der vertragsärztlichen Tätigkeiten, die wechselseitig von den Partnern der Gemeinschaftspraxis wahrgenommen werden können, hier naturgemäß geringer ist. Zu beachten ist jedoch, dass fachübergreifende Gemeinschaftspraxen (jedenfalls) dann zulässig sind, sofern sich die verschiedenen Fachgebiete teilweise decken und in sinnvoller Weise für eine gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit eignen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 47 S. 398 unter Bezugnahme auf BSGE 55, 97, 105 = SozR 5520 § 33 Nr. 1 S. 9).“
Diese Erwägungen sind auf ein MVZ - unabhängig von dessen Historie - übertragbar. Auch das MVZ rechnet unter einer eigenen Abrechnungsnummer gegenüber der KÄV ab und steht dieser als eine Rechtspersönlichkeit gegenüber. In Teilzeit tätige Ärzte, die nur an bestimmten Tagen arbeiten, sind in einem MVZ keine Seltenheit. Behandler ist nicht der einzelne Arzt, sondern das MVZ. Mehrere Arztfälle in einem MVZ stellen nur einen Behandlungsfall dar. Soweit daher bei Ausfall eines im MVZ arbeitenden Arztes ein anderer im MVZ tätiger Arzt unter Beachtung der Fachgebietsgrenzen diesen Ausfall auffängt, handelt es sich nicht um eine Vertretung nach § 32, sondern um eine MVZinterne Vertretung, für die die Regelung des § 32 Ärzte-ZV nicht gilt (so auch Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, 9. Aufl. 2018, § 32 RdNr. 17; Ladurner, 2017, Komm. zur Ärzte-ZV, § 32 RdNr. 26).
Auch mit dem von der Beklagten zitierten Urteil des BSG vom 21.3.2012, B 6 KA 22/11 R kann die gegenteilige Auffassung nicht gestützt werden. Das BSG führt dort (Juris, RdNr. 27) aus, dem MVZ obliege die Überprüfung, ob für die Ärzte bereits eine Anstellungsgenehmigung vorliegt, die Organisation der Behandlungen und zB auch die Anzeige notwendiger Vertretungen bei Urlaub, Fortbildung und Krankheit, sowie weiterhin die Korrektheit der Leistungsabrechnung und die Wirtschaftlichkeit der Behandlungen und Verordnungen sowie auch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Abrechnungssammelerklärung. Denn § 32 Ärzte-ZV ist auch nach hiesiger Auffassung nur nicht für die MVZinterne Vertretung anwendbar. Soweit eine Vertretung aber durch nicht dem MVZ angehörige Ärzte notwendig ist - etwa, weil eine Vertretung intern wegen Überschreitung der Fachgebietsgrenzen nicht zulässig wäre - fällt eine „externe“ Vertretung in den Anwendungsbereich des § 32 Ärzte-ZV.
dd) Die vorgenannten Überlegungen bedeuten für die Berechnung der Rückforderungssumme, dass keine Beschränkung der Vertretung auf drei Monate wegen mangelnder Genehmigung anzunehmen ist, da Dr. B. die übrigen als Orthopäden vertragsärztlich zugelassenen oder angestellten Ärzte, insbesondere Frau I., ohne Rücksicht auf die Beschränkungen des § 32 Ärzte-ZV vertreten durfte. Um einen Missbrauch durch die Aufteilung der Arztstelle zu verhindern, ist aber auch bei zwei Arztstellen im Umfang von je 0,5 eine Grenze von insgesamt 780 Stunden als Obergrenze anzunehmen.
Zum Tragen kommt die vom SG abweichende Berechnung aber nur in den Quartalen 1 und 2/08, in denen nach Angabe der Klägerin Dr. B. Frau I. im Zeitraum 25.1. bis 25.5.2011 vertreten hatte. Im Quartal 1/08 beträgt die Nettoarbeitszeit für Frau I. 100,35 Stunden, im Quartal 2/08 hat sie nur wenige Leistungen abgerechnet, die nicht zeitbewertet waren. Die Nettoarbeitszeit beträgt daher für sie in diesem Quartal 0 Stunden.
Eine (zusätzliche) Berücksichtigung der Vertretung in dem Quartale 3/08 für Dr. K. kommt nicht in Betracht, da Dr. B. auch unter Berücksichtigung der Vertretung eine implausible Arbeitszeit von über 780 Stunden aufweist. Gleiches gilt für die Vertretung von dem als Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin zugelassenen Dr. K. im Quartal 1/09. Dieser Vertretung stehen zudem die Fachgebietsgrenzen entgegen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 6.12.2017, L 12 KA 132/15).
ee) Nicht zu beanstanden im Rahmen des Schätzungsermessens der Beklagte ist, dass die Beklagte die Vertretungszeiten mit lediglich 20 Stunden pro Woche angesetzt hat. Allerdings beträgt die Vertretungszeit im Quartal 2/08 mangels Begrenzung auf 3 Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten nicht nur 3 Wochen, sondern vielmehr 8 Wochen (gesamter Zeitraum 1.4. bis 25.5.2008). Zusätzlich sind für den 25.1.2008 im Quartal 1/08 12 Stunden anzusetzen, neben 9 Wochen Vertretung. Die Beklagte wird ihr Berechnung entsprechend anzupassen haben.
Nicht ermessensfehlerhaft wäre auch, insgesamt bei der zulässigen Gesamtquartalszeit für beide Teilzeitkräfte von 780 Stunden auszugehen, die Dr. B. in Vertretung von Frau I. hätte ableisten dürfen, abzüglich der von Frau I. geleisteten Nettoarbeitszeit im Quartal 1/08 von 100,35 Stunden. Dies würde aber bedeuten, dass die Überschreitung der genehmigten Arbeitszeit von der Beklagten in keinster Weise berücksichtigt würde. Die Beklagte wäre zwar nicht gehindert, so zu verfahren, die Berechnung anhand der genehmigten Arbeitszeit ist aber nicht ermessensfehlerhaft.
Der Berufung war daher insoweit stattzugeben, als die Neuverbescheidung nach Auffassung des Senats zu erfolgen hat.
4) Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO.
5) Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, § 160 Abs. 2 Nr. 1 zugelassen.
Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht
Meta
17.01.2018
Urteil
Zitiervorschlag: LSG München, Urteil vom 17.01.2018, Az. L 12 KA 123/16 (REWIS RS 2018, 15488)
Papierfundstellen: REWIS RS 2018, 15488
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Teilweise erfolgreiche Klage gegen arztbezogene Plausibilitätsprüfung
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