Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2004, Az. III ZB 72/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3416

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS III ZB 72/03
vom 29. April 2004 in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat am 29. April 2004 durch den [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.]

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß der [X.] des [X.] vom 23. September 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben (§ 8 Abs. 1 GKG).

Gründe:
[X.]

Der Kläger pachtete 1990 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau von dem Beklagten einen Kleingarten. Auf der Parzelle befinden sich ein Schuppen und eine Garage.
- 3 -

2001 kündigten der Kläger und seine Ehefrau den Pachtvertrag. Die [X.]en streiten, ob der Kläger nach der Beendigung des Pachtverhältnisses zum 30. September 2001 verpflichtet ist, die auf der Parzelle befindlichen [X.] zu beseitigen. Die Kosten für den Abbruch der Garage wurden auf 3.528,70 DM (1.804,20 •) geschätzt.

Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, daß er nicht verpflichtet ist, die Garage und den Schuppen zu beseitigen.

Das Amtsgericht hat dem Klageantrag durch Urteil vom 22. Juli 2003 hinsichtlich des Schuppens stattgegeben. Im übrigen hat es die Klage abge-wiesen.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das [X.] hat das Rechtsmittel durch den angefochtenen Beschluß verworfen, ohne die Berufungsbegründung abzuwarten. Es hat ausgeführt, der Wert des [X.] übersteige nicht 600 •. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug betrage 146,54 •. Das [X.] hat dies wie folgt begründet: Garage und Schuppen nähmen 7,33 v.H. der Gesamtfläche der Parzelle in [X.]. Ein entsprechender Prozentsatz von 42 Monatsmieten ergebe den Streitwert.

Gegen diesen Beschluß hat der Kläger Rechtsbeschwerde erhoben. Er hat es zunächst unterlassen, die Berufung zu begründen. Mit am 3. März 2004 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat er hinsichtlich - 4 -

der versäumten Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand [X.] und die Berufungsbegründung nachgeholt.

- 5 -

I[X.]
1. Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung die Entscheidung des [X.], § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dies ist unter anderem der Fall, wenn einer [X.] der Zu-gang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in [X.], aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird ([X.], Beschluß vom 23. Oktober 2003 - [X.] - NJW 2004, 367, 368 m.w.N.; vgl. auch [X.]Z 151, 221, 226), da dies den Anspruch der [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt ([X.], Beschluß vom 23. Oktober 2003 [X.]O). Dies ist hier der Fall. Der [X.] beruht darauf, daß das Berufungsgericht die Beschwer des [X.] anhand von [X.] bewertet hat, für die es im Gesetz keine Grundlage gibt. Aufgrunddessen hat es unzutreffend angenommen, die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zu-lässigkeit einer Berufung erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 600 • sei nicht erreicht.

2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Sie ist nicht deshalb unbegründet, weil der Kläger die Frist zur [X.] versäumt hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (z.B.: [X.] vom 13. Januar 1998 - [X.] - NJW 1998, 1155; vom 7. Juni 1978 - [X.] - VersR 1978, 841; vom 16. März 1977 - [X.] - VersR 1977, 573; vom 18. Dezember 1974 - [X.]/74 - [X.], 421), die auf - 6 -

die in [X.], 195, 196 f veröffentlichten eingehenden Ausführungen des [X.] zurückgeht, wird zwar der Lauf der Berufungsbegründungsfrist nicht durch einen Beschluß auf Verwerfung der Berufung unterbrochen. Hat das Berufungsgericht, wie hier, die Berufung aus anderen Gründen als des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist verworfen und wird diese Entscheidung angefochten, so wirkt sich die zwischenzeitlich eingetretene Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in der Weise aus, daß das Rechtsmittel gegen die [X.] grundsätzlich zurückzuweisen ist. In diesen Fällen ergibt die erforderliche Berücksichtigung aller Umstände im [X.]punkt der Ent-scheidung über das Rechtsmittel gegen den [X.], daß er im Ergebnis zu Recht besteht, selbst wenn die Voraussetzungen für seinen Erlaß zunächst nicht vorgelegen haben sollten ([X.], Beschlüsse vom 13. Januar 1998 und 18. Dezember 1974 jeweils [X.]O).

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn, wie im hier zu beurteilenden Fall, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten [X.] gestellt ist ([X.], Beschlüsse vom 7. Juni 1978 und 16. März 1977, vgl. auch Beschluß vom 13. Januar 1998 jeweils [X.]O). Die [X.] für eine Entscheidung des [X.] über die ursprüngli-che Rechtmäßigkeit des [X.] bleibt dann bestehen, weil bei dieser Konstellation nicht gewiß ist, daß die Berufung unabhängig vom [X.] der Voraussetzungen für den [X.] zum [X.]punkt sei-nes Erlasses unzulässig ist.

Das Rechtsbeschwerdegericht braucht die Entscheidung des Berufungs-gerichts über den Wiedereinsetzungsantrag nicht abzuwarten. Sofern die Be-merkung des [X.] des [X.] in den nicht tragenden - 7 -

Gründen am Ende des Beschlusses vom 7. Juni 1978 ([X.]O; anders: [X.] vom 13. Januar 1998 und 16. März 1977 jeweils [X.]O) dahin zu verstehen sein sollte, daß das Berufungsgericht zunächst über den [X.] zu entscheiden hat, wäre dem nicht zu folgen. Diese Entscheidung ist nicht vorrangig vor der des [X.] über das bei ihm ange-fallene Rechtsmittel.

b) Die Zulässigkeit der Berufung des [X.] scheitert nicht an der ge-mäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Mindestbeschwer von mehr als 600 •, so daß der angefochtene Beschluß aufzuheben ist.

[X.]) Da die Berufung noch nicht begründet ist, muß die Beschwer nach dem ungeschmälerten Wert des Antrags bemessen werden, mit dem der Klä-ger in der ersten Instanz unterlegen war. Dies war der Antrag auf Feststellung, daß er nicht verpflichtet ist, die auf der Parzelle befindliche Garage zu beseiti-gen.

bb) Der Wert dieses Antrags ist gemäß § 3 ZPO nach den Kosten zu bemessen, die der Kläger aufbringen müßte, um die Garage von der [X.] zu entfernen (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 1993 - [X.] - NJW 1994, 735 f). Der Aufwand für die Beseitigung der Garage be-trägt nach dem Vorbringen beider [X.]en rund 1.800 •. Da es sich um einen negativen Feststellungsantrag handelt, ist hiervon kein Abschlag vorzunehmen (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort Feststellungsklagen).

Entgegen der anscheinend vom Berufungsgericht vertretenen [X.], dessen [X.] auf dreieinhalb [X.] basiert, ist § 9 - 8 -

ZPO für die Bemessung der Beschwer des [X.] nicht heranzuziehen. [X.] Nutzungen und Leistungen, für die diese Vorschrift den Streitwert regelt, sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Auch § 8 ZPO, auf dessen Grundlage sich unter Berücksichtigung der Berechnungsmethode des Berufungsgerichts möglicherweise eine geringere Beschwer als 600 • ergeben könnte, ist für die [X.] nicht maßge-bend. Diese Bestimmung ist als Sondervorschrift für Räumungsklagen [X.]. Der Aufwand, der zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks in [X.] Zustand erforderlich ist, ist bei diesen Klagen grundsätzlich ohne Bedeutung; für eine Anwendung des § 3 ZPO neben § 8 ZPO ist kein Raum. Ob dies nur dann gilt, wenn kein besonderer Klageantrag auf Abbruch oder Beseitigung eines Bauwerks gestellt worden ist (Schneider/[X.], [X.] für den Zivilprozeß, 11. Aufl., Rn. 2979 ff, insbesondere 2982; anders wohl [X.], Beschluß vom 10. Mai 2000 - [X.] - NJW-RR 2000, 1739 f; offen gelassen im [X.] vom 4. Juli 1996 - [X.] - [X.]R ZPO § 8 Räumungsklage 7), kann hier auf sich beruhen.

Die [X.]en streiten nämlich nicht über das Bestehen oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses, wie es § 8 ZPO voraussetzt. Vielmehr [X.] bei Geltendmachung des Beseitigungsbegehrens unstreitig ein Pacht-verhältnis zwischen den [X.]en nicht mehr. In diesen Fällen ist für die [X.]
- 9 -

sung des Streitwerts allein § 3 ZPO maßgebend, weil es an der streitigen [X.] im Sinne des § 8 ZPO fehlt ([X.], Beschluß vom 8. März 1995 - [X.] - NJW-RR 1995, 781 m.w.N.).

[X.] [X.]
[X.] Herrmann

Meta

III ZB 72/03

29.04.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2004, Az. III ZB 72/03 (REWIS RS 2004, 3416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3416

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