Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2009, Az. VI ZB 76/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1590

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[X.]/08vom 22. September 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 519 Zur Auslegung der Berufungsschrift bei einer Falschbezeichnung des [X.]. [X.], Beschluss vom 22. September 2009 - [X.]/08 - [X.] [X.] - - 2Der V[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 22. September 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 2 wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] vom 30. September 2008 aufgehoben. Die Sache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des [X.] zu [X.] haben wird. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 43.001,49 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Klägerin erlitt am 6. Mai 2000 einen Verkehrsunfall, bei dem sie er-heblich verletzt wurde. Sie hat den Beklagten zu 1 als Unfallverursacher und die Beklagte zu 2, die K.

Versicherungs AG, als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen. Das [X.] hat der Klage mit Urteil vom 12. März 2008 über-1 - - 3wiegend stattgegeben. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten der [X.] am 17. März 2008 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 10. April 2008, beim [X.] eingegangen per Telefax am 11. April 2008, hat die Prozessbevollmächtigte Berufung eingelegt und dabei als Berufungsklägerin zu 2 die "[X.]. und W.

Versicherungs-AG" angegeben. In dem Schriftsatz, der am 14. April 2008 nochmals unter Beifügung einer Ausfertigung des angefochtenen Urteils eingegangen ist, ist ausgeführt, die Beklagte zu 2 trage nach Verschmelzung einen neuen Namen, der sich auf die [X.] auswirke: Die K.

Beamtenversicherung sei auf die K.

Versicherungs AG verschmolzen und Letztgenannte sei auf die [X.]

verschmolzen, die mit der [X.].

nun eine Aktiengesellschaft bilde. Die Bezeichnung habe sich ohne sonstige Auswirkungen in den verantwortli-chen Personen geändert, so dass eine Berichtigung genüge. Mit Beschluss vom 24. Juli 2008, zugestellt am 30. Juli 2008, hat das [X.] der Prozessbevollmächtigten den Hinweis erteilt, die Berufung der Berufungskläge-rin zu 2 sei mangels eigener Beschwer unzulässig. Am 8. August 2008 hat die Prozessbevollmächtigte im Namen der Beklagten zu 2 unter der Bezeichnung "[X.] Versicherungs-AG" äußerst hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich Berufung eingelegt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das [X.] die Beru-fung der "[X.]. und W.

Versicherungs-AG" als unzulässig verworfen, weil diese [X.] nicht existent sei. Eine Umdeutung oder Heilung des Bezeichnungsmangels in ein Rechtsmittel der Beklagten zu 2 komme nicht in Betracht, weil keine offensichtliche Falschbezeichnung vorliege. Die Pro-zessbevollmächtigte habe vielmehr ausdrücklich und schlüssig dargelegt, dass die nicht existente Berufungsklägerin durch Verschmelzung entstanden und Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu 2 sei. Deren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist hat das [X.]- - [X.] als unzulässig zurückgewiesen, weil die fehlende Angabe eines Rechtsmittelklägers einen inhaltlichen Mangel der Berufungsschrift darstelle, der nicht im Wege der Wiedereinsetzung geheilt werden könne. Dessen unge-achtet sei der Wiedereinsetzungsantrag auch verspätet gestellt worden, denn die Prozessbevollmächtigte, deren Verschulden sich die Beklagte zu 2 zurech-nen lassen müsse, habe spätestens mit der Vorlage der Handelsregisterauszü-ge am 10. Juli 2008 Kenntnis von der Falschbezeichnung der Berufungskläge-rin zu 2 gehabt. Im Übrigen sei die Fristversäumung auch deswegen nicht ohne Verschulden erfolgt, weil die Prüfung der korrekten [X.] und ihrer richtigen Bezeichnung zu den anwaltlichen Kardinalpflichten gehöre. Gegen diesen Beschluss wenden sich die "[X.]. und [X.] Versicherungs-AG" und die Beklagte zu 2 mit der Rechtsbeschwerde. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 574 Abs. 2 Nr. 2, 575, 576 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist. Das Berufungsgericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht der Beklagten zu 2 auf Gewäh-rung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechts-staatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in [X.], aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.] 41, 23, 26; 41, 323, 326 ff.; 41, 332, 334 ff.; 69, 381, 385; [X.] NJW 1999, 3701, 3702; [X.] 151, 221, 227). 4 - - 51. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift gemäß § 519 Abs. 2 ZPO auch die An-gabe gehört, für und gegen welche [X.] das Rechtsmittel eingelegt wird; aus der Berufungsschrift muss entweder für sich allein oder mit Hilfe weiterer [X.] bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer [X.] und wer [X.] sein soll (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2002 - [X.]/00 - [X.], 777; Senatsbeschlüsse vom 7. November 1995 - [X.] - [X.], 251 und vom 30. Mai 2000 - [X.]/00 - [X.], 1299 m.w.[X.]). Dabei sind vor allem an die [X.] Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen; bei verständiger [X.]rdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1998 - [X.] - [X.], 636, 637 m.w.[X.]). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers ausschließlich durch dessen ausdrückliche Be-zeichnung zu erzielen wäre; sie kann auch im Wege der Auslegung der Beru-fungsschrift und der etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. November 1995 - [X.] - aaO; [X.], [X.] vom 29. April 1982 - [X.] - [X.], 769, 770). Dabei sind, wie auch sonst bei der Ausdeutung von [X.], alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. 5 2. Die Anforderungen an die zur Kennzeichnung der Rechtsmittelparteien nötigen Angaben richten sich nach dem prozessualen Zweck dieses Erforder-nisses, also danach, dass im Falle einer Berufung, die einen neuen [X.] vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befassten Gericht eröffnet, zur Erzielung eines auch weiterhin geordneten Verfahrensab-laufs aus Gründen der Rechtssicherheit die [X.]en des [X.], insbesondere die Person des Rechtsmittelführers, zweifelsfrei erkennbar 6 - - [X.] müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. November 1995 - [X.] - aaO m.w.[X.]). Schon im Hinblick darauf, dass die durch das Grundgesetz gewährleis-teten Verfassungsgarantien es verbieten, den Zugang zu den in den Verfah-rensordnungen eingerichteten Instanzen in einer aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren (vgl. [X.], NJW 1991, 3140 m.w.[X.]), darf die Zulässigkeit einer Berufung nicht an unvollständigen oder feh-lerhaften Bezeichnungen der [X.]en des Berufungsverfahrens scheitern, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine ver-nünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen (vgl. [X.] vom 19. Februar 2002 - [X.]/00 - aaO und Senatsbeschluss vom 7. November 1995 - [X.] - aaO, [X.]). 3. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze durfte das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten zu 2 nicht mit der Begründung ver-neinen, das Rechtsmittel sei durch den Schriftsatz vom 10. April 2008 nicht rechtswirksam eingelegt worden. Denn bei dem sachlich gebotenen Verständ-nis dieser Rechtsmittelschrift konnten hinsichtlich der Rechtsmittel führenden [X.] keine vernünftigen Zweifel aufkommen. 7 Aus dem genannten Schriftsatz ergab sich eindeutig, dass das erstin-stanzliche Urteil von Seiten der Beklagten zu 2 angegriffen worden ist. Aus die-sem Grund konnte das Berufungsgericht der Klägerin als Rechtsmittelgegnerin ohne Weiteres die Rechtsmittelschrift zustellen. Es bestand auch keine Ver-wechslungsgefahr. Zwar war in der Berufungsschrift die "[X.].

und [X.]

Versicherungs-AG" als Beklagte zu 2 und Berufungsklägerin auf-geführt, während in Wirklichkeit die "[X.]

Versicherungs-AG" die-se [X.]rolle innehaben sollte. Entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts begründete diese Falschbezeichnung indessen keinen Zweifel daran, dass das landgerichtliche Urteil von dem beschwerten Haftpflichtversicherer 8 - - 7angefochten wurde. Dies ist die "[X.]

Versicherungs-AG", die die Prozessbevollmächtigte in der Berufungsschrift irrtümlicherweise als "[X.]. und [X.] Versicherungs-AG" bezeichnet hat. 9 Einer Auslegung der Berufungsschrift dahin gehend, dass Berufungsklä-gerin zu 2 die "[X.]

Versicherungs-AG" sein sollte, stehen entge-gen der Auffassung des Berufungsgerichts die in der Berufungsschrift enthalte-nen Ausführungen zur Bezeichnung der Berufungsklägerin nicht entgegen. Dort ist nämlich nicht vorgetragen, dass die "[X.]. und [X.]

Ver-sicherungs-AG" durch Verschmelzung entstanden und Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu 2 sei. Vielmehr heißt es dort lediglich, die K.

Beamtenver-sicherung sei auf die [X.] AG verschmolzen und [X.] sei auf die [X.]

verschmolzen, die mit der [X.]. nun eine Aktiengesellschaft bilde. Von einer Verschmelzung auf eine Gesellschaft mit dem Namen "[X.]. und [X.]

Versicherungs-AG" ist nicht die Rede. Auf welche Weise die fälschlicherweise unter dieser Bezeichnung aufgeführte Berufungsklägerin zu 2 entstanden und Rechtsnachfolgerin der [X.] zu 2 geworden sein soll, lässt sich der Berufungsschrift gerade nicht entnehmen. Bei dieser Sachlage begegnet die von den Beklagten im [X.] vorgenommene Berichtigung der Bezeichnung der Berufungsklägerin zu 2 keinen Bedenken (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2002 - [X.]/00 - aaO m.w.[X.]). 10 - - 84. Da die Berufung der Beklagten zu 2 somit fristgemäß eingelegt [X.] ist, erweisen sich ihr vorsorglich gestelltes Wiedereinsetzungsgesuch und die insoweit in dem angefochtenen Beschluss getroffene Entscheidung des Be-rufungsgerichts als gegenstandslos. 11 [X.]Zoll [X.] Pauge v. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.03.2008 - 4 O 158/03 - [X.], Entscheidung vom 30.09.2008 - 1 U 41/08 -

Meta

VI ZB 76/08

22.09.2009

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2009, Az. VI ZB 76/08 (REWIS RS 2009, 1590)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1590

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