Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.03.2010, Az. 28 W (pat) 77/08

28. Senat | REWIS RS 2010, 8636

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Farbe grün (sonstige Markenform)" – keine Unterscheidungskraft – keine eng umrissene Warengruppe für einen sehr spezifischen Markt - keine Verkehrsdurchsetzung – kein schutzwürdiges Bedürfnis nach lauterkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 06 382. 8

hat der 28. Senat ([X.]) in der Sitzung vom 10. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet als sonstige [X.]form ist die Farbe Grün mit der Farbklassifikationsnummer Pantone 334

Abbildung

2

für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 7

3

4

Die [X.]stelle für Klasse 7 des [X.] hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angemeldete Marke stelle sich lediglich als Merkmal der farbigen Ausstattung der beanspruchten Waren dar. An ihrer ungehinderten Verwendung bestehe ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Darüber hinaus fehle ihr aber auch jegliche Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

5

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke müsse im vorliegenden Fall auf Fachpublikum abgestellt werden, da der Markt für Heizungspumpen sehr spezifisch sei. Die maßgeblichen Fachkreise begegneten den hier beanspruchten Spezialprodukten im Hinblick auf ihre betriebskennzeichnenden Merkmale mit erhöhter Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund und bei Anlegung des gebotenen, großzügigen [X.] könne der angemeldeten Farbmarke die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Es erfülle die Multifunktionalität einer Marke und entfalte insbesondere eine Garantie- und eine Herkunftsfunktion. Dies gelte umso mehr, als ihr keinerlei produktbeschreibender Bedeutungsgehalt zukomme. Die angesprochenen Verkehrskreise seien daran gewöhnt, auf dem hier einschlägigen Warensektor aus der Form und der Farbe von Pumpen auf deren betriebliche Herkunft zu schließen. Der Produktsektor für Pumpen stelle einen im wirtschaftlichen Sinne abgeschlossenes Marktsegment mit eigenständigen Kennzeichnungsgewohnheiten dar. Aufgrund der speziellen Wahrnehmungsgewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise besitze die angemeldete Marke bei Anlegung des gebotenen großzügigen [X.] ausreichende Unterscheidungskraft, zumal es vorliegend um die Eintragung der Marke für eine sehr beschränkte Anzahl von Waren gehe. Zudem sei die Anmelderin neben einer weiteren Mitbewerberin auf dem hier einschlägigen Markt der führende Anbieter der fraglichen Produkte und halte in der [X.] einen Marktanteil von nahezu 42%. Dies gelte entsprechend auch für [X.]. Vor diesem Hintergrund sei die angemeldete Farbmarke aufgrund der Dauer und Konsequenz ihrer Benutzung, sowie ihrer Marktpräsenz deshalb auch als verkehrsdurchgesetzt [X.] § 8 Abs. 3 [X.] anzusehen. Außerdem ergebe sich ihre Eintragbarkeit auch aus lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten sowie aus Voreintragungen vergleichbarer [X.] durch das [X.].

6

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

7

die angefochtenen Beschlüsse des [X.], [X.]stelle für Klasse 7, vom 7. April 2008 aufzuheben.

8

Im Übrigen regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an sowie ggf. die Vorlage der Sache an den [X.] zur Klärung gemeinschaftsrechtlicher Fragen.

9

Nach Durchführung einer von der Anmelderin beantragten mündlichen Verhandlung wurde mit Beschluss vom 20. Mai 2009 ins schriftliche Verfahren übergegangen. Zur Vorbereitung einer abschließenden Entscheidung wurde der Anmelderin mit gerichtlichem [X.] vom 6. November 2009 eine Zusammenfassung der in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen übermittelt.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der Eintragung der Marke steht bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

Unterscheidungskraft [X.] von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, [X.]. 45 – Standbeutel; [X.] [X.], 604, 608, [X.]. 62 – [X.]). Auch wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung die „Multifunktionalität“ von [X.] durchaus anerkennt (vgl. [X.] GRUR 2009, 756, 761, [X.]. 58 – [X.]), ist die Herkunftsfunktion von [X.] nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. [X.] GRUR 2009, 756, 761, [X.]. 58 – [X.]; [X.] GRUR 2006, 229, 230; [X.]. 27 f. – BioID; [X.] 2008, 710, [X.]. 12 – [X.]; [X.] [X.]R 2006, 395, 397, [X.]. 18 – [X.], [X.]). Die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] [X.], 55, 57 f., [X.]. 51 – [X.]; [X.] GRUR 2001, 1148, 1149 – [X.]; [X.] 2008, 710, [X.]. 12 – [X.]; [X.] [X.]R 2006, 395, 397, [X.]. 18 – [X.], [X.]). Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, [X.]. 59 – [X.]ROHYPO; [X.] GRUR 2004, 943, 944, [X.]. 26 – SAT.2; [X.] [X.], 604, 607 f., [X.]. 57, 60 – [X.]).

Gerade bei Farben ist insoweit zu beachten, dass die Vergabe unzulässiger [X.]rechte es ohne weiteres ermöglichen würde, mit einer verhältnismäßig geringen Zahl von Anmeldungen den Mitbewerbern ein essentielles Gestaltungsmittel zu entziehen und einen freien, unverfälschten Wettbewerb damit weitgehend auszuschalten (vgl. hierzu [X.] GRUR 2004, 858, 860, [X.]. 24 – [X.]; [X.] [X.], 604, 608, [X.]. 54 – [X.]). Um eine solche Entwicklung zu vermeiden, hat der [X.] verbindliche Vorgaben für die Prüfung konturloser Farbmarken aufgestellt. Dabei geht er davon aus, dass Verbraucher Farben in aller Regel nur als ein bloßes Gestaltungsmittel wahrnehmen, weil diese für gewöhnlich lediglich als dekoratives Element oder als sachbezogenes Ausdrucksmittel verwendet werden, nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen (vgl. [X.] GRUR 2004, 858, 859 f., [X.]. 38 – [X.]; [X.] [X.], 604, 608, [X.]. 65 f. – [X.]). Aus diesem Grund besitzt eine Farbmarke nur unter außergewöhnlichen Umständen bereits von Haus aus die erforderliche Unterscheidungskraft, so dass ihre Eintragung als Marke, ohne den Nachweis ihrer Verkehrsdurchsetzung für den Anmelder, nur im Ausnahmefall in Betracht kommt (vgl. [X.] GRUR Int. 2005, 227, 231, [X.]. 79 – Farbe [X.]; [X.] GRUR 2004, 858, 860, [X.]. 39 – [X.]; [X.] [X.], 604, 608, [X.]. 54 – [X.]). Ein solcher Ausnahmefall setzt voraus, dass es sich bei dem einschlägigen [X.] um ein überschaubares, von den Kennzeichnungsgewohnheiten anderer Branchen unabhängiges und damit um ein im wirtschaftlichen Sinne spezifisches Marktsegment handelt, in dem Farben üblicherweise nicht nur als sachbezogene oder dekorative Elemente verwendet werden, so dass der Verkehr hier bereits an die Verwendung von Farben als betriebliche Herkunftskennzeichen gewöhnt ist ([X.] GRUR Int. 2005, 227, 231, [X.]. 79 – [X.]; [X.], 604, 608, [X.]. 66 ff. – [X.]; [X.] 2002, 538, 539 f. – grün eingefärbte Prozessorengehäuse). Im vorliegenden Fall ist keine dieser Voraussetzungen gegeben.

So fehlt es bereits an dem von der Rechtsprechung geforderten Umstand, dass sich der potentielle Anwendungsbereich der angemeldeten Marke auf eine eng umrissene Warengruppe für einen sehr spezifischen Markt beschränken muss. Die praktischen Anwendungsfelder der vorliegend beanspruchten Waren sind keineswegs eng begrenzt, sondern ganz im Gegenteil ausgesprochen vielfältig. Die fraglichen Produkte finden in einer Vielzahl von technischen Sachverhalten Verwendung, da es sich bei dem hier einschlägigen Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikbereich um ein äußerst breit gefasstes [X.] und nicht etwa um ein spezifisches Marktsegment im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt.

Darüber hinaus fehlt es auch an einer Gewöhnung des angesprochenen Publikums an den herkunftshinweisenden Einsatz von Farben auf dem hier maßgeblichen [X.]. Entgegen der Wertung der Anmelderin ist insoweit zunächst festzustellen, dass mit den verfahrensgegenständlichen Waren nicht nur Fachkreise, sondern ebenso Haus- und Wohnungseigentümer und damit Endverbraucherkreise angesprochen werden, da der Vermarktungsprozess der fraglichen Produkte von vornherein auf diese Verkehrskreise ausgerichtet ist (vgl. hierzu die grundsätzlichen Ausführungen des [X.] GRUR 2004, 682, 683, [X.]. 23 ff. – [X.]). Soweit die Anmelderin dem sinngemäß entgegenhält, die Auswahl- bzw. Kaufentscheidung werde bei den fraglichen Waren ausschließlich von Fachleuten und nicht etwa von deren Kunden getroffen, da diese nicht über die hierfür erforderlichen Spezialkenntnisse verfügten, folgt der [X.] dieser Auffassung nicht. Die Rolle der Zwischen- und Fachhändler besteht darin, die Nachfrage nach den fraglichen Produkten zu fördern bzw. zu lenken und ist somit selbstverständlich von relevanter Bedeutung. Die Annahme, den Endabnehmern würde die Entscheidung über den Kauf der betreffenden Produkte aber quasi „

Bei der Prüfung, ob und inwieweit sich die maßgeblichen Verkehrskreise bereits an die herkunftskennzeichnende Wirkung von farblichen [X.] gewöhnt haben und deshalb deren Farbe nicht mehr nur unter [X.] bzw. ästhetischen Gesichtspunkten betrachten, kommt den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem hier einschlägigen Produktsektor eine maßgebliche Bedeutung zu (vgl. hierzu [X.], [X.], 1624, 1626). Hierzu hat die Anmelderin vorgetragen, kaum ein anderer Markt werde in dieser Hinsicht so umfassend und nachhaltig von Farben geprägt, wie der Markt für Heizungs- und Sanitärpumpen – hinreichend substantiierte Belege für diese Behauptung ist sie jedoch schuldig geblieben. Der [X.] hat bei seinen Recherchen keinerlei Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass [X.] in dem hier maßgeblichen Produktbereich – zumindest auch – als Herkunftszeichen eingesetzt bzw. beworben würden. Die Einfärbung von Anlagen bzw. ihrer Teile auf dem hier einschlägigen Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikbereich ist völlig gebräuchlich, so dass sich den Verbrauchern die „Produktwelt“ auf diesem [X.] bereits seit längerem „bunt“ präsentiert. Der Einsatz von Farben erfolgt dabei nicht allein aufgrund ihrer dekorativen Wirkung, sondern vor allem auch im Sinne technischer Codes bzw. Schlüsselsignale und damit technischen Zwecken wie der Markierung und damit sicheren Zuordenbarkeit unterschiedlicher Funktionsbereiche (vgl. hierzu [X.] PAVIS PROMA 28 W (pat) 4/08 – Farbmarke Violett). Auch die Einfärbung von Produktgehäusen, wie etwa für Pumpen oder Motoren ist gängige Praxis, wie dies der [X.] der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung anhand verschiedener Beispiele aus dem maßgeblichen [X.] veranschaulicht hat. Im Hinblick auf die Warengruppe „Pumpengehäuse“, auf die sich die Anmelderin in ihrem Vortrag bezogen hat, ist insoweit etwa auf die Firmen [X.] und [X.] zu verweisen, die blau gefärbte Pumpengehäuse vertreiben, während Firmen wie [X.], [X.] und [X.] hierfür vor allem verschiedene Rot- und [X.] Töne verwenden. Zwei von der Anmelderin bereits im patentamtlichen Verfahren (mit Schriftsatz vom 9. November 2006, dort Anlagen 2 und 9) eingereichte [X.] zeigen sogar grünlich eingefärbte Pumpenmodelle der Firmen [X.] und [X.].

Selbst Waren, wie Heizkessel oder Heizkörper, bei denen Farbaspekte auf den ersten Blick eher fernliegend erscheinen mögen, werden längst nicht mehr nur in [X.] oder Grau angeboten. Vielmehr sind sie wegen der geänderten Anspruchshaltung des Publikums in unterschiedlichen Designs und nahezu jeder Farbe erhältlich. So werden etwa farbige und besonders originell bzw. „trendig“ geformte Heizkörper aufgrund ihrer optischen Wirkung inzwischen sogar an extrovertierten Positionen im Wohnbereich installiert. Angesichts der dargestellten Branchengegebenheiten kann kein Zweifel daran bestehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Produkte an den sachbezogenen Einsatz von Farben gewöhnt sind. Ob der von der Anmelderin konkret gewählte Farbton ausschließlich von ihr verwendet wird – oder nicht –, ist im Zusammenhang mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] irrelevant, da der Nachweis einer identischen und damit neuheitsschädlichen Vorwegnahme durch die Mitbewerber dem [X.]recht fremd ist.

Eine Praxis der Anmelderin oder ihrer Mitbewerber, den [X.]charakter von Farben mit entsprechenden Hinweisen wie etwa „

Um eine auch nur annähernd vergleichbar hohe Eindeutigkeit der herkunftshinweisenden Wirkung von Farbgebungen zu erreichen, müssten die Verbraucher durch entsprechend intensive Bemühungen der Anbieter über einen längeren Zeitraum hinweg an eine solche Bedeutung gewöhnt worden sein (vgl. hierzu etwa Eisenführ, in Festschrift für [X.], 2006, [X.], 180 f.). Eine derartige Praxis hat die Anmelderin aber nicht schlüssig dargetan. Vielmehr zeigen weder der Marktauftritt der Anmelderin auf ihrer Homepage noch die von ihr zu den Akten gereichten Unterlagen eine Herausstellung der beanspruchten Farbe als Unternehmenshinweis. Die Farbe der betreffenden Produkte wird nach den Feststellungen des [X.]s von ihr im geschäftlichen Verkehr stattdessen gerade nicht betont oder werbemäßig herausgestellt. Farbe und Ware verbinden sich zu einem einheitlichen Erscheinungsbild, so dass die angesprochenen Verkehrskreise keinerlei Veranlassung haben, dem mit der Anmeldung beanspruchten [X.] eine herkunftshinweisende Wirkung beizumessen (vgl. hierzu [X.] [X.]R 2007, 322, 326, [X.]. 28 – Pralinenform; [X.] [X.]R 2007, 31, 34, [X.]. 24 – [X.]).

Damit liegen keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verbraucher - erfolgreich – an eine markenmäßige Wahrnehmung von [X.] herangeführt worden wären. Vielmehr orientieren sich die angesprochenen Verbraucher im Hinblick auf die unternehmerische Herkunft derartiger Waren immer noch vornehmlich an denjenigen Zeichen, die ihnen seit jeher als sicherste Identifizierungsmöglichkeit vertraut sind, d. h. an den jeweils vorhandenen Wort- oder Bildmarken bzw. Firmenbezeichnungen. Da es somit an einer Gewöhnung des Verkehrs an abstrakte Farben als Kennzeichnungsmittel fehlt, erübrigt sich jede weitere Prüfung der konkreten Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens.

markenmäßige Benutzung des fraglichen Zeichens belegt wird (st. Rspr., vgl. [X.] 2008, 710, 711, [X.]. 23 – [X.], [X.]). [X.] auf der Grundlage konkreter Aufmachungen, wie sie von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurden, sind für den Nachweis einer Verkehrsdurchsetzung in aller Regel ungeeignet. Dies insbesondere dann, wenn sie – wie die zu den Akten gereichten Beispiele zeigen – neben der Einfärbung der Produkte andere Gestaltungselemente aufweisen, die vorrangig auf die jeweiligen Hersteller hinweisen, wie deren Firmennamen oder entsprechende Wort- und/oder Bildmarken. Ein markenmäßiger Gebrauch würde im vorliegenden Fall voraussetzen, dass die angemeldete Farbe entsprechend der Hauptfunktion von [X.] als unternehmensbezogenes Unterscheidungsmittel eingesetzt wurde. Dagegen ist es keineswegs ausreichend, dass die Produktfarbe im geschäftlichen Verkehr „irgendwie“ in Erscheinung tritt. Ebenso wenig genügt eine mögliche Bekanntheit der betreffenden Produkte (vgl. [X.], in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 8 [X.], [X.]. 53 [X.]). Stattdessen ist es unabdingbar, dass der konkrete Farbton unzweideutig als betriebliches Herkunftszeichen eingesetzt wurde, um für das angesprochene Publikum als solches erkennbar zu sein (vgl. Ströbele in Ströbele/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 [X.]. 382 f., [X.]). Dies kann zwar grundsätzlich auch dann der Fall sein, wenn das angemeldete Zeichen als Teil oder in Kombination mit einer anderen Marke benutzt wurde, wie die Anmelderin zu Recht betont hat. Dies macht es aber nicht entbehrlich, dass die beteiligten Verkehrskreise die Benutzung des angemeldeten Zeichens an sich als markenmäßigen, eigenständig kennzeichnenden Hinweis ansehen müssen. Im Rahmen des Verkehrsdurchsetzungsverfahrens muss also die Glaubhaftmachung gelingen, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Produktfarbe als selbständigen, auf ein bestimmtes Unternehmen bezogenen Herkunftshinweis ansieht. Davon kann vorliegend aber keine Rede sein, zumal – was die Anmelderin übersieht – der bloße Verkauf des Produkts keine markenmäßige Benutzung impliziert.

die verfahrensgegenständliche Marke als betriebliches Herkunftszeichen zur Geltung gebracht wurde sowie zu den mit der Marke (also nicht lediglich mit den entsprechenden Produkten) erzielten Umsätzen oder dem für die Marke erbrachten Werbeaufwand. Dies gilt ebenso für Angaben zum Erfolg dieser Maßnahmen, d. h. zum erzielten Feedback bei den beteiligten Verkehrskreisen. So hat die Anmelderin im gesamten [X.] keinerlei relevante Angaben zum [X.] der angemeldeten Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen vorgetragen, zu denen eben auch die Endabnehmerkreise gehören, worauf der [X.] im [X.] vom 6. November 2009 nochmals ausdrücklich hingewiesen hat. Allgemein gehaltene Ausführungen, wie etwa, die Anmelderin sowie ihre Mitbewerberin G… definierten sich „erheblich über Farbe“ und wegen der „tatsächlichen Umstände der Marktsituation“ genüge dem Fachpublikum „ein Blick“, um eine grüne Pumpe als W… -Produkt zu erkennen, sind keineswegs ausreichend, die dargestellten, gravierenden Mängel auszugleichen (vgl. hierzu nochmals Ströbele, a. a. O., § 8 [X.]. 383). Bei der gebotenen Gesamtschau aller vorgelegten Unterlagen ergeben sich nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte dafür, dass sich die Anmeldemarke als markenmäßiger Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beschwerdegegenständlichen Waren im Verkehr durchgesetzt hätte. Da es somit bereits an einer markenmäßigen Verwendung der beanspruchten Farbe fehlt, kamen weitere Ermittlungen des [X.]s oder eine Zurückverweisung der Sache an die [X.]stelle nicht in Betracht.

Da der angemeldeten Farbmarke bereits die erforderliche Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abzusprechen ist, kommt es auf die Frage, ob an ihrer freien Verwendung auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht, nicht mehr an.

Soweit die Anmelderin sinngemäß geltend macht, die angemeldete Marke sei schon aus lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten einzutragen, verkennt sie die unterschiedlichen Regelungsgehalte des markenrechtlichen [X.] einerseits und des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes andererseits. So kann die Nachahmung bzw. der Nachbau von technischen Erzeugnissen, die nicht oder nicht mehr unter [X.] stehen unter bestimmten Umständen unlauter sein, wie dies die Anmelderin sinngemäß vorgetragen hat. Dies setzt u.a. voraus, dass die betreffenden Erzeugnisse eine gewisse wettbewerbliche Eigenart aufweisen (st. Rspr.; vgl. [X.] 2010, 80, 82, [X.]. 21 – LIKEaBIKE ; [X.] [X.]R 2008, 354, 357, [X.]. 26 – Rillenkoffer, [X.]). Ob diese Voraussetzungen durch eine farbliche Produktgestaltung überhaupt erfüllt werden können oder nicht, kann vorliegend dahingestellt bleiben, denn das Kriterium der „wettbewerblichen Eigenart“ kann unabhängig von diesem Gesichtspunkt bereits nicht mit der markenrechtlichen Unterscheidungskraft gleichgesetzt werden. Vielmehr ist die Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] enger gefasst als die wettbewerbliche Eigenart i. S. d. UWG (vgl. hierzu etwa [X.], Festschrift für [X.], 2002, 455, 461 ff.). Die Prüfung der absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 [X.] ist vorrangig darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums einerseits und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von [X.]schutz andererseits miteinander in Einklang zu bringen. Um der Gefahr systemwidriger Entwicklungen wirksam begegnen zu können, sind deshalb die über § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] geschützten Allgemeininteressen bei der Schutzfähigkeitsprüfung von Farbmarken besonders sorgfältig mit den Anmelderinteressen abzuwägen (vgl. [X.] [X.], 604, 607, [X.]. 54 – [X.]). Im vorliegenden Fall musste diese Abwägung aus den dargelegten Gründen zur Zurückweisung des angemeldeten Zeichens führen. Ein schutzwürdiges Bedürfnis nach einem „ergänzenden“ lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz, wie ihn die Anmelderin im [X.] immer wieder eingefordert hat, scheidet auch deshalb aus, weil das [X.]schutzsystem keine entsprechenden Schutzlücken aufweist (vgl. [X.] 2008, 793, [X.]. 26 – Rillenkoffer; sowie [X.], in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 2 [X.], [X.]. 11 f. [X.]; Lubberger, in [X.]/Kur, Designrecht, 2008, § 6 [X.]. 13, 129 ff.; [X.], WRP 2004, 809, 816). Mit dem Inkrafttreten des [X.] als eine umfassende und in sich geschlossene kennzeichenrechtliche Regelung, verdrängt der [X.]schutz in seinem Anwendungsbereich deshalb grundsätzlich den lauterkeitsrechtlichen Schutz. Auch die Bestimmung des § 2 [X.], wonach der Schutz nach dem [X.]gesetz die Anwendung anderer Vorschriften zum Schutz dieser Kennzeichen nicht ausschließt, steht dem nicht entgegen (vgl. [X.] [X.]R 2006, 110, 114, [X.]. 36, [X.] – Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem; [X.] 2002, 622, 623 – shell.de; [X.] 1999, 161, 163 – [X.]).

[X.] beruft sich ohne Erfolg auf die Voreintragung vermeintlich vergleichbarer [X.] durch das [X.]. Voreintragungen haben generell keinerlei Bindungswirkung für die Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse im konkreten Einzelfall. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. [X.] [X.]R 2009, 478, 484, [X.]. 57 – [X.]; [X.] 2009, 411, 412, [X.]. 14 – [X.]). Dies gilt auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte und von der Anmelderin besonders hervorgehobene Veröffentlichung der [X.] 5805676, die in ihrer Farbe mit der hier verfahrensgegenständlichen Marke übereinstimmt. Die genannte [X.] wurde zunächst vom [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Beschwerdeverfahren bestätigt, der Marke aber aufgrund Verkehrsdurchsetzung teilweise – für die Waren „Pumpen für Heizungsanlagen“ – Schutz gewährt (vgl. hierzu die Entscheidung der [X.] in der Sache R 1263/2008-1, veröffentlicht unter [X.]). Der Umstand, dass Voreintragungen - zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. [X.] [X.]R 2009, 201 – Schwabenpost; [X.] 2009, 778, 779, [X.]. 18 – [X.]). In diesem Sinne hat der [X.] bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten.

Der [X.] sieht keine Veranlassung, von einer Entscheidung in der Sache abzusehen und den Fall entsprechend der Anregung der Anmelderin dem [X.] vorzulegen. Die von der Anmelderin aufgeworfene Frage, wie bei divergierenden Entscheidungen des [X.] und des [X.] zu verfahren sei, ist bereits mehrfach vom [X.] und vom [X.] entschieden worden. Die Anmelderin verkennt, dass die nationalen [X.]systeme einerseits und das Gemeinschaftsmarkensystem andererseits voneinander unabhängige Rechtssysteme darstellen. Deshalb ist es durchaus möglich und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung sogar ausdrücklich anerkannt, dass es selbst bei identischen Sachverhalten und bei Anwendung inhaltlich übereinstimmender Rechtsvorschriften des harmonisierten nationalen Rechts bzw. des Gemeinschaftsrechts zu unterschiedlichen Beurteilungen der absoluten Schutzhindernisse kommen kann (vgl. [X.] GRUR 2004, 428, 432, [X.]. 62 ff. – [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 43 f. – Postkantoor). Die bloße Abweichung von einer auf der Basis der [X.] getroffenen Entscheidung kann also für sich genommen in keinem Fall eine Vorlagepflicht auslösen. Eine solche Pflicht könnte allerdings dann in Betracht kommen, wenn es im konkreten Einzelfall um offene gemeinschaftsrechtliche Fragen geht, die also weder aus den gesetzlichen Quellen eindeutig zu beantworten noch durch die Rechtsprechung des [X.]es geklärt sind (vgl. [X.] GRUR 2005, 52 ff. – [X.]). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Auch die Anmelderin hat keine entsprechende Rechtsfrage aufzeigen können.

Die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Weder ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]s (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Die vorliegende Entscheidung ist vielmehr in jeder Hinsicht auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.]s sowie des [X.]s ergangen.

[X.] war somit zurückzuweisen.

Meta

28 W (pat) 77/08

10.03.2010

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.03.2010, Az. 28 W (pat) 77/08 (REWIS RS 2010, 8636)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8636

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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