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PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2017:160317B[X.]170.16.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V [X.]/16
vom
16. März 2017
in der
[X.]sache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 415 Abs. 1; [X.] § 15 Abs. 6
Der nicht auf einer richterlichen Anordnung beruhende
Aufenthalt des [X.] in dem Transitbereich eines Flughafens ist jedenfalls dann nicht als [X.]. §
70 Abs.
3 Satz 1 Nr.
3, §
415 Abs.
1 FamFG anzusehen, wenn weder die Frist des §
15 Abs.
6 Satz
2 [X.] abgelaufen noch (im Verfahren nach §
18a [X.]) über einen Asylantrag des Betroffenen entschieden worden ist.
[X.], Beschluss vom 16. März 2017 -
V [X.]/16 -
LG [X.] am Main
AG [X.] am Main
-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 16. März 2017
durch
die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch, [X.] und Weinland und [X.] Kazele und Dr. Hamdorf
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 29.
Zivilkammer des Landgerichts [X.] am Main vom 4.
November 2016 wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000
Gründe:
I.
Der Betroffene, ein ivorischer Staatsangehöriger, kam am 21.
April 2016 auf dem Luftwege am Flughafen [X.] am Main an und äußerte im [X.] ein Schutzersuchen. Die beteiligte
Behörde nahm ihn in einem Flugha-fengebäude in Gewahrsam
und leitete ein
Verfahren nach § 18a [X.] (sog. Flughafenverfahren) ein. Am 4.
Mai 2016 wurde er in die [X.] entlassen, weil über den bei dem [X.] gestellten Asylantrag nicht kurzfristig entschieden werden konnte.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Betroffenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung zurückgewiesen. Seine hiergegen bei 1
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-
3
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dem
Landgericht eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Mit der Rechtsbe-schwerde verfolgt der Betroffene sein Begehren weiter, festzustellen, dass er durch seine Unterbringung im Transitbereich des Flughafens [X.] am Main
vom 21.
April 2016 bis 4.
Mai 2016 in seinen Rechten verletzt ist.
II.
Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, der Aufenthalt des Betroffenen im Transitbereich des Flughafens [X.] am Main stelle keine Freiheitsent-ziehung dar. Hinreichende Rechtsgrundlage für den angeordneten Gewahrsam des Betroffenen sei §
15 Abs.
6 [X.].
Dessen Voraussetzungen lägen vor, weil der Betroffene auf dem Luftweg in das [X.] gelangt und nicht ein-gereist, sondern zurückgewiesen worden sei. Der
bis zum 4.
Mai 2016 ange-ordnete Gewahrsam sei auch nicht unverhältnismäßig gewesen, sondern habe dem Zweck gedient, die Altersangaben des Betroffenen zu überprüfen und ins-besondere aufgrund widersprüchlicher Angaben des Betroffenen der nicht fern-liegenden Möglichkeit nachzugehen, dass ein fälschlich ausgestellter Original-reisepass vorgelegt worden sei.
III.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist nicht statthaft und daher [X.].
Sie wurde nicht durch das Beschwerdegericht zugelassen (§
70 Abs.
1 FamFG) und ist auch nicht nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
3, Satz 2
FamFG
statthaft,
denn sie
betrifft keine Freiheitsentziehungssache im Sinne dieser Vor-schrift. Der nicht auf einer richterlichen Anordnung beruhende Aufenthalt des Ausländers in dem Transitbereich eines Flughafens ist jedenfalls dann nicht als [X.]. § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 415 Abs. 1 FamFG 3
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-
anzusehen, wenn weder die Frist des § 15 Abs. 6 Satz 2 [X.] abgelaufen noch (im Verfahren nach § 18a [X.]) über einen Asylantrag des Betroffenen entschieden worden ist.
1. Freiheitsentziehungssachen im Sinne des FamFG sind nach §
415 Abs.
1 Verfahren, die die aufgrund von Bundesrecht angeordnete Freiheitsent-ziehung betreffen, soweit das Verfahren bundesrechtlich nicht abweichend ge-regelt ist. Eine Freiheitsentziehung liegt nach §
415 Abs.
2 FamFG vor, wenn einer Person gegen ihren Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit insbeson-dere in einer abgeschlossenen Einrichtung, wie einem Gewahrsamsraum oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses, die Freiheit entzogen wird. Dies ist bei dem Transitaufenthalt nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des [X.] stellt die
Anordnung des [X.] nach §
15 Abs.
6 Satz 1 [X.] zur Durchführung des Verfahrens nach §
18a [X.] schon deswegen keine Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung im Sinne der Art.
104 GG i.V.m. Art.
2 Abs.
2 Satz
2 GG dar, weil der Gewähr-leistungsinhalt der hierdurch geschützten körperlichen Bewegungsfreiheit durch rechtliche und tatsächliche Hindernisse für das freie Überschreiten der Staats-grenze nicht berührt wird ([X.]E
94, 166, 199). Gegen die Annahme einer Freiheitsentziehung spricht auch, dass es dem Betroffenen freisteht, jederzeit auf dem Luftweg abzureisen (Senat, Beschluss
vom 12.
Oktober 2016
V
[X.]
28/15, [X.] 2017, 61 Rn.
5; Beschluss vom 12. Oktober 2016
V
[X.]
29/15, [X.] 2017, 60).
2. Dem steht nicht entgegen, dass die Anordnung nach §
15 Abs.
6
[X.] nach einer gewissen Dauer und wegen der damit verbundenen [X.] einer Freiheitsentziehung gleichstehen kann (vgl. Senat,
Beschluss vom 30.
Oktober 2013 -
V [X.], juris Rn. 6, insoweit nicht abge-5
6
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5
-
druckt in [X.] 2014, 57;
Beschluss vom 12. Februar 2015
V
[X.]
185/14, NVwZ
2015, 840 Rn.
6;
Beschluss vom 12.
Oktober 2016
V
[X.]
28/15, [X.] 2017, 61 Rn.
5; Beschluss vom 8.
Dezember 2016
V
[X.] 31/15, juris Rn. 5; vgl. auch [X.], NVwZ 1997, 1102 Tz.
43)
und [X.] als [X.]. § 415 Abs. 1 FamFG zu [X.] ist. Die Abgrenzung trifft der Gesetzgeber in der Weise, dass der [X.] im Transitbereich des Flughafens spätestens 30
Tage nach Ankunft am Flughafen der richterlichen Anordnung bedarf (§
15 Abs.
6 Satz
2 [X.]).
Diese Frist war hier bei der Entlassung aus dem Transitbereich noch nicht abgelaufen.
3. Ob die Anordnung des Aufenthalts des Betroffenen in dem [X.] ab dem Zeitpunkt als Freiheitsentziehung anzusehen ist, in dem der Asylantrag des Betroffenen im Rahmen des Flughafenverfahrens bestandskräftig abgelehnt worden ist und seine Zurückweisung nicht ohne [X.] vollzogen werden kann (so OLG [X.],
[X.] 2016, 192, 193
mwN; [X.], NVwZ-RR 2006, 728, 729 f.; offen
gelassen in [X.], [X.] 2015, 53, 54
mwN; vgl. zum Streitstand Funke-Kaiser, in
GK-[X.], Bd.
2, §
15 Rn.
123
ff. sowie [X.] in [X.],
FamFG, 19.
Aufl.,
§
415 Rn.
5),
hat der Senat bislang nicht entschieden (vgl. Beschluss vom 9.
März 2017 -
V [X.] 119/16, zur [X.] bestimmt), und bedarf auch hier keiner Entscheidung, weil die Entlassung des
Betroffenen aus dem [X.] noch vor Abschluss des Flughafenverfahrens und Entscheidung über seinen Asylantrag erfolgte.
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6
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IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Festsetzung des [X.] beruht auf § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
Schmidt-Räntsch [X.] Weinland
Kazele
Hamdorf
Vorinstanzen:
AG [X.] am Main, Entscheidung vom 03.05.2016 -
934 [X.] B -
LG [X.] am Main, Entscheidung vom 04.11.2016 -
2-29 T 124/16 -
8
Meta
16.03.2017
Bundesgerichtshof V. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2017, Az. V ZB 170/16 (REWIS RS 2017, 13911)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 13911
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
V ZB 170/16 (Bundesgerichtshof)
Ausländerrecht: Vorliegen einer Freiheitsentziehungssache bei Aufenthalt des Ausländers im Transitbereich eines Flughafens
V ZB 52/17 (Bundesgerichtshof)
V ZB 98/16 (Bundesgerichtshof)
Aufenthalt eines Ausländers im Transitbereich eines Flughafens: Abgrenzung einer Transitaufenthaltssache von einer Freiheitsentziehungssache
V ZB 98/16 (Bundesgerichtshof)
V ZB 178/16 (Bundesgerichtshof)