Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.06.2016, Az. 2 B 49/15

2. Senat | REWIS RS 2016, 9899

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Gegenstand

Negative Lebensphase ist kein "anerkannter" Milderungsgrund


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 7. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

[X.]ie auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 69 [X.] und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf das Vorliegen von Verfahrensfehlern (§ 69 [X.] und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte [X.]eschwerde ist unbegründet.

2

1. [X.]er 1964 geborene [X.] steht als Amtsinspektor ([X.]esoldungsgruppe [X.]) im [X.]ienst der Klägerin. Von 2006 bis 2010 war er in der [X.] in ... als Sachbearbeiter für [X.]ienstkraftfahrzeugangelegenheiten sowie als Vertreter des [X.] tätig. [X.] nutzte der [X.] seine [X.]efugnisse dazu, durch Schecks übermittelte Geldbeträge, die dem [X.]udget der [X.]otschaft als Einnahmen hätten zugehen müssen und sein Sachgebiet der [X.]ienstkraftfahrzeuge betrafen, nicht in das [X.]uchungssystem der [X.]otschaft einzutragen, sondern sich durch Einreichung von auf seinen Namen lautenden Schecks auf sein privates Konto umzuleiten. Wegen dieses Sachverhalts verurteilte das Amtsgericht den [X.]n im [X.]ezember 2011 durch Strafbefehl wegen Untreue in drei besonders schweren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten. Hintergrund der Veruntreuung war, dass sich der [X.] durch hochspekulative [X.]örsengeschäfte verschuldet hatte. [X.]ie der [X.]otschaft vorenthaltenen [X.]eträge nutzte er, um auf seinem Kreditkartenkonto ein Guthaben für den Lebensunterhalt seiner Familie zu erhalten. [X.]ie auf das Gehaltskonto eingehenden Zahlungen verwendete der [X.] weiterhin für den Handel mit Wertpapieren.

3

Nach der Einleitung des [X.]isziplinarverfahrens im Mai 2011 stellte der [X.] den Handel mit Wertpapieren ein, ließ bei seiner [X.]ank die Termingeschäftsfähigkeit widerrufen, suchte die psycho-soziale [X.]eratungsstelle des [X.] auf und zahlte im November 2011 den veruntreuten [X.]etrag in Höhe von 11 077,30 € an die Klägerin zurück. Nach [X.]eteiligung des Personalrats hat die Klägerin [X.] mit dem Ziel der Zurückstufung des [X.]n erhoben. [X.]er [X.] habe durch sein Fehlverhalten das Vertrauen in seine Integrität erheblich erschüttert. Es könne jedoch von einer günstigen Zukunftsprognose ausgegangen werden, weil der [X.] den [X.] überwunden habe. [X.]ie Unterstützung durch seine Familie spreche für die Annahme, dass er die durch [X.]örsenspekulationen geprägte negative Lebensphase überwunden habe.

4

[X.]as Verwaltungsgericht hat den [X.]n durch Urteil aus dem [X.]ienst entfernt. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung des [X.]n zurückgewiesen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

[X.]as innerdienstlich begangene [X.]ienstvergehen des [X.]n erfordere nach Maßgabe des § 13 [X.] seine Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis. [X.]as Zugriffsdelikt des [X.]n indiziere, weil die Schwelle der Geringfügigkeit von 50 € um ein Vielfaches überschritten sei, die Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis. Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens könne nicht angenommen werden, dass beim [X.]n im Zeitraum der Taten die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Zwar sei der [X.] spielsüchtig gewesen. [X.] wie Alkohol-, [X.]rogen- oder Spielsucht stünden einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StG[X.] nur gleich, wenn sie entweder zu schwerwiegenden psychischen Persönlichkeitsveränderungen geführt hätten, der [X.]etroffene [X.] unter starken Entzugserscheinungen oder die Tat im akuten Rausch begangen habe. [X.]ies sei nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters auszuschließen. Sonstige "anerkannte" Milderungsgründe lägen nicht vor. [X.]ie darüber hinausgehende Würdigung aller bemessungsrelevanten, auch positiven Gesichtspunkte falle wegen des planmäßigen Vorgehens des [X.]n, des dreimaligen Zugriffs sowie der Höhe des Schadens zu seinen Lasten aus. Hinsichtlich der Frage, ob der [X.]eamte das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] verloren habe, sei eine objektive [X.]ewertung durch das Gericht geboten. [X.]ekundungen des Vertrauens durch Geschädigte, [X.]ehördenleiter oder Kollegen oder die, wie hier, milde Haltung des [X.]ienstvorgesetzten seien nicht ausschlaggebend.

6

2. [X.]ie Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 69 [X.] und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

7

Grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr, [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.>). [X.]as ist hier nicht der Fall.

8

a) [X.]ie [X.]eschwerde sieht die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache zum einen in den Fragen,

"ob die Annahme einer negativen Lebensphase erfordert, dass der [X.]eamte gegenüber seinem [X.]ienstherrn durch [X.] auffällt"

und

"ob das Vorliegen einer überwundenen negativen Lebensphase regelmäßig zum Absehen von der indizierten [X.] führen kann, wenn bei einem Zugriffsdelikt tatsächliche Anknüpfungspunkte für eine positive Persönlichkeitsprognose vorliegen."

9

[X.]iese Fragen vermögen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie einerseits in der Rechtsprechung des [X.] geklärt sind, ohne dass insoweit erneuter Klärungsbedarf dargelegt wird, und sie andererseits die [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 [X.] im konkreten Einzelfall betreffen, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt der - gesetzlich nicht bestimmte, sondern lediglich in der gerichtlichen Praxis entwickelte - [X.] der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ außergewöhnliche Verhältnisse voraus, die den [X.]eamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt "aus der [X.]ahn geworfen" haben. [X.]ie mildernde [X.]erücksichtigung liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der [X.]eamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. [X.]ies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin "aus der [X.]ahn" geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 [X.] - [X.]VerwGE 63, 219 <220 f.>, vom 23. August 1988 - 1 [X.] 136.87 - NJW 1989, 851, vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 17 Rn. 39, vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - NVwZ 2013, 1087 Rn. 40 f. und vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - [E[X.]LI:[X.]E:[X.]VerwG:2015:101215U2[X.]6.14.0] NVwZ 2016, 722 Rn. 36; [X.]eschlüsse vom 9. Oktober 2014 - 2 [X.] 60.14 - [E[X.]LI:[X.]E:[X.]VerwG:2014:091014[X.]2[X.]60.14.0] [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 26 Rn. 32 und vom 22. März 2016 - 2 [X.] 43.15 - [E[X.]LI:[X.]E:[X.]VerwG:2016:220316[X.]2[X.]43.15.0 Rn. 11 f.).

[X.]anach muss es sich um eine persönlich besonders belastende Situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die Pflichtverletzung des [X.]eamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom [X.]eamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Wenn aber das Verhalten des [X.]eamten zum Tatzeitpunkt in keiner Hinsicht auffällig gewesen ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, der [X.]eamte sei aufgrund von außergewöhnlichen Umständen "zeitweilig aus der [X.]ahn geworfen".

Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts war der [X.] zum Tatzeitpunkt in der Lage, seinen dienstlichen Pflichten nachzukommen. Zwar gab es vereinzelt Vorhaltungen seiner Vorgesetzten, in der dienstlichen [X.]eurteilung wurde seine Tätigkeit für den fraglichen Zeitraum aber als überdurchschnittlich bewertet. Seine finanziellen Schwierigkeiten konnte der [X.] nach seinen Angaben vor seiner Familie verborgen halten; sein Familienleben wies keine ungewöhnlichen Vorkommnisse auf.

[X.]ie in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe führen teilweise zu einer [X.]isziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des [X.]ienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor ([X.]VerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 [X.] 16.10 - [X.]VerwGE 140, 185 Rn. 37 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]VerwGE 147, 229 Rn. 26 für den [X.] der tätigen Reue durch Offenbarung des Fehlverhaltens oder durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung). Für den [X.] der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“, der hier nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] bereits nicht vorliegt, gilt die regelhafte Herabstufung der angemessenen [X.]isziplinarmaßnahme dagegen nicht ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. [X.]ezember 2013 - 2 [X.] 35.13 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 21 Rn. 7 ff.). Vielmehr ist eine solch negative Lebensphase während des Tatzeitraums je nach den Umständen des Einzelfalls als mildernder Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtwürdigung nach § 13 [X.] zu berücksichtigen ([X.]VerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]VerwGE 146, 98 Rn. 40). [X.]ie [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 [X.] betrifft aber die Umstände des konkreten Einzelfalls und ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

b) Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam sieht die [X.]eschwerde auch die Frage an,

"ob die [X.]isziplinargerichte an einen ausdrücklichen oder konkludenten Antrag in der [X.] gebunden und dementsprechend gehindert sind, eine schwerere als die beantragte [X.]isziplinarmaßnahme zu verhängen."

[X.]iese Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache nicht zu begründen, weil sie bereits in der Rechtsprechung des [X.] im Sinne des [X.] dahingehend geklärt ist, dass das Gericht, entgegen § 88 VwGO, nicht an den Antrag des klagenden [X.]ienstherrn gebunden ist.

Nach § 34 Abs. 1 [X.] ist gegen einen [X.]eamten [X.] zu erheben, wenn gegen ihn auf Zurückstufung, auf Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden soll. [X.]ie Vorschrift bringt die Notwendigkeit der Erhebung der [X.] als Abschlussentscheidung des [X.]ienstherrn zum Ausdruck, wenn dieser als disziplinarische Maßnahme eine Zurückstufung oder die [X.] für erforderlich hält. [X.]ass die Einschätzung des [X.]ienstherrn hinsichtlich des Verhaltens des betroffenen [X.]eamten insoweit maßgeblich ist, zeigt sich auch daran, dass der [X.]ienstherr die [X.], wie sich unmittelbar aus § 61 Abs. 1 [X.] ergibt, auch zurücknehmen kann.

Andererseits ergibt sich aus dem Gesetz auch unmittelbar, dass die [X.]isziplinarbefugnis des Gerichts, soweit [X.] erhoben und diese nicht wieder zurückgenommen worden ist, unbeschränkt und insbesondere nicht an Anträge des [X.]ienstherrn gebunden ist. [X.]ies hat zur Folge, dass die Vorschrift des § 88 VwGO im gerichtlichen [X.]isziplinarverfahren nicht über die Verweisungsnorm des § 3 [X.] anzuwenden ist. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann das Gericht in dem Urteil auf die erforderliche [X.]isziplinarmaßnahme erkennen oder die [X.] abweisen; die Vorschrift des § 60 Abs. 2 Satz 2 [X.] gilt nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und § 70 Abs. 1 [X.] auch für das [X.]erufungs- und Revisionsverfahren. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist es bei einer [X.] Sache der Verwaltungsgerichte, die angemessene [X.]isziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 [X.] zu bestimmen. [X.]abei sind die Gerichte weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des [X.]ienstherrn gebunden (stRspr, [X.]VerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.]VerwGE 124, 252 <255>, vom 29. Mai 2008 - 2 [X.] 59.07 - [X.] 235.1 § 70 [X.] Nr. 3 Rn. 11 und vom 28. Juli 2011 - 2 [X.] 16.10 - [X.]VerwGE 140, 185 Rn. 18).

Wegen dieser fehlenden [X.]indung der [X.]isziplinargerichte an die Vorgaben und Wertungen des die Klage erhebenden [X.]ienstherrn muss die Klageschrift auch keinen Sachantrag enthalten ([X.]VerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.]VerwGE 124, 252 <255>, vom 3. Mai 2007 - 2 [X.] 9.06 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 3 Rn. 26 und vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - [X.], [X.]eamtR, [X.]/[X.] II 1.1. Nr. 26 Rn. 32). [X.]ies folgt unmittelbar aus § 52 Abs. 1 [X.], der die formalen Anforderungen an eine [X.] regelt. Anders als in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist die Formulierung eines bestimmten Antrags in § 52 Abs. 1 [X.] nicht einmal als Soll-Vorschrift vorgesehen.

3. [X.]ie vom [X.]n in der [X.]eschwerdebegründung behaupteten Verfahrensmängel (§ 69 [X.] und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

a) Einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz sieht die [X.]eschwerde des [X.]n darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des [X.]es der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ einige die damalige Lebenssituation des [X.]n prägende Umstände zu dessen Nachteil nicht berücksichtigt habe. [X.]er Vorwurf des Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist unbegründet.

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. [X.]araus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. [X.]as Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder [X.]eweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr; vgl. [X.]VerwG; [X.]eschlüsse vom 18. November 2008 - 2 [X.] 63.08 - [X.] 235.1 § 17 [X.] Nr. 1 Rn. 27 und vom 9. Oktober 2014 - 2 [X.] 60.14 - [E[X.]LI:[X.]E:[X.]VerwG:091014[X.]2[X.]60.14.0] [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 26 Rn. 41). Im Hinblick auf die in der [X.]eschwerdebegründung genannten Umstände wird das [X.]erufungsurteil diesen Anforderungen gerecht.

[X.]er hier in Rede stehende [X.], der ohnehin nicht zu einer regelmäßigen Reduzierung der angemessenen [X.]isziplinarmaßnahme um eine Stufe führt, setzt außergewöhnliche Verhältnisse voraus, die den [X.]eamten "aus der [X.]ahn werfen". [X.]ies ist auch in Ansehung des in der [X.]eschwerdebegründung genannten Umstands des massiven Verlangens nach [X.]örsenspekulationen, die den [X.]n in seiner Freizeit zum permanenten Spielen veranlasst haben, nicht gegeben. [X.]enn der [X.] konnte seinen [X.]ienst - überdurchschnittlich bewertet - verrichten; sein Familienleben wies keinerlei ungewöhnliche Vorkommnisse auf. Gegen die Annahme einer solch ungewöhnlichen Lebenssituation aufgrund der Sucht nach [X.]örsengeschäften spricht auch deren Überwindung. [X.]enn das Oberverwaltungsgericht hat bei der Gesamtwürdigung aller Umstände im Sinne von § 13 [X.] festgestellt, dass der [X.] seine Spielsucht ohne weitere Therapie durch bloßen eigenen Willensentschluss überwinden konnte.

b) Entgegen der [X.]eschwerde hat das Oberverwaltungsgericht auch nicht dadurch gegen § 88 VwGO verstoßen, dass es ebenso wie das Verwaltungsgericht über den Antrag der Klägerin in der [X.] hinausgegangen ist und die Entfernung des [X.]n aus dem [X.]eamtenverhältnis als angemessene [X.]isziplinarmaßnahme angesehen hat. Wie dargelegt, sind die [X.]isziplinargerichte bei der ihnen nach § 60 Abs. 2 Satz 2 [X.] obliegenden [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme nicht an die Wertungen des [X.]ienstherrn gebunden.

[X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 [X.] und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 [X.] erhoben werden.

Meta

2 B 49/15

15.06.2016

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 7. Mai 2015, Az: OVG 82 D 1.13, Urteil

§ 13 BDG, § 52 Abs 1 BDG, § 82 Abs 1 S 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.06.2016, Az. 2 B 49/15 (REWIS RS 2016, 9899)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9899

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