Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2018, Az. VII ZR 81/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9972

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:260418UVIIZR81.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII
ZR
81/17
Verkündet am:

26.
April 2018

Klein,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §
642
Ein Anspruch auf Ersatz von nach [X.] einschließlich eines Prozent-satzes für Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekosten wegen verzö-gerter Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren steht dem Auftragnehmer nicht aufgrund einer entsprechenden Anwendung des §
642 BGB zu.
[X.], Urteil vom 26. April 2018 -
VII ZR 81/17 -
OLG Rostock

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26.
April 2018
durch die
Richter
Dr.
[X.], [X.] und Prof.
Dr.
Jurgeleit
und die
Richterinnen
Graßnack und Dr. Brenneisen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock
vom 14.
März
2017
-
4
U
69/12
-
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 29.
März 2012 wird, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt worden ist,
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungs-
und Revisionsverfahrens werden
der Klägerin auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin fordert den Ersatz von
nach [X.] einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten [X.]
-
3
-
ten für eine mobile [X.] wegen
einer
durch die Verlängerung von [X.] eingetretene Verzögerung im Vergabeverfahren.
Die Beklagte führte im Jahr 2004 eine öffentliche Ausschreibung betref-fend den grundhaften Ausbau der Bundesautobahn A
19 für Leistungen der Verkehrsführung und Verkehrssicherung durch, an dem sich die Klägerin mit einem
Angebot zu einem Gesamtpreis von 1.076.416,75

netto
beteiligte. [X.] bot die Klägerin
entsprechend der Ausschreibung unter Einbeziehung der VOB/B (2002) die Vorhaltung einer [X.] von 14,8 km für 588
Tage zu einem Einheitspreis von 1.184

. In der Ausschreibung war als Frist für die Ausführung der Leistungen der Zeitraum von September 2004 bis April 2006 angegeben, vorbehaltlich der Zuschlagserteilung des [X.]. Nach den der Ausschreibung zugrunde liegenden Besonderen Vertragsbedin-gungen sollte die Ausführung der Arbeiten spätestens zwölf Tage nach [X.]serteilung beginnen, insbesondere der Aufbau der Verkehrssicherung spätestens 36 Werktage nach Zuschlagserteilung erfolgen. Die am 2.
September 2004 endende Binde-
und Zuschlagsfrist wurde auf Bitten der Beklagten mit Zustimmung der Klägerin mehrfach
verlängert, zuletzt bis zum 31.
März 2006. Am 30.
März 2006 erteilte die Beklagte der Klägerin den [X.] für die angebotenen Arbeiten über 1.186.211,26

brutto nach Abzug eines Nachlasses von 5
%.
Wegen der Dauer
des Vergabeverfahrens hatte die Klägerin im Jahr 2005 begonnen, die zur Ausführung vorgesehene und von ihr vorgehaltene [X.] sukzessive auf anderen Baustellen einzusetzen. Bei [X.]serteilung musste die Klägerin daher die benötigte [X.] bei einem Nachunternehmer anmieten. Mit [X.] vom 22.
November 2006
und in der Schlussrechnung vom 11.
Oktober 2007 machte die Klägerin Mehrkosten für die Vorhaltung der [X.] wegen der mehrfachen Ver-2
3
-
4
-
längerung der Zuschlagsfrist
in Höhe von 648.832

geltend.
Die Beklagte kürzte die Schlussrechnung um diese Position.
Die [X.] wurde
auf Weisung der Beklagten nur an 333 Tagen eingesetzt, da die Beklagte die Baumaßnahme erheblich beschleunigte.
Wegen der Verkürzung der Leistungszeit
macht die Klägerin einen Anspruch in Höhe von 94.778,24

geltend,
der
Gegenstand des Parallelverfahrens VII
ZR
82/17
ist.
Mit der Klage hat die Klägerin unter Vorlage eines Privatgutachtens, in dem die [X.] kalkulatorisch aufgeschlüsselt und die konkrete Menge und Dauer der Vorhaltung der [X.] bis zur Zuschlagserteilung ermit-telt worden sind,

[X.]. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage [X.] Anwaltskosten und Zinsen
stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und die vollständige Zurückweisung der Berufung der Klä-gerin
erreichen.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten
hat Erfolg.
Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 §
39 EGBGB.
4
5
6
7
-
5
-
I.
Das Berufungsgericht
hat, soweit für die Revision von Bedeutung,
im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe infolge der verzögerten Vergabe und der daraus [X.] Vorhaltung der mobilen [X.] ein Anspruch in Anlehnung an die Grundsätze des §
642 BGB zu. Der werkvertragliche Entschädigungsan-spruch nach §
642 BGB sei auf das bei öffentlicher Ausschreibung zwischen Auftraggeber und Bieter
begründete vertragsähnliche Verhältnis für die Erfas-sung einer verschuldensunabhängigen Entschädigung des Auftragnehmers analog anzuwenden.
Eine Regelung zu einer verschuldensunabhängigen vorvertraglichen Haf-tung des Auftraggebers im Falle unterbliebener beziehungsweise
verzögerter Mitwirkung bei öffentlichen Ausschreibungen fehle. Ein
Mehrvergütungsan-spruch in Anlehnung an die Grundsätze des §
2 Nr.
5 VOB/B (2002)
erfasse nicht den Fall einer vorvertraglichen Behinderung infolge einer verzögerten [X.]serteilung.
Die Klägerin mache keine wegen der Bauzeitverschiebung erhöhten Preise oder Ähnliches geltend, sondern verlange Entschädigung für das in Erwartung
des Zuschlags erfolgte Vorhalten ihrer Leistung.
Es bestehe insoweit eine planwidrige Regelungslücke, deren Schließung zur sachgerechten Abstimmung von Vergabe-
und Vertragsrecht geboten [X.]. Das infolge von Verzögerungen im Vergabeverfahren bedingte Vorhal-ten von Leistungen (Arbeitskraft, Gerät und Kapital) des [X.] entspreche dem vertraglichen Vorhalten der Leistung bei einem Annahmeverzug des [X.] gemäß §
642 BGB. Denn die vorvertragliche Interessenlage der [X.] entspreche im Wesentlichen der der Werkver-tragsparteien.
Bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist sei der Bieter nicht nur preis-lich an sein Angebot gebunden, er erkläre darüber hinaus, zu den in der Aus-8
9
10
11
-
6
-
schreibung festgelegten Ausführungsterminen leistungsbereit zu sein. Der öf-fentliche Auftraggeber habe ebenfalls ein Interesse daran, dass der Bieter ent-sprechend den Ausführungsterminen mit der Ausführung seiner Leistungen be-ginne.
Dass in Fällen einer verzögerten Vergabeentscheidung der Bestbieter allein das damit verbundene [X.] tragen solle, sei angesichts der vergleichbaren Konstellation zu den von §
642 BGB erfassten Fällen ein [X.]. Allein der Umstand, dass sich das [X.] vor dem durch Zuschlagserteilung wirksamen Vertragsschluss realisiert habe, än-dere
nichts an der im Werkvertragsrecht vorgenommenen
Risikozuweisung.
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin 14,8
km mobile [X.] aus dem eigenen Fundus entsprechend den Ausschreibungsspezifika nach dem Submissionsergebnis in berechtigter Erwar-tung des Zuschlags vorgehalten habe, um zeitnah nach dem avisierten [X.]stermin am 2.
September 2004 ihre vertraglichen Leistungen terminge-recht erbringen zu können. Die von der Klägerin vorgenommene Berechnung des Anspruchs beinhalte die nach §
642 BGB zu entschädigenden Positionen. Die Klägerin mache auf (nachträglicher) [X.] Grundlage Vorhaltekosten und Allgemeine Geschäftskosten zuzüglich Umsatzsteuer geltend.
[X.] der Beklagten bezüglich der Berechnung des [X.] seien nicht erkennbar.
Der Vortrag der Klägerin hierzu sei plausibel

287
ZPO).

II.
Das
hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Ein Anspruch auf Ersatz von nach [X.] einschließlich eines Prozentsatzes für
Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekosten für 12
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14
-
7
-
die mobile [X.] in Höhe von 430.688,62

wegen verzögerter [X.]serteilung im Vergabeverfahren steht der Klägerin unter keinem rechtli-chen Gesichtspunkt zu. Es kann daher dahinstehen, ob sich, wie die Revision geltend macht, bereits aus dem Inhalt der Ausschreibung, insbesondere der vorbehaltenen Beauftragung des [X.], ergibt, dass der Klägerin das Risiko, die [X.] während des Vergabeverfahrens vorzuhalten, in vollem
Umfang zugewiesen worden war.
1. Die Parteien haben einen Vertrag geschlossen, der den spätesten Ausführungsbeginn auf zwölf Werktage nach dem 2.
September 2004, dem [X.] der in der Ausschreibung vorgesehenen Bindefrist, festlegte. Die Klägerin hat ein entsprechendes Angebot abgegeben; die Beklagte hat dieses Angebot mit ihrem Zuschlagsschreiben vom 30.
März 2006 unverändert angenommen. Dies gilt unabhängig davon, dass der in dem Angebot für den Beginn der Aus-führung vorgesehene späteste Termin zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war. Ein Zuschlag in einem Vergabeverfahren ist regelmäßig so auszulegen, dass er sich auch auf wegen Zeitablaufs obsolet gewordene Fristen und Termi-ne bezieht (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai 2009

VII
ZR
11/08, [X.]Z
181, 47 Rn.
37; Urteil vom 10.
September 2009

VII
ZR
152/08, BauR
2009, 1901 Rn.
21 =
NZBau
2009, 771). Eine Auslegung der Ausschreibungsunterlagen dahingehend, dass für die Bauzeit in jedem Fall an einen noch nicht festste-henden tatsächlichen Zuschlagstermin angeknüpft wird, kommt nicht in Betracht (vgl. [X.], Urteil vom 10.
September 2009

[X.], aaO
Rn.
20).
2.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] kann dem [X.] ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des §
2 Abs.
5 VOB/B zustehen, soweit es infolge verzögerter Vergabe zu einer Verschiebung der Ausführungsfristen gekommen ist ([X.], Urteil vom 22.
Juli
2010

VII
ZR
213/08, [X.]Z
186, 295 Rn.
12; Urteil vom 10. September 2009

VII
ZR
152/08, BauR
2009, 1901 Rn.
11 =
NZBau
2009, 771). Die Ver-15
16
-
8
-
mutung der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung gilt bei einem Bauvertrag nicht unabhängig von der vereinbarten Leistungszeit, weil diese re-gelmäßig Einfluss auf die Vereinbarung der Höhe der Vergütung des [X.] hat. Deshalb hat die durch ein verzögertes Vergabeverfahren bedingte Änderung der Leistungszeit auch zur Folge, dass die Parteien sich über eine Anpassung der Vergütung verständigen müssen ([X.], Urteil vom 22.
Juli 2010

VII
ZR
213/08, aaO Rn.
25; Urteil vom 11.
Mai
2009 -
VII
ZR
11/08, [X.]Z
181, 47 Rn.
49).
Kommt es nicht zu einer solchen Einigung, ist der [X.] ergänzend auszulegen. Dabei ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben als redliche Vertragspartner für den von ihnen nicht geregelten Fall vereinbart [X.]. Danach ist die Bauzeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzel-falls anzupassen. Besonderheiten, wie etwa [X.] oder
-erleichterungen durch jahreszeitliche Verschiebungen, sind unter Berücksichti-gung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien und vor dem Hintergrund, dass der Auftragnehmer der Bindefristverlängerung zugestimmt hat, zu berück-sichtigen. Die Grundsätze des vereinbarten § 6 Abs.
3 und 4 VOB/B sind sinn-gemäß anzuwenden (vgl. [X.], Urteil vom 10.
September 2009

VII
ZR
152/08, aaO Rn.
27; Urteil vom 11.
Mai 2009

VII
ZR
11/08, aaO
Rn.
48). Zugleich ist der vertragliche Vergütungsanspruch
in Anlehnung an die Grundsätze des §
2 Abs.
5 VOB/B anzupassen ([X.], Urteil vom 8.
März 2012

VII
ZR
202/09,
BauR
2012, 939 Rn.
20 =
NZBau
2012, 287; Urteil vom 26.
November 2009

VII
ZR
131/08, BauR
2010, 455 Rn.
13 =
NZBau
2010, 102; Urteil vom 10.
September 2009 -
VII
ZR
152/08, aaO Rn.
28; Urteil vom 11.
Mai 2009

VII
ZR
11/08, aaO
Rn.
49).
b) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass diese für Fälle der verzögerten
Vergabe entwickelten Grundsätze im Streitfall zu kei-nem Anspruch der Klägerin führen, da die Klägerin keine Mehrvergütung in [X.]
-
9
-
lehnung an die Grundsätze des §
2 Abs.
5 VOB/B aufgrund der Verschiebung der Ausführungsfristen geltend macht, sondern den Ersatz von nach Vertrags-preisen einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten kal-kulierten Vorhaltekosten im Zeitraum bis zur verzögerten Zuschlagserteilung. Das
Klagebegehren beruht nicht auf einer nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung von rechtsgeschäftlich an die Einhaltung der Bauzeit geknüpften Leistungspflichten der Klägerin, die sie durch eine entsprechende Anpassung/
Erhöhung der von der Beklagten
nach dem Vertrag geschuldeten Vergütung (Gegenleistung) ausgeglichen wissen will (vgl. [X.], Urteil vom 10.
September 2009 -
VII
ZR
152/08, BauR
2009, 1901 Rn.
14 =
NZBau
2009, 771). Die Kläge-rin stützt ihren Anspruch vielmehr auf die verzögerte Erteilung des Zuschlags und knüpft die begehrte Rechtsfolge damit an eine Störung der vorvertraglichen Rechtsbeziehung.
3.
Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch in Höhe der geltend gemachten Vorhaltekosten für die mobile [X.] bis zur [X.] gemäß §
241 Abs.
2, §
311 Abs.
2 Nr.
1 und §
280 Abs.
1 BGB
zu. Es kann offen bleiben, ob

wie die Revision geltend macht

eine der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung im Vergabeverfahren aufgrund von [X.] bei der Vergabe des Hauptbauloses vorgelegen hat. Denn die Klägerin fordert mit der Klage keine etwa von ihr in Erwartung des Vertragsschlusses getätigten konkreten Aufwendungen, sondern eine Entschädigung für das [X.] ihrer Leistung bis zur Erteilung des Zuschlags, die sie nach Maßgabe des §
642 BGB auf der Grundlage der für die Leistung kalkulierten Vergütung einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten berechnet hat.
Es kann daher ebenfalls dahingestellt bleiben, ob Fehler im Vergabeverfah-ren überhaupt einen Anspruch des Bieters auf Ersatz von solchen
konkreten Aufwendungen begründen könnten.

18
-
10
-
4. Anders als das Berufungsgericht meint, steht der Klägerin infolge der verzögerten Vergabe ein Anspruch auf Ersatz von nach [X.] ein-schließlich eines Prozentsatzes für
Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekosten für die mobile [X.] bis zur Zuschlagserteilung auch in entsprechender Anwendung des §
642 BGB nicht zu.
a) §
642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungs-anspruch des Unternehmers, wenn der Besteller eine ihm obliegende Mitwir-kungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und der Besteller hierdurch
in Annahmeverzug gerät ([X.], Urteil vom 26.
Oktober 2017

VII
ZR
16/17, BauR
2018, 242 Rn.
19 =
NZBau
2018, 25; Urteil vom 20.
April
2017 -
VII
ZR
194/13, BauR
2017, 1361 Rn.
18
=
NZBau
2017, 596, jeweils zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen). Die an-gemessene Entschädigung nach §
642 BGB wird für die Wartezeiten des [X.] gezahlt und stellt eine Kompensation für die Bereithaltung von Per-sonal, Geräten und Kapital dar ([X.], Urteil vom 26.
Oktober
2017

VII
ZR
16/17, aaO Rn.
28 m.w.N.).
b) Eine unmittelbare Anwendung des §
642 BGB kommt im Streitfall nicht in Betracht,
da

wovon auch das Berufungsgericht ausgeht

in dem Zeitraum, für den Vorhaltekosten für die mobile [X.] geltend gemacht werden, noch kein Werkvertrag zwischen
den Parteien bestand und die Beklagte keine Obliegenheit zur Vornahme einer bei der
Herstellung des Werks erforderlichen Mitwirkungshandlung im Sinne des §
642 Abs.
1 BGB traf (vgl. [X.]/
[X.], [X.] 2008, 249, 257).
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ([X.], NZBau
2010, 156
f.) kann ein Annahmeverzug des Auftraggebers nicht im Wege
einer vermeintlichen Rückwirkung der Zuschlagserteilung auf den Zeit-punkt des ursprünglichen Ablaufs der Bindefrist begründet werden. Das Verhal-19
20
21
22
-
11
-
ten der Parteien im Rahmen der Bindefristverlängerung und der [X.] ist dahin auszulegen, dass sie den Vertrag zwar bereits bindend schließen, über neue, dem eingetretenen Zeitablauf Rechnung tragende Fristen und dadurch bedingte Preissteigerungen jedoch noch eine Einigung herbeiführen wollten ([X.], Urteil vom 10.
September 2009

VII
ZR
152/08, BauR
2009, 1901 Rn.
24 = [X.], 771; Urteil vom 11.
Mai 2009

VII
ZR
11/08, [X.]Z
181, 47 Rn.
44). Kommt es nicht zu der von den Parteien erwarteten nachträglichen Einigung, existiert eine zu füllende Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist, wobei die Bauzeit unter Be-rücksichtigung der Umstände des Einzelfalls anzupassen ist und Bauerschwer-nisse oder -erleichterungen zu berücksichtigen sind ([X.], Urteil vom 10.
September 2009

VII
ZR
152/08, aaO Rn.
24, 27; Urteil vom 11. Mai 2009

VII
ZR
11/08, aaO Rn.
44, 48). Im Hinblick auf die bei einer verspäteten
[X.]serteilung erforderliche Vertragsanpassung gerät der
Auftraggeber daher nicht bereits deswegen in Annahmeverzug, weil im Zeitpunkt der [X.] die
Ausführungstermine bereits verstrichen sind.
c) Ein Anspruch auf Ersatz von Vorhaltekosten des Bieters wegen verzö-gerter Zuschlagserteilung
im Vergabeverfahren
kann nicht auf eine entspre-chende Anwendung des § 642 BGB gestützt werden.
Es ist bereits zweifelhaft, ob eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist. Eine Ausdehnung des §
642
BGB auf den vorvertraglichen Bereich in Fällen der [X.] scheitert jedenfalls an der für eine entsprechende Anwendung erforderli-chen vergleichbaren Interessenlage.
Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht kein Grund für eine verschuldensunabhängige Haftung des Auftragge-bers für die Folgen von Zuschlagsverzögerungen, die nicht auf einer Pflichtver-letzung beruhen ([X.], NJW
2011, 1914, 1916; vgl. auch [X.]/
[X.] in [X.]/[X.], Der öffentliche Bauauftrag, 3.
Aufl., Teil
4, Rn.
224).

23
-
12
-
aa) Der Bieter, der sich im Vergabeverfahren leistungsbereit hält, nimmt die Vorhaltung
seiner Leistung deswegen in Kauf, weil er darauf hofft, dass ihm der Zuschlag erteilt wird. Es handelt sich um Kosten der Vertragsakquise, die

vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der Vertragsparteien

grund-sätzlich vom Bieter zu tragen sind. Vor Abschluss des Vertrags handelt der [X.], der seine Leistung vorhält, insoweit auf eigenes Risiko. Denn der Auftrag-geber ist gegenüber dem Bieter nicht zum Vertragsschluss verpflichtet, sondern lediglich zur Durchführung eines vergaberechtskonformen Verfahrens.
Die Un-gewissheit,
ob und wann dem Bieter der
Zuschlag erteilt wird,
gehört zum [X.] Risiko eines jeden, der sich an einer öffentlichen Ausschreibung be-teiligt.
bb) Vor diesem allgemeinen Risiko
wird der Bieter hinreichend dadurch geschützt, dass sein Angebot befristet ist und eine Verlängerung der Bindefrist seiner Zustimmung bedarf. Stimmt der Bieter einer Bindefristverlängerung zu, erklärt er damit, dass der angebotene Preis bei unveränderter Leistung und un-veränderten Leistungszeiten bis zum Ablauf der Bindefrist gilt
(vgl. [X.], Urteile vom 10.
September
2009

VII
ZR
152/08, BauR
2009, 1901 Rn.
37
=
NZBau
2009, 771; VII
ZR
82/08, [X.]Z 182, 218 Rn.
29). Der Bieter hat in einem solchen Fall
daher weiterhin das für jeden Bieter sich aus einer solchen Verlängerung ergebende
Risiko zu tragen.
cc) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts lief die Klägerin nicht wegen des in der Ausschreibung festgelegten Ausführungstermins von zwölf Werktagen nach Zuschlagserteilung
Gefahr,
mit ihrer Leistung nach erfolgtem Zuschlag in [X.] zu geraten, wenn sie sich nicht während des ge-samten Vergabeverfahrens vorsorglich leistungsbereit hielt. Nach dem vorste-hend Gesagten war aufgrund der Erteilung des Zuschlags nach Ablauf der in der Ausschreibung genannten Bindefrist im Wege der Vertragsanpassung ein neuer Ausführungstermin zwischen den Parteien zu vereinbaren. Da hierbei die 24
25
26
-
13
-
Umstände des Einzelfalls und die sinngemäße Anwendung der Grundsätze des §
6 Nr.
3 und 4 VOB/B (2002) auch im Interesse der Klägerin zu [X.] waren, bestand für sie
keine Veranlassung, die mobile [X.] über den gesamten Zeitraum der verzögerten Vergabe vorzuhalten. Die Klägerin durfte im Hinblick auf das Erfordernis einer nachträglichen Anpassung der ver-traglichen Ausführungsfristen zudem nicht davon ausgehen, dass eine solche Vorhaltung ihrer Leistung dem Interesse der Beklagten als Auftraggeberin ent-sprach.
5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben. Das
Urteil ist im angefochtenen Umfang aufzuheben. Die Berufung der Klägerin ist, soweit über sie nicht bereits rechtskräftig erkannt worden ist, [X.]. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhe-bung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Geset-zes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, §
563 Abs.
3 ZPO.
27
-
14
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]

[X.]

Jurgeleit

Graßnack

Brenneisen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.03.2012 -
4 [X.]/11 -

OLG
Rostock, Entscheidung vom 14.03.2017 -
4 U 69/12 -

28

Meta

VII ZR 81/17

26.04.2018

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2018, Az. VII ZR 81/17 (REWIS RS 2018, 9972)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9972

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 81/17

4 U 69/12

VII ZR 82/17

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