Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.05.2011, Az. 3 StR 492/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 6207

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Gegenstand

Bestechung: Gewährung von Zuwendungen an eine Schule im Zusammenhang mit einer Schulfotoaktion; Vorteilsbegriff


Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 11. Mai 2010 mit den Feststellungen aufgehoben mit Ausnahme des Freispruchs der Angeklagten im Fall II. 4. a) der Urteilsgründe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten sowie den Nebenbeteiligten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung in 15 Fällen freigesprochen. Zudem hat es den Antrag auf Festsetzung einer Geldbuße gegen die beiden als Nebenbeteiligte betroffenen Gesellschaften zurückgewiesen und die [X.]kasse verpflichtet, die Nebenbeteiligten "für aus der Durchsuchung und Sicherstellung am 16.02.2005 erlittene Schäden zu entschädigen". Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer auf den Freispruch in 14 Fällen beschränkten Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Hiermit hat sie Erfolg.

[X.]

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s handelten die beiden Angeklagten für die Nebenbeteiligten, die [X.]([X.]) und die [X.]([X.]), "nach dem Geschäftsmodell der Schulfotografie". Dieses bestand darin, zu einem über die Schulleitung vereinbarten Termin einen Fotografen zu schicken, der die Schüler klassenweise und auch einzeln in einem ihm zugewiesenen Raum fotografierte. Mit Hilfe der Lehrkräfte wurden sodann die Bilder an die Schüler und deren Eltern verteilt und zum Kauf angeboten. Eine Abnahmeverpflichtung bestand dabei nicht. Soweit Aufnahmen gekauft wurden, nahmen die Lehrer das dafür zu entrichtende Entgelt entgegen, in den anderen Fällen sammelten sie die Bilder wieder ein. Geld und Bilder wurden sodann dem [X.] ausgehändigt. Im Zeitraum der angeklagten Taten war es "allgemein üblich", dass [X.] Zuwendungen gewährten, die am Umsatz oder der Anzahl der fotografierten Schüler bemessen wurden. Diese kamen entweder den einzelnen Klassen in Form von Geld für die vom Klassenlehrer für gemeinsame Anschaffungen und Ausgaben geführte Klassenkasse oder der Schule in Form von Geld- oder Sachleistungen zu Gute. Die Zuwendungen wurden zum Teil als "Rabatt", "Sponsoring" oder "Aufwandsentschädigung" bezeichnet.

3

Die Angeklagten führten arbeitsteilig im Zeitraum vom 16. April 2002 bis zum 26. November 2004 in 14 Fällen [X.] durch, bei denen in der beschriebenen Weise Geldzuwendungen zwischen 96,07 € und 848,56 € oder Sachleistungen im Wert zwischen 346,84 € und 885,34 € gewährt wurden. Diese waren nach den Feststellungen des [X.]s für die Auswahl des [X.] nicht entscheidend. Maßgeblich waren vielmehr durchgängig die Qualität der Bilder, das Preis/Leistungsverhältnis und die räumliche Nähe der Schule zum Fotografen. Lediglich in einem Fall spielte daneben auch die Gewährung eines "Rabattes" eine Rolle. Die Zuwendungen wurden nicht durch "überhöhte Preise" refinanziert.

2. Das [X.] hat die Angeklagten vom Vorwurf der Bestechung freigesprochen. Es hat sich dabei an dem Urteil des [X.] Zivilsenats des [X.] vom 20. Oktober 2005 ([X.], [X.], 225) orientiert und die Auffassung vertreten, dass die Angeklagten keinen Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. [X.] angeboten, versprochen oder gewährt hätten. Vielmehr habe es sich bei ihren Zuwendungen an die Schulen um die vertraglich vereinbarten, angemessenen Gegenleistungen für den organisatorischen Aufwand gehandelt, den die Schulen im Zusammenhang mit den [X.] erbracht hätten und der der [X.] bzw. der [X.] zugute gekommen sei. Überdies fehle es an einer (angestrebten) [X.].

4

Die Staatsanwaltschaft hat von ihrer zulasten der Angeklagten eingelegten Revision den Freispruch hinsichtlich des Falles ausgenommen, in dem durch die Angeklagten keine Geld- oder Sachzuwendung geleistet wurde.

I[X.]

5

[X.] hält, soweit er angefochten ist, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom [X.] getroffenen Feststellungen ermöglichen dem Senat nicht die Prüfung, ob die Angeklagten ohne Rechtsfehler freigesprochen worden sind. Zudem setzt sich das Urteil mit einer Reihe von Indizien nicht auseinander, die gegen den von ihm festgestellten Sachverhalt sprechen könnten; insoweit ist die Beweiswürdigung lückenhaft.

6

1. [X.] ist gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO verpflichtet, all diejenigen Umstände festzustellen und darzulegen, die für die Beurteilung des [X.] relevant und zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler notwendig sind ([X.], Urteil vom 23. Juli 2008 - 2 StR 150/08, [X.]St 52, 314 f.; Urteil vom 13. November 2008 - 5 StR 384/08, [X.], 70, 71). Dem genügt das angefochtene Urteil nicht.

7

Gemäß § 334 Abs. 3 Nr. 2 [X.] macht sich wegen Bestechung bereits derjenige strafbar, der einen Vorteil für eine künftige, im Ermessen des Amtsträgers stehende ([X.] anbietet, verspricht oder gewährt, wenn er hierdurch den Amtsträger lediglich zu bestimmen versucht, sich durch den Vorteil bei der Ermessensausübung beeinflussen zu lassen. Dass die Angeklagten diese tatbestandlichen Merkmale nicht verwirklicht haben, lässt sich dem landgerichtlichen Urteil nicht entnehmen.

8

a) Die Entscheidung der Schulleitung über das Ob und das Wie einer Fotoaktion stand in deren dienstlichem Ermessen. Eine ausdrückliche gesetzliche oder untergesetzliche Regelung über die Durchführung einer Fotoaktion an [X.] Schulen bestand im Tatzeitraum nicht. Daher ist auf die [X.] des Schulleiters nach § 43 Abs. 2 [X.] in der damals geltenden Fassung abzustellen. Entsprechend ergibt sich aus dem Erlass des [X.] vom 7. September 1994 ([X.]. [X.]. 1994, 102), dass die Entscheidung über wirtschaftliche Aktivitäten in der Schule im Einzelfall dem Schulleiter obliegt (vgl. auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 43, Abschnitt 5.7 [Stand: 06.2010]). Der frühere Erlass vom 31. Oktober 1961 in der Fassung des Erlasses vom 8. Januar 1970 ([X.]. [X.]. 1961, 275; 1970, 26), nach dem "geschäftliche Unternehmungen aller Art wie Fotografen, Büchervertriebe usw. aus den Schulen fernzuhalten" waren, war bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1993 außer [X.] getreten. Demnach gab es für die jeweilige Schulleitung im Tatzeitraum bei der Durchführung von [X.] - sofern diese eindeutig dem Bildungsauftrag der Schule zuzurechnen sind - mehrere rechtmäßige Entscheidungsvarianten, so dass eine Ermessensentscheidung im Sinne des § 334 Abs. 3 Nr. 2 [X.] zu treffen war (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2006 - 5 StR 70/06, [X.], 211, 212; [X.], [X.], 58. Aufl., § 332 Rn. 9).

9

b) Da § 334 Abs. 3 Nr. 2 [X.] bereits den Versuch unter Strafe stellt, durch das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils auf eine derartige Ermessensentscheidung Einfluss zu nehmen, und es daher für die Strafbarkeit ohne Belang bleibt, ob die Diensthandlung tatsächlich vorgenommen und durch den (in Aussicht gestellten) Vorteil beeinflusst wird (BT-Drucks. 7/550, 276; vgl. auch [X.], Urteil vom 23. Oktober 2002 - 1 StR 541/01, [X.]St 48, 44, 46; [X.]/Kühl, [X.], 27. Aufl., § 334 Rn. 3), hängt die Frage, ob der Täter einen Vorteil zu gewähren beabsichtigt und den Abschluss einer [X.] erstrebt, maßgeblich von seiner Motivation ab (vgl. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 [X.], [X.]St 53, 6, 16 f. zu § 333 Abs. 1 [X.]). Das angefochtene Urteil verhält sich indes nicht dazu, ob die beiden Angeklagten durch die von ihnen den Schulen angebotenen Zuwendungen tatsächlich den organisatorischen Aufwand bei der Durchführung der [X.] vergüten wollten oder ob sie nicht vielmehr - was zumindest nicht fern liegt - die Zuwendungen anboten, um die Schulleitung dahin zu beeinflussen, die [X.] oder die [X.] mit der Fotoaktion zu betrauen; jedenfalls in der letztgenannten Alternative wären die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 334 Abs. 3 Nr. 2 [X.] aber ohne weiteres erfüllt. Das [X.] teilt weder mit, welchen Erklärungswert die Angeklagten ihrem Vorgehen beimaßen, noch, ob sie überhaupt den Abschluss des vom [X.] angenommenen Vertrages anstrebten.

Lediglich ergänzend, da für die Entscheidung des Senats ohne Belang, ist darauf hinzuweisen, dass sich dem Urteil auch nicht entnehmen lässt, welche Vorstellungen sich die für die jeweilige Schule handelnden Personen machten. Insoweit werden lediglich die Gründe mitgeteilt, die diese dazu veranlassten, die [X.] oder die [X.] mit den [X.] zu betrauen. Ob sie die getroffenen Abreden aber dahin verstanden, dass sie diesen Firmen gegenüber eine Verpflichtung des Lehrkörpers zur organisatorischen Mitwirkung an der Fotoaktion eingingen und im Gegenzug die Firmen ein Entgelt für diese Mitwirkung versprachen, wird nicht erkennbar. Damit fehlt sowohl der zivil- als auch der strafrechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch das [X.] die erforderliche tatsächliche Grundlage.

2. Unabhängig hiervon beruht die Überzeugung des [X.]s vom Abschluss gegenseitiger zivilrechtlicher Verträge mit dem oben dargestellten Inhalt auf einer lückenhaften sowie teilweise widersprüchlichen und damit rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung; denn das [X.] hat sich nicht mit den nachfolgenden Indizien auseinander gesetzt, die gegen den Abschluss derartiger Verträge sprechen und auf eine beabsichtigte Einflussnahme der Angeklagten auf die Entscheidungen der Schulleitung durch die (angebotenen) Zuwendungen hindeuten können:

a) [X.] hat festgestellt, dass Zuwendungen durch [X.] im Tatzeitraum "allgemein üblich" gewesen seien. Eine solche Üblichkeit wird allerdings dadurch in Frage gestellt, dass es nach den Urteilsfeststellungen im - von der Revision nicht angegriffenen - Fall 1 gerade keine Zuwendungen oder entsprechende Angebote gab. Dies erörtert die Kammer bei der Bewertung ebenso wenig wie die Feststellung, dass der Angeklagte im Fall 5 bereits rund zwanzig Jahre mit der F.              Schule in [X.]     zusammengearbeitet hatte, es dort "üblicherweise" keine Zuwendungen oder Rabatte gegeben hatte und der Angeklagte nur "wegen der langjährigen guten Zusammenarbeit der Schule etwas Gutes tun" wollte, als er die Zuwendung in Form eines Druckers anbot.

b) Im Fall 2 fügte die Angeklagte erst nach der Abstimmung des [X.] einem Bestätigungsschreiben eine Angebotsübersicht mit dem Hinweis bei, dass die Schule zehn Prozent der Einnahmen erhalte. Dies deutet darauf hin, dass die Schulleitung die von ihr zu erbringenden "Leistungen" unabhängig von einer Gegenleistung der Angeklagten anbot und eine solche Gegenleistung mithin nicht Gegenstand eines gegenseitigen Vertrages wurde. Ähnliches ist im Fall 5 zu erwägen, bei dem offen geblieben ist, ob die Vereinbarung über den Drucker kurz vor oder nach dem Fototermin getroffen wurde.

c) Die [X.] arbeitete seit Mitte der 1990er Jahre mit der [X.].    schule in H.      (Fall 7) zusammen und gewährte "bei den ersten Fototerminen noch keinen Preisnachlass zugunsten der Schule", sondern erst später. Wie und warum es zu dieser Änderung und weshalb es später zu Preisnachlässen kam, wird nicht mitgeteilt. Dies könnte aber von Bedeutung sein, um den Zweck der Zuwendungen zu ermitteln. Gerade im Hinblick auf die "reißerisch aufgemachten Werbeangebote der Konkurrenten" erscheint nicht fernliegend und mithin erörterungsbedürftig, dass die Angeklagten durch prozentuale Zahlungen erreichen wollten, auch weiterhin statt der Konkurrenten mit [X.] betraut zu werden. Dies gilt insbesondere für die Fälle, bei denen die Schulen mit wechselnden Fotografen zusammenarbeiteten und somit ein besonderer Anreiz für die Fotografen bestand, auf die Auswahlentscheidung der Schule durch angebotene Zuwendungen Einfluss zu nehmen.

d) Im Übrigen wecken die zur Bezeichnung der Zuwendungen genutzten Begriffe "Rabatt" und "Sponsoring" Bedenken dagegen, dass es sich dabei um Leistungen im Rahmen eines gegenseitigen vertraglichen Austauschverhältnisses handeln sollte. Vielmehr deuten die Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch eher auf einseitige Leistungen hin. Allein der zusätzlich genannte Begriff der "Aufwandsentschädigung" ließe sich ambivalent verstehen.

e) Schließlich sind in mehreren Fällen (Fälle 3, 4, 9, 14, 15) die Zuwendungen nicht an die Schule, sondern an Klassenkassen geflossen. Wenngleich auch bei einem gegenseitigen Vertrag die Leistung an einen Dritten vereinbart werden kann, bestärkt eine solche Leistung, die nicht dem (vermeintlichen) Vertragspartner zukommt, Zweifel daran, ob tatsächlich ein gegenseitiger Vertrag vorliegt.

II[X.]

Die Sache muss daher insgesamt neu verhandelt werden. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Sollte die nunmehr zur Entscheidung berufene [X.] wiederum zu der Überzeugung gelangen, dass es sich bei den von den Angeklagten erbrachten Zuwendungen in allen oder zumindest einzelnen noch verfahrensgegenständlichen Anklagepunkten um das vertraglich vereinbarte, angemessene Entgelt für den vom Lehrkörper der Schule im Zusammenhang mit der jeweiligen Fotoaktion geleisteten organisatorischen Aufwand handelte, so wird sie zu beachten haben, dass dies nicht von vornherein eine Strafbarkeit der Angeklagten nach den §§ 331 ff. [X.] ausschließt. Denn selbst in diesem Fall kann in der Geld- oder Sachzuwendung ein Vorteil im Sinne dieser Vorschriften liegen, der durch eine [X.] in unlauterer Weise mit einer Diensthandlung oder -ausübung ([X.]) verknüpft ist.

a) Unter einem Vorteil im Sinne der §§ 331 ff. [X.] ist grundsätzlich jede Leistung des Zuwendenden zu verstehen, welche den Amtsträger oder einen Dritten materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlichen, rechtlichen oder persönlichen Lage objektiv besser stellt und auf die kein rechtlich begründeter Anspruch besteht (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juni 2007 - 4 [X.], [X.], 216, 217; [X.], [X.], 58. Aufl., § 331 Rn. 11).

aa) Der etwaige Abschluss eines Vertrages über die [X.] sowie die darin getroffene Vereinbarung einer angemessenen Zuwendung als Ausgleich für den seitens des Lehrkörpers bei der [X.] zu leistenden Organisationsaufwand stehen der Annahme eines derartigen Vorteils nicht notwendig entgegen. Zwar wird durch einen - wirksamen - Vertrag ein rechtlicher Anspruch auf die für die Diensthandlung versprochene Gegenleistung begründet. Dies schließt einen Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte aber dann nicht aus, wenn kein Anspruch auf den Abschluss eines gegenseitigen Vertrages über die Diensthandlung besteht und der Vorteil daher bereits in dem Vertragsschluss und die dadurch begründete Forderung liegt (vgl. [X.], Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, [X.]St 31, 264, 279 f.; Urteil vom 21. Juni 2007 - 4 [X.], [X.], 216 f.); denn andernfalls ließen sich die Bestechungstatbestände schlicht durch die Vereinbarung eines Vertragsverhältnisses umgehen - zumal letztlich auch eine [X.] ein "Vertragsverhältnis" im Sinne eines vereinbarten Austauschs von Leistungen darstellt. Beispielsweise könnte ein Amtsträger eine unentgeltlich zu erbringende Amtshandlung davon abhängig machen, dass der Antragsteller einen zivilrechtlichen Vertrag über die Amtshandlung schließt und eine entsprechende Vergütung zahlt, oder ein Antragsteller könnte von sich aus den Abschluss eines Vertrages anbieten, etwa um bevorzugt behandelt zu werden. Ein solches Verhalten wäre in hohem Maße geeignet, die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes zu verletzen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Lauterkeit nachhaltig zu erschüttern (vgl. [X.], [X.] 2008, 465, 468).

Demgegenüber ist jedoch auch zu beachten, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages - abgesehen vom Ausnahmefall eines Kontrahierungszwanges - regelmäßig nicht besteht. Somit wäre nahezu jeder Vertragsschluss eines Amtsträgers in dienstlichen Angelegenheiten in Verbindung mit der dadurch begründeten Forderung sowie deren späteren Erfüllung ein Vorteil nach §§ 331 ff. [X.], und dies selbst dann, wenn es sich um einen im Rahmen der laufenden Dienstgeschäfte ordnungsgemäß geschlossenen Vertrag handelt. Ein solch weites Verständnis entspräche nicht mehr dem gesetzlichen Schutzzweck.

Es bedarf daher der Abgrenzung des unlauteren korruptiven Kaufs einer Diensthandlung im formellen Gewande eines gegenseitigen Vertrages von den vielfältigen Fällen, in denen die öffentliche Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben rechtmäßig öffentlich-rechtliche oder - etwa im Rahmen des Verwaltungsprivatrechts oder der Bedarfsverwaltung - zivilrechtliche Verträge schließt. Als taugliches Abgrenzungskriterium kann hierbei die verwaltungsrechtliche Rechtmäßigkeit des Vertragsschlusses herangezogen und dabei insbesondere die Frage gestellt werden, ob die Diensthandlung in rechtlich zulässiger Weise von einer Vergütung abhängig gemacht werden darf (vgl. [X.]/[X.] in SK-[X.], § 331 Rn. 29 f. [Stand: September 2003]). Für einen solchen Beurteilungsmaßstab lässt sich der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung heranziehen. Die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes ist dann nicht beeinträchtigt, wenn das im Rahmen der Dienstgeschäfte vereinbarte Austauschverhältnis der geltenden Rechtslage entspricht. Ähnlich hat der [X.] etwa bei der Beurteilung von Drittmitteleinwerbungen von Hochschulen einen "[X.] zwischen hochschulrechtlicher Aufgabenstellung und der Strafvorschrift" auf der Tatbestandsebene gesucht ([X.], Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 [X.], [X.]St 47, 295, 308 f.; vgl. auch zur "verwaltungsakzessorischen Auslegung" [X.], [X.], 232, 237; [X.]/[X.]/Combé/Wrackmeyer, GA 2005, 265, 270; LK-[X.]/[X.], 12. Aufl., § 331 Rn. 88). Die gegen eine solche Auslegung vorgebrachten Bedenken vermögen nicht zu überzeugen. Der Einwand, die verwaltungsrechtlichen Vorgaben und mithin die strafrechtliche Beurteilung vergleichbarer Sachverhalte könnten je nach Bundesland unterschiedlich ausfallen (vgl. [X.]/Ziehn, [X.], 498, 501 mwN), greift nicht durch. Es ist der bundesstaatlichen Ordnung immanent, dass rechtliche Vorfragen je nach der zu beachtenden Gesetzeslage - beispielsweise bei der Frage der Amtsträgereigenschaft - unterschiedlich zu beantworten sein können. Überdies ist die Möglichkeit einer solchen divergierenden Bewertung in § 331 Abs. 3, § 333 Abs. 3 [X.] selbst bereits angelegt, da die rechtfertigende Genehmigung je nach Behörde oder landesgesetzlichen Vorgaben differieren kann.

bb) Dem Senat ist hier keine verwaltungsrechtliche Grundlage ersichtlich geworden, die es gestatten würde, von einem Fotografen für den organisatorischen Aufwand der Schule anlässlich einer [X.] eine Vergütung zu beanspruchen.

Die erbrachten organisatorischen Leistungen der Lehrer sind Diensthandlungen. Da die Fototermine in der Schulzeit durchgeführt werden und die Lehrer nach § 62 Abs. 1 Satz 1 [X.] ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen haben, liegt eine Tätigkeit in Ausübung hoheitlicher Befugnisse vor. Dies gilt auch für die späteren Hilfstätigkeiten wie das Einsammeln des Geldes; denn die Lehrer sind gemäß § 51 Abs. 1 Satz 4 [X.] verpflichtet, Aufgaben im Rahmen der Eigenverwaltung der Schule und andere schulische Aufgaben auch außerhalb des Unterrichts zu übernehmen (vgl. zu solchen Aufgaben "aus dem natürlichen Sachzusammenhang im Schulleben" [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 51, Abschnitt 3.2 [Stand: 06.2010]).

Für die Frage der Vergütungspflicht dieser Diensthandlungen sind daher die verwaltungskostenrechtlichen Normen in den Blick zu nehmen. Diese regeln indes keinen entsprechenden Anspruch. Dabei kann dahinstehen, ob die Lehrer bei ihrer organisatorischen Tätigkeit für das [X.] (als [X.]) oder den jeweiligen Schulträger handeln (vgl. auch § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.], wonach die öffentlichen Schulen in [X.] nichtrechtsfähige Anstalten ihres [kommunalen] Trägers und des [X.] sind); denn weder nach den Vorschriften für die [X.]verwaltung (vgl. etwa § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.], [X.] der Anlage zu § 1 Abs. 1 NAllGO) noch nach den kommunalen Vorschriften (vgl. § 83 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.], § 2 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 [X.]) ist eine Rechtsgrundlage für eine Gebührenerhebung, etwa in Form von Gebührenordnungen oder Satzungen, erkennbar. Verschiedene [X.] haben lediglich die Vergütung für die außerschulische Nutzung von Schulräumen geregelt (vgl. etwa Miet- und Benutzungsordnung für städtische Schulräume und Sportanlagen für außerschulische Zwecke der [X.] vom 18. Dezember 2003; Benutzungs- und Entgeltordnung für die Überlassung von Schul-, Schulnebenräumen, der Sternwarte und von Schulhöfen der [X.] [X.] für schulfremde Zwecke vom 31. Januar 2002; Benutzungsordnung für die Überlassung von Schulräumen und des [X.] in der [X.] [X.] vom 22. März 2004; Ordnung für die Benutzung der Dorfgemeinschaftseinrichtungen der Gemeinde [X.] vom 28. Januar 2002 in der Fassung der Änderung vom 24. September 2002).

Auch der Erlass des [X.] Kultusministeriums vom 7. September 1994 ([X.]. [X.]. 1994, 102) stellt keine Grundlage für Zuwendungen dar; denn danach bleiben die allgemeinen rechtlichen Regelungen maßgeblich. Laut Erlass sind unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftliche Aktivitäten in der Schule - nicht: wirtschaftliche Aktivitäten der Schule - zulässig, wobei die jeweiligen rechtlichen Vorgaben zu beachten sind und die Entscheidung im Einzelfall dem Schulleiter obliegt.

Fehlt aber eine normative verwaltungsrechtliche Grundlage für die Vergütung der Tätigkeit des Lehrkörpers, so wird es rechtlich auch nicht als zulässig zu erachten sein, eine derartige Vergütung vertraglich zu vereinbaren; denn es ist der Grundsatz des [X.] zu berücksichtigen, dem zufolge Gebühren für Verwaltungstätigkeiten einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und die Verwaltung kein "Gebührenfindungsrecht" hat (vgl. [X.], Beschluss vom 5. April 1990 - 3 [X.]/90, NJW 1991, 2851). Daher beinhaltet eine vertragliche Regelung - welche die Verwaltung je nach Sachlage und Bedarf des "Vertragspartners" gegebenenfalls faktisch erzwingen könnte - naheliegend eine unzulässige Umgehung des [X.] durch ein Ausweichen in das Privatrecht (vgl. [X.]/[X.]/Sachs/[X.], [X.], 7. Aufl., § 1 Rn. 104; Würkner, NJW 1991, 2816, 2817), zumal in [X.] der Gesetz- und Verordnungsgeber - trotz der langjährig bekannten Problematik der Schulfotografie (vgl. bereits den bis zum 1. Januar 1993 geltenden Erlass vom 31. Oktober 1961 in der Fassung des Erlasses vom 8. Januar 1970, [X.]. [X.]. 1961, 275; 1970, 26) - augenscheinlich davon ausgeht, dass dabei zu erbringende Verwaltungsleistungen gebührenfrei sind.

b) Ist in Anwendung der dargelegten Grundsätze die von den Angeklagten an die jeweilige "Schule" geleistete Zuwendung als Vorteil im Sinne der Bestechungstatbestände zu werten, so stünde aus den nämlichen Gründen, die zur Annahme eines solchen Vorteils führen, auch das Vorliegen einer [X.] in objektiver Hinsicht nicht in Zweifel. Einer Vertiefung der Frage, ob beim Bestehen eines Anspruchs auf die Zuwendung der Vorteil nach §§ 331 ff. [X.] oder die [X.] entfiele, bedarf es daher nicht.

c) Auch der rechtliche Gesichtspunkt der [X.] würde nicht zur Straflosigkeit führen. Danach ist nur das Anbieten, Versprechen oder Gewähren in gewissem Umfang üblicher Vorteile von der Strafbarkeit auszunehmen, soweit es sich um gewohnheitsmäßig anerkannte, relativ geringwertige Aufmerksamkeiten aus gegebenen Anlässen handelt ([X.], Urteil vom 2. Februar 2005 - 5 [X.], [X.], 334, 335). Gegen eine solche gewohnheitsmäßige Anerkennung spricht hier indes bereits, dass nach der Erlasslage des [X.] bis zum 1. Januar 1993 Fotografen ausdrücklich von Schulen fernzuhalten waren (Erlass vom 31. Oktober 1961 in der Fassung des Erlasses vom 8. Januar 1970, [X.]. [X.]. 1961, 275; 1970, 26). Überdies handelt es sich bei Zuwendungen im Wert von mehreren hundert Euro nicht mehr um geringwertige Aufmerksamkeiten (vgl. auch [X.], Beschluss vom 28. September 2007 - 2 Ws 261/07, [X.], 164, 166; Mitteilung aus dem [X.], [X.]. [X.]. 2006, 145, 149). Schließlich lässt sich eine [X.] nicht allein aus einer etwaigen "Üblichkeit" herleiten, da dies bestehende Strukturen der Korruption verfestigen würde, denen durch die Strafrechtsbestimmungen gerade entgegengewirkt werden soll.

d) Letztlich bleibt es auch ohne Auswirkung auf die rechtliche Beurteilung, dass die Zuwendung in keinem Fall unmittelbar den tätig gewordenen Lehrkräften zugute gekommen sein dürfte. Den getroffenen Feststellungen lässt sich zwar nicht eindeutig entnehmen, wem die jeweilige Geld- oder Sachleistung rechtlich zugeflossen ist. Dennoch wird hinreichend deutlich, dass es sich jedenfalls um [X.] im Sinne der §§ 331 ff. [X.] handelte.

Dies gilt insbesondere auch, soweit die Leistungen rechtlich an die [X.] der Lehrer oder den Schulträger gelangt sein sollten. Nach dem Gesetzeswortlaut kann "Dritter" jedes Rechtssubjekt sein, das nicht der Zuwendende oder der Amtsträger ist. Auch die Intention des Gesetzgebers, die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes zu schützen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Lauterkeit nicht nachhaltig zu erschüttern (vgl. BT-Drucks. 13/5584, 16), spricht nicht für eine einschränkende Auslegung. Daher kommen als Dritte neben Privaten auch öffentlich-rechtliche Stellen, so beispielsweise die [X.], in Betracht (vgl. [X.], [X.], 58. Aufl., § 331 Rn. 14; S/S-[X.]ine, [X.], 28. Aufl., § 331 Rn. 20; LK/[X.], [X.], 12. Aufl., § 331 Rn. 43; NK-[X.]-Kuhlen, 3. Aufl., § 331 Rn. 44 ff.; MünchKomm[X.]/[X.], § 331 Rn. 75 ff.). Aus dem Urteil des Senats vom 11. Mai 2006 (3 [X.], [X.], 628, 630) ergibt sich nichts Abweichendes; denn dort bestand die Besonderheit, dass die [X.], der der Vorteil zufließen sollte, Eigentümer aller Gesellschaftsanteile der Aktiengesellschaft war, die den Vorteil leisten sollte, sodass sie dieser gegenüber nicht als "Dritter" im Sinne der Bestechungstatbestände anzusehen war.

Ein Drittvorteil für die [X.] der Lehrer oder die Schulträger wird indes - ebenso wie der unmittelbar dem Amtsträger zufließende Vorteil - nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil es sich um eine vertraglich vereinbarte Gegenleistung für die Organisationsleistung der Lehrerschaft handelt (S/S-[X.]ine, [X.], 28. Aufl., § 331 Rn. 20a; MünchKomm[X.]/[X.], § 331 Rn. 80; LK/[X.], [X.], 12. Aufl., § 331 Rn. 45 ff.; Schlösser, [X.], 300, 304; s. aber auch [X.] aaO Rn. 15; vgl. auch NK-[X.]-Kuhlen, 3. Aufl., § 331 Rn. 79d; [X.], [X.], 253, 254). Insoweit gelten die oben dargestellten Grundsätze entsprechend: Da auch mit Blick auf die [X.] und die Schulträger erkennbar eine verwaltungsrechtliche Rechtsgrundlage fehlt, eine Vergütung für die Tätigkeit des Lehrkörpers verlangen zu dürfen, erlangen auch sie durch den Abschluss eines entsprechenden Vertrages und dessen Erfüllung einen unlauteren Vorteil.

2. Sollte im Ergebnis der neuen Hauptverhandlung eine Strafbarkeit der beiden Angeklagten in Betracht kommen, so wird deren konkrete Beteiligung an den verschiedenen [X.] genauer darzulegen sein. Allein aus der allgemeinen Angabe, die Angeklagten seien "insbesondere bei der schriftlichen und telefonischen Kundenbetreuung arbeitsteilig entweder für die [X.] oder die [X.]" aufgetreten, ergeben sich keine konkreten, den Bestechungstatbeständen subsumierbare Handlungen der Angeklagten. Eine nähere Darlegung der einzelnen Tatbeiträge der Angeklagten ist auch im Hinblick auf eine möglicherweise nach § 30 Abs. 1 OWiG festzusetzende Geldbuße gegen die Nebenbeteiligten von Bedeutung. Hierbei ist im Einzelnen zu prüfen, ob hinsichtlich der einzelnen Nebenbeteiligten jeweils ein im Sinne des § 30 Abs. 1 OWiG tauglicher Täter die Bezugstaten begangen hat.

3. Durch die Aufhebung des freisprechenden Urteils ist die zugunsten der Nebenbeteiligten ergangene (Grund-) Entscheidung über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen gegenstandslos (vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 1998 - 1 [X.], [X.], 204; [X.], [X.], 7. Aufl., § 8 Rn. 60). Darüber ist gegebenenfalls erneut zu befinden.

IV.

Einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 GVG beim [X.] Zivilsenat, ob dieser an seiner im Urteil vom 20. Oktober 2005 ([X.], [X.], 225, 227) geäußerten Rechtsauffassung festhalte, bedurfte es nicht. Auf dessen Ausführungen zum Vorteilsbegriff im Sinne der strafrechtlichen Bestechungstatbestände kam es nicht entscheidend an, weil das dortige wettbewerbsrechtliche Begehren bereits im Hinblick auf den Klageantrag unbegründet war. Zudem muss hier das angefochtene Urteil bereits wegen des Fehlens ausreichender Feststellungen aufgehoben werden und ist für das weitere Verfahren die verwaltungsrechtliche Rechtslage im Bundesland [X.] maßgebend.

Becker                                Pfister                                  Schäfer

                     Mayer                                Menges

Meta

3 StR 492/10

26.05.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hildesheim, 11. Mai 2010, Az: 16 KLs 4252 Js 103632/04, Urteil

§ 331 StGB, §§ 331ff StGB, § 333 StGB, § 334 Abs 3 Nr 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.05.2011, Az. 3 StR 492/10 (REWIS RS 2011, 6207)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6207

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 StR 566/17

3 StR 490/16

7 CE 15.450

2 StR 246/20

StB 42/22

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