7. Senat | REWIS RS 2012, 5998
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Keine Energiesteuerbefreiung für ein von einem Verein für eigene Transportzwecke eingesetztes Schiff
1. NV: Die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. c RL 2003/96/EG festgelegte Befreiung für Schiffsbetriebsstoffe kann nur solchen Unternehmen gewährt werden, die Schiffe zur entgeltlichen Beförderung von Sachen oder Personen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen einsetzen.
2. NV: Setzt ein eingetragener Verein ein Schiff zur Beförderung von eigenen Mitarbeitern und zur Beförderung von eigenen und zur unentgeltlichen Verteilung bzw. zum Verkauf bestimmten Büchern ein, kommt eine Energiesteuerbefreiung für die auf diesen Fahrten eingesetzten Schiffsbetriebsstoffe nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG nicht in Betracht.
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein eingetragener Verein, der gemeinnützige Zwecke verfolgt. Satzungszweck ist die Förderung der Bildung und Ausbildung, insbesondere in der sog. [X.]. Zur Erfüllung dieses Zwecks betreibt der Kläger satzungsgemäß [X.] und kauft und verkauft oder verschenkt Bücher. Die Schiffe laufen Überseehäfen an, in denen Besucher auf die Schiffe kommen. Die [X.] besuchen ihrerseits im Umland der Häfen Krankenhäuser, Schulen, Waisenhäuser und Gefängnisse. Zum Teil erbringen sie gegenüber Kranken einfache Hilfsleistungen. Am 2. August 2007 bunkerte ein vom Kläger betriebenes Schiff, dessen Heimathafen [X.] auf [X.] war, in [X.] insgesamt 350.000 L gekennzeichnete und unversteuerte Energieerzeugnisse der Unterpos. 2710 1999 ([X.], andere Öle) der Kombinierten Nomenklatur. Aufgrund einer zollamtlichen Überprüfung des Schiffes, bei der die Betankung mit unversteuerten [X.] festgestellt wurde, erhob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --[X.]--) gemäß § 21, § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des [X.] ([X.]) Energiesteuer nach. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die Steuererhebung zu Recht erfolgt sei. Der Kläger habe gekennzeichnete Energieerzeugnisse als Kraftstoff bereitgehalten und verwendet. Eine Steuerbefreiung nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.] komme nicht in Betracht, weil im Streitfall ein Schiff in der privaten, nichtgewerblichen Schifffahrt eingesetzt werde. Nach den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts (Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/96/[X.] 2003/96/[X.] des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen [X.] zur Besteuerung von [X.] und elektrischem Strom --Amtsblatt der [X.] Nr. L 283/51--) diene die [X.] für die gewerbliche Schifffahrt dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der [X.]. Eine solche bestehe nur dort, wo sich Wirtschaftsteilnehmer um erfolgreiche Teilhabe am Markt bemühten. Diese Teilhabe dürfe nicht aus rein altruistischen --auch nicht aus gemeinnützigen-- Gründen erfolgen. Erforderlich sei eine tendenziell bestehende Gewinnerzielungsabsicht. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 der [X.] ([X.]) lägen nicht vor. Mit dem Schiff werde keine gewerbsmäßige Tätigkeit, d.h. keine Tätigkeit gegen Entgelt mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt. Es handele sich nicht um eine gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen (§ 60 Abs. 3 Nr. 1 [X.]) oder um eine gewerbsmäßige Erbringung von Dienstleistungen (§ 60 Abs. 3 Nr. 2 [X.]).
Der Kläger habe keinen Auftrag, für einen Dritten bestimmte Waren von einem Ort zu einem anderen zu befördern. Soweit ein Verkauf von Büchern stattfinde, erhalte der Kläger lediglich den Kaufpreis, nicht jedoch ein Beförderungsentgelt für den Transport der Bücher zum Käufer. Zudem stehe der Kläger nicht in einem unternehmerischen Wettbewerb mit anderen Beförderungsunternehmen. Allenfalls könne er in einen Wettbewerb mit den vor Ort tätigen Buchhändlern treten. Soweit der Kläger am Missionsprojekt teilnehmende Personen an Bord nehme, fände kein Leistungsaustausch statt. Vielmehr würden sich der Kläger und die Mitfahrenden zu einem gemeinsamen satzungsgemäßen Missionszweck verbinden. Deshalb könne nicht von einer entgeltlichen Beförderung ausgegangen werden. Eine [X.] könne auch nicht auf § 60 Abs. 3 Nr. 6 [X.] gestützt werden, denn der Kläger sei nicht behördlich tätig. Schließlich sei die von den Finanzbehörden festgestellte Menge an Kraftstoffen nicht im Ausland gebunkert worden, so dass eine [X.] nicht auf § 46 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 21 [X.] gestützt werden könne.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der in Art. 14 Buchst. c Unterabs. 2 [X.] 2003/96/[X.] verwendete Begriff der gewerblichen Schifffahrt den Schiffsbetrieb im Rahmen einer als gemeinnützig anerkannten Tätigkeit umfasse. [X.] könne § 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.] dahingehend ausgelegt werden, dass der [X.]statbestand auch den Zweckbetrieb eines gemeinnützigen Vereins erfasse. Somit bestehe die Möglichkeit, in einem künftigen Revisionsverfahren eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) einzuholen. Der Wortlaut des Art. 14 [X.] 2003/96/[X.] lasse die Deutung zu, dass eine gemeinnützige Tätigkeit in die [X.] miteinzubeziehen sei. In diese Richtung weise die Rechtsprechung des [X.]. Nach dem [X.]-Urteil vom 14. September 2006 [X.]/04 --Stauffer--, Slg. 2006, [X.], könne eine entgeltliche Tätigkeit auch von gemeinnützigen Körperschaften ausgeübt werden. Jedenfalls stehe eine gemeinnützige Tätigkeit einer kommerziellen Tätigkeit näher als die Nutzung eines Schiffes zu [X.]. In anderen Mitgliedstaaten, wie z.B. in [X.], [X.] und [X.] werde eine [X.] für die Schifffahrt zu gemeinnützigen Zwecken gewährt. Ob für die Gewährung einer Verbrauchsteuerbefreiung eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich sei, sei sehr zweifelhaft.
Das [X.] ist der Beschwerde entgegengetreten. Die im Rahmen eines anerkannten Zweckbetriebs nach § 65 der Abgabenordnung durch den Verkauf der Bücher erzielten Einnahmen dienten nicht der Gewinnerzielung im marktwirtschaftlichen Sinne, sondern der Verwirklichung eines satzungsgemäßen Zwecks. Damit betreibe der Kläger die Schifffahrt nicht zu kommerziellen Zwecken. Das vom Kläger in Bezug genommene [X.]-Urteil sei auf den Streitfall nicht übertragbar, denn es betreffe die Körperschaftsteuer.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn die von ihr aufgeworfene Frage ist so zu beantworten, wie es das [X.] getan hat. Art. 14 Abs. 1 Buchst. [X.] 2003/96/[X.] ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift festgelegte Steuerbefreiung einem eingetragenen Verein nicht zugutekommt, der ein ihm gehörendes Schiff zum Transport von eigenen Mitarbeitern und an [X.] teilnehmenden Personen sowie von zur unentgeltlichen Verteilung bestimmten Büchern nutzt.
1. Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsbedürftig ist. Ihre Beantwortung muss zu Zweifeln Anlass geben, so dass mehrere Lösungen vertretbar sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das [X.] in seiner Entscheidung getan hat; wenn die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, [X.], 559, [X.] 1999, 231, und vom 31. Mai 2000 X B 111/99, [X.], 1461).
2. In seiner Entscheidung vom 1. Dezember 2011 [X.]/10 --Systeme [X.] (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2012, 20) hat der [X.] auf das Vorabentscheidungsersuchen des [X.] vom 1. Dezember 2009 VII R 9-10/09 ([X.]E 227, 564, [X.]/NV 2012, 766) zu der Frage Stellung genommen, ob die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 [X.] 2003/96/[X.] normierte Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, auch Unternehmen zugutekommt, die eigene Flugzeuge zur Anbahnung von Geschäften und zur Beförderung von Mitarbeitern zu Kunden oder Messen nutzen. Die Regelungen zur [X.] von Luftfahrtbetriebsstoffen in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b [X.] 2003/96/[X.] und die Regelungen zur [X.] von Schiffsbetriebsstoffen in Art. 14 Abs. 1 Buchst. [X.] 2003/96/[X.] sind hinsichtlich der Definition des Begriffs der privaten nichtgewerblichen Luft- bzw. Schifffahrt, die von der obligatorischen [X.] ausgenommen ist, in ihrem Wortlaut identisch. Den vom Kläger zur Begründung seiner Rechtsauffassung angeführten Unterschieden in der [X.], [X.] und [X.] Sprachfassung hat der [X.] keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Vielmehr hat er darauf hingewiesen, dass der Umfang der zu gewährenden [X.] aufgrund der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 2 [X.] 2003/96/[X.] festgelegten Definition zu bestimmen ist, nach der eine private nichtgewerbliche Verwendung vorliegt, wenn das Luftfahrzeug für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird. Aus dem Zweck --insbesondere dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der in der Gemeinschaft ansässigen [X.] und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift hat der [X.] geschlossen, dass die [X.] nur Luftfahrtunternehmen zugutekommen soll, deren Geschäftsgegenstand die entgeltliche Erbringung von Beförderungsleistungen ist.
3. Diese rechtlichen Erwägungen lassen sich auf die wortgleiche Regelung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. [X.] 2003/96/[X.] übertragen. Danach kann die dort angeordnete [X.] für Schiffsbetriebsstoffe nur solchen Unternehmen gewährt werden, die Schiffe zur entgeltlichen Beförderung von Sachen oder Personen einsetzen. Diese Betrachtung stimmt auch mit der Entscheidung des [X.] vom 1. April 2004 [X.]/02 --Deutsche [X.] ([X.]. 2004, [X.]) überein, die der [X.] in seinem Urteil in [X.], 20 ausdrücklich in Bezug genommen hat. In dieser Rechtssache hat der [X.] geurteilt, dass die Durchführung von Seebestattungen auf hoher See unter Einsatz von [X.] eine entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen darstellt, die nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben steuerlich zu begünstigen ist.
So liegt es im Streitfall jedoch nicht. Nach den Feststellungen des [X.] erbringt der Kläger keine entgeltlichen Dienstleistungen. Vielmehr dienen die von ihm eingesetzten Schiffe der Beförderung von Mitarbeitern und Büchern, die nicht im Auftrag eines Dritten transportiert werden. Unabhängig davon, ob der Kläger mit seiner Tätigkeit ein gemeinwohldienliches Anliegen verfolgt und als gemeinnützige Organisation anerkannt ist, dient die Nutzung des Schiffes keinem kommerziellen Zweck i.S. des Art. 14 Abs. 1 Buchst. c Unterabs. 2 [X.] 2003/96/[X.], so dass eine Steuerbefreiung nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG, mit dem die unionsrechtliche Regelung richtlinienkonform in nationales Recht umgesetzt worden ist, nicht in Betracht kommt. Bei dieser Betrachtung kommt es auf die Beantwortung der Frage nicht an, ob auch eine gemeinnützige Organisation im Rahmen eines Zweckbetriebs mit anderen Marktteilnehmern in Wettbewerb treten und damit einen kommerziellen Zweck verfolgen kann. Daher lassen sich auch aus dem [X.]-Urteil in [X.]. 2006, [X.] keine für den Streitfall entscheidungserheblichen Erkenntnisse gewinnen, zumal der Rechtsstreit die Frage betraf, ob der in § 5 Abs. 2 Nr. 3 des [X.] festgelegte Ausschluss der Steuerbefreiung von beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften die Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt.
Die vom [X.] vorgenommene Auslegung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. [X.] 2003/96/[X.] erweist sich danach als richtig. Da die vom Kläger aufgeworfene Frage zweifelsfrei so zu beantworten ist, wie es das [X.] getan hat, kann die Beschwerde nicht zur Zulassung der Revision führen.
Meta
30.05.2012
Beschluss
vorgehend FG Hamburg, 17. Dezember 2010, Az: 4 K 228/08, Urteil
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 27 Abs 1 Nr 1 EnergieStG, § 21 EnergieStG, § 2 Abs 1 Nr 4 Buchst a EnergieStG, Art 14 Abs 1 Buchst c EGRL 96/2003
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.05.2012, Az. VII B 15/11 (REWIS RS 2012, 5998)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 5998
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Keine Energiesteuerbefreiung für Schulungsflüge gemeinnütziger Luftsportvereine
Energiesteuerbefreiung der gewerblichen Schifffahrt
Keine Steuerbefreiung für Flüge im Werkverkehr
(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 17.07.2012 VII R 26/09 - Vercharterer eines Flugzeugs hat keinen …
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