Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2016, Az. I ZB 87/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16375

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:110216BIZB87.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]
vom
11. Februar
2016
in der
Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke
Nr. [X.] 007

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Fünf-Streifen-Schuh
[X.] § 54 Abs. 1 und 2 Satz 2; [X.] § 41 Abs. 2 Nr. 5, § 42; ZPO §
253 Abs. 2 Nr. 2
a)
Die Zulässigkeit eines Löschungsantrags gemäß §
54 Abs.
1, §§
50, 8 [X.]
setzt die Angabe eines konkreten absoluten Schutzhindernisses im Sinne von §
8 [X.] voraus.
b)
Die Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] wird durch einen unzulässigen Löschungsantrag nicht in Gang gesetzt.
[X.], Beschluss vom 11. Februar 2016 -
I [X.] -
[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am
11. Februar 2016
durch den Vorsitzenden
Richter
Prof. Dr.
Büscher, die Richter Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff,
Dr.
Löffler
und die Richterin Dr.
Schwonke
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde
der Antragstellerin
wird der
Beschluss des 27.
Senats ([X.]) des [X.] vom 1.
Juli 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
[X.] Für die Markeninhaberin
ist seit dem
19.
März
1992 die Bildmarke Nr.
DD
650 007

für die Waren
"[X.], nämlich Tennisschuhe, Basketballschuhe, [X.] und [X.], Bootsschuhe und Freizeitschuhe"

eingetragen.

1
-
3
-
Die Antragstellerin hat
am 17.
November 2011 beim [X.]n Patent-
und Markenamt unter Verwendung des vom Amt herausgegebenen Formblatts
Antrag auf vollständige Löschung der Marke "wegen absoluter Schutzhindernisse"
ge-stellt.
Als [X.] war auf dem Formular angekreuzt: "Die Marke ist [X.] §
8 [X.] eingetragen worden (§
50 Abs.
1 i.V.m.
§
8 [X.])". Eine weitere Begründung enthielt der Antrag nicht.
Die Markenabteilung
des [X.]n Patent-
und Markenamts hat den [X.] mit Beschluss vom 7.
März 2013 als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen
eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben
([X.], Beschluss
vom 1.
Juli 2014

27
W
(pat)
36/13, juris).
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin
mit der
vom [X.] zugelassenen
Rechtsbe-schwerde, deren Zurückweisung die Markeninhaberin beantragt.
I[X.] Das [X.] hat angenommen, der Löschungsantrag sei [X.]. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Antragstellerin habe ihren Löschungsantrag nicht hinreichend begründet. Es sei nicht ausreichend, dass
sie im amtlichen Formblatt
als [X.] das Feld "Die Marke ist entgegen § 8 [X.] eingetragen worden (§
50 Abs.
1 i.V.m.
§
8 [X.]"
angekreuzt habe. Vorliegend sei die in §
50 Abs.
2 Satz
2 [X.] geregelte zehnjährige Frist für Anträge abgelaufen gewesen, mit denen
Lö-schungsgründe im Sinne von §
8 Abs.
2 Nr.
1, 2 oder 3 [X.]
hätten
geltend gemacht werden können. Anträge auf Löschung der am 19.
März 1992 eingetra-genen
Marke wegen absoluter Schutzhindernisse
im Sinne von §
8 [X.]
hät-ten daher nur
auf die [X.] gemäß §
8 Abs.
2 Nr.
4 bis 10 [X.] gestützt werden
können. Dies sei nicht geschehen. Die Antragstellerin habe im Löschungsantrag keinen konkreten [X.] angegeben, sondern lediglich angekreuzt, dass "die Marke entgegen §
8 [X.] eingetragen"
sei. Der Um-stand, dass im
Antragsformular keine weiteren Angaben verlangt worden seien, 2
3
4
5
-
4
-
entbinde die
Antragstellerin
nicht davon, den Umfang der Prüfung durch Benen-nung der ihrer
Meinung nach bestehenden Schutzhindernisse zu bestimmen. Auch der Grundsatz der Amtsermittlung gebiete es nicht, aus im Verfahren einge-reichten Anlagen Schlüsse auf das Begehren der Antragstellerin
zu ziehen. Dies sei vorliegend zudem
nicht zweifelsfrei möglich gewesen. Das [X.] Patent-
und Markenamt sei nicht gehalten gewesen, durch
einen
Hinweis im noch laufen-den Amtsverfahren eine Festlegung auf einen [X.] zu bewirken. Die Antragstellerin könne
nicht im Beschwerdeverfahren erstmals vortragen, ihr Antrag werde auf Bösgläubigkeit im Sinne von §
8 Abs.
2 Nr.
10 [X.] gestützt. Eine Prüfung der Unzulässigkeit des Löschungsantrags sei schließlich nicht durch §
54 Abs.
2 Satz
2 [X.] ausgeschlossen gewesen.
II[X.] [X.] hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Bundes-patentgericht.
1.
Die ohne Beschränkung auf einen abgrenzbaren Teil zugelassene Rechts-beschwerde eröffnet dem Rechtsbeschwerdegericht die volle rechtliche Nachprü-fung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass diese
auf die Entscheidung der als Zulassungsgrund angeführten Rechtsfragen beschränkt ist (vgl. [X.], [X.] vom 6.
Juli 1995
I
ZB
27/93, [X.]Z 130, 187, 191
Füllkörper; Beschluss vom 16.
Juli 2009
I
ZB
53/07, [X.]Z 182, 325 Rn.
14
Legostein; Beschluss vom 10.
Juli 2014
I
ZB
18/13, [X.], 872 Rn.
8 =
[X.], 1062
[X.]; Beschluss vom 9.
Juli 2015
I
ZB
65/13, [X.], 1012
Rn.
7
= [X.], 1108

Nivea-Blau).
2. [X.] ist begründet. Zwar ist das [X.] zu Recht
davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit
eines Löschungsantrags gemäß §
54 Abs.
1 [X.] die Angabe eines konkreten absoluten Schutzhindernisses im Sinne von §§
8, 50 Abs.
1 [X.] voraussetzt (dazu [X.]). Ebenfalls rechts-6
7
8
-
5
-
fehlerfrei hat das [X.] angenommen, dass der Löschungsantrag der Antragstellerin diesen Anforderungen nicht genügt (dazu [X.]
b). Mit Erfolg macht die Rechtsbeschwerde jedoch geltend, das [X.] Patent-
und Marken-amt habe den Antrag rechtsfehlerhaft als unzulässig zurückgewiesen, ohne der Antragstellerin zuvor Gelegenheit zu geben, den Begründungsmangel zu beheben (dazu [X.] c).
a)
Das [X.] ist zu Recht
davon ausgegangen, dass
die Zu-lässigkeit
eines Löschungsantrags gemäß §
54 Abs.
1 [X.]
die Angabe eines konkreten absoluten Schutzhindernisses im Sinne von §§
8, 50 Abs.
1
[X.] voraussetzt.
aa) Das Erfordernis der Angabe eines konkreten absoluten Schutzhindernis-ses lässt sich allerdings dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Die Vorschrift
des §
54 [X.] enthält keine nähere Bestimmung
zu Inhalt und Umfang des Löschungsantrags. Aus
§
42 [X.] in Verbindung mit §
41 Abs.
2 Nr.
5 [X.]
lassen sich dazu ebenfalls keine
Regelungen
entnehmen. Dort
ist ledig-lich bestimmt, dass im Löschungsantrag der [X.] anzugeben ist.
[X.])
Dass ein zulässiger Löschungsantrag die
Angabe eines konkreten [X.]es
voraussetzt,
folgt jedoch aus einer
entsprechenden Anwendung von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO, wonach die Klageschrift neben dem Antrag die be-stimmte Angabe des Gegenstandes und des
Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten muss. §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO ist entsprechend anwendbar auf das Lö-schungsverfahren gemäß §§
54, 50, 8 [X.].
(1) Der Antrag gemäß §
54 Abs.
1 [X.] ist nicht lediglich als eine Anre-gung zu einem
von Amts wegen durchzuführenden Löschungsverfahren
anzuse-hen.
Durch den Antrag wird vielmehr ein kontradiktorisches Verfahren eingeleitet, das grundsätzlich den für ein solches Verfahren geltenden Regeln unterworfen ist. 9
10
11
12
-
6
-
Dazu
gehören
auch Bestimmungen der Zivilprozessordnung
sowie allgemeine ver-fahrensrechtliche Grundsätze, soweit ihre Anwendung zur Ausfüllung von Lücken der markenrechtlichen Verfahrensvorschriften erforderlich ist und Besonderheiten dieser Verfahrensart ihre Heranziehung nicht ausschließen
([X.], Beschluss vom 16.
Juni 1993
I
ZB
14/91, [X.]Z 123, 30, 32 f.

Indorektal
II; [X.]Z 182, 325 Rn.
18
Legostein; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11.
Aufl., §
54 Rn.
2). Zu den im Löschungsverfahren anwendbaren
zivilprozessualen Regelun-gen sind
auch die in den §§
322, 325 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsge-danken
zu zählen, deren Sinn in der endgültigen Befriedung eines kontradiktori-schen Parteienstreits liegt, der über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt werden soll ([X.]Z 123, 30, 33 f.

Indorektal
II;
[X.]Z 182, 325 Rn.
18

Lego-stein; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheber-recht Medienrecht, 3.
Aufl., §
56
[X.]
Rn.
1). Das konkrete, auf einen be-stimmten [X.] gestützte Löschungsverlangen ist einem prozessualen Streitgegenstand hinreichend vergleichbar ([X.]Z 123, 30, 34

Indorektal
II).
Dar-aus ergibt sich, dass der das Verfahren einleitende Akt nicht nur das
im Antrag umschriebene [X.], sondern auch die Angabe eines Antragsgrundes enthalten muss, aus dem der Antragsteller die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. zum zweigliedrigen [X.] im Zivilprozess [X.], Urteil vom 7.
April 2011
I
ZR
34/09, [X.], 742 Rn.
14 = [X.], 873

Leistungspakete im Preisvergleich; Urteil
vom 13.
September 2012
I
ZR
230/11, [X.]Z 194, 314 Rn.
18
Biomineralwasser). Dem
Erfordernis, dass der verfah-renseinleitende Antrag
den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der be-gehrten Entscheidung
erkennen lassen und so den Streitgegenstand fixieren muss, dient die Bestimmung des §
253 Abs.
2
Nr. 2
ZPO
(vgl. [X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl., §
253 Rn.
13; [X.] in [X.].ZPO, 4.
Aufl., §
253 Rn.
4; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 12.
Aufl., §
253 Rn.
1).

13
-
7
-
(2) Besonderheiten des markenrechtlichen Löschungsverfahrens gemäß §§
54, 50 [X.], die der
entsprechenden Anwendung von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat das [X.] zutreffend angenommen, dass sich ein weiterer Grund für das Erfordernis
der
An-gabe eines konkreten [X.]es
im Sinne von §
8 Abs.
2 [X.]
auch aus der Regelung einer Antragsfrist
des §
50
Abs.
2
Satz
2 [X.]
ergibt. Diese Frist hat der Gesetzgeber
nicht für alle absoluten
Schutzhindernisse gemäß §
8
Abs.
2
[X.] vorgesehen, sondern nur für die in
den Nummern
1 bis 3
dieser Bestimmung angeführten Tatbestände.
Dem Patent-
und Markenamt ist eine Überprüfung des Fristerfordernisses bei
Marken, die
wie im Streitfall

vor mehr als zehn Jahren eingetragen wurden,
mithin nur möglich, wenn der Antragsteller konkrete Schutzhindernisse benennt, auf die er den Löschungsantrag stützt.
[X.]) Entgegen der Ansicht der
Rechtsbeschwerde ist
der Löschungsantrag nicht
bereits deshalb zulässig, weil die Antragstellerin den Antrag unter Verwen-dung des vom [X.]n Patent-
und Markenamt herausgegebenen Formblatts gestellt
und dieses eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Tatbeständen des §
8 [X.] im Zeitpunkt der Antragstellung nicht vorgesehen hat.
(1) Die
Rüge der Rechtsbeschwerde kann bereits aus tatsächlichen Gründen keinen Erfolg haben. Es fehlt an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme, die Antragstellerin sei durch die Gestaltung des amtlichen Formblatts von der verfah-rensrechtlich erforderlichen
Angabe eines konkreten [X.]es abgehal-ten worden. Zwar hat
das Formblatt für die Angabe des [X.]es sei-nerzeit lediglich die durch Ankreuzen auszuwählenden Möglichkeiten

Die
Marke ist entgegen §
3 [X.] eingetragen worden

50 Abs.
1 i.V.m. §
3 [X.]).

Die
Marke ist entgegen §
7
[X.] eingetragen worden (§
50 Abs.
1 i.V.m. §
7
[X.]).

Die
Marke ist entgegen §
8 [X.] eingetragen worden (§
50 Abs.
1 i.V.m. §
8 [X.]).
14
15
-
8
-
vorgesehen. In dem Formular ließen
sich allerdings
keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass ergänzende Angaben
in dem Formular selbst oder einer Anlage
nicht erforderlich oder sogar nicht erlaubt waren.

(2) Der Gestaltung des [X.] kommt außerdem auch aus [X.] keine für die
Voraussetzungen der
Zulässigkeit des Antrags maßgebliche Be-deutung zu. Zwar
bestimmt §
41 Abs.
1 [X.], dass der Löschungsantrag unter Verwendung des vom [X.]n Patent-
und Markenamt herausgegebenen Formblatts gestellt werden soll. Dieser lediglich als "Soll"-Bestimmung gefassten Formvorschrift lässt sich jedoch keine abschließende Regelung der Zulässigkeits-voraussetzungen des Löschungsantrags
entnehmen. Das
[X.] Patent-
und Markenamt kann
durch §
41 Abs.
1 [X.] nicht mit den Vorgaben seines Formblatts die im kontradiktorischen Löschungsverfahren heranzuziehenden zivil-prozessualen Grundsätze ausschließen oder einschränken.
b)
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich eine hinreichend bestimmte Angabe des konkreten [X.]es im Streitfall
nicht durch eine Auslegung des Löschungsantrags in Verbindung mit den von der Antragstellerin im
Verfahren
vorgelegten Anlagen.
aa) Das [X.] ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, es sei nach dem Grundsatz der Amtsermittlung nicht geboten
gewesen,
die
Anlagen durchzusehen und daraus Schlüsse auf das Begehren der Antragstellerin zu zie-hen.
Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin haben
gegenüber dem [X.]n Patent-
und Markenamt
keine schriftsätzlichen Ausführungen zum [X.] gemacht. Sie haben vielmehr nur
zu der Frage vorgetragen, ob
dem
Antrag der Markeninhaberin auf
Wiedereinsetzung in die
von dieser versäum-te
Widerspruchsfrist
zu entsprechen sei. Allein im Hinblick auf die Behauptung, 16
17
18
19
-
9
-
den Verfahrensbevollmächtigten
der Markeninhaberin
sei bekannt gewesen, dass ein Löschungsverfahren gemäß §
50 [X.] anhängig gewesen sei, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin
auf die eingereichte Schutzschrift verwiesen. Dieses Prozessverhalten genügt nicht den Anforderungen, die ent-sprechend §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO an die konkrete Angabe des [X.] zu stellen sind.
[X.]) Das [X.] hat ferner angenommen, aus den von der [X.] eingereichten Anlagen seien
keine zweifelsfreien
Schlüsse auf ihr Be-gehren zu ziehen
gewesen. Zum Beleg dafür, dass die Markeninhaberin Kenntnis von dem Löschungsantrag gehabt habe, habe sie eine
Schutzschrift der Antrag-stellervertreter
vom 17.
November 2011 vorgelegt. Dort
sei zwar ausgeführt [X.], die Markeninhaberin sehe sich dem Vorwurf ausgesetzt, [X.] angemeldet zu haben.
Dieser Hinweis lasse sich jedoch schon nicht konkret auf die im Streitfall maßgebliche Marke Nr.
DD
650
007 beziehen. Auch lasse die Schutzschrift nicht erkennen, auf welchen Anspruch sich die Antragstellerin [X.] stützen wollte. Sie habe keine Begründung gegeben, die eindeutig auf §
8 Abs.
2 Nr.
10 [X.] abstellte. Diese Beurteilung lässt
ebenfalls
keinen Rechts-fehler erkennen.
(1) [X.] meint, entgegen der Ansicht des Bundespatent-gerichts ergebe sich aus dem Inhalt der Schutzschrift vom 17.
November 2011
sehr wohl, dass die Markeninhaberin im vorliegenden Verfahren jedenfalls (auch) dem Vorwurf der bösgläubigen Markenanmeldung nach §
8 Abs.
2 Nr.
10 [X.]
ausgesetzt sein sollte. Damit dringt die
Rechtsbeschwerde nicht durch. Das [X.] hat den Inhalt der Schutzschrift zutreffend gewürdigt.
(2) [X.] macht ferner ohne Erfolg geltend, der Zulässigkeit des auf §
8 Abs.
2 Nr.
10 [X.] gestützten Löschungsantrags stehe nicht [X.], dass der Antrag darüber hinaus möglicherweise auf weitere absolute 20
21
22
-
10
-
Schutzhindernisse im Sinne von
§
8 Abs.
2 Nr.
1 bis 3 [X.] habe gestützt werden sollen. Das [X.] hat nicht angenommen, dass der [X.] nicht hinreichend begründet sei, weil die Antragstellerin in der Schutzschrift mehrere absolute Schutzhindernisse geltend gemacht habe.
c)
Die
Rechtsbeschwerde hat jedoch
Erfolg, soweit
sie
geltend
macht, das
[X.] Patent-
und Markenamt habe den Antrag rechtsfehlerhaft als unzulässig zurückgewiesen, weil es
der Antragstellerin zuvor keine Gelegenheit gegeben
ha-be, den bestehenden Begründungsmangel zu beheben.
aa) Gemäß §
59 Abs.
2 [X.] hat das [X.] Patent-
und Markenamt einem Verfahrensbeteiligten innerhalb einer bestimmten Frist Gelegenheit zur Äu-ßerung zu geben, wenn die Entscheidung auf Umstände gestützt wird, die dem Verfahrensbeteiligten noch nicht mitgeteilt waren. Mit dieser Bestimmung wird auch für das patentamtliche Verfahren der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) gesetzlich festgelegt ([X.] in [X.]/[X.] aaO §
59 Rn.
14; [X.]/[X.]/[X.] aaO §
59
[X.]
Rn.
20; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., §
59 Rn.
8). Die Bestimmung des Art.
103 Abs.
1
GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Ge-legenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegen-den Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Aus ihr ergibt sich zwar keine Verpflichtung des Gerichts, vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffas-sung hinzuweisen oder allgemein von seinem Frage-
und Aufklärungsrecht Ge-brauch zu machen. Es stellt jedoch eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt
oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhaf-ter und kundiger Verfahrensbeteiligter

selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen

nach dem bisherigen [X.] nicht zu rechnen brauchte, weil dies im Ergebnis der Verhinderung des Vortrags eines Verfahrensbeteiligten gleichkommt (vgl. [X.] 84, 188, 190; [X.], NJW 23
24
-
11
-
1994, 1274; [X.], Beschluss vom 24.
Juni 2010
I
ZB
40/09, [X.], 1034 Rn.
11 = [X.], 1399
[X.]).
[X.]) Nach diesen für das markenrechtliche Löschungsverfahren entsprechend geltenden Grundsätzen
war das [X.] Patent-
und Markenamt gehalten, die Antragstellerin auf die Mängel des Löschungsantrags hinzuweisen.
Entgegen der Ansicht des [X.]
verstößt ein solcher Hinweis nicht gegen die Neutralitätspflicht des [X.]n Patent-
und Markenamtes. [X.] haben auch die Zivilgerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bun-desgerichtshofs
den Kläger auf Mängel beim notwendigen Inhalt der Klageschrift
hinzuweisen
(vgl. zu §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO [X.], Urteil vom 12.
Dezember 2012

VIII
ZR
307/11, [X.], 387 Rn.
29, [X.]; [X.]/[X.] aaO §
253 Rn.
23;
Bacher in BeckOK
ZPO, Stand 1.
Dezember
2015, §
253 Rn.
80).
Dies gilt auch
im markenamtlichen Löschungsverfahren
im Hinblick auf den notwendigen Inhalt des Antrags
gemäß §
54 Abs.
1 [X.].
Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint, läuft ein Hinweis auf die nicht ordnungsgemäße Begründung des Löschungsantrags auch nicht auf die
Möglichkeit hinaus, der Antragstellerin neue [X.] nahezulegen, die in ihrem Sachvortrag nicht einmal andeutungsweise enthalten waren. Die Antragstel-lerin hat ihren Löschungsantrag damit begründet, dass die angegriffene Marke der Markeninhaberin entgegen §
8 [X.] eingetragen worden ist. Der im Streitfall gebotene Hinweis des [X.]n Patent-
und Markenamtes betrifft keinen
voll-ständig neuen [X.], sondern ist lediglich auf die nähere Konkretisie-rung der in §
8 [X.] angeführten Schutzhindernisse
gerichtet.
Ein Hinweis war vorliegend nicht deshalb entbehrlich, weil ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter
nach dem bisherigen [X.] damit rechnen musste, dass
die Zulässigkeit des Löschungsantrags wegen absoluter 25
26
27
28
-
12
-
Schutzhindernisse gemäß §
54 Abs.
1 [X.] die Angabe des oder der konkre-ten Schutzhindernisse im Sinne von §
8 Abs.
2 [X.]
erfordert. Ein solches Er-fordernis ist bislang von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht aufgestellt worden. Der Vorhersehbarkeit steht außerdem die Gestaltung des gemäß §
41 Abs.
1 [X.] vom [X.]n Patent-
und Markenamtes herausgegebenen Formblatts entgegen. Dessen Gestaltung zum Zeitpunkt der Antragstellung
schloss
zwar eine differenzierte Angabe des Schutzhindernisses nicht aus, legte eine solche Angabe aber auch nicht nahe, sondern
sah
ausdrücklich lediglich die formularmäßige
Angabe
eines Verstoßes gegen §
8 [X.] vor.
[X.]) Die Entscheidung des [X.] beruht auf dem Versagen des rechtlichen Gehörs.
(1) [X.] im Sinne von §
59 Abs.
2 [X.] setzt voraus, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Versagen des rechtlichen Gehörs beruht oder beruhen kann.
Liegt der Gehörsverstoß in der Verletzung einer Hinweis-pflicht, muss mit der Rüge ausgeführt werden, wie die betreffende Partei auf einen Hinweis reagiert hätte, weil nur so das Rechtsbeschwerdegericht beurteilen kann, ob die angefochtene Entscheidung auf dem
Gehörverstoß beruht (vgl. zu §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.], [X.], 1034 Rn.
17
[X.]; [X.], Beschluss vom 11.
April 2013
I
ZB
91/11, [X.], 1276 Rn.
25 = WRP 2013, 1608

MetroLinien).
(2) Diesen Anforderungen genügt die Rechtsbeschwerde. Sie hat geltend gemacht, die Antragstellerin hätte ihren Löschungsantrag auf einen Hinweis des [X.]n Patent-
und Markenamtes auf die absoluten Schutzhindernisse gemäß §
8 Abs.
2 Nr.
1 und Nr.
10 [X.] gestützt. [X.] hat ferner ausgeführt, die Antragstellerin hätte ihren Vortrag zum Gesichtspunkt einer bös-gläubigen Markenanmeldung im
Sinne von §
8 Abs.
2 Nr.
10 [X.] erforderli-chenfalls weiter konkretisiert und im Einzelnen dargelegt, dass die angegriffene 29
30
31
-
13
-
Marke in Kenntnis des Besitzstandes des [X.] Unternehmens K.

AG zum Zwecke der
Aussperrung dieses Unternehmens angemeldet worden
sei.
[X.] Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das [X.] Patent-
und Markenamt bei Berücksichtigung dieser Umstände zu einer anderen Beurteilung
der Zulässigkeit des Löschungsantrags
gelangt wäre.
Entsprechendes gilt für die Beurteilung des [X.] im Beschwerdeverfahren. Das Bundespa-tentgericht hat den im Löschungsverfahren
vor dem [X.]n Patent-
und Mar-kenamt entstandenen
Verfahrensmangel im Beschwerdeverfahren perpetuiert.
3. Die Entscheidung des [X.] kann danach nicht [X.] werden. Sie ist aufzuheben und die Sache ist an das Bundespatentge-richt zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§
89 Abs.
4 Satz
1 [X.]).
IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass es im Streitfall nicht darauf ankommt, ob die Markeninhaberin dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen hat oder ob ihr insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gemäß § 91 [X.] zu gewähren ist, weil der Löschungsantrag zunächst unzulässig war.
Die Löschung einer Marke wegen des Ausbleibens ei-nes Widerspruchs
gegen den Löschungsantrag gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.]
setzt zumindest voraus, dass der Löschungsantrag zulässig ist (vgl. [X.] in Ekey/[X.]/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl., § 54 [X.] Rn. 25; sogar
eine Schlüssigkeit
halten
für erforderlich [X.]
in
[X.]/
[X.] aaO § 54 Rn. 18; v. Gamm in Büscher/[X.]/[X.] aaO § 54 [X.] Rn. 10; [X.] in BeckOK [X.], Stand 1.
November 2015, § 54 [X.] Rn. 43; vgl. auch Fezer, [X.], 4. Aufl., § 54 Rn. 3, der einen ordnungsgemä-ßen,
nicht offensichtlich unbegründeten
Löschungsantrag für erforderlich hält; ge-32
33
34
35
-
14
-
gen das Erfordernis einer Schlüssigkeitsprüfung
[X.]/[X.] aaO § 54 Rn. 8). Im Streitfall fehlt es bereits an einem zulässigen Löschungsantrag, weil die [X.] kein konkretes absolutes Schutzhindernis im Sinne von § 8, 50 Abs. 1 [X.] angegeben hat. Durch einen unzulässigen Löschungsantrag wird die Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht in Gang gesetzt.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Löffler
Schwonke
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 01.07.2014 -
27 W(pat) 36/13 -

Meta

I ZB 87/14

11.02.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2016, Az. I ZB 87/14 (REWIS RS 2016, 16375)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16375

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 87/14 (Bundesgerichtshof)

Markenrechtliches Löschungsverfahren: Erfordernis der Angabe eines konkreten absoluten Schutzhindernisses im Löschungsantrag; Ingangsetzung der Widerspruchsfrist; Gehörsverstoß …


27 W (pat) 36/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Turnschuh (Bildmarke)" – zur Zulässigkeit des Löschungsantrags – zum Erfordernis der …


I ZB 105/16 (Bundesgerichtshof)


I ZB 105/16 (Bundesgerichtshof)

Markenlöschungsverfahren: Zulässigkeit der Erweiterung des Löschungsantrags auf andere Schutzhindernisse; Vorliegen einer durch die Art der …


I ZB 106/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

25 W (pat) 8/09

Zitiert

I ZB 87/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.