Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2017, Az. XI ZR 796/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 397

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:191217UXIZR796.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XI [X.]
Verkündet am:

19. Dezember 2017

Herrwerth

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
GG Art. 25
GVG § 20 Abs. 2
Zum
Grundsatz der [X.], wenn die Klage auf Rückzahlungsan-sprüche aus Staatsanleihen gestützt ist, die infolge der nachträglich durch [X.] eingeführten Allgemeinverbindlichkeitserklärung einer Gläubigerentschei-dung gegen andere Staatsanleihen ausgetauscht worden sind (Fortführung von [X.], Urteil vom 8.
März 2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191).

[X.], Urteil vom 19. Dezember 2017 -
XI [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19.
Dezember 2017
durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, die Richter Maihold
und Dr.
[X.] sowie die Richterinnen Dr.
Derstadt
und Dr.
Dauber
für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
Juli
2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger machen gegen die [X.] Zahlungsansprüche aus von dieser emittierten Staatsanleihen geltend, die im März 2012 eingezo-gen und durch neue Anleihen mit einem niedrigeren Nennwert ersetzt wurden.
Im
September 2010 und im März 2011 erwarben die Kläger von der [X.]
in den Jahren 1998 und 2003 emittierte ISIN-GR-Anleihen
und zahlten dafür insgesamt 41.571,41

. Bei den Anleihen, deren Anleihebedingungen [X.] (sog. Collective Action Clauses) enthielten, handelte es sich um dematerialisierte Wertpapiere, die im Girosystem der [X.] Zentralbank registriert waren und die zunächst nur an in diesem System re-gistrierte "Träger" ausgegeben wurden.
1
2
-
3
-
Der Kläger zu 1 erwarb über die H.

Sparkasse AG bzw. über die
c.

bank AG Anleihen mit einem
Nennwert von insgesamt
24.000

. Die Klägerin zu 2 erwarb über die D.

Bank Privat-
und Geschäftskunden AG Anleihen mit einem Nominalwert von 20.000

Auf den
den Klägern erteilten Abrechnungen zu den getätigten Anleihekäufen findet sich jeweils der
Hinweis "[X.]" bzw. "Verwahrungs-Art: Wertpapierrechnung [X.]".
Im Zuge der Restrukturierung des [X.] Staatshaushaltes wurde durch das [X.] Gesetz 4050/2012 vom 23.
Februar 2012
geregelt, dass durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger Anleihebedingungen geän-dert und
ein Umtausch von Anleihen gegen neue Anleihen vorgesehen werden können und diese Entscheidung sodann durch Beschluss des Ministerrates der Beklagten
für allgemeinverbindlich erklärt werden kann. Nach dem [X.], dass die überstimmte Minderheit der [X.] an den Mehrheitsbeschluss gebunden ist
und dieser Vorrang vor ge-genteiligen Gesetzesbestimmungen, Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen hat.
Überdies
führt im Fall eines Austausches der betroffenen Titel die Einbu-chung der neuen Titel im Girosystem zur Aufhebung aller Rechte und [X.] aus den alten Titeln. Eine Änderung der betroffenen Anleihen
erfordert, dass die Anleihegläubiger sich an der Abstimmung über die Änderung bzw. den Umtausch mit einem Quorum von mindestens 50% des ausstehenden [X.] beteiligen und eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln des teilneh-menden Kapitals dem Änderungsvorschlag zustimmt.
Am 24.
Februar 2012 richtete sich die Beklagte an Investoren, die direkt am Girosystem der [X.] Zentralbank beteiligt waren,
und lud diese zur Teilnahme an der Umschuldung ein. Sie bot an, die betroffenen [X.] gegen neue Staatsanleihen und Schuldverschreibungen mit einem um 53,5% verringerten Nennwert umzutauschen.

3
4
5
-
4
-
Die an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger repräsentierten zu-sammen 91,5% des ausstehenden [X.] und 94,34% des teil-nehmenden Kapitals stimmten
für den Änderungsvorschlag. Mit ihrer Billigung durch Beschluss des [X.] der Beklagten vom 9.
März
2012 wurde diese Mehrheitsentscheidung allgemeinverbindlich. Aufgrund dessen wurden am 12.
März
2012 die alten Anleihen eingezogen, womit sämtliche aus ihnen resul-tierenden Rechte und Pflichten erloschen, und
die neuen Anleihen in das Giro-system der [X.] Zentralbank eingebucht. Daraufhin
wurden auch in den Depotbeständen der Kläger, die dem Umtausch nicht zugestimmt hatten,
die alten Anleihen ausgebucht und gleichzeitig die neuen Anleihen mit geringerem Nennwert sowie anderer Stückelung und Laufzeit
eingebucht.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger
Zahlung des für den Erwerb der [X.] investierten Kapitals abzüglich vereinnahmter Zahlungen, Zug um Zug gegen Abtretung der im März 2012 eingebuchten Anleihen,
und
Ersatz entgan-genen Gewinns aus einer alternativen Festzinsanlage.
Die Kläger stützen sich
in erster Linie
auf von ihnen behauptete vertragliche Ansprüche auf Rückzah-lung der ursprünglich erworbenen Staatsanleihen bzw. auf Schadensersatz we-gen Nichterfüllung und hilfsweise auf Schadensersatzansprüche wegen [X.] vorsätzlicher Schädigung beziehungsweise wegen rechtswidriger
Ent-eignung oder enteignungsgleichen Eingriffs.
Das Landgericht
hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da der Klage der Grundsatz der [X.] entgegenstehe. Auf die Frage der interna-tionalen Zuständigkeit komme es somit nicht an. Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungsbegehren weiter.

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-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner
in [X.], 285 veröf-fentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse,
im Wesentlichen ausgeführt:
Das
Landgericht habe die Klage mit Recht als unzulässig abgewiesen, weil die [X.] Gerichtsbarkeit nicht eröffnet sei. Dies sei bereits höchstrich-terlich
geklärt, soweit die Kläger Schadensersatzansprüche wegen sittenwidri-ger Schädigung bzw. wegen rechtswidriger Enteignung oder enteignungsglei-chen Eingriffs geltend machten.
Die Beklagte könne sich aber auch bezüglich vertraglicher Erfüllungs-
und Nichterfüllungsansprüche auf die [X.] berufen.
Denn auch insoweit seien die
Umschuldungsmaßnahmen und nicht die verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrags von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs Gegenstand des Rechtsstreits.
Bei einer Entscheidung über Ansprüche aus dem [X.] wäre über die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten durchgeführten Umschuldungsmaßnahmen zu befinden, da auch die Kläger davon ausgingen, dass [X.] aus den ursprünglichen Anleihen nur dann noch exis-tieren könnten, wenn das Gesetz "rechtswidrig" sei. Überdies bleibe ein Staat auch als Marktteilnehmer ein spezieller Vertragspartner. Er behalte auch bei seinem Auftreten als Marktteilnehmer grundsätzlich seine hoheitlichen Rechte und könne sich, wenn er diese im Rahmen des Vertragsverhältnisses ausübe, auf seine [X.] berufen. Denn wenn der Staat gezielt durch hoheit-liches Handeln das Vertragsverhältnis störe, erscheine es nicht möglich, in ei-9
10
11
-
6
-
ner nachfolgend gegen den Staat gerichteten Haftungsklage keine Infragestel-lung von Handlungen in Ausübung
hoheitlicher Rechte zu sehen.
Überdies wären die [X.]n Gerichte jedenfalls international nicht zu-ständig.
Es
handele sich schon nicht um eine Zivil-
oder Handelssache im [X.] von Art.
1 Abs.
1 der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (nachfol-gend: [X.] aF). Überdies seien weder die Voraussetzungen des [X.] gemäß Art.
15 Abs.
1 Buchst.
c, Art.
16 Abs.
1 [X.] aF gegeben
noch liege der gemäß Art.
5 Nr.
1 Buchst.
a [X.] aF maßgebliche Erfüllungsort im Bezirk des [X.].

II.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Grund-satz der [X.] der Klage insgesamt entgegensteht.
a) Die Frage, ob die [X.] Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der [X.] eröffnet ist, ist von Amts wegen ([X.] 46, 342, 359; [X.], Urteile vom 9.
Juli
2009

III
ZR 46/08, [X.]Z 182, 10 Rn.
20 mwN, vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
11 und vom 24.
März
2016

VII
ZR 150/15, [X.]Z 209, 290 Rn.
16) und vor Ermittlung der internationalen Zustän-digkeit ([X.], Urteil vom 8.
März
2016, aaO, und Beschluss vom 26.
November 2015

III
ZR 26/15, juris Rn.
3; Stürner, [X.] 2008, 197, 203 mwN; Wagner, [X.] 2014, 260, 261) zu prüfen.

12
13
14
15
-
7
-
b) Soweit im Völkerrecht in einem allgemeinen Sinne von [X.]immu-nität die Rede ist, bezieht sich diese auf den völkergewohnheitsrechtlich aner-kannten Grundsatz, dass ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichts-barkeit unterworfen ist. Allerdings hat das Recht der allgemeinen [X.]immu-nität, nicht zuletzt wegen des zunehmend kommerziellen grenzüberschreiten-den Tätigwerdens staatlicher Stellen, einen Wandel von einem absoluten zu einem nur mehr relativen Recht durchlaufen. Es ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für [X.] ("acta iure gestionis") genießt (vgl. [X.] 16, 27, 33 ff.; 117, 141, 152 f.; [X.], NJW 2014, 1723 Rn.
19; [X.], Urteil vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
12). [X.] besteht aber nach dem als Bundesrecht im Sinne von Art.
25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohn-heitsrecht auch heute noch weitgehend uneingeschränkt für solche Akte, die hoheitliches Handeln eines Staates darstellen ("acta iure imperii"), soweit der ausländische Staat auf sie nicht verzichtet. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen [X.], was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von [X.] und dem [X.] folgenden Rechtsprinzip, dass [X.] nicht übereinander zu Gericht sit-zen, nicht vereinbar wäre (vgl. [X.] 117, 141, 152 f.; [X.], NJW 2014, 1723 Rn.
19
f.; [X.], Urteile vom 26.
September 1978

VI
ZR 267/76, [X.], 586 und vom 8.
März
2016, aaO).
Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher
Staatstätig-keit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck. Sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines Staates, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die [X.] der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden 16
17
-
8
-
Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist ([X.] 16, 27, 61 f.; [X.], Urteil vom
8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
14 und Beschluss vom 30.
Januar 2013

III
ZB 40/12, [X.], 1903 Rn.
11).
Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen ([X.] 16, 27, 62; [X.], NJW 2014, 1723 Rn.
21; [X.], Urteil vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
15), hier also nach [X.] Recht.
Die Heranziehung nationaler Regelungen zur Unterscheidung hoheitlichen staatlichen Handelns von nicht-hoheitlichem staatlichem Handeln findet erst dort ihre Grenze, wo der unter den [X.] allgemein anerkannte Bereich hoheitlicher Tätigkeit berührt ist. Das betrifft etwa die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (vgl. [X.] 16, 27, 63; [X.], NJW
2014, 1723 Rn.
21; [X.], Urteil vom 8.
März
2016, aaO). Insoweit kann es aus-nahmsweise geboten sein, eine nach nationalem Recht als privatrechtlich ein-zuordnende Tätigkeit eines ausländischen Staates gleichwohl als der [X.]immunität unterfallenden Akt iure imperii zu qualifizieren, wenn dieser zum Kernbereich völkerrechtlich anerkannter Staatsgewalt zu rechnen ist (vgl. [X.] 16, 27, 63 f.; [X.], NJW
2014, 1723 Rn.
21; [X.], Urteil vom 8.
März
2016, aaO).
c) Nach diesen Grundsätzen steht

wie das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unangegriffen angenommen hat

der Klage der Grund-satz der [X.] entgegen, soweit sie (hilfsweise) auf [X.] wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung bzw. wegen rechtswidriger Enteignung oder enteignungsgleichen Eingriffs gestützt ist. Inso-weit besteht das maßgebliche, potentiell haftungsbegründende Verhalten der Beklagten im Erlass des [X.] vom 23.
Februar 2012 sowie dem Beschluss des [X.] vom 9.
März
2012, aufgrund derer die Mehrheits-18
19
-
9
-
entscheidung der Gläubiger über das Umtauschangebot allgemeinverbindlich wurde und bei denen es sich um hoheitliche Maßnahmen handelt,
deren Rechtmäßigkeitskontrolle der Grundsatz der [X.] verhindern will ([X.], Urteil vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.] 209, 191 Rn.
19
ff.).
d) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen, dass der Klage der Grundsatz der [X.] auch insoweit entgegensteht, als sie auf vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglich erworbenen Staatsanleihen bzw. auf vertragliche Ersatz-ansprüche wegen deren Nichterfüllung gestützt ist (ebenso [X.], Ur-teil vom 8.
Dezember 2016

14
U 4840/15, juris Rn.
145
ff.;
[X.], Urteil vom 26.
Mai 2017

6
U 1/17, n.v. Umdruck S. 11 ff.; [X.], Urteil vom 21.
Juni 2017

5
U 1533/16, n.v. Umdruck S. 7; [X.], Urteil vom 21.
Juli 2017

16
U 85/16,
n.v. Umdruck S. 21 ff.; [X.], Urteil vom 1.
September 2017

6
[X.], n.v. Umdruck S. 12 ff.; [X.], Urteil vom 1.
September 2017

1
U 145/16, n.v. Umdruck S. 8 ff.; KG, Urteil vom 11.
September 2017

10
U 173/15, n.v. Umdruck S. 6 ff.; [X.], Urteil vom 19.
November 2013

2
O 132/13, [X.]. 2013 Nr.
172 S. 370, 372; [X.], [X.] 2016, 76, 77 ff.; [X.], Urteil vom 16.
November 2015

21
O 1342/14, BeckRS 2015, 116949 Rn.
16; [X.], Urteile vom 19.
Oktober 2016

1
O 216/14, juris Rn.
130 ff. und vom 14.
Dezember 2016

1
O 317/13, juris Rn.
52
ff.; Freitag in [X.]/[X.], Internationales Ver-tragsrecht, 8.
Aufl., Rn.
6.657).
aa) Zwar stellt die [X.] durch Emission von Staatsanleihen
nach ganz überwiegender Ansicht ein nicht-hoheitliches Handeln dar (vgl. nur [X.] 117, 141, 153; [X.], Urteil vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
17; [X.], [X.], 1878, 1880;
[X.], [X.], 1590, 1594 mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 11.
Juni
2015

[X.]/13, [X.]/13, [X.]/13, [X.], Fahnenbrock u.a., [X.], 1250 Rn.
53).

20
21
-
10
-
Nach der oben dargestellten Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität aber nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten ([X.], Urteil vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
17). Demgemäß hat das Bundesverfas-sungsgericht in einem Fall, dem eine Lohnzahlungsklage gegen den [X.] zugrunde lag (vgl. [X.], 244 Rn.
6), der den Nettolohn eines bei ihm in [X.] beschäftigten Staatsbürgers wegen der Einführung einer Quellensteuer in Höhe von 5% des [X.] gekürzt hatte, die
Immunität mit der Begründung bejaht, Gegenstand des Rechtsstreits sei die hoheitlich zu beurteilende Besteuerung mit der ausländischen Quellensteuer durch den [X.], nicht die unterbliebene vollständige Auszahlung eines im privat-rechtlichen Arbeitsverhältnis vom beklagten Staat als Arbeitgeber geschuldeten ([X.] ([X.], NJW 2014, 1723 Rn.
22). Damit hat
das [X.] nicht auf die teilweise Nichtzahlung des Arbeitsentgelts abge-stellt, sondern auf den Grund für diese Nichtzahlung, nämlich die Steuererhe-bung.
bb) Nach diesen Maßgaben ist für die Beurteilung der Immunität im vor-liegenden Fall unabhängig von der rechtlichen Einkleidung der geltend gemach-ten Zahlungsansprüche nicht die Rechtsnatur der [X.] durch
Emis-sion von Staatsanleihen, sondern die Rechtsnatur der hoheitlichen Maßnahmen der Beklagten, die letztlich zur Ausbuchung der Anleihen aus den Wertpapier-depots der Kläger führten, maßgeblich ([X.], Urteil vom 8.
Dezember 2016

14
U 4840/15, juris Rn.
146 ff.; [X.], Urteil vom 19.
November 2013

2
O 132/13, [X.]. 2013 Nr.
172 S.
372; [X.], [X.] 2016, 76, 77; [X.], Urteile vom 19.
Oktober 2016

1
O 216/14, juris Rn.
131 und vom 14.
Dezember 2016

1
O 317/13, juris Rn.
53).
(1) Auch wenn sich die Kläger darauf berufen, vertragliche Erfüllungsan-sprüche aus den ursprünglich von ihnen erworbenen Staatsanleihen bzw. ver-22
23
24
-
11
-
tragliche Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend zu machen, ist

wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat

zu
berücksichtigen, dass Gegenstand des Rechtsstreits nicht einfach die im Zeitpunkt der Fälligkeit verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs ist (ebenso [X.], Urteil vom 8.
Dezember 2016

14
U 4840/15, juris Rn.
147; [X.], Urteil vom 19.
Oktober 2016

1
O 216/14, juris Rn.
132; KG, Urteil vom 11.
September 2017

10
U 173/15, n.v. Umdruck S. 7). Denn bei den streitgegenständlichen Anleihen handelt es sich um (dematerialisierte) Wertpapiere, die [X.]m Recht unterlagen,
im System
der [X.] Zentralbank geführt wurden und vor Eintritt ihrer Fälligkeit auf der Grundlage des [X.] und des [X.]beschlusses vom 9.
März
2012 zunächst aus diesem System und in der Folge auch aus den Wertpapierdepots der Kläger ausgebucht wurden. Ferner
ist in dem [X.], dass die Einbuchung der neuen Anleihen im Girosystem zur Aufhebung aller Rechte und Verpflichtungen aus den alten Titeln führt.
Angesichts dieser Umstände
würde die Zuerkennung eines vertraglichen Erfüllungsanspruchs denknotwendig voraussetzen, dass das angerufene [X.] die Rechtswidrigkeit und eine daraus ggf. resultierende Nichtigkeit oder Unbeachtlichkeit des [X.] und des [X.]beschlusses vom 9.
März
2012 feststellt (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Dezember 2016

14
U 4840/15, juris Rn.
149; [X.], [X.] 2016, 76, 78 f.; LG Wupper-tal, Urteil vom 26.
April
2016 -
5 [X.], n.v. Umdruck S. 20).
Damit ist aber gerade eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns der Beklagten erforderlich, die mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von [X.] und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass [X.] nicht
übereinander zu Gericht sitzen, nicht vereinbar wäre (vgl. [X.], [X.], 481, 485). Denn es geht

ebenso wie im Rahmen außervertraglicher Ansprüche

maß-geblich um die Frage, ob der [X.] Gesetzgeber berechtigt war, mit Wir-25
26
-
12
-
kung gegenüber ausländischen Gläubigern, die beim Erwerb der Anleihen in die Geltung seiner Zivilrechtsordnung eingewilligt hatten, gegen deren Willen neue Vorschriften in seine Rechtsordnung einzufügen, welche früher geltende Nor-men ersetzen oder ergänzen. Gerade dadurch ist aber der Grundsatz der [X.]immunität unmittelbar berührt (vgl. [X.], Urteil vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
25; [X.] EWiR 2016, 577, 578).
Noch deutlicher wird

worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist

dieser enge Zusammenhang mit dem unstreitig hoheitlichen Handeln der [X.] durch Gesetz und [X.]beschluss, soweit die Kläger einen ver-traglichen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus §
280 Abs.
1 BGB geltend machen. Denn insofern wird gerade das hoheitliche Handeln der Beklagten als maßgebliche, die Schadensersatzpflicht auslösende Pflichtverlet-zung gerügt.
(2) Die Beklagte
kann

entgegen der Ansicht der Revision (ebenso [X.], [X.], 1878, 1880; [X.], [X.], 1590, 1594; [X.] WuB 2017, 290, 293; [X.] [X.] 2016, 80, 81)

auch nicht mit einem sonstigen Schuldner einer privaten Forderung gleichgesetzt werden, der sich darauf beruft, seine Verbindlichkeit sei durch ein Gesetz oder eine andere hoheitliche Maßnahme erloschen, und dessen Einwendung nach dem anwend-baren materiellen Recht zu prüfen ist
([X.], Urteil vom 1. September 2017 -
6 [X.], n.v. Umdruck S. 14 f.). Denn die Beklagte hat hier die zum Erlö-schen ihrer Verbindlichkeit führenden Maßnahmen
selbst in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger durch Parlamentsgesetz und [X.]beschluss erlassen, während einem privaten Schuldner ein gesetzlicher Eingriff in vertragliche [X.] ist ([X.], Urteil vom 1. September 2017, aaO; [X.], Urteil vom 19.
Oktober 2016

1
O 216/14, juris Rn.
132; [X.], [X.], 1793, 1794).
[X.]) Der Einordnung der hier für die Beurteilung der Immunität maßgebli-chen Maßnahmen als hoheitlich steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäi-27
28
29
-
13
-
schen Union (nachfolgend:
[X.]) vom 11.
Juni
2015 ([X.]/13, [X.]/13, [X.]/13, [X.], Fahnenbrock u.a., [X.], 1250) nicht entgegen. Dieses Urteil ist zur Auslegung von Art.
1 Abs.
1 der Verordnung ([X.]) Nr.
1393/2007 des [X.] und des Rates vom 13.
November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-
oder
Han-delssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr.
1348/2000 des Rates ([X.], ABl. L 324, S.
79) ergangen und befasst sich nur mit
der Zustellung von Klagen, also mit der Möglichkeit, einen Sach-verhalt überhaupt zur gerichtlichen Überprüfung zu bringen und die Gelegenheit zur Klärung komplexer juristischer Fragen zu schaffen. Demgemäß hat der [X.] auf die Besonderheiten des unionsrechtlichen Zustellungsrechts abge-stellt, insbesondere auf das mit der [X.] verfolgte Ziel der Schnelligkeit bei der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke und die damit verbundene [X.] auf eine erste Prüfung der vorliegenden Informationen (vgl. [X.], aaO Rn.
46). [X.] stellen sich auf dieser Stufe noch nicht, sondern erst auf der Stufe der Gerichtsbarkeit, die der Zustellung nachgelagert ist ([X.], Urteil vom 8.
März
2016

VI
ZR 516/14, [X.]Z 209, 191 Rn.
24; [X.], [X.] 2015, 503, 504;
Mankowski, [X.], 495, 496).
dd) Der Verneinung der [X.]n Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall steht auch nicht das Urteil des [X.] vom 20.
Juli
2016 (IV
ZR 245/15, [X.], 1586) entgegen
(ebenso [X.], Urteil vom 1. September
2017 -
6 [X.], n.v. Umdruck S. 16). In diesem Urteil
hat der Bundesge-richtshof entschieden, dass eine Klage auf Rückzahlung [X.]r Staatsan-leihen, die von der [X.] wegen des Zwangsumtausches der Anleihen aufgrund des [X.] verweigert wird, vom Deckungs-schutz in der Rechtschutzversicherung nicht durch eine Klausel ausgeschlos-sen ist, nach der Rechtsschutz nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interes-sen in [X.], [X.], Flurbereinigungs-
sowie im Baugesetz-buch geregelten Angelegenheiten besteht ([X.], aaO Rn.
20 ff.). Die Frage der

möglicherweise fehlenden

Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Helleni-30
-
14
-
sche [X.] ist offen gelassen worden, weil dieser Einwand nicht in der gebo-tenen Form und Frist erhoben worden war ([X.], aaO Rn.
32
ff.).
ee) Das Bestehen der [X.]n Gerichtsbarkeit ergibt sich auch nicht aus Art.
10 Abs.
1 des Übereinkommens der [X.] über die Im-munität der [X.] und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2.
Dezember 2004
(ILM 44 (2005), 801, 807), da dieses Übereinkommen bisher nicht in [X.] getreten
und weder von [X.] noch
von [X.] [X.] oder ratifiziert
worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die in diesem Ar-tikel enthaltene Regelung, die überdies die Feststellung einer internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt
(vgl. [X.] (2) S.
34), die Immunität über die oben dargestellte Rechtsprechung hinaus ein-schränken würde und insoweit als Völkergewohnheitsrecht gälte (so zu der [X.] in Art.
11 des Übereinkommens [X.]MR, Urteile vom 23.
März
2010

15869/02, [X.]/[X.], Slg. 2010 -
III, 153 Rn.
66 f. und vom 29.
Juni
2011

34869/05, Sabeh [X.]/[X.], [X.] 2012, 1333 Rn.
54; in Bezug auf Art.
10 offengelassen von [X.], Urteil vom 24.
März
2016

VII
ZR 150/15, [X.]Z 209, 290 Rn.
21 und 24), sind nicht ersichtlich (vgl. [X.], Urteil vom 1.
September 2017

6
[X.], n.v. Umdruck S. 18).
ff) Schließlich steht der Verneinung der [X.]n Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall auch nicht das Urteil des [X.] vom 26.
April
2017 (5
AZR 962/13, [X.] 2017, 611 Rn.
15 ff.)
entgegen. Die diesem Urteil zugrundeliegende Fallkonstellation ist nicht mit der hier in Rede stehenden [X.], da die streitgegenständlichen Anleihen [X.]m Recht unterla-gen, im System der [X.] Zentralbank geführt wurden und aufgrund der streitgegenständlichen hoheitlichen Maßnahmen aus diesem System ausge-bucht und durch neue Anleihen ersetzt wurden.
2. Da die Klage somit schon deshalb unzulässig ist, weil die [X.] Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Auffas-sung des Berufungsgerichts, die internationale Zuständigkeit [X.]r Gerich-31
32
33
-
15
-
te ergebe sich weder aus Art.
15 Abs.
1, Art.
16 Abs.
1 [X.] aF noch aus Art.
5 Nr.
1 Buchst.
a [X.] aF, rechtlicher Überprüfung standhält.

Ellenberger

Maihold

[X.]

Derstadt

Dauber

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.05.2015 -
2 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.07.2016 -
5 U 84/15 -

Meta

XI ZR 796/16

19.12.2017

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2017, Az. XI ZR 796/16 (REWIS RS 2017, 397)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 397

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZR 796/16

6 U 186/16

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