Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.05.2016, Az. 10 C 2/15

10. Senat | REWIS RS 2016, 11542

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Gegenstand

Höchstaltersgrenze für Prüfsachverständige für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen


Leitsatz

Die Gewährleistung der Bausicherheit ist ein legitimes Ziel im Sinne von Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG (juris: EWGV 2000/78), das für Prüfsachverständige für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen die Festsetzung einer generellen Höchstaltersgrenze von 68 Jahren rechtfertigen kann.

Tatbestand

1

Der 1942 geborene Kläger wendet sich gegen die im [X.] für Prüfsachverständige für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen nach der Landesbauordnung geltende [X.] von 68 Jahren.

2

Er war seit 2003 als Sachverständiger für die Prüfung mechanischer Anlagen und Einrichtungen im [X.] anerkannt. Seine Anerkennung erlosch mit Vollendung des 68. Lebensjahres am 1. August 2010. Nachdem der Kläger im April 2011 in [X.] als Prüfsachverständiger für technische Anlagen und Einrichtungen an Gebäuden anerkannt worden war, obwohl er zu diesem Zeitpunkt das 68. Lebensjahr bereits vollendet hatte, beantragte er unter Berufung auf diese Anerkennung im April 2012 seine entsprechende Anerkennung auch im [X.]. Diesen Antrag lehnte das Ministerium für Inneres und Sport des [X.]es mit Bescheid vom 16. Juli 2012 ab. Der erneuten Anerkennung des [X.] stehe die für Prüfsachverständige geltende [X.] von 68 Jahren entgegen.

3

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Anerkennung des bei Antragstellung 69 Jahre alten [X.] als Prüfsachverständiger stehe § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Prüfberechtigten und die Prüfsachverständigen nach der Landesbauordnung ([X.]) entgegen; danach erlösche die Anerkennung mit Vollendung des 68. Lebensjahres. Diese Altersgrenze sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie finde ihre Ermächtigungsgrundlage in § 86 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 5 der Landesbauordnung ([X.]) und widerspreche weder dem [X.] (AGG) noch der Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ([X.] 2000/78/[X.]). Der Landesgesetzgeber verfolge mit der Ermächtigung des Verordnungsgebers, eine Altersgrenze ohne Rücksicht auf die konkrete physische oder geistige Leistungsfähigkeit des einzelnen Prüfsachverständigen festzulegen, das Ziel der Anlagen- und Bautensicherheit. Die Altersgrenze sei deshalb nach Art. 2 Abs. 5 [X.] 2000/78/[X.] gerechtfertigt. Sie diene der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und insbesondere dem Schutz der Gesundheit derjenigen Personen, die sich in Gebäuden oder in der Nähe baulicher Anlagen aufhielten. Um dieses Ziel zu erreichen, sei die Altersgrenze notwendig. Der Gesetzgeber sei nicht gehalten, seine Sicherheitsziele im Wege einer flexiblen Altersgrenze umzusetzen. Die Altersgrenze stehe mit dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot in Einklang. Dieses werde nicht dadurch verletzt, dass die Landesbauordnung nicht für alle am bauordnungsrechtlichen Verfahren beteiligten Personen eine Altersgrenze vorsehe. Schließlich genüge eine Altersgrenze von 68 Jahren den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

4

Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend: Die [X.] könne nicht mit dem Sicherheitsvorbehalt des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/[X.] gerechtfertigt werden. Das Ziel der Bautensicherheit werde durch die [X.] nicht in kohärenter und systematischer Weise verwirklicht. Der Gesetzgeber habe nicht in allen Bereichen des Bundesrechts, in denen gleich gelagerte Sicherheitsbelange betroffen seien, starre [X.]n eingeführt. Auch die Regelungen der Landesbauordnung seien nicht in sich schlüssig, weil sie hinsichtlich der Altersgrenze eine unterschiedliche Behandlung von Prüfsachverständigen einerseits und bauvorlageberechtigten Personen sowie Tragwerksplanern andererseits vorsähen. Zudem sei die starre [X.] nicht im Sinne des Sicherheitsvorbehalts notwendig. Die Bausicherheit könne durch individuelle Überprüfungen der Leistungsfähigkeit älterer Prüfsachverständiger und eine ausreichende Kontrolldichte in kurzen zeitlichen Intervallen sichergestellt werden. Die [X.] verstoße auch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die bisherige Rechtsprechung halte starre [X.]n im Rahmen einer generalisierenden Betrachtung für zulässig, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter größer werde. Dies schließe einen zu großen Personenkreis noch leistungsfähiger Personen von der Berufsausübung aus, was angesichts der Diversifizierung des Alterungsprozesses und des breiteren [X.], in dem die Leistungsfähigkeit nachlasse, nicht gerechtfertigt sei. Seine diesbezüglichen Beweisanträge habe das Berufungsgericht zu Unrecht abgelehnt.

5

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts des [X.]es vom 12. Dezember 2013 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des [X.]es vom 4. Februar 2015 zu ändern und

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, ihn als Sachverständigen für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen in den Fachrichtungen Lüftungsanlagen, CO-Warnanlagen, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen und Feuerlöschanlagen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 TPrüVO) anzuerkennen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass dem Anspruch des [X.] auf Anerkennung als Sachverständiger für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen die Altersgrenze des § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Prüfberechtigten und die [X.]n nach der Landesbauordnung ([X.] - PPVO SL) vom 26. Januar 2011 (Amtsbl. [X.]), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 22. Juni 2015 (Amtsbl. [X.]), entgegensteht. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass diese Altersgrenze eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ([X.]) vom 14. August 2006 ([X.]), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 3. April 2013 ([X.]), darstellt, die jedoch durch den [X.] des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 S. 16) - im Folgenden: [X.]/[X.] - gerechtfertigt ist.

9

1. Das Oberverwaltungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, das der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/[X.] dient, auf [X.] für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen nach der [X.] Landesbauordnung aus (zur entsprechenden Rechtslage in [X.] vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 15 f.). Ebenso zutreffend ist seine Auffassung, die Festlegung einer Altersgrenze für [X.] stelle eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] dar, die nach § 6 Abs. 3 und § 7 Abs. 1 Halbs. 1 [X.] grundsätzlich unzulässig sei und nicht nach § 10 Satz 1 [X.] gerechtfertigt werden könne. Denn die in Rede stehende Altersgrenze für [X.] dient keinem sozialpolitischen Ziel, das die Ungleichbehandlung legitimieren könnte (vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 - BVerwGE 141, 385 Rn. 16 und vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 17). Schließlich konnte das Oberverwaltungsgericht auch ohne Rechtsverstoß die Frage, ob die Benachteiligung wegen des Alters nach § 8 Abs. 1 [X.] gerechtfertigt ist (verneinend für die entsprechende [X.] Regelung: BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 17), für nicht entscheidungserheblich halten. Denn es ist zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die generelle Höchstaltersgrenze für [X.] für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen in den vom Kläger ausgeübten Fachrichtungen durch den [X.] des Art. 2 Abs. 5 [X.]/[X.] gerechtfertigt ist.

2. Nach ihrem Art. 2 Abs. 5 berührt die Richtlinie 2000/78/[X.] nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer [X.] Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Mit Erlass dieses [X.]s wollte der Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet von Beschäftigung und Beruf dem Entstehen eines Spannungsfeldes zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung zum einen und der notwendigen Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit, der Verhütung von Rechtsverstößen sowie dem Schutz der individuellen Rechte und Freiheiten, die für das Funktionieren einer [X.] Gesellschaft unerlässlich sind, zum anderen vorbeugen und vermittelnd eingreifen ([X.], Urteil vom 13. September 2011 - [X.]/09 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] - Rn. 55; BVerwG, Urteile vom 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 - BVerwGE 141, 385 Rn. 23 und vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 18). Der [X.] ist eng auszulegen, weil er eine Abweichung vom Grundsatz des Diskriminierungsverbots begründet ([X.], Urteile vom 12. Januar 2010 - [X.]/08 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] - Rn. 60 und vom 13. September 2011 - [X.]/09, [X.] - Rn. 56; BVerwG, Urteile vom 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 - BVerwGE 141, 385 Rn. 23 und vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 18). Der Bundesgesetzgeber hat den [X.] zwar nicht ausdrücklich in das [X.] aufgenommen, auf ihn aber auch nicht bewusst verzichtet, so dass das Schweigen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anderweitigen Regelungen des innerstaatlichen Rechts außerhalb dieses Gesetzes nicht entgegensteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 - BVerwGE 141, 385 Rn. 24 f. und vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 18).

a) Die Höchstaltersgrenze des § 7 Abs. 1 Nr. 2 PPVO SL dient [X.]n im Sinne von Art. 2 Abs. 5 der [X.]/[X.]. Zwar lässt sich weder dem Text der Vorschrift noch der Begründung des [X.] das mit ihr verfolgte Ziel hinreichend deutlich entnehmen. Der allgemeine Kontext der Regelung sowie das Vorbringen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren ermöglichen jedoch die Feststellung des mit der Maßnahme verfolgten Zieles; darauf kann bei der Auslegung und Anwendung der Richtlinie zurückgegriffen werden (vgl. [X.], Urteile vom 12. Januar 2010 - [X.]/08, [X.] - Rn. 40, vom 21. Juli 2011 - [X.]/10 und [X.]/10 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] und [X.] - Rn. 39; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 19). Nach dem bauordnungsrechtlichen Kontext der Regelung dient die generelle Höchstaltersgrenze für [X.] für die Prüfung technischer Anlagen und Einrichtungen der Gebäudesicherheit, dem Schutz von Leben und Gesundheit der Gebäudenutzer und der Allgemeinheit (Bausicherheit). Überdies hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass mit der Einführung von [X.]n in das [X.] Bauordnungsrecht deren Tätigkeit an die Stelle der bis dahin überkommenen Aufgabenerfüllung durch die Bauaufsichtsbehörde trat. Die Bausicherheit als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit ist ein legitimes Ziel im Sinne des [X.]s des Art. 2 Abs. 5 der [X.]/[X.].

b) Die Altersgrenze für [X.] ist zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des Art. 2 Abs. 5 [X.]/[X.] notwendig. Eine Maßnahme ist im Sinne dieser Regelung notwendig, wenn sie zur Verfolgung eines legitimen Zieles geeignet, erforderlich und angemessen ist und mit dem [X.] in Einklang steht. Diese Voraussetzungen liegen vor.

aa) Die Höchstaltersgrenze für [X.] ist geeignet, zur Bausicherheit beizutragen, indem sie wirksam Risiken ausschließt, die darauf beruhen, dass altersbedingt nicht mehr voll leistungsfähigen [X.]n Fehler bei der Ausübung der Prüftätigkeit unterlaufen. Sie ist zur Förderung der Bausicherheit auch erforderlich. Die Festlegung einer generellen Höchstaltersgrenze für [X.] ohne Rücksicht auf die individuelle körperliche und geistige Verfassung des Betroffenen hält sich im Rahmen der dem Normgeber zustehenden [X.]. Der vom Kläger angeregten Einholung einer Vorabentscheidung durch den [X.] nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]V zu der Frage, ob eine starre Altersgrenze als notwendige Maßnahme im Rahmen von Art. 2 Abs. 5 der [X.]/[X.] gelten könne, bedurfte es nicht. In der Rechtsprechung des [X.]s ist anerkannt, dass ein Mitgliedstaat unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Wertungsspielraums im Rahmen von Art. 2 Abs. 5 der [X.]/[X.] die Festlegung einer Altersgrenze für erforderlich halten darf (vgl. [X.], Urteil vom 12. Januar 2010 - [X.]/08, [X.] - Rn. 52).

Der Festlegung einer starren Höchstaltersgrenze liegt die auch in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte allgemeine Lebenserfahrung zugrunde, wonach mit fortschreitendem Lebensalter ein Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte regelmäßig zu erwarten ist und die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter steigt (vgl. [X.], [X.] vom 26. Januar 2007 - 2 BvR 2408/06 - [X.]K 10, 227 <232 f.>, vom 7. August 2007 - 1 BvR 1941/07 - [X.]K 12, 26 <29 f.> und vom 26. August 2013 - 2 BvR 441/13 - NVwZ 2013, 1540 <1541 f. und 1543>). Das gilt auch unter Berücksichtigung des klägerischen Hinweises, wonach das Altersspektrum, innerhalb dessen die Leistungsfähigkeit abnehme, wegen veränderter [X.] und medizinischer Bedingungen immer breiter werde. Diese tatsächliche Entwicklung führt nicht zu einer Verengung der [X.] des Normgebers. Es bleibt ihm unbenommen, an einer generellen Altersgrenze festzuhalten. Ebenso wenig ist er gehindert, die Altersgrenze auf den Beginn des [X.], innerhalb dessen typischerweise mit einer Leistungsverringerung zu rechnen ist, festzulegen. Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge des [X.] ist unzulässig. Er macht geltend, das Oberverwaltungsgericht hätte seinen Beweisanträgen zu der Behauptung, das Altersspektrum, innerhalb dessen die Leistungsfähigkeit nachlasse, und die Unterschiede im Verlauf des Alterungsprozesses würden immer größer, nachgehen müssen. Dieses [X.] genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Der Kläger legt insbesondere nicht dar, inwiefern die von ihm vermisste Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung des [X.] geführt hätte. Abgesehen davon hat das Berufungsgericht die vom Kläger als beweisbedürftig angesehenen Tatsachen seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Entgegen der Auffassung des [X.] ist der Normgeber nicht verpflichtet, der mit der Tätigkeit älterer [X.]r verbundenen Gefahrensituation durch eine individuelle Überprüfung der Leistungsfähigkeit des jeweiligen [X.]n zu begegnen. Das wäre zwar ein milderes Mittel, das dem individuellen Leistungsvermögen des Betroffenen Rechnung tragen könnte. Der Kläger weist auch zu Recht darauf hin, dass der mit einer Einzelfallprüfung verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nicht rechtfertigen könnte (BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 - BVerwGE 141, 385 Rn. 22 und vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 21). Die individuelle Überprüfung der Leistungsfähigkeit wäre aber nicht gleichermaßen wie eine generelle Höchstaltersgrenze geeignet, zur Bausicherheit beizutragen, weil sie zu spät käme. Eine altersbedingt nicht mehr ausreichende Leistungsfähigkeit würde selbst bei kurzzeitigen Überprüfungsintervallen erst festgestellt werden, wenn sie bereits eingeschränkt ist. Die Anerkennung als [X.]r bestünde fort, bis bei der nächsten Überprüfung etwaige Mängel offenbar würden (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 - 8 C 46.09 - BVerwGE 139, 1 Rn. 37 und vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 21).

Die Höchstaltersgrenze von 68 Jahren ist zur Verfolgung des Zieles der Bausicherheit schließlich nicht unangemessen. Die Bausicherheit dient dem Schutz wichtiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Normgeber diesem Schutzziel Vorrang vor dem Interesse an einer weiteren Tätigkeit von [X.]n jenseits der Altersgrenze eingeräumt hat. Die Altersgrenze von 68 Jahren ist ohnehin höher als die meisten für andere berufliche Tätigkeiten sonst geltenden Altersgrenzen.

bb) Die Höchstaltersgrenze des § 7 Abs. 1 Nr. 2 PPVO SL verstößt nicht gegen das [X.]. Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Zieles zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu verwirklichen. Das ist in der Rechtsprechung des [X.]s geklärt ([X.], Urteile vom 12. Januar 2010 - [X.]/08, [X.] - Rn. 53, vom 21. Juli 2011 - [X.]/10 und [X.]/10, [X.] und [X.] - Rn. 85; vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 - 8 C 46.09 - BVerwGE 139, 1 Rn. 35 und vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 22). Einer Vorlage an den [X.] zur weiteren Klärung der Voraussetzungen des [X.]s bedarf es insoweit nicht. Die angegriffene Regelung genügt den dargelegten Anforderungen.

Der Kläger begründet die Inkohärenz der in Rede stehenden Altersgrenze für [X.] mit dem Hinweis, dass in zahlreichen [X.]n des Bundesrechts, die ebenfalls [X.] beträfen und dem Schutz von Leben und Gesundheit dienten, keine Altersgrenzen für Prüfpersonen vorgesehen seien. Diesem Einwand ist das Oberverwaltungsgericht zu Recht nicht gefolgt. Ob eine Regelung dem mit ihr verfolgten Ziel zuwiderläuft und deshalb als inkohärent zu bewerten ist, kann nur in Bezug auf das jeweils geltend gemachte Ziel - hier die Bausicherheit - beurteilt werden. Deshalb müssen [X.], die gänzlich anderen Zielen dienen, von vornherein außer Betracht bleiben. Dass die vom Kläger beispielhaft genannten Vorschriften etwa aus dem Bereich des Straßenverkehrsrechts oder des Strahlenschutzrechts sicherheitsrelevant im weiteren Sinne sein mögen, weil auch sie dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen, genügt nicht, um die Inkohärenz der in Rede stehenden Höchstaltersgrenze für [X.], die das Ziel der Bausicherheit verfolgt, zu begründen.

Entgegen der Auffassung des [X.] kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelungen der Landesbauordnung widersprüchlich sind und dem mit der Höchstaltersgrenze für [X.] verfolgten Ziel der Bausicherheit zuwiderlaufen. Im Gegenteil stellen die bauordnungsrechtlichen Vorschriften ein abgestuftes und in sich stimmiges Normengefüge dar. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Landesbauordnung die Anforderungen an sicherheitsrelevante Nachweise nach Größe und Bedeutung der zu beurteilenden baulichen Anlagen differenziert. Aufgaben und Befugnisse der [X.]n beziehen sich auf Bauten, in denen sich regelmäßig besonders viele oder besonders schutzwürdige Personen aufhalten. So erstreckt sich ihre Prüftätigkeit auf Sonderbauten (beispielsweise Hochhäuser, Verkaufsstätten, Hotels, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Hochschulen) sowie auf größere Gebäude der Gebäudeklassen 4 und 5 (vgl. § 2 Abs. 3 und 4 der Landesbauordnung <[X.]> vom 18. Februar 2004 , zuletzt geändert durch das Gesetz vom 15. Juli 2015 ). Das kennzeichnet ihre besondere Verantwortung und die herausgehobene Stellung im bauaufsichtlichen Verfahren, zumal ihre Prüfungen eine zuvor hoheitliche Tätigkeit ersetzen. Hinzu kommt, dass sich die Tätigkeit der [X.]n einerseits und der [X.] und der Tragwerksplaner andererseits grundlegend unterscheiden. Im Gegensatz zu Letzteren wird der [X.] erst tätig, wenn die zu prüfenden technischen Anlagen und Einrichtungen bereits errichtet sind (vgl. §§ 1 und 2 Abs. 1 der Verordnung über Prüfungen von technischen Anlagen und Einrichtungen nach der Landesbauordnung vom 26. Januar 2011 , zuletzt geändert durch die Verordnung vom 12. November 2015 ). Das mit der Tätigkeit der [X.]n verbundene hohe Maß an Verantwortung im bauaufsichtlichen Verfahren rechtfertigt ihre hinsichtlich der Altersgrenze im Vergleich zu [X.] und Tragwerksplanern unterschiedliche Behandlung durch den Gesetzgeber.

Schließlich führt auch der Umstand, dass in [X.] die Anerkennung als [X.]r für technische Anlagen und Einrichtungen in Gebäuden erst mit Vollendung des 70. Lebensjahres erlischt, nicht zur Inkohärenz der hier zur Überprüfung gestellten Höchstaltersgrenze von 68 Jahren. Diese im Zuständigkeitsbereich eines anderen Normgebers erlassene Vorschrift ist nicht geeignet, eine Inkohärenz zu begründen. In der Rechtsprechung des [X.]s ist anerkannt, dass in einem föderalen Staat wie der [X.] die Festlegung unterschiedlicher Höchstaltersgrenzen in den Ländern zulässig sein kann, ohne dass dies die Verfolgung eines legitimen Zieles im Sinne der Richtlinie 2000/78/[X.] in Frage stellt ([X.], Urteil vom 21. Juli 2011 - [X.]/10 und [X.]/10, [X.] und [X.] - Rn. 55).

3. Die Höchstaltersgrenze stellt schließlich keine unzulässige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG dar. Sie findet ihre gesetzliche Grundlage in § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Nr. 5 [X.]. Der darin liegende Eingriff in die Berufsfreiheit ist aus denselben Erwägungen gerechtfertigt, die die Ungleichbehandlung wegen des Alters im Rahmen von Art. 2 Abs. 5 der [X.]/[X.] legitimieren. Die Höchstaltersgrenze für [X.] verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung wegen des Alters ist aus den dargelegten Gründen sachlich gerechtfertigt.

Das in Art. 21 Abs. 1 GRC verankerte Verbot der Altersdiskriminierung ist ebenfalls nicht verletzt. Es wird durch die Richtlinie 2000/78/[X.] konkretisiert ([X.], Urteil vom 26. September 2013 - [X.]/11 [[X.]:[X.]:[X.]] - Rn. 31). Die Legitimierung der Ungleichbehandlung wegen des Alters gemäß Art. 21 Abs. 1 GRC stellt deshalb keine anderen Anforderungen als diejenigen, die auch im Rahmen des Art. 2 Abs. 5 [X.]/[X.] zu berücksichtigen sind (BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 - BVerwGE 151, 192 Rn. 25).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

10 C 2/15

11.05.2016

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, 4. Februar 2015, Az: 1 A 11/14, Urteil

§ 7 Abs 1 Nr 2 PrüfPersV SL 2011, Art 2 Abs 5 EWGV 2000/78, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 2 Abs 1 Nr 1 AGG, § 3 Abs 1 S 1 AGG, § 6 Abs 3 AGG, § 7 Abs 1 Halbs 1 AGG, § 8 Abs 1 AGG, § 10 S 1 AGG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.05.2016, Az. 10 C 2/15 (REWIS RS 2016, 11542)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11542

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