Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2008, Az. 5 StR 109/08

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 3533

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5 [X.]/08 [X.]BESCHLUSS vom 10. Juni 2008 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 23. Mai 2008 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben. [X.] wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Jugendschutzkam-mer des [X.] zurückverwiesen. Der Antrag des Angeklagten, ihm im Adhäsionsverfahren für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird [X.]. [X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen —schweren sexuellen Missbrauchs von [X.] zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Nebenkläger verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils. 1 1. Nach den Feststellungen des [X.] wurde der am [X.] 2004 geborene Nebenkläger von seiner Mutter, vor allem aber deren Lebensgefährten [X.]körperlich misshandelt. Am 25. April 2007 nahm [X.]das Kind zu einem Besuch bei dem Angeklagten mit und ließ es dort etwa zehn Minuten mit diesem allein. Der Angeklagte entschloss sich spontan, die Situation für einen sexuellen Missbrauch des Kindes auszunut-zen. Er entkleidete es und führte einen Finger in dessen Anus ein. Ferner 2 - 3 - brachte er dem Kind Bisswunden bei. Als der Junge weinte, schlug er ihn mit der Faust, um ihn zum Schweigen zu bringen. Das Kind wies wenige [X.] später multiple Verletzungen, wie Hämatome, aber auch [X.] und [X.], am gesamten Körper auf. Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gründet die [X.] auf dessen frühere, zwischenzeitlich widerrufene geständige Einlassung gegenüber Polizeibeamten. Zwar umfasse dieses Geständnis nicht die Zufügung der Bisswunden; diese könnten aber nur sexuell motiviert sein und seien daher ebenfalls dem Angeklagten zuzuordnen. Da es sich um eine —deutlich perverse Tathandlungfi handele und der Angeklagte nicht als —perversfi hätte gelten wollen, habe er die Bisse nicht einräumen können. 3 4 2. Diese Beweiswürdigung weist den Rechtsfehler der Lückenhaftig-keit auf (vgl. [X.], 384, 387 insoweit in [X.], 144 nicht ab-gedruckt). Wie der [X.] zutreffend ausführt, hätte es vor dem Hintergrund, dass dem Kind bereits vor der Tat erhebliche Verletzungen zugefügt worden waren, näherer Darlegung bedurft, warum das [X.] dem Angeklagten die Bissverletzungen zugerechnet hat. Mit der schon einer tatsächlichen Grundlage entbehrenden Schlussfolgerung des [X.] (vgl. [X.], 235), die Bissverletzungen seien nur sexuell motiviert zu deuten, genügt es insbesondere angesichts der dargestellten unangemesse-nen Erziehungsmethoden der Kindesmutter und ihres Lebensgefährten die-ser [X.] nicht. Hinzu kommt, dass die Urteilsfeststellungen zahlreiche Beweisanzei-chen für einen Alternativtäter aufzeigen, die das [X.] im Hinblick auf das [X.] nicht tragfähig entkräftet hat. So hat das Kind [X.] im Krankenhaus auf die Gesichtsverletzungen angesprochen [X.] —[X.] als den Täter bezeichnet. Dieses auf den Lebensgefährten der Mutter weisende Indiz hat das [X.] mit der Erwägung, Kleinkinder bezeichneten —[X.] alle jungen Männer als [X.], eine den Angeklagten zumindest teilweise 5 - 4 - entlastende Bedeutung abgesprochen. Bereits die inhaltliche Richtigkeit die-ser vom [X.] seiner Würdigung zugrunde gelegten vermeintlich all-gemeinkundigen Wahrscheinlichkeitsbewertung begegnet durchgreifenden Bedenken. Jedenfalls aber hätte es vor dem Hintergrund, dass [X.]zu einer Verletzung am Mund des Kindes eine sich als falsch erwiesene Erklä-rung abgegeben und zu der allein mit dem Kind am Tattag verbrachten Zeit ebenfalls widerlegte Angaben gemacht hat, einer vertieften [X.] mit den Anzeichen für dessen Täterschaft bedurft (vgl. [X.] [X.] Kam-mer [X.] NJW 2003, 2444, 2446). Dabei hätte auch die [X.], in der der Angeklagte nach der direkten Konfrontation mit dem ihm überlege-nen [X.]gegenüber den ohnehin von seiner Täterschaft überzeugten Polizeibeamten, die den —unberechtigten Verdacht von H.

abwendenfi wollten, ein Geständnis abgegeben hat, näher auf dessen Beweiswert hin erörtert werden müssen. 6 Um dem neuen Tatgericht umfassend neue Feststellungen zu ermög-lichen, hebt der Senat das Urteil insgesamt auf. Er sieht Anlass, die Sache an ein anderes [X.] zurückzuverweisen. Angesichts des [X.] wird die mit der Revision auch begehrte Hinzuziehung eines psychiatrischen Sachverständigen näher zu prüfen sein. 4. Der Antrag des Angeklagten, ihm im Adhäsionsverfahren für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist abzulehnen. Es fehlt an der erforderlichen Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine solche Bewilligung (§ 117 Abs. 2 und 4 ZPO). Ein Hinweis auf diese Sachlage und ein Zuwarten mit der abschließenden Entscheidung war [X.] der Aufhebung des landgerichtlichen Urteils nicht geboten. 7 Basdorf Brause Schaal Jäger

[X.]

Meta

5 StR 109/08

10.06.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2008, Az. 5 StR 109/08 (REWIS RS 2008, 3533)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3533

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