Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2004, Az. 5 StR 71/04

5. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2471

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

5 [X.]/04BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSvom 7. Juli 2004in der Strafsachegegen1.2.3.4.wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. [X.] 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 7. Juli 2004beschlossen:1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil [X.] Frankfurt (Oder) vom 18. Juni 2003 nach§ 349 Abs. 4 StPO in den gesamten Strafaussprüchenmit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.[X.][X.] hat den Angeklagten [X.]wegen [X.] Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zweiFällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, die Angeklag-ten V und [X.]wegen desselben Delikts in einem Fall zuFreiheitsstrafen von acht Jahren bzw. von sieben Jahren und sechs Monatensowie den Angeklagten [X.]wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit [X.] in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einemJahr und neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. [X.] es sichergestellte Betäubungsmittel sowie Laborgeräte nebst Zubehöreingezogen und bei den nach § 30a BtMG verurteilten Angeklagten Geldbe-träge für verfallen [X.] 3 -Nach den Feststellungen des [X.] errichtete und betrieb [X.] [X.]mit den gesondert verfolgen [X.]und [X.]vonEnde 2000 bis Frühjahr 2001 ein Drogenlabor zur Herstellung von Methylen-dioxymethamphetamin ([X.] = —Ecstasyfi) in [X.] ([X.]), an-schließend im [X.] 2001 mit den Angeklagten V und [X.] unter Mithilfe des Angeklagten [X.] ein weiteres solches Labor [X.] (Fall 2).Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils mit der Sachrüge zurAufhebung der Strafaussprüche; im übrigen sind die Rechtsmittel unbegrün-det (§ 349 Abs. 2 StPO).1. [X.] und die Sachrügen, soweit diese den Schuld-spruch betreffen, bleiben durchweg erfolglos. Zwar begegnet die [X.] Beweiswürdigung des [X.] zu [X.] sachlichrechtlichen [X.]. Der Senat gelangt aber zu dem Ergebnis, daß das angefochtene Urteilim Blick auf die gesamte [X.] sonst ausreichend dargelegte und rechtsfehlerfreiausgewertete [X.] Beweislage auf solchen Mängeln nicht [X.]) [X.] im Fall des Drogenlabors [X.] istder als Bandenmitglied wegen Beteiligung an dieser Tat in einem Vorprozeßrechtskräftig verurteilte [X.]. Dessen Aussage würdigt das [X.] glaubhaft, weil er sich selbst schwer belastet habe und seine Aussage [X.] durch andere Beweismittel gestützt werde. Dies greift indes [X.]. Das [X.] hätte sich mit solch knappen Erwägungen grundsätz-lich nicht begnügen dürfen, sondern hätte entscheidend auch darauf Bedachtnehmen müssen, daß [X.] gerade in einem gegen ihn selbst gerichte-ten Strafverfahren den Angeklagten [X.]als [X.] hatte und wegen seiner [X.] allerdings wesentlich geringer bewerte-ten [X.] Mitwirkung an derselben Tat bereits rechtskräftig verurteilt worden war.Danach liegt nämlich mehr als nahe, daß [X.]sich durch diese [X.] dieMerkmale des § 31 Nr. 1 BtMG offensichtlich erfüllende [X.] schwerwiegende- 4 -Belastung von [X.]als —[X.] Vorteile hinsichtlich der ei-genen Bestrafung verschafft hat.Für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung gerade bei Aussagen im [X.] [X.] ist es regelmäßig ein wesentlicher Ge-sichtspunkt, ob sich der Zeuge durch seine Aussage in dem gegen ihn selbstgerichteten Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG entlasten wollte; für diesenFall besteht nämlich die nicht fernliegende Gefahr, daß der —[X.]", der sich durch seine Aussage Vorteile verspricht, den Nichtgeständi-gen zu Unrecht belastet (vgl. [X.], 245). Ist ein geständigerMitbeschuldigter, auf dessen belastende Aussage die Überführung des [X.] entscheidend gestützt wird, bereits wegen seiner Beteiligung anderselben Betäubungsmittelstraftat verurteilt worden, muß die Beweiswürdi-gung deshalb erkennen lassen, ob sich der Betreffende eine Strafmilderungals Aufklärungsgehilfe verdient hat oder nicht. Im Anschluß daran hat [X.] zu würdigen, ob sich der geständige Mitbeschuldigte nicht nurdurch die wahrheitsgemäße Belastung eines anderen eigene Vorteile ver-schafft hat, sondern sich möglicherweise darüber hinaus in bedenklicherWeise zu Lasten des nicht geständigen Angeklagten eingelassen habenkann, so durch übertriebene Darstellung von dessen Tatbeteiligung [X.] etwazur partiellen eigenen Entlastung oder zu der eines weiteren Tatbeteiligten [X.]oder durch andere wahrheitswidrige Bekundungen [X.] etwa auch zur Vertu-schung der Beteiligung eines [X.]. Fehlen Darlegungen hierzu in den [X.], so kann dies als durchgreifender [X.] ein sach-lichrechtlicher Fehler sein (vgl. auch [X.]St 48, 161, 168). Tatsächlich gehtdas [X.] an keiner Stelle der Beweiswürdigung auch nur ansatzweisedarauf ein, daß die Aussage [X.]s, wonach er einen untergeordnetenTatbeitrag, [X.] aber einen der Haupttatbeiträge geleistet habe, ange-sichts der in § 31 BtMG für Aufklärungsgehilfen vorgesehenen [X.] mit der bei einer solchen Motivlage gebotenen besonderenVorsicht zu würdigen [X.] -Zu kurz kommt zudem folgendes: Das [X.] hat aufgrund [X.] eines verdichteten Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55StPO seine Überzeugung weitestgehend nicht etwa unmittelbar auf eigeneAngaben des [X.] in der Hauptverhandlung gestützt, die kritisch vonallen Seiten hätten hinterfragt werden können, sondern nur mittelbar auf sol-che Aussagen, die er in seinen polizeilichen Vernehmungen und in der ge-gen ihn zuvor durchgeführten Hauptverhandlung getätigt hatte. Kann der [X.] aber sein durch Art. 6 Abs. 3 lit. [X.] garantiertes Recht, Fragenan den Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen, nicht ausüben,weil diesem ein weitgehendes oder umfassendes Auskunftsverweigerungs-recht zugestanden wird, muß dieser Umstand schon deshalb bei der Be-weiswürdigung hinreichend bedacht werden, weil die durch Vernehmung [X.] eingeführte Aussage bei Fehlen eines kontradiktorischenVerhörs (§ 69 Abs. 2 StPO) nur beschränkt hinterfragt und [X.] kann (vgl. [X.]St 46, 93, 106).b) Im Zusammenhang mit diesen sachlichrechtlichen [X.] merkt der Senat noch zu zwei Verfahrensrügen folgendes an:Beweisanträge zur Frage einer Absprache mit [X.] in dem [X.] sind mit durchgreifend bedenklicher Begründung als unbeachtlich [X.] worden. Das [X.] hat dabei verkannt, daß es für die Beurteilungder Glaubwürdigkeit eines [X.]n gerade entscheidenddarauf ankommen kann, ob er sich geständig im Rahmen einer verfahrens-beendenden Absprache durch die Belastung von Mittätern [X.] womöglich unterVerringerung des eigenen Tatbeitrags [X.] einen erheblichen Vorteil verspre-chen konnte oder nicht (vgl. [X.]St 48, 161, 168). Erheblichen [X.] auch die Begründung, mit der das [X.] Anträge auf [X.] im [X.], des gesondert [X.], wegen dessen Unerreichbarkeit abgelehnt hat. Es blieb unbeachtet,daß ein Zeuge auch dann erreichbar sein kann, wenn er im Ausland im We-ge der Videokonferenz nach § 247a StPO aus der Hauptverhandlung heraus- 6 -mittels einer zeitgleichen [X.] vernommen werden kann([X.]St 45, 188, 190).Die zugehörigen [X.] und Aufklärungsrügen scheitern [X.] sämtlich an der Unzulänglichkeit des Revisionsvorbringens (§ 344 Abs. 2Satz 2 StPO). Dem Beweisantrag zur Frage einer Verständigung im Vorver-fahren gegen [X.] mangelt es bereits an einer hinreichend konkretenBeweisbehauptung. Zudem fehlt für die zugehörigen [X.]; dies betrifft sowohl die Aussageberechtigung und-bereitschaft des als Zeugen benannten anwaltlichen Beistands des Haupt-belastungszeugen [X.] als auch die schriftlichen Gründe des gegendiesen ergangenen Urteils, deren Kenntnis zur sachlichen Überprüfung [X.] unerläßlich wäre. Die den Mittäter [X.]betreffenden [X.] scheitern, abgesehen von einer kaum zulänglichen Be-weisbehauptung, am Fehlen des erforderlichen vollständigen Vortrags [X.] Unerreichbarkeit des Zeugen betreffenden [X.]) Trotz der sachlichrechtlichen [X.] kann [X.] ein Beruhen der die Schuldsprüche [X.] namentlich den zu [X.] [X.] tra-genden Urteilsfeststellungen auf der unzulänglich abgehandelten Beweis-würdigung hier ausschließen. Dies ergibt sich aus der weiteren ungewöhnlichdichten Beweislage zum Nachteil des Angeklagten [X.] im [X.]; diehierzu getroffenen Feststellungen stützen die rechtsfehlerfrei und im [X.] unabhängig davon getroffenen Feststellungen zu Fall 2 ohnehin [X.].Die Angaben des [X.]n [X.] werden durchmehrere andere Zeugen in verschiedenen für den gesamten Tatablauf mar-kanten Punkten bestätigend gestützt; die Annahme von deren Glaubwürdig-keit begegnet keinen wesentlichen Bedenken. [X.]s Angaben werdenferner in ebenfalls markanten Details durch [X.] und [X.] bestätigt. Zudem hat der Angeklagte [X.]- 7 -selbst in seiner schließlich abgegebenen Einlassung eine Tatbeteiligung [X.] gänzlich in Abrede gestellt. Seine eigene verharmlosende [X.] schließlich durch die festgestellten Begleitumstände seiner einschlägi-gen Vorbelastung und sein unabhängig von den Erkenntnissen zu [X.]festgestelltes gesamtes Tatverhalten im Fall 2 durchgreifend in Zweifel gezo-gen.Im Blick auf die Gesamtheit dieser hochgradig belastenden Beweisla-ge schließt der Senat aus, daß das [X.] durch die gebotene vorsich-tige und kritischere Bewertung der Angaben des [X.]n[X.] im Ergebnis zu abweichenden Erkenntnissen zur Täterschaft[X.] s im [X.] und zu dem ihm angelasteten [X.] gelangt [X.]. Dieses Ergebnis ist insbesondere deshalb zu verantworten, weil das[X.] in angemessen kritischer Anwendung des Zweifelssatzes beidem Angeklagten [X.] im [X.] [X.] und gleichermaßen bei allen drei [X.] abgeurteilten Angeklagten im Fall 2 [X.] nur die [X.] zugrunde gelegt hat, daß sie aus ihrer jeweiligen Tatbeteiligungnicht mehr als einen Monatsverdienst von 2.000 DM erlöst hätten, mithinnicht als zentrale Gestalter und Nutznießer des jeweiligen Tatgeschehensanzusehen sind.2. Sämtliche Strafaussprüche halten sachlichrechtlicher Nachprüfungnicht stand.a) Namentlich aus dem letztgenannten Umstand erwächst ein [X.] berührender [X.], der dem Senat Anlaß zurBeanstandung der Strafaussprüche gegen die drei Hauptangeklagten gibt,selbst wenn die Bemessung der gegen sie erkannten Strafen für sich ange-sichts des Gewichts der Taten dem Ergebnis nach noch keinen Grund zurBeanstandung gäbe.- 8 -Das [X.] hat zwar zutreffend die hohe Professionalität der Ta-ten gewichtig erschwerend gewertet. Es hat indes [X.] jenseits einer Erwäh-nung bei der Gesamtstrafbemessung gegen [X.] ([X.]) [X.] davonabgesehen, in diesem Zusammenhang den jene Strafschärfung relativieren-den Umstand ausdrücklich heranzuziehen, daß [X.] wie ausgeführt [X.] zugunsteneines jeden als Bandenmitglied verurteilten Angeklagten vor dem Hinter-grund nicht übermäßig hoher monatlicher Entlohnung seine nicht führendeRolle innerhalb der Bandenstruktur anzunehmen war. Diesem Umstand [X.] der gegebenen Sachlage ausdrücklich Beachtung zu schenken gewesen.b) Der Angeklagte G , der lediglich als nicht der Bande angehö-render Gehilfe abgeurteilt worden ist, beanstandet mit seiner Revision zu-treffend, daß das [X.] die Voraussetzungen einer Strafmilderungnach § 31 BtMG fehlerhaft [X.] gelassen hat, obwohl dieser Angeklagtenach den Urteilsfeststellungen frühzeitig belastende Angaben zu [X.]gemacht hat, den die [X.] auch aufgrund dieser Angabenals einen der hauptverantwortlichen Hintermänner in diesem Fall ansieht. [X.] auf die in diesem Zusammenhang getroffenen [X.] die Annahme eines Aufklärungserfolgs durchaus nahe und bedurfte [X.] (vgl. hierzu [X.]R BtMG § 31 Nr. 1 Prüfungspflicht 1; Körner,BtMG 5. Aufl. § 31 Rdn. 32 ff. m.w.[X.]) Bei allen vier Angeklagten kommt im Fall 2 hinzu, daß ein nicht un-wesentlicher Strafmilderungsfaktor [X.] geblieben ist. Das [X.] [X.] war von den Ermittlungsbehörden schon so frühzeitig entdeckt- 9 -worden, daß die gesamte Produktion von [X.] unter den Augen der Polizeistattfand (vgl. [X.], 555; [X.], Urteil vom 25. Oktober 1983[X.] 5 [X.]; Beschluß vom 12. Juni 2002 [X.] 5 StR 207/02).Harms Häger [X.] Raum

Meta

5 StR 71/04

07.07.2004

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2004, Az. 5 StR 71/04 (REWIS RS 2004, 2471)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2471

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.