Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 09.06.2020, Az. 2 BvE 1/19

2. Senat | REWIS RS 2020, 2793

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ÖFFENTLICHES RECHT LANDTAGSWAHLEN VERFASSUNG WAHLEN BEHÖRDEN BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) ALTERNATIVE FÜR DEUTSCHLAND (AFD) MEINUNGSFREIHEIT PERSÖNLICHKEITSRECHT NEUTRALITÄTSGEBOT HORST SEEHOFER

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Gegenstand

Zur Abgrenzung zwischen dem Neutralitätsgebot unterfallenden ministeriellen Äußerungen einerseits und bloßer Teilnahme am politischen Meinungskampf andererseits (Festhaltung an BVerfGE 148, 11) - Veröffentlichung eines an sich nicht zu beanstandenden Interviews des Bundesinnenministers auf der Homepage des von ihm geführten Ministeriums verletzt Recht der betroffenen Partei aus Art 21 Abs 1 S 1 GG - Antrag im Organstreitverfahren erfolgreich


Tenor

1. Der Antragsgegner hat durch die Veröffentlichung des Interviews mit der Überschrift "[X.] versteht die Aufregung nicht: [X.] arbeitet 'störungsfrei' - Ein Interview mit [X.] Horst [X.] zur großen Koalition ([X.])" auf der Homepage des [X.], für Bau und Heimat am 14. September 2018 die Antragstellerin in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzt.

2. Der Antrag der Antragstellerin auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.

Gründe

1

Die Antragstellerin sieht sich durch ein auf der Homepage des [X.], für Bau und Heimat veröffentlichtes [X.] in ihrem Recht auf Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.

2

Das [X.], für Bau und Heimat veröffentlichte am 14. September 2018 auf seiner Homepage ein Interview des Antragsgegners mit der [X.] ([X.]). In der Kopfzeile weist die Homepage das Bundeswappen und einen Hinweis auf das [X.] aus.

3

Das Interview ist - in größerer und fettgedruckter Schrift - überschrieben mit:

[X.] versteht die Aufregung nicht: [X.] arbeitet >>störungsfrei<<

4

Es folgen vor Wiedergabe des [X.]es zwei Hinweise in normaler Schrift:

Ein Interview mit [X.] Horst [X.] zur großen Koalition ([X.])

[X.]

Mit freundlicher Genehmigung der [X.] Deutsche Presse-Agentur GmbH, [X.], www.[X.].de

5

In dem Interview äußert sich der Antragsgegner unter anderem wie folgt:

Wir haben ein gespaltenes Land, ein polarisiertes Land, steht alles im Koalitionsvertrag. Wir haben das Aufblühen der [X.] Und die [X.], die klassischen [X.], verlieren immer mehr an Zustimmung.

[…]

Frage:

Was Sie sagen, richtet sich hauptsächlich gegen die [X.]

Antwort:

Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind [X.]. Das haben Sie am Dienstag im [X.] miterleben können mit dem Frontalangriff auf den Bundespräsidenten. Das ist für unseren Staat hochgefährlich. Das muss man scharf verurteilen. Ich kann [X.] nicht im [X.] hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den [X.]. Das ist staatszersetzend.

[…]

Frage:

Hat die [X.] davon profitiert, dass sich die [X.]sparteien 2015 in der Flüchtlingsfrage weitgehend einig waren?

Antwort:

Ich denke schon. Und jetzt stellt sich zunehmend die Frage, wie man der [X.] stärker entgegentritt. Der Frontalangriff auf den Bundespräsidenten im [X.] war einfach schäbig.

Frage:

Hat sich die [X.] aus ihrer Sicht seit 2015 verändert? Ist sie, wie viele sagen, radikaler geworden?

Antwort:

Ja. Die sind auf der Welle, auf der sie schwimmen, einfach übermütig geworden und haben auch dadurch die Maske fallen lassen. So ist es auch leichter möglich, sie zu stellen, als wenn sie den [X.] spielt.

Frage:

War das in der Ära von [X.]-Gründer [X.] noch anders? Wären Sie mit [X.] zum Beispiel auch ein Bier trinken gegangen?

Antwort:

Ja, mit dem [X.] sowieso. [X.] erschreckt an der [X.] dieses kollektive Ausmaß an Emotionalität, diese Wutausbrüche - selbst bei Geschäftsordnungsdebatten. Als ginge es jetzt um die Auflösung der [X.]. So kann man nicht miteinander umgehen, auch dann nicht, wenn man in der Opposition ist.

6

Am Ende des Interviews findet sich noch der Hinweis:

© [X.], für Bau und Heimat, 2018

7

Den Angriffen, auf die der Antragsgegner in dem Interview Bezug nimmt, liegt zugrunde, dass die [X.]-Fraktion im Deutschen [X.] ([X.]-[X.]sfraktion) in der Haushaltsdebatte des Deutschen [X.]es am 11. September 2018 einen Antrag zur Geschäftsordnung mit dem Inhalt stellte, den Einzelplan 01 zum Haushalt des Bundespräsidenten mit einer Debattendauer von 60 Minuten zu beraten. Zur Begründung verwies der der [X.]-[X.]sfraktion angehörende Abgeordnete [X.] darauf, der Bundespräsident habe für eine linksradikale Großveranstaltung in [X.] geworben und dadurch seine Neutralitätspflicht offensichtlich verletzt. Daher müsse sein Etat zum Gegenstand der Haushaltsdebatte werden (vgl. [X.] 19/47, [X.] 4944).

8

Den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Senat mit Beschluss vom 30. Oktober 2018 (vgl. [X.] 150, 163) abgelehnt. Für das Begehren auf Entfernung des Interviews von der [X.]seite des [X.] hat das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, weil ihm bereits Rechnung getragen war. Soweit die Antragstellerin die Untersagung einer Wiederholung der Äußerungen begehrte, hat es an konkreten Anhaltspunkten dafür gemangelt, dass der Antragsgegner eine Wiederholung unter Rückgriff auf seine [X.] beabsichtigte.

9

1. Die Antragstellerin macht in der Hauptsache geltend, dass die [X.] des Interviews mit dem Antragsgegner auf der [X.]seite des [X.], für Bau und Heimat sie in ihrem Recht auf Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt habe. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:

a) Der Antrag sei zulässig. Insbesondere lägen Antragsbefugnis und Rechtsschutzbedürfnis vor. Es könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Antragsgegner durch das streitgegenständliche Interview und dessen [X.] auf der amtlichen [X.]seite des [X.], für Bau und Heimat am 14. September 2018 die verfassungsrechtlichen Grenzen der Äußerungsbefugnisse von Regierungsmitgliedern überschritten und sie dadurch in ihrem Recht auf gleichberechtigte Teilnahme am Prozess der politischen Willensbildung aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt habe. Das Rechtsschutzbedürfnis entfalle nicht durch die Entfernung des Interviews von der offiziellen [X.]seite des [X.], weil der Antragsgegner weiterhin die Auffassung vertrete, dass die [X.] des Interviews zulässig gewesen sei. Daher bestehe eine jederzeitige Wiederholungsgefahr.

b) Der Antrag sei auch begründet. Die chancengleiche Beteiligung an der politischen Willensbildung des Volkes mache es erforderlich, dass Staatsorgane sowohl während als auch außerhalb des Wahlkampfs das Neutralitätsgebot beachteten, da der Prozess der politischen Willensbildung nicht auf den Wahlkampf beschränkt sei, sondern fortlaufend stattfinde und auf die Wahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler zurückwirke. Auch finde im föderalen System gleichsam ständig ein Wahlkampf statt. Vorliegend hätten die Äußerungen des Antragsgegners jedenfalls einen Bezug zur Wahl des [X.] und der [X.] Bezirkstage am 14. Oktober 2018 sowie zur Wahl des [X.] am 28. Oktober 2018 gehabt.

Der Antragsgegner habe die ihm obliegende Neutralitätspflicht verletzt. Zwar habe die Bundesregierung die Befugnis zur neutralen Informations- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie dürfe aber nicht mithilfe staatlicher Ressourcen zielgerichtet auf den politischen Willensbildungsprozess einwirken. Erst recht dürfe sie nicht in ungeheuerlicher Diktion vernichtende Werturteile über einzelne Parteien abgeben. Bei der Zurückweisung von Kritik habe sie die gebotene Sachlichkeit zu wahren.

Unmittelbarer Anlass der [X.] des Antragsgegners sei offenbar der Umstand gewesen, dass zuvor Angehörige der [X.]-[X.]sfraktion in der Haushaltsdebatte des Deutschen [X.]es den Haushalt des Bundespräsidenten thematisiert hätten. Die Kritik am Bundespräsidenten beruhe auf dem Umstand, dass dieser zuvor zum Besuch eines in [X.] veranstalteten [X.] aufgerufen habe, bei dem unangebrachte, linksextremistische Liedtexte gesungen worden seien. Diese Kritik rechtfertige nicht ansatzweise die Schlussfolgerungen, die Antragstellerin stelle sich gegen diesen Staat, lehne das demokratische System an sich ab, würde hierüber aber die Öffentlichkeit arglistig hinwegtäuschen, sei oder wirke ihrem Wesen nach "staatszersetzend", oder ihr gehe es um die "Auflösung der [X.]". Diese unsachlichen und diffamierenden Äußerungen des Antragsgegners stellten eine unzulässige einseitige Parteinahme im politischen Wettbewerb dar.

Der Antragsgegner habe bei der Einstellung des Interviews in das [X.] in Wahrnehmung seines Regierungsamtes gehandelt. Er habe seine Äußerungen unter Verwendung des Dienstwappens auf der [X.]seite des von ihm geführten [X.] veröffentlicht und damit ihm allein aufgrund des [X.] zustehende Ressourcen in Anspruch genommen. Damit habe er seine Äußerungen mit der Autorität seines Regierungsamtes unterlegt.

In dem Interview selbst werde der Antragsgegner ausschließlich als [X.] befragt. Dies ergebe sich bereits aus der Überschrift. Auch seien die Fragen ausschließlich auf das Ministeramt und das [X.] bezogen. Sie seien gefällig und völlig unkritisch gewesen. Nach dem objektiven Erscheinungsbild stelle sich das Interview als Verlautbarung des Antragsgegners in seiner Eigenschaft als [X.] dar. Es sei nirgendwo anders erschienen als auf der [X.]seite des [X.] und beinhalte mehrfache, einseitig negative Bewertungen der Antragstellerin in einem beispiellosen Intensitätsgrad, der als Hass und Hetze beschrieben werden müsse. Die Äußerungen des Antragsgegners erinnerten an "die Hetzreden der [X.] Reichsregierung gegen [X.] Mitbürger seit 1933" und seien von der Intention getragen, die Anhänger der Antragstellerin "als Feinde des Gemeinwesens hinzustellen, gegen die Unrechts- und Willkürmaßnahmen als jederzeit erlaubt und von Staats wegen willkommen gelten müssten".

c) Die [X.] habe der Antragstellerin gemäß § 34a [X.] die notwendigen Auslagen zu erstatten, da diese im Unterschied zu den üblichen Beteiligten eines [X.]s eine zivilgesellschaftliche Akteurin sei, deren Kosten nicht von staatlicher Seite getragen würden. Sie mache ein "grundrechtsähnliches Recht" geltend, so dass der [X.] von § 34a Abs. 2 [X.] heranzuziehen sei; eine Kostentragung des Staates entspreche daher der Billigkeit.

2. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen, da er unzulässig und unbegründet sei.

a) Weder sei die Antragsbefugnis gegeben, noch bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis.

aa) Die Antragstellerin sei bereits nicht [X.]. Es fehle ihr gegenüber an einer rechtserheblichen Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 1 [X.]. Die Antragstellerin wende sich formal gegen zwei unterschiedliche Handlungen: die Äußerungen im Interview und die Einstellung des Interviews auf der amtlichen [X.]seite des [X.], für Bau und Heimat. Das bloße, von verschiedenen Print- und Online-Medien zitierte, Interview stelle bereits keine rechtserhebliche Maßnahme eines [X.]organs dar, weil hierbei keine spezifische [X.] in Anspruch genommen worden sei. Die Verteidigung des Bundespräsidenten sei in parteipolitischer Verantwortung geschehen, nicht aus dem Staatsamt heraus. Die Bezugnahme auf das Ministeramt in der Überschrift des Interviews sei in alleiniger journalistischer Verantwortung durch die [X.] erfolgt; der Text sei insofern urheberrechtlich geschützt.

Außerdem habe der Antragsgegner ein Verhalten der [X.]-[X.]sfraktion und nicht ein solches der Antragstellerin adressiert. Dies unterstreiche bereits die Bezugnahme auf "Geschäftsordnungsdebatten". Auch der Begriff "staatszersetzend" habe sich auf das Verhalten der [X.]-[X.]sfraktion bezogen.

Im Übrigen habe die Antragstellerin nicht plausibel dargelegt, wie die [X.] der streitgegenständlichen Äußerungen auf der Homepage des [X.] ihr Recht auf Chancengleichheit im Wahlkampf hätte beeinträchtigen können. Der Antragsgegner habe nicht dazu aufgerufen, die Antragstellerin nicht zu wählen oder diese als [X.] zu boykottieren. Auch thematisch sei kein Bezug zu den Wahlkämpfen auf Landesebene in [X.] und [X.] zu erkennen. Darüber hinaus zeige die Antragstellerin nicht auf, inwiefern durch die ausschließlich an der [X.]-[X.]sfraktion geübte Kritik der Status der Antragstellerin berührt sein könne.

[X.]) Die Antragstellerin habe ferner kein Rechtsschutzbedürfnis, da sich die angegriffenen Äußerungen darauf beschränkten, ein konkretes Verhalten der [X.]-[X.]sfraktion in der zurückliegenden Haushaltsdebatte des Deutschen [X.]es zu kritisieren. Es handle sich mithin um einen Konflikt über einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Einzelfall. Das Interview sei von der [X.]seite entfernt worden. Der Antragsgegner habe die Äußerung nicht wiederholt; hierfür bestehe auch kein plausibler Anlass.

b) Der Antrag sei jedenfalls unbegründet.

aa) Das Interview beinhalte allgemeinpolitische Äußerungen, die nicht in den Kontext des regierungsamtlichen Handelns eines [X.] fielen. Soweit der Antragsgegner direkt zur [X.] befragt worden sei, habe er das Interview genutzt , um auf die Angriffe der [X.]-[X.]sfraktion auf den Bundespräsidenten zu reagieren und diesen in Schutz zu nehmen. Er habe der Antragstellerin keine [X.]feindlichkeit unterstellt und sie an keiner Stelle als "staatszersetzend" bezeichnet. Es fehle bereits an einem Eingriff in den freien Wettbewerb unter politischen Parteien im Sinne des Art. 21 Abs. 1 GG, weil sich die Kritik des Antragsgegners nicht gegen die Antragstellerin gerichtet habe, sondern gegen die [X.]-[X.]sfraktion, die nicht durch Art. 21 Abs. 1 GG geschützt sei.

[X.]) Der Antragsgegner habe auch nicht unter Verletzung der Chancengleichheit in den Wahlkampf interveniert. Seine Äußerung habe in keinem spezifischen Zusammenhang zu einem konkreten Wahlkampf gestanden. Denn das angegriffene Interview habe sich allein auf das Verhalten der [X.]-[X.]sfraktion in der Haushaltsdebatte des Deutschen [X.]es bezogen und gegenüber dieser die Achtung des [X.] Respekts im Deutschen [X.] angemahnt.

cc) Der Antragsgegner habe auch nicht in unzulässiger Weise von seiner spezifischen [X.] Gebrauch gemacht. Er habe sich hier als Parteipolitiker allgemeinpolitisch sowie themenübergreifend gegenüber Journalistinnen der [X.] nach Maßgabe der von diesen frei formulierten Fragen geäußert. Die [X.] auf der [X.]seite des [X.] sei nicht als Presseerklärung oder sonstige amtliche Äußerung erfolgt. Dies belege der Verweis auf die Quelle als Fremdreferenz. Zweck der [X.] des Interviews sei lediglich die Information über die Tätigkeiten und politischen Standpunkte des Amtsinhabers im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit gewesen. Angesichts der hervorgehobenen Funktion des [X.] habe die Öffentlichkeit ein allgemeines Interesse daran zu erfahren, wie sich dieser - auch als "privater" Politiker beziehungsweise damaliger Parteivorsitzender - positioniere. Das Bundeswappen und die [X.]bezeichnung erschienen lediglich in der Kopfzeile, die bei sämtlichen Inhalten der [X.]seite zu erkennen sei. Der eigentliche [X.] sei in einem eigenen Frame deutlich erkennbar hiervon abgesetzt unterhalb des - ebenfalls als Fremdreferenz wiedergegebenen - Bildes zu sehen, und zwar in derjenigen [X.], wie sie seitens der [X.] verwendet worden sei.

dd) Mitglieder von [X.]organen dürften nicht in ein kommunikatives Korsett gezwängt werden, das es unmöglich mache, Anfeindungen und Aggressionen kraftvoll entgegenzutreten. Daher dürften die Anforderungen an Sachlichkeit und Neutralität nicht derart überspannt werden, dass [X.] nicht mehr möglich seien.

ee) Die Äußerungen des Antragsgegners stellten sich in der Sache als zulässige Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung dar. Der Antragsgegner habe sich für die Grundwerte der [X.]ordnung eingesetzt und einen respektvollen Umgang im politischen Diskurs angemahnt. Das Gebot der Neutralität und der Sachlichkeit gelte hier insofern nicht, als die verteidigten [X.] nicht "neutral" seien, sondern Ausdruck politischer Wertentscheidungen. [X.] dürften von allen [X.]organen kommunikativ verteidigt werden.

[X.] der streitgegenständlichen Äußerungen mahne letztlich einen respektvollen Umgang mit dem Bundespräsidenten an. Dem Bundespräsidenten kämen gesamtintegrative Funktionen zu, die durch das Verhalten der [X.]-[X.]sfraktion im Deutschen [X.] gefährdet worden seien. Diese habe die Haushaltsdebatte zu einem Frontalangriff auf den Bundespräsidenten genutzt. Der Antragsgegner habe diese polemische und zügellose Attacke als Bruch der etablierten Kultur parlamentarisch-demokratischer Zurückhaltung scharf kritisieren dürfen. Der Bundesregierung müsse es möglich sein, auf der Einhaltung allgemeiner Regeln des Anstands, des Respekts und der Höflichkeit in der politischen Auseinandersetzung zu bestehen. Bei der Frage der hierfür zu ergreifenden Maßnahmen stehe ihr ein weiter politischer Gestaltungsspielraum zu.

c) Sollte die Antragstellerin (teilweise) obsiegen, entspreche es der Billigkeit, davon abzusehen, nach § 34a Abs. 3 [X.] die Erstattung der Auslagen anzuordnen. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin [X.] das Verfahren, um vom Streitgegenstand losgelöste Polemiken und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Diesen Missbrauch des Verfahrens müsse sich die Antragstellerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

3. a) In ihrer Replik trägt die Antragstellerin vor, dass angesichts des Gefälligkeits- und Stichwortgebarens, in dem das Interview geführt worden sei, der Verdacht bestehe, dass die [X.] als journalistischer Dienstleister für das Interview bezahlt worden sei. Das Interview gehe auch nicht auf frühere Parteiämter des Antragsgegners ein, sondern sei von ihm als [X.] geführt worden. Die Ausführungen des Antragsgegners hätten sich nicht nur auf die [X.]-[X.]sfraktion, sondern auch auf die Antragstellerin bezogen. Dabei beinhalte die Äußerung, dass die [X.] sich gegen den Staat stelle und staatszersetzend sei, den Vorwurf der [X.]feindlichkeit. Insoweit liege auch keine Spontanäußerung vor.

b) Die spezifische Inanspruchnahme der Autorität des Regierungsamtes sei bei einer [X.] von Äußerungen eines Ministers auf der offiziellen [X.]seite des [X.] immer zu bejahen. Abgesehen davon möge die Kritik am Bundespräsidenten zwar der Anlass für die Äußerung des Antragsgegners gewesen sein; dies sei aber rechtlich irrelevant. Der Antragsgegner könne seine Äußerungen nicht damit rechtfertigen, dass er den Bundespräsidenten habe in Schutz nehmen wollen. Vielmehr hätte es nahegelegen, dass sich der Antragsgegner stellvertretend für den Bundespräsidenten bei der Antragstellerin für dessen missglückte Einladung zu dem [X.]er Konzert entschuldigt. Außerdem sei der Antragsgegner gar nicht dafür zuständig, den Bundespräsidenten in Schutz zu nehmen, weil die Kritik im Deutschen [X.] geäußert worden sei und der Antragsgegner dem [X.] nicht angehöre.

4. Der Senat hat den in § 65 Abs. 2 [X.] genannten [X.]organen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

5. In der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2020 haben die Beteiligten ihren Vortrag vertieft und ergänzt. Die Antragstellerin hat dabei insbesondere ihren Antrag dahingehend präzisiert, dass sie sich nicht separat gegen den Inhalt des Interviews wende. Es liege ein einheitlicher Antragsgegenstand vor; das Interview und seine [X.] auf der [X.]seite des [X.], für Bau und Heimat ließen sich nicht voneinander trennen. Ferner hat sie betont, dass ein Amtsinhaber eine Pflicht zur Zurückhaltung habe, die [X.] gelte, da ein Amtsträger jederzeit im Dienst sei. Der Antragsgegner hat darauf verwiesen, dass die veränderte, schärfere politische Auseinandersetzung eine schnellere Reaktion und eine dementsprechende einfache Handhabung des Gebots der Neutralität erfordere. Zulässiger Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sei es auch, den Inhaber eines [X.] als "Person" für die Wählerinnen und Wähler erfahrbar zu machen.

Der Antrag ist im [X.]verfahren zulässig.

Die Antragstellerin ist als politische Partei im [X.] parteifähig, da sie eine Verletzung ihres Rechts auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb geltend macht und sich damit auf ihren besonderen, in Art. 21 GG umschriebenen verfassungsrechtlichen Status beruft (vgl. [X.] 4, 27 <30 f.>; 11, 239 <241 f.>; 20, 18 <22 f.>; 24, 300 <329>; 44, 125 <136 f.>; 60, 53 <61>; 73, 40 <65>; 148, 11 <19 Rn. 27>; stRspr). Die Parteifähigkeit des Antragsgegners ergibt sich aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG in Verbindung mit § 63 [X.], Art. 65 Satz 2 GG und §§ 9 bis 12, 14 GOBReg (vgl. [X.] 45, 1 <28>; 90, 286 <338>; 138, 102 <107 Rn. 22>; 148, 11 <19 Rn. 28>).

Die [X.] des Interviews des Antragsgegners auf der [X.]seite des [X.], für Bau und Heimat am 14. September 2018 ist ein tauglicher Gegenstand des [X.]verfahrens im Sinne des § 64 Abs. 1 [X.]. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, wendet sich die Antragstellerin gegen die [X.] des Interviews auf der [X.]seite; eine eigenständige Feststellung, dass sie bereits durch die [X.]en selbst in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt wurde, strebt sie nicht an. Die [X.] des Interviews auf der [X.]seite des [X.], für Bau und Heimat stellt eine Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 1 [X.] dar, da es sich um ein Verhalten handelt, das grundsätzlich geeignet ist, in die Rechtsstellung der Antragstellerin einzugreifen (vgl. [X.] 148, 11 <19 ff. Rn. 27 ff.>).

Die Antragstellerin ist [X.]. Sie hat unter Rückgriff auf einzelne Aussagen des Antragsgegners im Ergebnis nachvollziehbar ausgeführt, dass dieser sich in dem Interview negativ über sie geäußert und bei der [X.] des Interviews auf der [X.]seite des [X.] die mit seinem Amt verbundenen Ressourcen in Anspruch genommen habe. Da Äußerungen von Regierungsmitgliedern unter Inanspruchnahme der [X.] oder der mit dem Amt verbundenen Ressourcen die Grenzen zulässiger Teilnahme am politischen Meinungskampf überschreiten können (vgl. [X.] 138, 102 <109 ff. Rn. 26 ff.>; 148, 11 <25 ff. Rn. 44 ff.>), erscheint auf der Grundlage des Sachvortrags der Antragstellerin eine Verletzung ihres Rechts aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen.

Soweit der Antragsgegner die hinreichend substantiierte Darstellung der Möglichkeit einer Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Chancengleichheit der Parteien mit den Argumenten in Abrede stellt, dass ein Bezug zu einem konkreten Wahlkampf gefehlt habe und sich die Äußerungen im Interview nicht auf die Antragstellerin, sondern auf die [X.]-[X.]sfraktion bezogen hätten, ist dem nicht zu folgen. Ein Bezug der Äußerungen eines Regierungsmitglieds zu einem konkreten Wahlkampf ist zumindest nicht ausnahmslos erforderlich. Vielmehr erfordert der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien die Beachtung des Gebots staatlicher Neutralität auch außerhalb von Wahlkampfzeiten (vgl. [X.] 148, 11 <25 Rn. 46>). Es kann daher jedenfalls auf der [X.] dahinstehen, ob die Äußerungen des Antragsgegners einen konkreten Wahlkampfbezug haben erkennen lassen. Daneben hat die Antragstellerin plausibel ausgeführt, dass die streitbefangenen Äußerungen nach ihrem Wortlaut und ihrem Sinnzusammenhang keine Beschränkung auf die [X.]-[X.]sfraktion beinhaltet hätten, sondern gegen die Antragstellerin selbst gerichtet gewesen seien.

Schließlich liegt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin vor, die ein erhebliches Interesse an der Klärung der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Vorgehensweise des Antragsgegners hat.

Die freiwillige Entfernung des in Rede stehenden Interviews von der [X.]seite führt nicht zum Wegfall des [X.], da eine Wiederholungsgefahr besteht. Der Antragsgegner hält ausdrücklich an der Auffassung fest, dass die [X.] der streitgegenständlichen Ausführungen auf der [X.]seite des [X.] verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden gewesen sei. Zwar mag der Anlass des Interviews eine Kritik der [X.]-[X.]sfraktion am Bundespräsidenten und damit ein in der Vergangenheit liegender und abgeschlossener Sachverhalt gewesen sein. In Anbetracht der fortdauernden Teilnahme der Beteiligten am politischen Diskurs und der Rechtsauffassung des Antragsgegners ist es aber nicht auszuschließen, dass er sich bei einem anderen Anlass erneut vergleichbar zur Antragstellerin äußert und diese Äußerung auf der [X.]seite seines [X.] veröffentlicht.

Der Antrag ist in seiner Fassung aus der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2020 begründet. Der Antragsgegner hat durch die [X.] des Interviews auf der [X.]seite des [X.], für Bau und Heimat die Antragstellerin in ihrem Recht auf chancengleiche Teilnahme am politischen Wettbewerb der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.

Der von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte verfassungsrechtliche Status von Parteien gewährleistet das Recht, gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilzunehmen (1.). Damit unvereinbar ist jede parteiergreifende Einwirkung von Staatsorganen zugunsten oder zulasten einzelner am politischen Wettbewerb teilnehmender Parteien (2.). Auch soweit die Bundesregierung von ihrer Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit Gebrauch macht, hat sie das Gebot der Neutralität staatlicher Organe zu beachten (3.). Nichts anderes gilt für ein einzelnes Mitglied der Bundesregierung, soweit dieses in Wahrnehmung seines [X.] handelt; allerdings ist der Inhaber eines [X.] nicht gehindert, außerhalb seiner amtlichen Funktionen am politischen Meinungskampf teilzunehmen (4.). Ob die Äußerung eines Mitglieds der Bundesregierung in Wahrnehmung seines [X.] stattgefunden hat, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu bestimmen (5.). Eine Modifizierung dieser Maßstäbe ist nicht veranlasst (6.).

1. a) In der freiheitlichen Demokratie des Grundgesetzes geht alle Staatsgewalt vom Volke aus und wird von ihm in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG). [X.] Legitimation im Sinne des Art. 20 Abs. 2 GG vermögen Wahlen und Abstimmungen aber nur zu vermitteln, wenn sie frei sind. Dies setzt nicht nur voraus, dass der Akt der Stimmabgabe frei von Zwang und unzulässigem Druck bleibt, sondern auch, dass die Wählerinnen und Wähler ihr Urteil in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung gewinnen und fällen können (vgl. [X.] 20, 56 <97>; 44, 125 <139>; 138, 102 <109 Rn. 27>; 148, 11 <23 Rn. 40>; stRspr).

b) In diesem Prozess kommt in der modernen parlamentarischen Demokratie politischen Parteien entscheidende Bedeutung zu (vgl. [X.] 44, 125 <145>; 138, 102 <110 Rn. 29>; 148, 11 <23 Rn. 41>; stRspr). Art. 21 GG verleiht dem dadurch Ausdruck, dass Parteien als verfassungsrechtlich notwendige Einrichtungen für die politische Willensbildung des Volkes anerkannt und in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben worden sind. Parteien sind frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde Gruppen, die in den Bereich der institutionalisierten Staatlichkeit hineinwirken, ohne diesem selbst anzugehören (vgl. [X.] 20, 56 <101>; 44, 125 <145>; 73, 40 <85>; 104, 14 <19>; 148, 11 <23 f. Rn. 41>; stRspr). Ihnen kommt eine spezifische Vermittlungsfunktion zwischen Staat und Gesellschaft zu. Es handelt sich um politische Handlungseinheiten, derer die Demokratie bedarf, um die Wählerinnen und Wähler zu politisch aktionsfähigen Gruppen zusammenzuschließen und ihnen so einen wirksamen Einfluss auf das staatliche Geschehen zu ermöglichen (vgl. [X.] 148, 11 <24 Rn. 41> m.w.N.).

c) Um die verfassungsrechtlich gebotene Offenheit des Prozesses der politischen Willensbildung zu gewährleisten, ist es unerlässlich, dass die Parteien, soweit irgend möglich, gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilnehmen. Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit steht in engem Zusammenhang mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. [X.] 140, 1 <23 Rn. 63>). Von dieser Einsicht her empfängt der [X.]grundsatz der gleichen [X.]chancen der politischen Parteien das ihm eigene Gepräge. Die Formalisierung des Gleichheitssatzes im Bereich der politischen Willensbildung des Volkes hat zur Folge, dass auch der [X.]grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien in dem gleichen Sinne formal verstanden werden muss (vgl. [X.] 24, 300 <340 f.>; 44, 125 <146>; 138, 102 <110 Rn. 30>; 148, 11 <24 Rn. 42>). Art. 21 Abs. 1 GG garantiert den politischen Parteien nicht nur die Freiheit ihrer Gründung und die Möglichkeit der Mitwirkung an der politischen Willensbildung, sondern auch, dass diese Mitwirkung auf der Basis gleicher Rechte und gleicher Chancen erfolgt (vgl. [X.] 44, 125 <139>; 138, 102 <110 Rn. 29>; 148, 11 <24 Rn. 42>).

2. a) Das Recht politischer Parteien, gleichberechtigt am Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teilzunehmen, wird verletzt, wenn Staatsorgane als solche zugunsten oder zulasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern auf den Wahlkampf einwirken (vgl. [X.] 44, 125 <141, 146>; 136, 323 [X.] Rn. 28>; 138, 102 <110 f. Rn. 31>; 148, 11 <25 Rn. 45>). Die Willensbildung des Volkes und die Willensbildung in den Staatsorganen vollziehen sich zwar in vielfältiger und tagtäglicher Wechselwirkung. So sehr vom Verhalten der Staatsorgane Wirkungen auf die Meinungs- und Willensbildung des Wählers ausgehen, so sehr ist es den Staatsorganen in amtlicher Funktion aber verwehrt, durch besondere Maßnahmen darüber hinaus auf die Willensbildung des Volkes bei Wahlen und in ihrem Vorfeld einzuwirken, um dadurch Herrschaftsmacht in Staatsorganen zu erhalten oder zu verändern (vgl. [X.] 44, 125 <143 f.>; 138, 102 <111 Rn. 32, 33>). Staatsorgane haben als solche allen zu dienen und sich neutral zu verhalten (vgl. [X.] 44, 125 <144>; 138, 102 <111 Rn. 33>; 148, 11 <25 Rn. 45>). Einseitige Parteinahmen während des Wahlkampfs verstoßen gegen die Neutralität des Staates gegenüber politischen Parteien und verletzen die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen (vgl. [X.] 44, 125 <144>; 136, 323 [X.] Rn. 28>; 138, 102 <110 f. Rn. 31>; 148, 11 <25 Rn. 45>).

b) Nicht nur während des Wahlkampfes, sondern auch außerhalb von Wahlkampfzeiten erfordert der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien die Beachtung des Gebots staatlicher Neutralität (vgl. [X.] 140, 225 <227 Rn. 9>; 148, 11 <25 Rn. 46>). Denn der Prozess der politischen Willensbildung ist nicht auf den Wahlkampf beschränkt, sondern findet fortlaufend statt. Zwar mag der politische Wettbewerb zwischen den Parteien im Wahlkampf mit erhöhter Intensität ausgetragen werden; er herrscht aber auch außerhalb von Wahlkämpfen und wirkt auf die Wahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler zurück. Ob in Zeiten des Wahlkampfs das Neutralitätsgebot zu verschärften Anforderungen an das Verhalten staatlicher Organe führt (vgl. [X.] 148, 11 <25 f. Rn. 46> m.w.N.), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Jedenfalls gilt das Gebot staatlicher Neutralität nicht nur für den Wahlvorgang und die Wahlvorbereitung, sondern für sämtliche Betätigungen der Parteien, die auf die Erfüllung des ihnen durch Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zugewiesenen [X.]auftrags gerichtet sind. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG schützt das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb in seiner Gesamtheit (vgl. [X.] 14, 121 <132 f.>; 44, 125 <146>; 104, 14 <19 f.>; 138, 102 <110 Rn. 30>; 148, 11 <26 Rn. 46>; vgl. für Parteispenden [X.] 8, 51 <64 f.>).

3. a) Die der Bundesregierung gemeinsam mit den anderen dazu berufenen [X.]organen obliegende Aufgabe der Staatsleitung (vgl. [X.] 11, 77 <85>; 26, 338 <395 f.>; 105, 252 <270>; 105, 279 <301>; 148, 11 <27 Rn. 51>) schließt als integralen Bestandteil die Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit ein (vgl. [X.] 138, 102 <114 Rn. 40>; 148, 11 <27 Rn. 51>). Diese ist nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern notwendig, um den Grundkonsens im [X.] Gemeinwesen lebendig zu erhalten und die Bürgerinnen und Bürger zur eigenverantwortlichen Mitwirkung an der politischen Willensbildung sowie zur Bewältigung vorhandener Probleme zu befähigen (vgl. [X.] 44, 125 <147>; 105, 252 <269>; 105, 279 <302>). Sie umfasst die Darlegung und Erläuterung der Regierungspolitik hinsichtlich getroffener Maßnahmen und künftiger Vorhaben angesichts bestehender oder sich abzeichnender Probleme sowie die sachgerechte, objektiv gehaltene Information über die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betreffende Fragen und wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld der eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit (vgl. [X.] 20, 56 <100>; 44, 125 <147>; 63, 230 <243>; 105, 252 <269>; 105, 279 <302>).

b) Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die der Bundesregierung zukommende Autorität und die Verfügung über staatliche Ressourcen eine nachhaltige Einwirkung auf die politische Willensbildung des Volkes ermöglichen, die das Risiko erheblicher Verzerrungen des politischen [X.] der Parteien und einer Umkehrung des Prozesses der Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen beinhaltet (vgl. [X.] 138, 102 <115 Rn. 45>; 148, 11 <28 Rn. 52>).

Als Teil des politischen Prozesses einer freiheitlichen Demokratie, wie sie das Grundgesetz versteht, ist es zwar hinzunehmen, dass das Regierungshandeln sich in erheblichem Umfang auf die Wahlchancen der im politischen Wettbewerb stehenden Parteien auswirkt (vgl. [X.] 44, 125 <140>; 138, 102 <114 f. Rn. 44>). Davon ist aber der zielgerichtete Eingriff der Bundesregierung in den Wettbewerb der politischen Parteien zu unterscheiden. Es ist der Bundesregierung, auch wenn sie von ihrer Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit Gebrauch macht, von [X.] wegen versagt, sich mit einzelnen Parteien zu identifizieren und die ihr zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel und Möglichkeiten zu deren Gunsten oder Lasten einzusetzen (vgl. [X.] 44, 125 <141 ff.>; 138, 102 <115 Rn. 45>; 148, 11 <28 Rn. 53>). Demgemäß endet die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung dort, wo Werbung für oder Einflussnahme gegen einzelne im politischen Wettbewerb stehende Parteien oder Personen beginnt. Daher ist die über die Wahrnehmung der Amtsgeschäfte hinausgehende Präsentation einzelner Regierungsmitglieder "als Person" grundsätzlich kein tauglicher Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung. Der Grundsatz der Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG lässt es nicht zu, dass die Bundesregierung die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit nutzt, um Regierungsparteien zu unterstützen oder Oppositionsparteien zu bekämpfen (vgl. [X.] 44, 125 <148 ff.>; 63, 230 <243 f.>; 138, 102 <115 Rn. 46>; 148, 11 <28 f. Rn. 54>).

Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung zwar berechtigt, gegen ihre Politik gerichtete Angriffe öffentlich zurückzuweisen; dabei hat sie aber sowohl hinsichtlich der Darstellung des Regierungshandelns als auch hinsichtlich der Auseinandersetzung mit der hieran geübten Kritik die gebotene Sachlichkeit zu wahren. Wie jedes Staatshandeln unterliegt auch die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung dem Sachlichkeitsgebot (vgl. [X.] 57, 1 <8>; 105, 252 <272>; 148, 11 <30 Rn. 59>). Das schließt die klare und unmissverständliche Zurückweisung fehlerhafter Sachdarstellungen oder diskriminierender Werturteile nicht aus. Darüber hinausgehende, mit der Kritik am Regierungshandeln in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehende, verfälschende oder herabsetzende Äußerungen sind demgegenüber zu unterlassen (vgl. [X.] 44, 125 <149 f.>; 105, 252 <272 f.>; 148, 11 <30 Rn. 59> m.w.N.). Die Bundesregierung hat sich darauf zu beschränken, ihre politischen Entscheidungen zu erläutern und dagegen vorgebrachte Einwände in der Sache aufzuarbeiten (vgl. [X.] 148, 11 <29 f. Rn. 55-58>).

4. a) Für die Äußerungsbefugnisse eines einzelnen Mitglieds der Bundesregierung gilt nichts anderes als für die Bundesregierung als Ganzes. Handelt das Regierungsmitglied in Wahrnehmung seines [X.], hat es gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in gleicher Weise wie die Bundesregierung den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien zu beachten (vgl. [X.] 138, 102 <116 f. Rn. 49>; 148, 11 <31 Rn. 61>).

b) Dies schließt allerdings nicht aus, dass ein Regierungsmitglied außerhalb seiner amtlichen Funktion am politischen Meinungskampf teilnimmt. Die bloße Übernahme eines Regierungsamtes hat nicht zur Folge, dass dem Amtsinhaber die Möglichkeit parteipolitischen Engagements nicht mehr offensteht, da die die Regierung tragenden Parteien anderenfalls in nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt würden (vgl. [X.] 44, 125 <141>; 63, 230 <243>; 138, 102 <117 Rn. 50 ff.>; 148, 11 <31 f. Rn. 62>; VerfGH [X.], Beschluss vom 21. Mai 2014 - [X.]/14 -, juris, Rn. 22). Es muss aber sichergestellt sein, dass ein Rückgriff auf die mit dem Regierungsamt verbundenen Mittel und Möglichkeiten, die den politischen Wettbewerbern verschlossen sind, unterbleibt.

c) Dem Neutralitätsgebot steht nicht entgegen, dass der Inhaber eines Regierungsamtes regelmäßig in seiner Doppelrolle als [X.] und Parteipolitiker wahrgenommen wird. Zwar mögen aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger aufgrund der Verschränkung von staatlichem Amt und parteipolitischer Zugehörigkeit gegenüber dem einzelnen Regierungsmitglied nur begrenzte Neutralitätserwartungen bestehen (dazu [X.], [X.], [X.] 414 <416>; [X.], [X.] 55 <2016>, [X.] 519 <532 ff.>; Putzer, [X.], [X.] 417 <422 f.>; Tanneberger/ [X.], NVwZ 2015, [X.] 215 <216>). Unabhängig davon bleibt es aber verfassungsrechtlich geboten, den Prozess der politischen Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen durch die chancengleiche Teilnahme der Parteien am politischen Wettbewerb im weitest möglichen Umfang zu gewährleisten. Dass eine strikte Trennung der Sphären des "[X.]", des "Parteipolitikers" und der politisch handelnden "Privatperson" nicht möglich ist, führt deshalb nicht zur Unanwendbarkeit des Neutralitätsgebots im ministeriellen Tätigkeitsbereich (vgl. [X.] 138, 102 <117 f. Rn. 53 f.>; 148, 11 <32 Rn. 63>).

d) Eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit im politischen Wettbewerb liegt daher vor, wenn Regierungsmitglieder sich am politischen Meinungskampf beteiligen und dabei auf durch das Regierungsamt eröffnete Möglichkeiten und Mittel zurückgreifen, über welche die politischen Wettbewerber nicht verfügen (vgl. [X.] 138, 102 <118 Rn. 55>; 148, 11 <33 Rn. 64>). Demgemäß verstößt eine parteiergreifende Äußerung eines [X.] im politischen Meinungskampf gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien und verletzt die Integrität des freien und offenen Prozesses der Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen, wenn sie entweder unter Einsatz der mit dem Ministeramt verbundenen Ressourcen oder unter erkennbarer Bezugnahme auf das Regierungsamt erfolgt, um ihr damit eine aus der Autorität des Amts fließende besondere Glaubwürdigkeit oder Gewichtung zu verleihen (vgl. [X.] 138, 102 <118 Rn. 55>; 148, 11 <33 Rn. 64>).

e) Demgegenüber kann nicht darauf verwiesen werden, die Anwendung des Neutralitätsgrundsatzes auf regierungsamtliche Äußerungen erschwere den Mitgliedern der Bundesregierung die Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Verantwortlichkeit und führe zu einer "Entpolitisierung" des Regierungshandelns. Eine solche Argumentation lässt außer Betracht, dass das Neutralitätsgebot die Bundesregierung und ihre Mitglieder nicht daran hindert, über politische Vorhaben und Maßnahmen zu informieren sowie unter Beachtung des Sachlichkeitsgebots Angriffe und Vorwürfe zurückzuweisen. Die Wahrnehmung parlamentarischer Verantwortlichkeit und das Führen der politischen [X.] sind daher auch bei Geltung des Neutralitätsgrundsatzes nicht infrage gestellt. Die Mitglieder der Bundesregierung sind durch das Neutralitätsgebot lediglich daran gehindert, im Rahmen der Ausübung der Regierungstätigkeit einseitig Partei zu ergreifen oder bei der Teilnahme am allgemeinen politischen Wettbewerb auf die spezifischen Möglichkeiten und Mittel des [X.] zurückzugreifen (vgl. [X.] 148, 11 <33 f. Rn. 65> m.w.N.).

5. Ob die Äußerung eines Mitglieds der Bundesregierung unter spezifischer Inanspruchnahme der Autorität des Regierungsamtes oder der mit ihm verbundenen Ressourcen stattgefunden hat, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu bestimmen (vgl. [X.] 138, 102 <118 Rn. 56>; [X.], Beschluss vom 21. Mai 2014 - [X.]/14 -, juris, Rn. 25).

a) Ein solcher Rückgriff liegt regelmäßig vor, wenn ein [X.] bei einer Äußerung ausdrücklich auf sein Ministeramt Bezug nimmt oder die Äußerung ausschließlich Maßnahmen oder Vorhaben des von ihm geführten [X.] zum Gegenstand hat. [X.] wird ferner in Anspruch genommen, wenn der Amtsinhaber sich durch amtliche Verlautbarungen etwa in Form offizieller Publikationen, Pressemitteilungen oder auf offiziellen [X.]seiten seines Geschäftsbereichs erklärt (vgl. [X.] 138, 102 <118 f. Rn. 57 f.>; [X.], Beschluss vom 21. Mai 2014 - [X.]/14 -, juris, Rn. 25). Auch aus äußeren Umständen, wie der Verwendung von Staatssymbolen und Hoheitszeichen oder der Nutzung der Amtsräume, kann sich ein spezifischer Amtsbezug ergeben. Gleiches gilt für den äußerungsbezogenen Einsatz sonstiger Sach- oder Finanzmittel, die einem Regierungsmitglied aufgrund seines Amtes zur Verfügung stehen (vgl. [X.] 44, 125 <143>; 138, 102 <119 Rn. 57>). Schließlich findet eine Inanspruchnahme der Autorität des Amtes statt, wenn ein [X.] sich im Rahmen einer Veranstaltung äußert, die von der Bundesregierung ausschließlich oder teilweise verantwortet wird, oder wenn die Teilnahme eines [X.] an einer Veranstaltung ausschließlich aufgrund seines Regierungsamtes erfolgt ([X.] 138, 102 <118 f. Rn. 57>).

b) Demgegenüber ist eine schlichte Beteiligung am politischen Wettbewerb insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Regierungsmitglied im parteipolitischen Kontext agiert. Äußerungen auf Parteitagen oder vergleichbaren Parteiveranstaltungen wirken regelmäßig nicht in einer Weise auf die Willensbildung des Volkes ein, die das Recht politischer Parteien auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb tangiert, da die handelnden Personen primär als Parteipolitiker wahrgenommen werden ([X.] 138, 102 <119 Rn. 58>).

c) Veranstaltungen des allgemeinen politischen Diskurses (Talkrunden, Diskussionsforen, Interviews) bedürfen differenzierter Betrachtung. Der Inhaber eines Regierungsamtes kann hier sowohl als Regierungsmitglied als auch als Parteipolitiker oder Privatperson angesprochen sein (vgl. dazu [X.] 138, 102 <119 f. Rn. 59> m.w.N.). Die Verwendung der Amtsbezeichnung ist dabei für sich genommen noch kein Indiz für die Inanspruchnahme von [X.], weil staatliche Funktionsträger ihre Amtsbezeichnung auch in außerdienstlichen Zusammenhängen führen dürfen (vgl. [X.] 138, 102 <119 f. Rn. 59>; [X.], Beschluss vom 21. Mai 2014 - [X.]/14 -, juris, Rn. 26 m.w.N.).

d) [X.] stehen nicht nur Inhabern von Regierungsämtern, sondern auch Angehörigen der sie tragenden politischen Parteien und der Opposition offen. Die Auswahl der Interviewpartner liegt in der journalistischen Verantwortung des jeweiligen Presseorgans. Dass dabei Inhabern von Regierungsämtern besonderes Interesse zuteil wird, gehört zu den Gegebenheiten des politischen [X.], die im Prozess einer freiheitlichen Demokratie hinzunehmen sind (vgl. zur Hinnahme weiterer tatsächlicher Unterschiede [X.] 8, 51 <67>; 14, 121 <134>; 52, 63 <89>; 78, 350 <358>; 85, 264 <297>; 138, 102 <120 Rn. 60>). Der Inhaber eines Regierungsamtes ist nicht verpflichtet, sich im Rahmen eines Interviews auf die Regierungstätigkeit betreffende Aussagen zu beschränken, da auch dies mit dem Recht politischer Parteien auf Chancengleichheit nicht zu vereinbaren wäre. Vielmehr ist er auch insoweit zur Teilnahme am politischen Meinungskampf befugt. Nimmt er aber für eine Aussage in einem Interview die mit seinem Amt verbundene Autorität in spezifischer Weise in Anspruch, ist er an das Neutralitätsgebot gebunden (vgl. [X.] 138, 102 <120 Rn. 61>).

6. Die vorstehend dargestellten Kriterien ermöglichen es, in der Regel ministerielle Äußerungen, die dem Neutralitätsgebot unterfallen, von der bloßen Teilnahme am politischen Meinungskampf abzugrenzen (vgl. dazu eingehend [X.] 148, 11 <34 f. Rn. 66>). Weder der vorliegende Fall noch neuere Stellungnahmen in der Literatur (vgl. [X.], [X.], [X.] 934; Kalscheuer, [X.] 2018, [X.] 121 ff.; [X.], [X.], [X.] 409 ff.; [X.]l, NVwZ 2018, [X.] 491 f.; [X.], JA 2018, [X.] 394 ff.; [X.], [X.], [X.] 856 ff.; [X.], in: Festschrift für [X.], 2019, [X.] 533 ff.) geben Veranlassung, hiervon abzuweichen.

Insbesondere ist eine Entscheidung der Frage nicht erforderlich, ob sich aus dem Gebot äußerster Zurückhaltung in der "heißen Wahlkampfphase" besondere Beschränkungen für die Äußerungsbefugnisse von Regierungsmitgliedern ergeben (vgl. auch [X.], [X.], [X.] 409 <409 f.>), da es für die Bewertung der vorliegend streitbefangenen Äußerungen am Maßstab des Neutralitätsgebots darauf - wie nachfolgend dargelegt wird - nicht ankommt.

Soweit unter Hinweis auf die mit dem Prozess der Digitalisierung verbundenen Erweiterungen der Kommunikationsmöglichkeiten eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Neutralitätsgrundsatzes gefordert wird (vgl. [X.], in: Festschrift für [X.], 2019, [X.] 533 ff.), vermag dies nicht zu überzeugen. Diese Auffassung lässt außer Betracht, dass zusätzliche digitale Möglichkeiten der kommunikativen Einwirkung auf die Wählerinnen und Wähler das Risiko erhöhen, dass die Nutzung dieser Möglichkeiten seitens staatlicher Organe zu Beeinträchtigungen der gleichberechtigten Teilnahme der Parteien am Prozess der politischen Willensbildung führt. Der Hinweis, auch Oppositionsparteien könnten diese neuen Kommunikationswege nutzen, ändert nichts an der Tatsache, dass der Einsatz dieser Möglichkeiten - insbesondere der Homepages der [X.]ien - nicht allen Parteien gleichermaßen offensteht und der zusätzliche parteiergreifende Rückgriff auf digitale Kanäle durch staatliche Organe einen weiteren [X.]vorteil für die Regierungsparteien begründet. Abgesehen von erheblichen Abgrenzungsproblemen, die sich im Falle eines gelockerten Neutralitätsgebots bei gleichzeitiger Unzulässigkeit der Verbreitung von sogenannten [X.] (so wohl [X.], in: Festschrift für [X.], 2019, [X.] 533 <549>) ergäben, wird die verfassungsrechtlich gewährleistete gleichberechtigte Teilnahme der Parteien an der politischen Willensbildung auch dann verletzt, wenn der politische Meinungskampf im Netz ausgetragen wird und staatliche Organe sich daran parteiergreifend beteiligen.

Nach diesen Maßstäben ist der Antrag begründet. Die angegriffenen Äußerungen des Antragsgegners im Rahmen des [X.]-Interviews sind als Teilnahme am politischen Meinungskampf verfassungsrechtlich zwar nicht zu beanstanden (1.). Durch die [X.] des Interviews auf der [X.]seite des von ihm geleiteten [X.] hat der Antragsgegner aber das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt (2.).

1. Die vom Antragsgegner im Rahmen des [X.]-Interviews getätigten Äußerungen in Bezug auf die Antragstellerin überschreiten die inhaltlichen Grenzen des bei Wahrnehmung des [X.] zu beachtenden Neutralitätsgebots (a). Sie haben das Recht der Antragstellerin aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG dennoch nicht verletzt, da es sich insoweit um eine bloße Teilnahme am politischen Meinungskampf handelt (b).

a) Die angegriffenen [X.] beinhalten negative Qualifizierungen der Antragstellerin (aa) und sind auch nicht lediglich auf die Kritik eines bestimmten Verhaltens der [X.]-[X.]sfraktion beschränkt ([X.]). Mit diesen Aussagen greift der Antragsgegner vielmehr in einseitig parteiergreifender Weise zulasten der Antragstellerin in den Wettbewerb der politischen Parteien ein (cc).

aa) Der Antragsgegner erklärt in dem Interview auf den Vorhalt: "Was Sie sagen, richtet sich hauptsächlich gegen die [X.]" wörtlich:

Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind [X.]. Das haben Sie am Dienstag im [X.] miterleben können mit dem Frontalangriff auf den Bundespräsidenten. Das ist für unseren Staat hochgefährlich. Das muss man scharf verurteilen. Ich kann [X.] nicht im [X.] hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den [X.]. Das ist staatszersetzend.

Im weiteren Verlauf des Interviews bekundet er außerdem, der Frontalangriff auf den Bundespräsidenten sei "einfach schäbig" gewesen. Sodann beantwortet er die Frage, ob die [X.] radikaler geworden sei, mit "Ja" und fügt hinzu:

Die sind auf der Welle, auf der sie schwimmen, einfach übermütig geworden und haben auch dadurch die Maske fallen lassen. So ist es auch leichter möglich, sie zu stellen, als wenn sie den [X.] spielt.

Schließlich führt er aus:

[…] [X.] erschreckt an der [X.] dieses kollektive Ausmaß an Emotionalität, diese Wutausbrüche - selbst bei Geschäftsordnungsdebatten. […] So kann man nicht miteinander umgehen, auch dann nicht, wenn man in der Opposition ist.

Diese Aussagen beinhalten eine parteiergreifende deutliche Kritik und negative Bewertungen zum Nachteil der Antragstellerin. Ihr wird unterstellt, dass sie sich ungeachtet entgegenstehender Bekenntnisse gegen den Staat stelle und insoweit ihre Maske habe fallen lassen. Zugleich wird ihr ein Radikalisierungsprozess attestiert und ihr Verhalten als "staatszersetzend" qualifiziert, wobei sich aus der diesbezüglich gewählten Formulierung nicht eindeutig entnehmen lässt, ob der letztgenannte Vorwurf lediglich im Zusammenhang mit der Kritik der [X.]-[X.]sfraktion am Verhalten des Bundespräsidenten erhoben wird oder auf die Antragstellerin als Ganzes zielt.

[X.]) Entgegen seiner Auffassung beschränkt sich der Antragsgegner nicht auf eine Bewertung des Verhaltens der [X.]-[X.]sfraktion in der Debatte des Deutschen [X.]es zum Bundeshaushalt 2019. Vielmehr zieht er dieses Verhalten nur beispielhaft heran, um seine Kritik an der Antragstellerin zu belegen.

Die Feststellung: "Die stellen sich gegen den Staat" trifft der Antragsgegner als Antwort auf einen die Antragstellerin und nicht nur die [X.]-[X.]sfraktion betreffenden Vorhalt. Sie ist daher auf die Antragstellerin als Ganzes bezogen. Gleiches gilt, soweit der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin sei "übermütig" geworden und habe "die Maske fallen lassen". Auch die Kritik des Antragsgegners an dem ihn erschreckenden "kollektiven Ausmaß an Emotionalität" und den "Wutausbrüchen" bezieht sich auf die Antragstellerin in Gänze und nicht nur auf Teile derselben. Eine Beschränkung dieser Aussagen auf die [X.]-[X.]sfraktion erfolgt weder ausdrücklich noch ergibt sie sich aus dem Sinnzusammenhang der Äußerungen.

Es kann daher dahinstehen, ob die weiteren Einschätzungen des Antragsgegners ("hochgefährlich", "staatszersetzend", "schäbig") lediglich auf den von ihm ausgemachten "Frontalangriff auf den Bundespräsidenten" bezogen sind und ob - selbst wenn dies der Fall wäre - sich hieraus nicht zugleich eine negative Qualifizierung der Antragstellerin insgesamt ergäbe. Auch unabhängig davon hat sich der Antragsgegner mit den streitbefangenen Äußerungen gegen die Antragstellerin als Ganzes positioniert und diese massiver Kritik unterzogen. Dem steht der Hinweis des Antragsgegners nicht entgegen, er habe in dem Interview auf "Geschäftsordnungsdebatten" Bezug genommen, da auch diese Bezugnahme - wie der Zusatz "selbst bei Geschäftsordnungsdebatten" belegt - lediglich erfolgt, um die vorstehende Kritik an der Emotionalität und den Wutausbrüchen der Antragstellerin beispielhaft zu belegen.

cc) (1) Zwar qualifiziert die Antragstellerin ihrerseits die Äußerungen des Antragsgegners in unangemessener und maßloser Weise, wenn sie in der Antragsschrift behauptet, diese erinnerten an die "Hetzreden der [X.] Reichsregierung gegen [X.] Mitbürger seit 1933" und seien von der Intention getragen, die Anhänger der Antragstellerin als "Feinde des Gemeinwesens" hinzustellen, "gegen die Unrechts- und Willkürmaßnahmen als jederzeit erlaubt und von Staats wegen willkommen gelten müssten". Ungeachtet dessen überschreitet der Antragsgegner mit seinen Äußerungen die durch das Neutralitätsgebot vorgegebenen inhaltlichen Grenzen.

(2) Dabei kommt es nicht darauf an, ob die spezifisch auf das Verhalten der [X.]-[X.]sfraktion in der Haushaltsdebatte des Deutschen [X.]es bezogenen Teile des Interviews des Antragsgegners dem Sachlichkeitsgebot noch genügen. Ob der Geschäftsordnungsantrag zur Beratung des [X.] und die in diesem Zusammenhang am Verhalten des Bundespräsidenten geübte Kritik bei Beachtung des Neutralitätsgebots als "staatszersetzend", "hochgefährlich" und "schäbig" hätten qualifiziert werden dürfen, kann dahinstehen, da die weiteren Bewertungen durch den Antragsgegner sich als eigenständige, einseitig parteiergreifende Einflussnahme auf den Prozess der politischen Willensbildung zulasten der Antragstellerin darstellen.

(3) Soweit der Antragsgegner meint, die getätigten Aussagen seien bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil sie keinen konkreten Wahlkampfbezug gehabt hätten und lediglich ein respektvoller Umgang mit dem Bundespräsidenten angemahnt, aber keine Aufforderung zur Nichtwahl der Antragstellerin ausgesprochen worden sei, lässt er außer Betracht, dass eine Beeinflussung der politischen Willensbildung zugunsten oder zulasten einzelner Parteien nicht nur durch Wahl- oder Nichtwahlaufrufe, sondern auch durch die negative Qualifizierung des Handelns oder der Ziele einzelner Parteien erfolgen kann. Davon ausgehend hat der [X.] bereits ausdrücklich festgestellt, dass auch außerhalb von Wahlkampfzeiten der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien die Beachtung des Gebots staatlicher Neutralität erfordert, da der Prozess der politischen Willensbildung nicht auf Wahlkämpfe beschränkt ist, sondern fortlaufend stattfindet (vgl. [X.] 138, 102 <110 Rn. 30, 111 Rn. 32 f.>; 148, 11 <25 Rn. 46>). Es kann daher dahinstehen, ob - wie die Antragstellerin behauptet - das Interview auf eine Beeinflussung anstehender Landtags- und Bezirkstagswahlen in [X.] und [X.] gerichtet war. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, genügen die Äußerungen des Antragsgegners inhaltlich den Anforderungen nicht, die sich für ein Regierungsmitglied bei der Wahrnehmung seiner Amtsgeschäfte aus dem Neutralitätsgrundsatz ergeben.

b) Die Abgabe der streitgegenständlichen Äußerungen im Rahmen des Interviews als solche verletzt gleichwohl das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 GG nicht, weil der Antragsgegner dabei weder in spezifischer Weise auf die Autorität seines [X.] noch auf die damit verbundenen Ressourcen zurückgegriffen hat. Vielmehr ergibt die gebotene Abwägung der Umstände des vorliegenden Falls, dass sich die Äußerungen im Rahmen des Interviews als Teilnahme des Antragsgegners am politischen Meinungskampf in seiner Eigenschaft als Parteipolitiker und nicht als Wahrnehmung des [X.] darstellen.

aa) Für ein Handeln in amtlicher Funktion spricht zwar, dass der Untertitel des [X.]-Interviews lautet: "Ein Interview mit [X.] Horst [X.] zur großen Koalition ([X.])". Auch bezieht sich die Eingangsfrage des Interviews auf den Zuschnitt des vom Antragsgegner geführten [X.]. Ebenso stellen sich die unmittelbar nachfolgenden Fragen als amtsbezogen dar. Zumindest hinsichtlich der Beantwortung dieser Fragen äußert der Antragsgegner sich in Wahrnehmung seines Regierungsamtes.

[X.]) Im weiteren Verlauf des Interviews beschränkt sich der Antragsgegner indes nicht auf Aussagen in Bezug auf seine Regierungstätigkeit. Vielmehr lassen zahlreiche Umstände darauf schließen, dass er - insbesondere mit den auf die Antragstellerin bezogenen Aussagen - von seiner Befugnis zur Teilnahme am politischen Meinungskampf Gebrauch gemacht hat.

(1) Die nach den Eingangsfragen im Interview erörterten Themen reichen in erheblichem Umfang über die Ressortzuständigkeit des Antragsgegners hinaus. Sie betreffen sowohl die Arbeit der [X.] im Ganzen als auch allgemeinpolitische Fragen ohne Bezug zur [X.]. Dies ist etwa der Fall, soweit der Antragsgegner auf die Erosion der [X.], die Zusammenarbeit in der [X.] oder sein Verhältnis zum [X.]-Gründer [X.] angesprochen wird.

(2) Insbesondere die Fragen, die der Antragsgegner zum Anlass genommen hat, die streitbefangenen Äußerungen zu tätigen, weisen keinen Ressortbezug auf. Dies gilt sowohl für den Vorhalt, seine Behauptung einer politischen Polarisierung richte sich hauptsächlich gegen die [X.], als auch für die Fragen, ob die [X.] von der Flüchtlingskrise profitiert habe und ob sie seit 2015 radikaler geworden sei.

(3) Diese nicht an den [X.], sondern an den Parteipolitiker Horst [X.] gerichteten Fragen werden vom Antragsgegner auch nicht unter Berufung auf seine [X.] beantwortet. Vielmehr handelt es sich bei den Äußerungen um allgemeinpolitische Einschätzungen des Antragsgegners beziehungsweise um eine Kritik am Verhalten der Antragstellerin gegenüber dem Bundespräsidenten.

(4) Dem steht nicht entgegen, dass in der Unterzeile der Überschrift des Interviews die Amtsbezeichnung des Antragsgegners aufgeführt ist. Die bloße Verwendung der Amtsbezeichnung ist noch kein Indiz für die Inanspruchnahme der [X.], weil staatliche Funktionsträger auch in außerdienstlichen Zusammenhängen ihre Amtsbezeichnung führen dürfen (vgl. [X.] 138, 102 <119 f. Rn. 59>).

(5) Sonstige Indizien für die Inanspruchnahme der Autorität des [X.] oder der damit verbundenen Ressourcen fehlen. So ist beispielsweise nicht ersichtlich, dass bei der Führung des Interviews Amtsräume genutzt oder Staatssymbole verwendet wurden. Auch fehlt hinsichtlich der streitbefangenen Äußerungen eine Berufung auf Maßnahmen, Vorhaben oder besondere Kenntnisse des vom Antragsgegner geführten Ressorts.

(6) Soweit die Antragstellerin demgegenüber geltend macht, das Interview habe wenig Ähnlichkeit mit einem herkömmlichen Presseprodukt, so dass der Verdacht bestehe, dass die [X.] als journalistischer Dienstleister dafür bezahlt worden sei, dem Minister [X.] zu stellen, handelt es sich um eine durch keinerlei Tatsachen unterlegte Behauptung ins Blaue hinein, die nicht geeignet ist, den Einsatz von mit dem Ministeramt verbundenen Ressourcen zu belegen. Auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung konnte die Antragstellerin diese Behauptung in keiner Weise belegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis der Antragstellerin, das Interview sei offenbar nirgendwo erschienen als allein auf der [X.]seite des [X.]. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte daraus nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass der Antragsgegner das Interview in Auftrag gegeben und vergütet hat. Im Übrigen steht dem bereits entgegen, dass die Antragstellerin selbst einen Artikel aus der online-Ausgabe der Tageszeitung "[X.]" mit Stand vom 14. September 2018 vorgelegt hat, der einzelne Passagen des Interviews teilweise wörtlich wiedergibt.

(7) Insgesamt ist daher festzustellen, dass der Antragsgegner bei seinen die Antragstellerin betreffenden [X.] nicht in seiner Eigenschaft als [X.] angesprochen war und auch nicht als solcher geantwortet hat. Vielmehr hat er sich insoweit als Parteipolitiker betätigt und in dieser Eigenschaft am politischen Meinungskampf teilgenommen. Daher hat der Antragsgegner durch die Abgabe dieser Erklärungen im Interview der [X.] das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG nicht verletzt.

2. Demgegenüber hat der Antragsgegner durch die [X.] des Interviews auf der Homepage des von ihm geführten [X.] am 14. September 2018 das Recht der Antragstellerin aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt (a). Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Antragsgegners gehen fehl (b).

a) Mit der [X.] des Interviews auf der [X.]seite des von ihm geführten [X.] hat der Antragsgegner auf Ressourcen zurückgegriffen, die ihm allein aufgrund seines Regierungsamtes zur Verfügung stehen. Er hat diese auch zur Beteiligung am politischen Meinungskampf eingesetzt, da die Wiedergabe des Interviews auf der [X.]seite der weiteren Verbreitung der darin enthaltenen Aussagen diente. Da diese Aussagen, wie dargelegt, in einseitiger Weise Partei gegen die Antragstellerin ergreifen, verstößt die [X.] des Interviews auf der [X.]seite des [X.] gegen das Gebot strikter staatlicher Neutralität und verletzt damit die Antragstellerin in ihrem Recht auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb.

b) Die hiergegen seitens des Antragsgegners erhobenen Einwände rechtfertigen keine andere Einschätzung.

aa) Der Hinweis, durch die bloße [X.] des Interviews auf der [X.]seite des [X.] erlange dieses nicht den Charakter einer amtlichen Verlautbarung, vermag das Handeln des Antragsgegners nicht zu legitimieren. Zwar wurde bei der [X.] des Interviews auf die Primärquelle ([X.]) hingewiesen und offengelegt, dass die [X.] mit deren ausdrücklicher Genehmigung erfolgte. Daher kann aus der [X.] - wie vom Antragsgegner zutreffend dargelegt - nicht gefolgert werden, dass es sich um eine offizielle Mitteilung des [X.] handelte, oder gar, dass die Bundesregierung als Ganzes sich die vom Antragsgegner geäußerten Auffassungen zu eigen gemacht hat. Dies ist jedoch für die Frage einer Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG im Ergebnis ohne Belang. Entscheidend ist allein, dass der Antragsgegner mit der [X.]seite seines [X.] staatliche, der Antragstellerin nicht zur Verfügung stehende Ressourcen eingesetzt hat, um die [X.]lage zwischen den politischen Parteien zu deren Nachteil zu verändern. Dies muss die Antragstellerin nicht hinnehmen. Könnten die mit dem Ministeramt verbundenen Kommunikationsmöglichkeiten genutzt werden, um die vom Amtsinhaber an anderer Stelle getätigten Äußerungen unabhängig von deren [X.] und Inhalt zu dokumentieren und zu verbreiten, ergäben sich umfassende Möglichkeiten parteipolitischer Instrumentalisierung dieser Ressourcen. Dem steht das Gebot strikter Neutralität staatlicher Organe im parteipolitischen Wettbewerb zwingend entgegen.

[X.]) Der Antragsgegner kann sich zur Rechtfertigung der Verbreitung des Interviews auf der Homepage des von ihm geführten [X.] auch nicht auf die Befugnis der Bundesregierung zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit berufen. Dabei kann dahinstehen, ob dies bereits daran scheitert, dass der Antragsgegner bei der Verteidigung des Bundespräsidenten außerhalb der ihm zustehenden [X.] gehandelt haben könnte (1). Jedenfalls steht einer Rechtfertigung der Verbreitung der streitbefangenen Äußerungen die Nichtbeachtung des im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung geltenden Gebots der Sachlichkeit entgegen (2).

(1) Grundsätzlich setzt die Befugnis staatlicher Organe zur Öffentlichkeitsarbeit die Beachtung der bestehenden Kompetenzordnung voraus (vgl. [X.] 44, 125 <149>; 105, 252 <270>; 148, 11 <37 Rn. 77>). Dabei ist davon auszugehen, dass gemäß Art. 65 Satz 2 GG jedes Kabinettsmitglied zur eigenverantwortlichen Leitung seines Geschäftsbereichs befugt ist. Der Antragsgegner beruft sich vorliegend aber darüber hinausgehend darauf, dass er sich für die Grundwerte der [X.]ordnung eingesetzt und einen angemessenen Umgang im politischen Diskurs angemahnt habe. [X.] dürften von allen [X.]organen kommunikativ vertreten werden. Dies schließe ein, einer Verrohung der politischen Kultur entgegenzuwirken und die Gefährdung der Integrationsfunktion des Bundespräsidenten durch das Verhalten der Antragstellerin im [X.] zurückzuweisen. Ob und inwieweit es eine allgemeine Befugnis gibt, gegen andere Staatsorgane oder speziell gegen den Bundespräsidenten gerichtete Angriffe ohne Bezug zum eigenen Verantwortungsbereich öffentlich zurückzuweisen oder die Beachtung der Grundregeln des [X.] Zusammenlebens einzufordern, ist in der Rechtsprechung des Senats bisher nicht abschließend entschieden.

(2) Im Ergebnis kann dies vorliegend dahinstehen, da die Äußerungen des Antragsgegners weit über eine Zurückweisung der am Bundespräsidenten geübten Kritik und die Verteidigung von dessen Integrationsfunktion hinausreichen. Der Antragsgegner beschränkt sich - wie dargelegt - nicht auf eine Auseinandersetzung mit dem Verhalten der [X.]-[X.]sfraktion in der Debatte zum Bundeshaushalt 2019 und der dabei am Verhalten des Bundespräsidenten geübten Kritik. Vielmehr wird auf die Abläufe in dieser Haushaltsdebatte lediglich verwiesen, um die generellen, weit über diesen Einzelfall hinausgehenden negativen Bewertungen der Antragstellerin durch den Antragsgegner beispielhaft zu unterlegen. Die Qualifizierung der Antragstellerin als eine Partei, die sich gegen den Staat stelle, sich radikalisiert habe, übermütig geworden sei und ihre Maske fallen gelassen habe sowie durch ihr kollektives Maß an Emotionalität und ihre Wutausbrüche erschrecke, überschreiten den Rahmen einer entschiedenen, aber sachlichen Zurückweisung der am Verhalten des Bundespräsidenten geübten Kritik. Es handelt sich insoweit um eine Parteinahme im politischen Meinungskampf, in dem staatliche Organe sich neutral zu verhalten haben und zu dessen Führung staatliche Ressourcen nicht einseitig parteiergreifend eingesetzt werden dürfen.

(3) Schließlich ist dem Antragsgegner nicht zu folgen, soweit er geltend macht, vorliegend dürften die Anforderungen an Sachlichkeit und Neutralität nicht überspannt werden, da eine Spontanäußerung vorliege. Bei [X.] kommt das Vorliegen spontaner Äußerungen bereits deshalb regelmäßig nicht in Betracht, weil sie dem Interviewten vor ihrer [X.] zur Autorisierung vorgelegt werden. Gründe für eine abweichende Einschätzung im vorliegenden Fall sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist in der mündlichen Verhandlung erklärt worden, dass das Interview vor seiner [X.] dem Antragsgegner in schriftlicher Form übersandt wurde. Jedenfalls hinsichtlich der [X.] des Interviews auf der Homepage des vom Antragsgegner geführten [X.] kann auf das Vorliegen einer "Spontanäußerung" nicht verwiesen werden.

Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 3 [X.]. Im [X.]verfahren findet eine Kostenerstattung nur ausnahmsweise statt, wenn besondere [X.] dies geboten erscheinen lassen (vgl. [X.] 20, 119 <133 f.>; 96, 66 <67>; 110, 407 <409>). Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist für einen Rückgriff auf § 34a Abs. 2 [X.] im Rahmen des § 34a Abs. 3 [X.] kein Raum, weil der [X.] nicht der Durchsetzung individueller Grundrechte, sondern der Klärung der Rechte und Pflichten von obersten Bundesorganen und anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind - hierzu zählen auch die politischen Parteien -, dient.

Meta

2 BvE 1/19

09.06.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: BvE

vorgehend BVerfG, 30. Oktober 2018, Az: 2 BvQ 90/18, Ablehnung einstweilige Anordnung

Art 21 Abs 1 S 1 GG, § 34a Abs 2 BVerfGG, § 34a Abs 3 BVerfGG, § 63 BVerfGG, § 64 Abs 1 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 09.06.2020, Az. 2 BvE 1/19 (REWIS RS 2020, 2793)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2793


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvE 1/19

Bundesverfassungsgericht, 2 BvE 1/19, 09.06.2020.


Az. 2 BvQ 90/18

Bundesverfassungsgericht, 2 BvQ 90/18, 30.10.2018.


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