Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.08.2013, Az. 25 W (pat) 536/12

25. Senat | REWIS RS 2013, 3261

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "WINTERFREUDE" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 064 793.0

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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[X.]

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ist am 3. November 2010 zur Eintragung in das beim [X.] geführte Markenregister für die folgenden Waren der

4

[X.]: Tee, Süßwaren, Zucker, Gebäck,

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angemeldet worden.

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Die Markenstelle für [X.] des [X.]s hat diese unter der Nummer 30 2010 064 793.0 geführte Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.

7

Nach Auffassung der Markenstelle ist die angemeldete Marke in Bezug auf diese Waren wegen der im Vordergrund stehenden sachbezogenen Bedeutung nicht unterscheidungskräftig i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Die angemeldete Wortfolge, die sich aus den beiden bekannten [X.] Substantiven „Winter“ und „Freude“ zusammensetze, sei [X.] gebildet und zeichne sich durch einen im Vordergrund stehenden, werblichen Sachhinweis in dem Sinne aus, dass der Verzehr dieser Waren dem Konsumenten, insbesondere zur Winterzeit, einen hochgestimmten Gemütszustand verschaffen könne. „Winter“ bezeichne eine bestimmte Jahreszeit zwischen [X.] und Frühling. Unter dem Begriff „Freude“ verstehe man einen „hochgestimmten Gemütszustand“ bzw. ein „Froh- und Beglücktsein“, wobei dieser Begriff eine umfangreiche Verwendung in Werbeversprechen finde, wie beispielsweise folgende Slogans zeigten: „[X.] statt Langeweile“, „[X.]“ „Stereofreude ist doppelte Freude…“. Auf [X.] könne sich die Anmelderin nicht erfolgreich berufen.

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Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben.

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Sie hält die angemeldete Bezeichnung für schutzfähig, die daher einzutragen sei, insbesondere im Hinblick auf die – auch jüngst erfolgten – Eintragungen von Anmeldemarken im einschlägigen Warenbereich, wie z.B. „[X.]“ für die [X.] oder „[X.]“, „[X.]“ und „[X.]“. Insoweit erscheine die Ablehnung ihrer Markenanmeldung willkürlich, der Beschluss der Markenstelle sei daher aufzuheben, zumal die Entscheidung vornehmlich aus diversen Textbausteinen bestehe, so dass eine nachvollziehbare Begründung fehle. Entgegen der Auffassung der Markenstelle weise die angemeldete Marke Unterscheidungskraft auf bzw. sei nicht beschreibend, da der Verkehr bei der angemeldeten Bezeichnung nicht auf die beanspruchten Waren komme. Schließlich hat die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung noch ausgeführt, dass es bei [X.] eine tatsächliche Markenverwendung von Bezeichnungen wie der vorliegenden Anmeldemarke gäbe.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 9. Februar 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 [X.] statthaft. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen worden.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 [X.]; [X.], 850, [X.]. 18 [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. [X.]). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. [X.] - [X.] a.a.[X.]). Zumindest in diesem Sinne fehlt der angemeldeten Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren die Unterscheidungskraft.

Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es insbesondere auch auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Waren der [X.] sind an die breiten Kreise der inländischen Verbraucher gerichtet.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich mit den Bestandteilen „Winter“ und „Freude“ verbunden zu „[X.]“ um eine sprach- und werbeübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einem verständlichen, schlagwortartigen Sachbegriff. Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich selbst zwei Sachangaben durch ihre Zusammenstellung zu einem kennzeichnungskräftigen Zeichen verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher und schutzbegründender Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. [X.] GRUR 2006, 680, [X.]. 39 -41 Biomild).

Die angemeldete Wortkombination ist ohne weiteres erkennbar aus zwei gängigen Begriffen, nämlich „[X.]“ und „FREUDE“, zusammengesetzt und stellt in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren eine im Vordergrund stehende sachbezogene und werbeübliche Produktanpreisung in dem Sinne dar, dass der Verzehr dieser Produkte wegen ihrer speziellen saisonal „winterlichen“ Geschmacksrichtung – beispielsweise mit Zimt, Nelken, Marzipan, Orange usw. – bzw., weil es sich um üblicherweise nur zur Winterzeit zu verzehrende Produkte handelt, dem Konsumenten „Freude“ bereitet, wobei dies im Zusammenhang mit den beanspruchten Lebensmitteln sich naheliegend auf die entsprechende Gaumenfreude bzw. den entsprechenden Gaumengenuss bezieht. Die Markenstelle hat die Bedeutung von „Winter“ und „Freude“ korrekt belegt (s. Verweis auf [X.], [X.], im Beschluss vom [X.], Seite 3, 4. Absatz), wobei ergänzend noch festzustellen ist, dass der Wortbestandteil „Freude“ auch ein Synonym für die Begriffe „Genuss“, „Vergnügen“, „Spaß“ ist (vgl. [X.], [X.]., diese Unterlagen sind der Anmelderin als Anlage 1 zum [X.] vom 11./12. Juni 2013 übersandt worden [X.]. 61-62 d.A.). Die Markenstelle hat zudem die allgemein geläufige Tatsache belegt, dass positiv besetzte Begriffe wie „Freude“, „Spaß“ oder „Genuss“ in einer Vielzahl von rein beschreibenden, werblichen Anpreisungen Verwendung finden (siehe dazu Anlage 1 zum angefochtenen Beschlusses, [X.]. 41 – 45 der Patentamtsakte) und im einschlägigen Lebensmittelbereich der „Tees“ spezielle Mischungen für bestimmte Jahreszeiten angeboten werden, wie z.B. „[X.]tee“, „[X.]“, „[X.]“ (siehe Anlagen 2 bis 5 zum angefochtenen Beschlusses, [X.]. 46- 50 der Patentamtsakte). Auch gibt es für die weiter beanspruchten Waren, also „Zucker, Süßwaren und Gebäck“ spezielle Winter-Mischungen. So werden auf dem Markt als „[X.]“ bezeichnete Zuckermischungen u.a. mit dem Bestandteil Zimt sowie „[X.]“ beispielsweise veredelt mit Spekulatiusstücken oder „Wintersüßigkeiten“ mit Marzipan, Zimt, [X.] angeboten (vgl. Ergebnis einer google-Recherche, die der Anmelderin mit [X.] vom 11./12. Juni 2013 als Anlagen 2a-d übersandt worden sind, [X.]. 63 - 66 d.A.). Des Weiteren verbindet der Verbraucher bestimmte Lebensmittel mit bestimmten Jahreszeiten, wie dies beispielsweise bei Stollen und Spekulatius der Fall ist, die traditionell zur Winter- bzw. Weihnachtszeit verzehrt werden. Ausgehend davon ist die angemeldete Wortkombination im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet, zumal sie auch keine Besonderheiten sprachlicher Natur aufweist, die sie von einer glatt werblich-beschreibenden Angabe hinreichend phantasievoll abheben und als betrieblichen Herkunftshinweis geeignet erscheinen lassen würde. Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist auch keine tatsächliche Verwendung von solchen Bezeichnungen bei [X.], die der Verkehr als Betriebskennzeichen auffassen und in die sich die Anmeldemarke „[X.]“ einreihen könnte, festzustellen. Zwar trifft es zu, dass eine Vielzahl von Bezeichnungen, mit denen Stimmungen, Emotionen ausgedrückt werden, dabei teilweise verbunden mit Angaben zu Jahreszeiten, wie z.B. Schneewunder, Wintertraum, Himmelszauber oder [X.], [X.], auf dem Teemarkt zu finden sind, wobei diese sogar zum Teil als Marke eingetragen sind. Damit ist aber nicht belegt, dass die breiten Kreise der Verbraucher, zu denen auch die Senatsmitglieder gehören, diese Bezeichnungen auch als betriebliche Herkunftshinweise und nicht nur als werblich anpreisende Produkthinweise auffassen.

Soweit die Anmelderin sich auf vermeintlich vergleichbare [X.] beruft, sind diese für die vorliegend zu treffende Entscheidung zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke letztlich irrelevant (vgl. dazu die gefestigte Rechtsprechung zur fehlenden Bindungswirkung von [X.], nämlich [X.] GRUR 2009, 667 - Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] GRUR 2008, 229, [X.]. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, [X.]. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, [X.]. 63 – [X.]; [X.] GRUR 2008, 1093, [X.]. 18 - [X.] und [X.], 1175 - [X.]; [X.] 2010, 139 - [X.] und die Senatsentscheidung [X.] 2010, 145 - Linuxwerkstatt). Inzwischen ist auch klargestellt, dass es keinen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.v. § 70 Abs. 3 Nr. 2 [X.] darstellt, wenn die Markenstelle zur Eintragung ähnlicher Zeichen nicht im Einzelnen Gründe für eine differenzierte Beurteilung angibt und nicht darlegt, dass sie die [X.] für rechtswidrig hält ([X.] GRUR 2011, 230, [X.]. 10-13 – [X.] und [X.] 2011, 66, [X.]. 10-13 [X.] Rätsel Woche; vgl. dazu auch die Senatsentscheidung [X.] 2010, 145, 147, 148 – Linuxwerkstatt, die zutreffend davon ausgeht, dass sich jedenfalls eine vermeintlich abschließende Aussage zur Frage der Schutzfähigkeit von nicht verfahrensgegenständlichen Drittmarken verbietet; vgl. zur [X.] auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn 31 ff). An dieser Rechtslage ändert auch der Umstand nichts, dass es ein Ärgernis bzw. einen Wettbewerbsnachteil für Konkurrenten darstellen kann, wenn produktbeschreibende Angaben oder werbeübliche Anpreisungen ins Markenregister eingetragen werden und damit entgegen der Intention des Gesetzes für einzelne Wettbewerber monopolisiert werden, damit den fairen Wettbewerb stören. Das [X.] sieht zur Korrektur dieses wettbewerbswidrigen Zustandes das Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 [X.] vor, das von jedermann angestrengt werden kann, und nicht – worauf die Argumentation der Anmelderin hinausläuft - die Eintragung von weiteren (schutzunfähigen) und damit den Wettbewerb störenden Bezeichnungen.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

25 W (pat) 536/12

22.08.2013

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.08.2013, Az. 25 W (pat) 536/12 (REWIS RS 2013, 3261)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3261

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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25 W (pat) 547/20

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