Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.10.2013, Az. 5 StR 411/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1742

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Gegenstand

Hauptverhandlung in Strafsachen: Umfang der Mitteilungspflicht des Strafkammervorsitzenden bei Verständigungsgesprächen im Zwischenverfahren


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. April 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es ihn betrifft.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in 54 Fällen sowie wegen Untreue schuldig gesprochen, (zäsurbedingt) zwei Gesamtfreiheitsstrafen verhängt, ein Berufsverbot (§ 70 StGB) angeordnet und ihn zu Zahlungen an fünf Adhäsionskläger verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

2

1. Die Revision macht zu Recht geltend, § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO sei verletzt worden.

3

a) Sie trägt in zulässiger Weise (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) folgendes Prozessgeschehen vor: Noch im Zwischenverfahren kam es zu einem „Vorgespräch über die Möglichkeiten einer Verfahrensverständigung“, an dem die drei Berufsrichter, die Staatsanwaltschaft sowie die Verteidigung teilnahmen. Dabei stellte die Kammer „für den Fall vollgeständiger Angaben“ bestimmte Strafunter- und Strafobergrenzen in Aussicht. Da dem unterbreiteten Vorschlag nur die Staatsanwaltschaft zustimmte, kam eine Verständigung nicht zustande. In der Hauptverhandlung teilte die Vorsitzende lediglich mit, „dass Vorgespräche … stattgefunden und … bis dato zu keiner Verständigung geführt hätten“, jedoch keinerlei Einzelheiten dieser Gespräche.

4

b) Damit ist der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht in hinreichendem Umfang entsprochen worden. Denn die Bestimmung verlangt, dass in der Hauptverhandlung über den wesentlichen Inhalt erfolgter Erörterungen zu informieren ist. Hierzu hätten aber vorliegend jedenfalls der Verständigungsvorschlag der Kammer und die zu diesem abgegebenen Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten gehört.

5

Angesichts dessen kann der Senat offen lassen, ob er den – nach Ansicht des Revisionsführers „freilich revisionsverfahrensrechtlich fremdelnden“ – Erwägungen des [X.] folgen könnte, nach denen auch mitzuteilen sei, „welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden“ und „von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde“ ([X.], [X.], 1058, 1065; siehe auch [X.], Urteil vom 10. Juli 2013 – 2 [X.], [X.], 3046; [X.], Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 [X.], [X.]R StPO § 257c Abs. 1 Erörterungen 1 – außerhalb der Hauptverhandlung). Insofern hat der [X.] in seiner Antragsschrift vom 29. August 2013 überzeugend dargelegt, der von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO abweichende Wortlaut des § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO spreche dafür, dass über den Ablauf diesbezüglicher Gespräche nur bei zustande gekommener Verständigung zu informieren ist.

6

c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. [X.], aaO, 1067).

7

2. Er bemerkt im Übrigen, dass die materiell-rechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Auf der Basis der bisherigen Feststellungen teilt der Senat ins-besondere nicht die von der Revision gegen die Bewertung der Konkurren-zen und die Bildung der Gesamtstrafen vorgebrachten Bedenken.

Basdorf                      Sander                        Schneider

                Berger                       [X.]

Meta

5 StR 411/13

23.10.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 10. April 2013, Az: 628 KLs 9/12

§ 202a StPO, § 243 Abs 4 S 1 StPO, § 257c StPO, § 337 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.10.2013, Az. 5 StR 411/13 (REWIS RS 2013, 1742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1742

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