Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2008, Az. V ZR 47/07

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5772

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 1. Februar 2008 Weschenfelder, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 906 Abs. 2 Satz 2 Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB umfasst auch [X.], die der Eigentümer oder Besitzer des beein-trächtigten Grundstücks infolge der Beschädigung sich auf dem Grundstück befindli-cher beweglicher Sachen erleidet (Abgrenzung zu [X.] 92, 143). [X.], [X.]. v. 1. Februar 2008 - [X.] - [X.]

[X.] - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2007 durch [X.] [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 23. Februar 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Im Juni 2004 geriet eine im Eigentum des Beklagten stehende und von ihm genutzte Wohnung infolge eines defekten Küchengeräts in [X.]. Dadurch wurde auch das angrenzende Gebäude beschädigt, in dem der Geschädigte in angemieteten Räumen ein Lederwarengeschäft betreibt. Dieser hatte seine [X.] und die [X.] bei der Klägerin versichert; ferner [X.] Versicherungsschutz für [X.]. 1 Die Klägerin zahlte wegen der an den [X.]n durch [X.], Ruß und Löschwasser entstandenen Schäden 118.510 • an den Geschädigten [X.] 17.000 • zum Ausgleich seines Betriebsunterbrechungsschadens. Diese Beträge verlangt sie aus übergegangenem Recht des Geschädigten von dem Beklagten ersetzt. 2 - 3 - Die Klage ist vor dem [X.] erfolglos geblieben. Das [X.] hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Feststellung der Anspruchshöhe an das [X.] zurück-verwiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die [X.] des erstinstanzlichen [X.]eils. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines nachbarrechtli-chen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB für gegeben. Die durch den [X.] in die Geschäftsräume des Geschädigten eingedrungenen [X.]- und Rußpartikel stellten rechtswidrige Immissionen dar. Der [X.] umfasse den unmittelbar an den [X.]n eingetretenen Schaden. Denn er diene als Kompensation für den Ausschluss primärer Ab-wehransprüche, die nach § 862 Abs. 1 BGB auch dem Besitzer des [X.] und damit dem Geschädigten als Mieter zustünden. Hätte dieser seinen Abwehranspruch gegen die von dem [X.]ereignis ausgehenden [X.] durchsetzen können, wäre der Schaden an seinen [X.]n nicht eingetreten. Das rechtfertige es, sie in den Schutzbereich des nachbar-rechtlichen Ausgleichsanspruchs einzubeziehen. Entsprechendes gelte für den [X.], soweit er nicht durch die Reinigungs- und Sanierungs-arbeiten am Gebäude, sondern möglicherweise auch durch die Dauer der Wie-derbeschaffung des [X.] bedingt gewesen sei. 4 - 4 - I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. 5 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht des Geschädigten (§ 67 [X.]) ein [X.] Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht. 6 a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ein sol-cher Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirt-schaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchti-gung übersteigen (vgl. [X.], [X.] 155, 99, 102 m.w.N.). Hiervon ist auszu-gehen, wenn ein [X.] auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel - und so auch hier - nicht erkennen und die Einwirkun-gen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann. 7 b) Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, dass sich der nachbar-rechtliche Ausgleichsanspruch nur gegen einen Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB richten kann (vgl. [X.], [X.]. v. 27. Januar 2006, [X.], [X.], 992). Der [X.] hat bereits entschieden, dass der Eigentümer eines Hauses, welches infolge eines technischen Defekts seiner elektrischen Geräte in [X.] gerät, Störer ist ([X.] 142, 66). Für den Beklagten als Eigentümer einer selbstgenutzten Wohnung gilt nichts anderes (vgl. aber auch [X.], [X.]. v. 27. Januar 2006, [X.], [X.], 992 für den Fall einer vermieteten Wohnung). 8 - 5 - 2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass sich In-halt und Umfang des Anspruchs nach den Grundsätzen der Enteignungsent-schädigung bestimmen (vgl. [X.], [X.] 142, 66, 70 ff.) und dass diese [X.] auch die Nachteile erfasst, die der hier Geschädigte infolge der Be-einträchtigung seiner [X.] durch [X.], Ruß und Löschwasser erlitten hat. 9 a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB dient als Kompensation für den Ausschluss primärer [X.] nach §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB ([X.], [X.] 155, 99, 106), schützt also wie diese das Eigentum und den Besitz an einem Nachbargrund-stück. Die Ausgleichsleistung knüpft an diese Rechtspositionen an; bei einer Besitzstörung richtet sie sich nach dem Vermögenswert, der auf dem Recht beruht, den Besitz [X.]. Folgt das Besitzrecht, wie hier, aus einem Mietvertrag über Gewerberäume, ist dies vor allem die Möglichkeit, den Besitz zur Unterhaltung eines Gewerbebetriebes zu nutzen. Daher sind die vermö-genswerten Betriebsnachteile auszugleichen, die ihre Ursache in der Besitzstö-rung haben (vgl. [X.], [X.] 147, 45, 52 f.). 10 Zu diesen Nachteilen zählen die für eine ungestörte Fortführung des Gewerbebetriebs erforderlichen Aufwendungen. Das umfasst Aufwendungen für den Ersatz von Inventar, von [X.]n und ähnlichen Betriebsmitteln, die durch die Besitzstörung beschädigt worden sind (vgl. [X.], aaO, [X.] für unbrauchbar gewordenes Inventar sowie [X.], [X.] 155, 99, 106 für eine beschädigte Betriebseinrichtung). 11 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sich auf dem Grundstück befind-lichen Betriebsmittel, hier also die [X.] des Geschädigten, infolge [X.] Beeinträchtigung der Grundstücks- oder Gebäudesubstanz (vgl. [X.], 12 - 6 - [X.] 147, 45, 54 f.: Inventar wird durch den Gebäudeeinsturz zerstört) oder unmittelbar durch die auf das Grundstück einwirkenden Immissionen beschä-digt werden (hier: Schaden unmittelbar an den Waren durch [X.], Ruß oder Löschwasser). Denn auch der primäre Abwehranspruch gemäß §§ 1004, 862 Abs. 1 BGB, dessen faktischer Ausschluss durch die Entschädigung kompen-siert werden soll, besteht unabhängig davon, welches Schadensbild infolge der drohenden unzulässigen Störung im Einzelnen zu erwarten ist. Entscheidend ist, dass der Schaden an den beweglichen Sachen nicht eingetreten wäre, wenn der Besitzer seinen Unterlassungsanspruch hätte durchsetzen können, und sich damit als Teil der diesem durch die Besitzstörung abverlangten [X.] darstellt. Ebenso wenig ist maßgeblich, ob durch die Besitzstörung hervorgerufene Ertragseinbußen, welche grundsätzlich ebenfalls auszugleichen sind (vgl. [X.], aaO, S. 54) und hier infolge der Notwendigkeit, neue Lederwaren zu be-schaffen, eingetreten sein sollen, auf eine Beschädigung des Grundstücks oder darauf befindlicher beweglicher Sachen zurückzuführen sind. 13 b) Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht aus dem sog. [X.] ([X.] 92, 143), in dem auf einem Betriebs-parkplatz abgestellte Fahrzeuge von Arbeitnehmern durch [X.] einer benachbarten Schmelzanlage beschädigt worden waren. Die Begründung, mit der der [X.] einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch der Arbeitnehmer gegen den Betreiber des [X.] verneint hat - es fehle an dem erforderlichen Bezug der Schäden zu dem von den [X.] - verweist auf die notwendige, im [X.] aber fehlende Haftungsgrundlage für einen solchen Anspruch. Da die klagenden Arbeitnehmer bloße Benutzer des Betriebsparkplatzes waren (aaO, [X.]), stand ihnen ein Abwehranspruch gegen die Immissionen aus §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB 14 - 7 - nicht aufgrund eines Rechts an dem betroffenen Grundstück, sondern nur als Eigentümer oder Besitzer der abgestellten Fahrzeuge zu. Rechte an bewegli-chen Sachen können - für sich genommen - aber keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch begründen. Als Teil des Interessenausgleichs für eine sachgerechte Nutzung benachbarter Grundstücke setzt ein solcher Anspruch auf Seiten des Anspruchstellers stets eine Störung seines Eigentums oder Be-sitzes an einem Grundstück voraus (vgl. [X.], [X.] 157, 188, 193). Nichts anderes wird in der [X.] angesprochen, wenn es dort heißt, der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erfasse Folgeschäden nur, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelten. II[X.] [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 15 [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.09.2006 - 4 O 151/06 - [X.], Entscheidung vom 23.02.2007 - 10 U 226/06 -

Meta

V ZR 47/07

01.02.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.02.2008, Az. V ZR 47/07 (REWIS RS 2008, 5772)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5772

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