Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.11.2015, Az. 28 W (pat) 21/13

28. Senat | REWIS RS 2015, 2558

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "FlexxSide" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 058 217.3

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 11. November 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[[X.].][[X.].]

3

ist am 26. Oktober 2011 zur Eintragung als Marke in das bei dem [[X.].] ([[X.].]) geführte Register für die folgenden Waren der

4

Klasse 6: [X.] aus Metall zur Beförderung und als permanente oder mobile Umhausung von Aggregaten oder Blockheizkraftwerken sowie deren Zubehörteilen und Verbrauchsmaterialien und –stoffen; [X.] aus Metall, welche als mobile Werkstätten verwendet werden;

5

Klasse 7: Stromaggregate und Blockheizkraftwerke in [X.]n

6

angemeldet worden.

7

Mit Beschluss vom 22. Februar 2013 hat die Markenstelle für Klasse 7 die Anmeldung für die Waren der Klasse 6 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen.

8

Zur Begründung hat sie ausgeführt, der von den Waren angesprochene [[X.].] werde das Anmeldezeichen dahingehend verstehen, dass es sich bei den Waren um solche handele, die flexible Wände bzw. Seitenwände hätten. Die Wortkombination sei [[X.].] aus dem auch im Inland verständlichen Wort „[[X.].]“ für flexibel und dem Begriff „[[X.].]“ gebildet, der dem entsprechenden [[X.].] Wort „Seite“ sehr ähnlich sei. Die abweichende Schreibweise durch Verdoppelung des x sei nicht ungewöhnlich, akustisch nicht wahrzunehmen und eine heutzutage gebräuchliche Abwandlung. Eine gewisse Unschärfe des Begriffs führe noch nicht zur Unterscheidungskraft. Eine Mehrdeutigkeit sei nicht gegeben. Die von der Anmelderin zitierten Vorentscheidungen hinsichtlich ähnlicher Marken seien nicht relevant, im Übrigen sei eine Vielzahl von vergleichbaren Markenanmeldungen zurückgewiesen worden.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 7 des [[X.].]s vom 22. Februar 2013 aufzuheben.

Sie trägt vor, die Markenstelle habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass der angesprochene Verkehr in dem Anmeldezeichen aufgrund seines beschreibenden Charakters kein Mittel zur Unterscheidung der betrieblichen Herkunft sehen könne. Sie habe sich zudem nicht mit den zahlreichen vergleichbaren Markeneintragungen auseinander gesetzt. Diese hätten zumindest eine starke Indizwirkung für die Eintragungsfähigkeit des [[X.].]. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des [[X.].] und des [[X.].] in vergleichbaren Fällen. [[X.].][[X.].] werde aufgrund der prägnanten Doppelung des [X.] als [X.] und nicht als beschreibende Angabe verstanden. Selbst wenn man unterstelle, dass „[[X.].]“ trotz der abweichenden Schreibweise die Abkürzung von „flexibel“ sei, habe das Anmeldezeichen keinen sachbeschreibenden Inhalt. Flexibel bedeute „biegsam, elastisch“. [X.] hätten aber keine elastischen Wände, sondern starre Seiten. [X.] mit versetzbaren Wänden würden als [X.] mit variablen oder mobilen Wänden beschrieben, nicht jedoch als [X.] mit flexiblen im Sinne von elastischen Seiten. Das Zeichen sei mehrdeutig und interpretationsbedürftig, was zu seiner Unterscheidungskraft führe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.] 2012, 610, Nr. 42 - [X.]; [X.] 2008, 608, 611, Nr. 66 f. - [X.]; [X.], [X.] 2014, 569, Rn. 10 – [X.]; [X.] 2013, 731, Nr. 11 - [X.]; [X.] 2012, 1143, Nr. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, 1045, Nr. 9 - [X.]; [X.] 2010, 825, 826, Nr. 13 - [X.]; [X.] 2010, 935, Nr. 8 - Die Vision; [X.] 2006, 850, 854, Nr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2006, 229, 230, Nr. 27 - BioID; [X.] 2008, 608, 611, Nr. 66 – [X.]; [X.] [X.] 2008, 710, Nr. 12 - [X.]; [X.] 2009, 949, Nr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] [X.] 2012, 1143, Nr. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, 1045, Nr. 9 - [X.]; [X.] 2012, 270, Nr. 8 – [X.] economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412, Nr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2004, 943, 944, Nr. 24 - SAT.2; [X.] [X.] 2010, 935, Nr. 8 - Die Vision; [X.] 2010, 825, 826, Nr. 13 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854, Nr. 18 - [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] [X.] 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; [X.] [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 - [X.] economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2005, 417, 418 - [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [[X.].] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.] 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.] 2010, 1100, Nr. 23 - [X.]!; [X.] 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - [X.]).

„[[X.].][[X.].]“ für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft, wie die Markenstelle mit zutreffender Begründung festgestellt hat.

Das Anmeldezeichen setzt sich - durch die Binnengroßschreibung unmittelbar erkennbar - aus den [X.]en „[[X.].]“ und „[[X.].]“ zusammen. Trotz der Verdoppelung des x in dem Begriff „[[X.].]“ werden die angesprochenen Verkehrskreise in dem [X.] die Abkürzung „flex“ für englisch „flexible“ oder deutsch „flexibel“ erkennen. Denn der Verkehr ist an derartige Abwandlungen und regelwidrige Schreibweisen von sachbeschreibenden Angaben gewöhnt ([X.]/Hacker [X.] 11. Aufl. 2014, § 8 Rn. 176 und 368 m. w. N). „Flex“ ist als Abkürzung des Adjektivs „flexible“ bzw. „flexibel“ durchaus gebräuchlich ([X.] W (pat)15/05 - [X.]; 26 W (pat) 22/11 - KID FLE[X.]; 24 W (pat) 518/13 - [X.]). „Flexible“ bedeutet nicht nur „biegsam“ sondern auch „beweglich“ und „anpassungsfähig“. Der [X.] Begriff „[[X.].]“ entspricht weitgehend dem [[X.].] Begriff „Seite“. Im Bereich der [X.]technik wird „[[X.].]“ als Fachbegriff verwendet (Open-[[X.].]-[X.]).

Die beanspruchten [X.] der [X.] 6 richten sich nicht an den allgemeinen Verbraucher, sondern in erster Linie an den [[X.].] aus Industrie und Handwerk. Diese Verkehrskreise werden das Zeichen in seiner Gesamtheit im Sinne von „anpassungsfähige Seite“ verstehen und daraus unmittelbar den sachbeschreibenden Hinweis entnehmen, dass die mit dem Zeichen gekennzeichneten Waren eine flexible, d. h. anpassungsfähige Seitenwand besitzen, an der sie erweitert, angebaut oder geöffnet, bzw. nach Bedarf verändert werden können. Die flexible Erweiterbarkeit von [X.]n ist ein wichtiges Qualitäts- und Auswahlkriterium, das in der Beschreibung derartiger Waren regelmäßig hervorgehoben wird, wie sich aus den der Beschwerdeführerin vorab übersandten Rechercheunterlagen des Senats ergibt. Die weitere von der Beschwerdeführerin hervorgehobene Wortbedeutung „biegsam“ tritt demgegenüber zurück.

www.es-raum.de: „Das macht den [X.] so flexibel für jede Anwendung. Wand-, Tür- und Fensterelemente können aufgrund der Paneelbauweise leicht ausgetauscht werden“;

www.zeppelin-streif-baulogistic.com: „Für die Erstellung großer [X.]anlagen nutzen wir unsere flexiblen Modulsysteme mit auswechselbaren Wänden“

[X.]: „Die Wände sind durch flexible Wandsegmente in Paneelbauweise in beliebiger Position platzierbar…“;

- www.container.de: „Nicht nur die Ausstattung der [[X.].] bietet ein hohes Maß an Einrichtungsvielfalt. Auch flexibel einsetzbare Wechselelemente ermöglichen eine minutenschnelle Montage“;

- www.schunk-gmbh.de: „Systembaulösung Technik-[X.] Flexibel, kostengünstig und sicher“; „Mobile Werkstattcontainer: Unser modulares Werkstattkonzept bietet Ihnen die Flexibilität, die Sie brauchen“.

Der angesprochene [[X.].] ist deshalb nicht nur an die beschreibende Verwendung der Einzelbegriffe gewöhnt, sondern auch an ihre Verwendung in der konkreten [[X.].] gebildeten Zusammensetzung. Er wird in der Wortkombination in ihrer Gesamtheit deshalb keinen [X.], sondern ohne weitere Gedankenschritte einen Hinweis auf die Beschaffenheit der Waren erkennen.

Insofern unterscheidet sich das Anmeldezeichen von den seitens der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen des [[X.].] 33 W (pat) 38/07 – [X.] und 24 W (pat) 16/06 – FLE[X.]PLUS.

Das Zeichen weist auch keine Mehrdeutigkeit auf, die ihm zur Unterscheidungskraft verhelfen könnte. Der Verkehr, der an die anpreisende Beschreibung von [X.]n mit austauschbaren Seitenelementen durch die Beschreibung „flexibel“ gewöhnt ist, hat keine Veranlassung, „flexibel“ im Sinne von „elastisch“ verstehen und über elastische Seitenwände von [X.]n ins Grübeln zu geraten. Auch die weiteren von der Beschwerdeführerin im Amtsverfahren aufgeführten möglichen Bedeutungen der Einzelbestandteile treten in der konkreten Wortkombination gegenüber der für die beanspruchten Waren nächstliegenden beschreibenden Bedeutung „anpassungsfähige Seitenwand“ im Verständnis des angesprochenen Verkehrs in den Hintergrund.

Die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen mit dem Bestandteil „Flex“ haben für die hiesige Entscheidung keine Relevanz. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.] 2009, 667 - Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] [X.] 2008, 229, [X.]. 47-51 - BioID; [X.] 2004, 674, [X.]. 42-44 - Postkantoor; [X.] 2004, 428, [X.]. 63 - [X.]), des [X.] (vgl. [X.] 2008, 1093, [X.]. 18 - [X.]) und des [X.] (vgl. z. B. [X.] 2009, 1175 - [X.]; [X.] 2010, 139 - [X.]; [X.] 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen. Von einer willkürlichen Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin oder einer Indizwirkung dieser Eintragungen für den hier zu entscheidenden Fall ist aber auch deshalb nicht auszugehen, weil die Voreintragungen andere Wortkombinationen und abweichende [X.] betrafen und deshalb eine Vergleichbarkeit mit der vorliegenden Anmeldung nicht gegeben ist.

3. Daher war die Beschwerde in vollem Umfang zurückzuweisen. Ob der Eintragung daneben ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann im Ergebnis dahinstehen.

Meta

28 W (pat) 21/13

11.11.2015

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.11.2015, Az. 28 W (pat) 21/13 (REWIS RS 2015, 2558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2558

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