Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.11.2016, Az. 28 W (pat) 27/14

28. Senat | REWIS RS 2016, 1795

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "schwarz orange silber gebürstet zu jeweils gleichen Teilen (abstrakte Farbmarke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 065 251.1

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Zeichen

Abbildung

2

mit der Beschreibung:

3

„abstrakte Farbmarke schwarz, orange ([X.]) und silber gebürstet ([X.]) zu jeweils gleichen Teilen“

4

ist als sonstige Markenform am 8. Februar 2012 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register für die Waren der

5

„[X.]: [X.] für brennstoffbetätigte Befestigungswerkzeuge

6

Klasse 6: Behälter aus Metall für Druckgase und flüssige Luft; Befestigungselemente, insbesondere Nägel, Klammern, Stifte mit oder ohne Kopf, und gewellte Befestigungselemente

7

Klasse 7: Energiebetriebene Werkzeuge zur Installation von Befestigungsmitteln

8

Klasse 37: Gaskartusche, Gaspatronen“

9

angemeldet worden.

Das [X.], Markenstelle für Klasse 6, hat die Anmeldung, nach vorausgegangener Beanstandung vom 5. März 2012, mit Beschlüssen vom 5. Februar 2013 und vom 9. Januar 2014, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem angemeldete Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Der Verkehr sei auf dem in Rede stehenden Marktsektor generell an farbige Ausgestaltungen gewöhnt und würde somit auch eine ihm erstmalig begegnende Farbe nicht ohne weiteres als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Es sei vorliegend auch branchenüblich, Waren in den unterschiedlichsten Farben anzubieten. Entgegen der Ansicht der Anmelderin spreche gerade dieser Umstand nicht für, sondern gegen die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens, da dadurch der Eindruck eines lediglich funktionellen oder dekorativen Gebrauchs von Farben verstärkt werde.

In Anbetracht der bestehenden Farbenvielfalt könne die angemeldete Kombination nicht auf die Herkunft der Waren hinweisen und somit keine konkrete Unterscheidungskraft besitzen. Vorliegend sei zwar eine überschaubare Zahl von Waren beansprucht, die einem kleinen Markt, jedoch nicht einem überschaubaren Warenbereich zuzuordnen seien. Es sei davon auszugehen, dass selbst im speziellen Segment von [X.] der Verkehr auch Hersteller von anderen energiebetriebenen Werkmaschinen (z. B. Bohr-, Schleifmaschinen, Akkuschrauber etc.) gedanklich als Produzenten von [X.] in Betracht ziehe. Denn die beanspruchten Waren der verschiedenen Hersteller in der Branche stünden für die [X.]e in direktem Zusammenhang mit dem deutlich umfassenderen Bereich der elektronischen Werkzeugmaschinen.

Hinsichtlich der vom Anmeldezeichen beanspruchten „energiebetriebenen Werkzeuge zur Installation von Befestigungsmitteln“ zeige sich anhand zahlreicher online verfügbarer Produktkataloge, dass in den verschiedenen Baumärkten Farben bzw. Farbkombinationen als betrieblicher Herkunftshinweis keine Verwendung fänden. Auf dem speziellen Markt für [X.] gebe es eine Vielzahl von Anbietern. Diese würden die gesamte wahrgenommene Breite von Farben für Waren verwenden, wobei verschiedene Anbieter auch gleiche Farbkombinationen verwenden würden. Hierauf basierend hätten sich die maßgeblichen [X.]e, die sich aus gewerblichen Abnehmern aus der Baubranche und – entgegen der Auffassung der Anmelderin – auch aus handwerklich interessierten privaten Verbrauchern zusammensetzen würden, bereits seit vielen Jahren daran gewöhnt, dass die ganze Bandbreite der Farben von vielen verschiedenen Anbietern verwendet werde. Folglich sei eine Zuordnung zu einem bestimmten Hersteller stark verwässert, sodass letztendlich keine Unterscheidungskraft gegeben sei.

Ferner liege auch keine ungewöhnliche Farbkombination vor, da zumindest die Farben orange und schwarz weitläufig in Gebrauch seien.

Hinsichtlich der Waren der Klassen 6 und 37, die auf Gasbehältnisse gerichtet seien, bestehe ein gesteigertes Allgemeininteresse dahingehend, die uneingeschränkte Wählbarkeit von Farben zu gewährleisten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 14. Februar 2014, mit der sie beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des [X.]s vom 5. Februar 2013 und vom 9. Januar 2014 aufzuheben.

Im Verfahren vor dem [X.] hat die Anmelderin ausgeführt, dass Schutz für eine sehr beschränkte Zahl von Waren auf einem überschaubaren und sehr spezifischen Nischenmarkt in der Baubranche beansprucht werde. Die vom Anmeldezeichen erfassten Waren gehörten dabei zu der spezifischen und eingrenzbaren Warengruppe „(Dach)befestigungsgeräte und -utensilien“. In der entsprechenden Branche habe eine Gewöhnung des Verkehrs an die herkunftshinweisende Verwendung von Farben durch die Hersteller der Waren im Sinne der [X.]-Rechtsprechung des [X.] stattgefunden. Der Verkehr bestehe dabei ausschließlich aus gewerblichen Fachabnehmern aus der Baubranche. Auf dem vorliegend relevanten Markt existierten insgesamt vier Mitbewerber, die jeweils eigene charakteristische Hausfarben zur Kennzeichnung ihrer Produkte verwendeten. Der Verkehr sei mithin daran gewöhnt, die beanspruchten Waren im Fachgroßhandel an den jeweiligen Hausfarben der Hersteller zu erkennen.

Ferner hat die Anmelderin ausgeführt, die angemeldete Farbkombination sei auch nicht beschreibend. Nicht zuletzt sei der angesprochene [X.] bereits an die beanspruchte Farbkombination als ihre Hausfarbe gewöhnt, da sie diese bereits seit dem [X.] einsetze. Auch sei die Farbkombination des [X.] noch nicht in dem beanspruchten Warensektor vertreten und schon gar nicht branchenüblich. Angesichts der Gewöhnung an Farbzeichnungskonzepte in dem entsprechenden Warensektor würden die angesprochenen Fachkreise die angemeldete Farbkombination als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen.

In der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2016 hat die Anmelderin das Warenverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

„[X.]: [X.] für brennstoffbetätigte Befestigungswerkzeuge

Klasse 7: gasbetriebene [X.] für die Installation von Nägeln“.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet, da der Eintragung des [X.] das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht.

1. Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich um ein nach § 3 Abs. 1 [X.] grundsätzlich markenfähiges Zeichen (vgl. [X.] [X.], 858 - [X.]). Es erfüllt auch das in § 8 Abs. 1 [X.] aufgestellte Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit. Durch die eingereichte Wiedergabe des [X.], die Bezeichnung der Farben und die Angabe der konkreten Farbverteilung ist die beanspruchte abstrakte Farbmarke eindeutig definiert. Allerdings hat der [X.] statuiert, dass aus der grundsätzlichen Markenfähigkeit nicht per se auf eine hinreichende Unterscheidungskraft eines Zeichens geschlossen werden könne, da vor allem Verbraucher nicht daran gewöhnt seien, allein aus der Farbe auf die betriebliche Herkunft zu schließen. Vielmehr sehe der Verkehr in Farben gewöhnlich nur bloße Gestaltungsmittel ([X.] [X.] 2003, 604 - [X.]; [X.], 858 - [X.]).

2. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.] 2012, 610, Rdnr. 42 - [X.]; [X.] 2008, 608, Rdnr. 66 f. - [X.]; [X.] 2014, 569, Rdnr. 10 - [X.]; [X.] 2013, 731, Rdnr. 11 - [X.]; [X.] 2012, 1143, Rdnr. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, Rdnr. 9 - [X.]; [X.] 2010, 825, Rdnr. 13 - [X.]; [X.] 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; [X.] 2006, 850, Rdnr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.] 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel; [X.] 2006, 229, Rdnr. 27 - BioID; [X.] 2008, 608, Rdnr. 66 - [X.]; [X.] 2008, 710, Rdnr. 12 - [X.]; [X.] 2009, 949, Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2012, 1143, Rdnr. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, Rdnr. 9 - [X.]; [X.] 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).

Die genannten Grundsätze finden auch bei abstrakten Farbmarken Anwendung, bei denen keine strengeren Anforderungen angelegt werden dürfen als bei anderen Markenformen (vgl. [X.] [X.] 2014, 7766 - [X.]). Allerdings ist bei bestimmten Markenkategorien zu beachten, dass sie vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Häufig schließen Verbraucher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung oder aus der Farbe eines Produktes nicht auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen (vgl. [X.] [X.], 858 - [X.]; [X.] 2003, 604 - [X.]). Weiterhin ist bei abstrakten Farbmarken auch im Rahmen der Prüfung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen (vgl. [X.] [X.], 858 -[X.]; [X.] 2003, 604 - [X.]).

Somit ist bei abstrakten Farbzeichen auch unter Zugrundelegung des oben beschriebenen großzügigen [X.] davon auszugehen, dass solchen Zeichen im Allgemeinen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Eine originäre Unterscheidungskraft abstrakter Farbmarken ist lediglich in Ausnahmefällen zu bejahen. Bei diesen Zeichen ist deshalb regelmäßig zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass das angemeldete Zeichen unterscheidungskräftig ist (vgl. [X.] [X.] 2003, 604 - [X.]; [X.] 2010, 637 - Farbe gelb). Diese Beurteilung erfordert eine umfassende Prüfung des [X.] bei der Wahrnehmung der Farbe auf dem in Rede stehenden Warensektor und des Interesses der Allgemeinheit an der freien Verfügbarkeit der beanspruchten Farbkombination. Von Bedeutung für die Beurteilung des Schutzhindernisses mangelnder Unterscheidungskraft ist in diesem Zusammenhang auch, ob die Eintragung der Farbe als Marke für eine Vielzahl von Waren oder Dienstleistungen oder eine bestimmte Gruppe von Waren oder Dienstleistungen begehrt wird. Besondere Umstände, bei deren Vorliegen ein abstraktes Farbzeichen ausnahmsweise über Unterscheidungskraft verfügen kann, können insbesondere dann gegeben sein, wenn die Zahl der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sehr gering und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist. Für Farbzusammenstellungen gelten diese Bewertungsmaßstäbe entsprechend (vgl. [X.] [X.], 858 - [X.]).

3. Ausgehend von diesen Beurteilungsmaßstäben kommt dem angemeldeten Zeichen für die nunmehr noch beanspruchten Waren nicht die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft zu.

a) Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist auf die Auffassung der maßgeblichen beteiligten inländischen [X.]e abzustellen, also in denen das Anmeldezeichen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Die maßgeblichen beteiligten [X.]e definiert der [X.] als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. [X.] [X.] 2006, 411 - Matratzen [X.]/Hukla).

Die von dem Anmeldezeichen beanspruchten Waren richten sich sowohl an Fachkreise (Handwerker), aber auch an handwerklich interessierte Durchschnittsverbraucher. Die in Klasse 7 genannten [X.], wie beispielsweise [X.], nebst entsprechendem Zubehör, wie es Gegenstand des [X.] in [X.] ist (wie etwa Gaskartuschen), werden regelmäßig mittels des [X.] auch nicht dem gewerblichen Bereich zuzuordnenden Verbrauchern angeboten. Die entsprechenden Geräte (sowie das Zubehör) unterscheiden sich dabei primär durch den jeweiligen Preis. Während [X.] für den professionellen Einsatz zumeist hochpreisig sind und über spezielle Geschäfte für den professionellen Handwerksbedarf veräußert werden, sind die über das [X.] erhältlichen korrespondierenden Geräte für handwerklich interessierte Verbraucher eher in einem niedrigeren Preissegment angesiedelt.

b) Voraussetzung für die Annahme der Unterscheidungskraft einer Farbmarke ist zunächst, dass die Zahl der beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen sehr beschränkt und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist (vgl. [X.] [X.] 2003, 604 - [X.]). Denn nur in einem überschaubaren Bereich von Waren bzw. Dienstleistungen mit eigenen Kennzeichnungsgewohnheiten ist die Wahrnehmung abstrakter Farben als betrieblicher Herkunftshinweis möglich. Wenn eine Anmeldung zahlreiche Waren oder sehr weite [X.] beansprucht, besteht die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass unter diesen Produkten auch solche sind, bei denen Farben lediglich als dekorative Elemente aufgefasst werden.

Hinsichtlich der nunmehr noch verfahrensgegenständlichen Waren „[X.] für brennstoffbetätigte Befestigungswerkzeuge“ ([X.]) sowie „gasbetriebene [X.] für die Installation von Nägeln“ (Klasse 7) ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen überschaubaren Warenbereich handelt. Dies, da von dem Anmeldezeichen nicht Befestigungsgeräte schlechthin erfasst werden, sondern nur solche, die gasbetrieben sind und zudem ausschließlich zur Installation von Nägeln verwendet werden. Die in [X.] genannten [X.] weisen keine Beschränkung auf den Brennstoff „Gas“ auf. Ebenso unterliegt der Verwendungszweck der zu bestückenden Befestigungswerkzeuge keiner Einschränkung. Gleichwohl ist auch in Bezug auf die Waren der [X.] von einem spezifischen Markt auszugehen, da die [X.] ausschließlich für Befestigungswerkzeuge bestimmt sind und sich auch dieser Markt als überschaubar erweist.

c) Des Weiteren kann ein Farbzeichen nur dann unterscheidungskräftig sein, wenn in dem fraglichen Marktsegment Farben grundsätzlich als betriebliche Herkunftshinweise in Betracht kommen können, wobei branchenbedingte Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Dabei sind vor allem Farben mit sachlichem Bezug zu den entsprechenden Waren zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet.

Im Regelfall ist davon auszugehen, dass die beteiligten [X.]e Farben lediglich als dekorative bzw. sachbezogene Gestaltung der Ware bzw. deren Verpackung verstehen (vgl. [X.] [X.] 2003, 604 - [X.]; [X.], 858 - [X.]). Um ausnahmsweise den kennzeichnenden Charakter einer abstrakten Farbe bejahen zu können, muss eine Branchenübung feststellbar sein, wonach Unternehmen die [X.]e daran gewöhnt haben, in Farben einen markenmäßigen Hinweis auf das dahinter stehende Unternehmen zu sehen. Dabei spricht die bloße Verwendung von unterschiedlichsten Farben im fraglichen Marktsegment für sich gesehen jedoch noch nicht für eine herkunftshinweisende Bedeutung von Farben.

Eine solchermaßen erforderliche Branchenübung ist hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Waren nicht feststellbar, was Recherchen des Senats ergeben haben, deren Ergebnisse der Anmelderin im Termin übergeben worden sind:

(1) Dies gilt zunächst hinsichtlich gasbetriebener [X.] für die Installation von Nägeln, sogenannten [X.]n. Auf dem Markt findet sich eine Vielzahl von Farbgestaltungen, die eine Zuordnung zu dem jeweiligen Hersteller nicht ermöglichen. Beispielsweise verwendet der Hersteller [X.] für seine Geräte „[X.]“ und „[X.]“ die Farben (Hell-)Orange und [X.] (vgl. Anlage 2 zum Protokoll vom 25. November 2016). Die nämliche Farbkombination weisen der schlauchlose Gas-Haftennagler „3854“ des Herstellers [X.] sowie der GAS-DRUCKLUFT-NAGLER des Herstellers [X.] auf (vgl. Seite 2 der Anlage 29 zum Protokoll vom 25. November 2016). Eine ähnliche Farbkombination, lediglich mit einem helleren Orangeton, verwenden die Hersteller [X.] (Streifennagler „FH 21/90“) und [X.] (Kabelloser [X.] „[X.]“ - vgl. Seite 1 der Anlage 29 zum Protokoll vom 25. November 2016). Diese Farben sind auch im Anmeldezeichen enthalten. Der Hersteller [X.], dessen Hausfarbe nach dem Vorbringen der Anmelderin „leuchtendgrün-schwarz“ ist (vgl. Schriftsatz vom 12. März 2013), verwendet für sein Produkt „[X.] GB“ die Farben Grau und [X.] (vgl. Anlage 3 zum Protokoll vom 25. November 2016). Auch diese beiden Farben finden sich im Anmeldezeichen wieder. [X.] belegt im Übrigen auch, dass auf dem verfahrensgegenständlichen Markt die [X.] von den relevanten Herstellern nicht durchgängig mit einer bestimmten „Hausfarbe“ versehen werden, was ebenfalls der Existenz des von der Anmelderin behaupteten [X.] entgegensteht. Der Hersteller [X.] wiederum verwendet für sein Produkt „DGN9033“ die Farben [X.] und Gelb (vgl. Anlage 17 zum Protokoll vom 25. November 2016). In den Farben Rot und [X.] ist das Produkt „F90G1“ des Herstellers [X.] gehalten (vgl. Seite 5 der Anlage 27 zum Protokoll vom 25. November 2016). Der Hersteller [X.] versieht seine Produkte „[X.]“, „[X.]“ sowie „GN420CLSE“ schließlich mit der Farbkombination Blau-[X.] (vgl. Seite 2 der Anlage 29 zum Protokoll vom 25. November 2016).

Aus den Recherchen des Senats geht im Ergebnis hervor, dass in dem verfahrensgegenständlichen Warenbereich eine Vielzahl von Farbkombinationen anzutreffen ist. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte erkennbar, dass Unternehmen ihre Abnehmer daran gewöhnt hätten, in der Verwendung einer Farbe oder einer Farbkombination einen markenmäßigen Hinweis auf einen Hersteller zu erblicken. Gegen eine solche Annahme spricht bereits die Tatsache, dass Unternehmen ihre vermeintliche „Hausfarbe“ nicht für sämtliche vertriebenen Waren einheitlich verwenden. Weiterhin ist festzustellen, dass sich zahlreiche Hersteller speziell der Farbkombination Orange und [X.] (entweder mit einem hellen oder einem dunklen Orangeton) bedienen, also Farben, die auch im Anmeldezeichen enthalten sind. Auch hierauf basierend ist eine Zuordnung eines Produkts zu einem bestimmten Hersteller praktisch nicht möglich, was der Annahme einer entsprechenden Branchenübung ebenfalls entgegensteht. Schließlich ist festzustellen, dass es sich bei den im Anmeldezeichen enthaltenen Einzelfarben, speziell bei den Farben Orange und [X.], um solche handelt, die im einschlägigen Warenbereich vielfach und bei unterschiedlichsten Herstellern Verwendung finden.

(2) Auch hinsichtlich der Waren „[X.] für brennstoffbetätigte Befestigungswerkzeuge“, bei denen es sich im Wesentlichen um Gaskartuschen für vorgenannte Werkzeuge handelt, haben die Recherchen des Senats ergeben, dass auf dem Markt eine Vielzahl unterschiedlicher farblicher Gestaltungen anzutreffen ist, ohne jedoch auf Grund der Farbe das Produkt einem bestimmten Hersteller zuordnen zu können.

Der Hersteller [X.] verwendet für seine Gaskartusche „[X.]“ beispielsweise die Farben [X.], Rot und [X.] (vgl. Anlage 22 zum Protokoll vom 25. November 2016). Eine weitere Farbkombination, die auf dem Markt für entsprechende „Fuel Cells“ zum Einsatz kommt, ist [X.], Grün und Rot (vgl. Anlage 24 zum Protokoll vom 25. November 2016). Der Hersteller [X.] bedient sich diesbezüglich der Farben Blau und Rot (vgl. Anlage 25 zum Protokoll vom 25. November 2016). Die Beschwerdeführerin gebraucht für ihre Gaskartuschen die Farben [X.], [X.] und Rot, aber auch [X.], [X.], Rot und Silber bzw. [X.], [X.], Orange und Silber (vgl. Seiten 1 und 2 der Anlage 27 zum Protokoll vom 25. November 2016). Der Anbieter [X.] bevorzugt die Farben Grün und [X.] (vgl. Seite 1 der Anlage 27 zum Protokoll vom 25. November 2016). Der Hersteller [X.] bedient sich der Farben Silber, Rot und [X.]. Der Anbieter [X.] verwendet wiederum die Farben [X.] und Orange (teilweise auch unter Hinzufügung eines weiteren roten Bestandteils), aber auch die Farbkombination [X.], Orange und Gelb (vgl. jeweils Seiten 2 und 3 der Anlage 27 zum Protokoll vom 25. November 2016).

Die Rechercheergebnisse sprechen dafür, dass sich die Anbieter von [X.] für brennstoffbetätigte Befestigungswerkzeuge ebenfalls verschiedenster farblicher Gestaltungen für ihre Produkte bedienen. Dabei ist insbesondere festzustellen, dass einige Hersteller ihre Produkte wiederum nicht einheitlich, sondern farblich unterschiedlich kennzeichnen, wie beispielsweise die Beschwerdeführerin selbst, aber auch der Hersteller [X.]. Hierauf basierend ist für die Annahme, der Verkehr sei in dem verfahrensgegenständlichen Produktsegment daran gewöhnt, von der Farbe respektive von der Farbkombination eines Produkts auf dessen Hersteller zu schließen, gleichermaßen kein Raum.

d) Soweit die Beschwerdeführerin im Termin noch darauf hingewiesen hat, dass das Anmeldezeichen nicht nur drei Farben beinhaltet, sondern dass diese auch in einem speziellen Verhältnis im Anmeldezeichen enthalten sind (nämlich jeweils zu 1/3), vermag auch dies ein anderweitiges Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Besteht, wie bereits ausgeführt, keine Branchenübung in der Farbe (respektive Farbkombination) der verfahrensgegenständlichen Produkte einen Hinweis auf deren Anbieter zu erkennen, so gilt dies gleichermaßen auch hinsichtlich der konkreten Anordnung der jeweiligen Farben (respektive Farbkombinationen).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Meta

28 W (pat) 27/14

25.11.2016

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.11.2016, Az. 28 W (pat) 27/14 (REWIS RS 2016, 1795)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1795

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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