Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2004, Az. XI ZR 111/03

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4853

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEILXI ZR 111/03Verkündet am:27. Januar 2004Herrwerth,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 27. Januar 2004 durch [X.] [X.] Bungeroth, [X.], [X.] und Dr. Applfür Recht erkannt:Die Revision der Kläger gegen das Urteil [X.] in [X.] vom14. Februar 2003 wird zurückgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.Von Rechts [X.]:Die Kläger nehmen die beklagte Bank aus einer Bürgschaft gemäߧ 7 Makler- und Bauträgerverordnung (im folgenden: [X.]) in Anspruch.Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:Mit notariellem Vertrag vom 16. Dezember 1996 erwarben die Klä-ger von der [X.] (im folgenden: [X.] ) in einem grö-ßeren Wohn/[X.] zum Preis von jeweils576.585 DM zwei noch zu erstellende Gewerbeeinheiten, in denen späterArztpraxen betrieben werden sollten. Der Kaufpreis sollte entsprechenddem Baufortschritt in sechs Raten gezahlt werden. Der [X.] war das- 3 -Recht eingeräumt, die sofortige Zahlung des Kaufpreises gegen [X.] beim beurkundenden Notar zu hinterlegenden Bankbürgschaft ge-mäß § 7 [X.] zu verlangen. Weiter waren die schlüsselfertige Herstel-lung der Arztpraxen bis zum 31. März 1997 sowie eine [X.] die [X.] für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Übergabe [X.].Die [X.] übergab dem Notar am 27. Dezember 1996 eine selbst-schuldnerische unbefristete Bürgschaft auf erstes Anfordern der [X.] über 1.148.326,68 DM zur Sicherung aller etwaigen Ansprücheder Kläger auf Rückgewähr oder Auszahlung des von diesen gezahltenKaufpreises. Der Bürgschaftstext enthält, bezugnehmend auf den notari-ellen Bauträgervertrag, unter anderem folgende Klauseln:"Die Bürgschaft erlischt, ... wenn nach Erfüllung der Vorausset-zungen des § 3 Abs. 1 [X.] das Vertragsobjekt vollständig [X.] ist.Nach Erlöschen ist uns diese Bürgschaft unaufgefordert [X.] Kläger zahlten daraufhin den vollen Kaufpreis.Im Juni 1997 übersandte der Notar den Klägern ein Schreiben desmit der Bauleitung beauftragten Architektenbüros, daß [X.] vollständige Fertigstellung des Gebäudekomplexes zum [X.] erreicht worden sei. Die Kläger bestreiten den Zugang. Mit [X.] vom 3. Juli 1997 überreichte der Notar der [X.] die [X.]surkunde "zur weiteren Verwendung". Am 28. August/1. September- 4 -1997 schlossen die Kläger - was der [X.] bekannt war - einen auffünf Jahre befristeten und auf den 1. April 1997 rückdatierten [X.] beide Gewerbeeinheiten mit der von der [X.] beauftragten A.GmbH, die die Räume an Ärzte untervermieten sollte. Mietzinszahlungenerfolgten nur bis April 1998. Im Oktober 2000 wurde die inzwischen [X.] geratene [X.] im Handelsregister gelöscht.Im Januar 2001 nahmen die Kläger die Beklagte aus der [X.] in Anspruch mit der Behauptung, eine der beiden Arztpraxen [X.] nicht fertiggestellt. Noch vor Abschluß des notariellen [X.] vor Begebung der Bürgschaft hätten sie mit der [X.] mündlich ver-einbart, daß der Innenausbau der zweiten Praxis erst erfolgen solle,nachdem - was noch nicht geschehen sei - ein Mieter für das Objekt ge-funden worden sei. Der bisherige Baufortschritt rechtfertige nicht [X.] der vierten bis sechsten Rate in Höhe von [X.]. Im Wege der Teilklage verlangen die Kläger [X.] 150.000 DM zuzüglich Zinsen und begehren die Feststellung, daßdie Beklagte verpflichtet sei, ihnen einen eventuell darüber hinausge-henden Fertigstellungsaufwand zu ersetzen.Die Beklagte hält ihre Inanspruchnahme nach Ablauf [X.] 1/2 Jahren für rechtsmißbräuchlich. Aufgrund der gesamten [X.] sie von einer Fertigstellung des Objekts und einem Erlöschen [X.] ausgehen dürfen. Bei rechtzeitiger Unterrichtung durch [X.] hätte sie die ihr von der [X.] gestellten Sicherheiten nicht freige-geben.- 5 -Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der- zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision der Kläger ist nicht begründet.[X.] Berufungsgericht hat eine Bürgenhaftung der [X.] ver-neint und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch sei zwar grund-sätzlich von der streitgegenständlichen Bürgschaft umfaßt und durch de-ren Rückgabe durch den Notar nicht erloschen. Der Bürgschaftsforde-rung stehe jedoch der Einwand des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB entgegen,da die Hauptschuld durch ein Rechtsgeschäft zwischen den Klägern [X.] erweitert worden sei. Eine Haftungserweiterungliege nicht nur vor, wenn die Hauptschuld summenmäßig erhöht werde,sondern auch dann, wenn sich das Haftungsrisiko des Bürgen [X.] inhaltlichen Änderung der Hauptschuld vergrößere. Hier habe [X.] sichernde Anspruch der Kläger durch die mündliche [X.]zum Bauträgervertrag, den Innenausbau erst nach Vermietung der [X.], eine Erweiterung erfahren. Durch diese die [X.] Ausbaus auf unbestimmte Zeit nach dem ursprünglich [X.] sei das Haftungsrisiko- 6 -für die Beklagte unzulässig vergrößert worden; denn für sie habe bei [X.] späteren Inanspruchnahme aus der Bürgschaft die [X.], ihren Regreßanspruch gegen die Hauptschuldnerin nicht mehr reali-sieren zu können.Im übrigen stelle sich die nunmehr erhobene Forderung der [X.] als treuwidrig dar, weil diese das Bauvorhaben über mehr als dreiJahre hinweg nicht ernstlich betrieben und die Beklagte von der angeb-lich getroffenen [X.] pflichtwidrig nicht informiert hätten. Der[X.] stehe deshalb ein Schadensersatzanspruch in Höhe des vonden Klägern geltend gemachten Betrages zu mit der Folge, daß die Klä-ger die begehrte Leistung wieder an die Beklagte zurückzugewährenhätten.[X.] Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis,nicht aber in allen Teilen der Begründung stand. Die Inanspruchnahmeder [X.] aus der Bürgschaft verstößt gegen [X.] und Glauben(§ 242 BGB).1. Ein Anspruch der Kläger auf Rückgewähr eines Teils der vonihnen erbrachten Vorauszahlung wegen teilweiser Nichterfüllung [X.] durch die Hauptschuldnerin wird durch die von der[X.] übernommene selbstschuldnerische Bürgschaft gemäß § 7[X.] gesichert (vgl. Senatsurteile [X.], 147, 151, vom 21. [X.], [X.], 485, 486 und vom 11. März 2003 - [X.] 7 -196/02, [X.], 427, 428, jeweils m.w.Nachw.). Nicht zu beanstandenist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht durchdie Rückgabe der Bürgschaftsurkunde durch den Notar aus ihrer [X.] entlassen worden. Die vom Berufungsgericht vorgenommeneAuslegung, dem Begleitschreiben des Notars, einer Individualerklärung,sei eine Willenserklärung, für die Kläger werde auf die Bürgschaft ver-zichtet, nicht zu entnehmen, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. [X.] beschränkt sich darauf, ihre Auslegung in unzuläs-siger Weise an die Stelle derer des Berufungsgerichts zu setzen.2. Nicht gefolgt werden kann aber der Ansicht des Berufungsge-richts, der Bürgschaftsforderung stehe der Einwand des § 767 Abs. 1Satz 3 BGB entgegen, da die Hauptschuld durch ein [X.] den Klägern und der Hauptschuldnerin erweitert worden sei.Dieser Einwand greift nach dem eindeutigen Wortlaut des § 767 Abs. 1Satz 3 BGB nur bei rechtsgeschäftlichen Erweiterungen der Hauptschuld,die nach Übernahme der Bürgschaft zwischen Gläubiger und Haupt-schuldner vereinbart werden. Vor Annahme der [X.] den Gläubiger getroffene haftungserweiternde [X.] von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht erfaßt ([X.], Urteil vom30. November 1977 - [X.], [X.], 266, 267; MünchKomm/[X.], [X.]. § 767 Rdn. 10, 17).Nach dem im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebenenVorbringen der Kläger haben sie die mündliche [X.] über [X.] der Hauptschuldnerin zur Fertigstellung des [X.] der Gewerbeeinheiten erst nach deren Vermietung bereits bei [X.] am 16. Dezember 1996 und damit vor- 8 -dem [X.] vom 27. Dezember 1996 getroffen. Dies hat [X.], wie die Revision zu Recht rügt, unberücksichtigt ge-lassen. Auf § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB kann sich die Beklagte daher nichtmit Erfolg [X.] Als durchgreifend erweist sich dagegen ihr Einwand, die Gel-tendmachung der Bürgschaftsforderung durch die Kläger verstoße gegen[X.] und Glauben (§ 242 BGB).Die Kläger und die [X.] haben bei der Begründung der Haupt-schuld ohne Wissen der [X.] eine Vereinbarung getroffen, die [X.] zur Folge hatte, als es zwischen den Beteiligtendes [X.]es vereinbart war. Zwar sind beide Vertragspart-ner zunächst bei Abschluß des [X.] davon ausgegangen,daß bis zum vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin, dem 31. März1997, ein Mieter gefunden und die Gewerbeeinheit fertig ausgebaut seinwürde. Spätestens im [X.] 1997, als die Kläger - weil noch [X.] solventer Mieter gefunden war - in Anbetracht der getroffenen Zu-satzabrede auf die zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres mögliche Fertig-stellung der Arztpraxis tatsächlich auf unbestimmte Zeit verzichteten, hatsich das Haftungsrisiko der [X.] erhöht und schließlich auch reali-siert.Allerdings war die Bürgschaft ihrem Wortlaut nach unbefristet.Gleichwohl enthielt sie ein Zeitmoment, weil sie spätestens mit Fertig-stellung des [X.] erlöschen sollte. Als [X.] in dem notariellen Vertrag, auf den sich die Bürgschaftsurkundeausdrücklich bezieht, der 31. März 1997 vorgesehen. Auch wenn - in er-- 9 -ster Linie vom Bauträger verursachte - Verzögerungen der Fertigstellungeines Bauvorhabens die Verpflichtung des Bürgen aus einer gemäß § 7[X.] übernommenen, unbefristeten Bürgschaft nicht entfallen lassen,kann sich die Inanspruchnahme des Bürgen im Einzelfall als rechtsmiß-bräuchlich erweisen. So liegt es hier.Durch den tatsächlichen Verzicht auf die ohne weiteres möglicheFertigstellung der Arztpraxis im [X.] 1997 bis zum Finden eines ih-nen genehmen, zahlungskräftigen und zahlungswilligen Mieters [X.] Kläger - selbst abgesichert durch einen fünfjährigen Mietvertrag überdie unfertige Praxis mit der [X.] - im eigenen [X.] von einem völlig außerhalb des [X.] liegenden Umstand abhängig gemacht. Eine zeitliche Verlängerungder Bürgenhaftung, die es dem Auftraggeber ermöglichen soll, aus einerVermietung seiner Immobilie optimalen Nutzen zu ziehen, entsprichtnicht dem durch eine [X.]-Bürgschaft gesicherten typischen Fertig-stellungsrisiko und ist für den Bürgen, der von einer solchen Abrede [X.] Kenntnis hat, nicht [X.]. In der Rechtsprechung wird [X.] der Fälligkeit einer verbürgten Forderung, insbesondereeine Verlängerung der Bauausführungsfrist, deshalb als Erweiterung [X.] des Bürgen im Sinne des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB ange-sehen (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 2000 - [X.], [X.], 1141,1143; [X.], 471). Eine Verschiebung des Fertigstel-lungszeitpunkts auf unbestimmte Zeit führt erfahrungsgemäß wegen zwi-schenzeitlicher Preissteigerungen für Bauleistungen zu einer Erhöhungder Kosten für die Fertigstellung, die für den Umfang des verbürgtenRückgewähranspruchs von Bedeutung sind. Darüber hinaus erhöht [X.] einer Verlängerung der Bürgenhaftung das von dem Bürgen zu [X.] -gende Insolvenzrisiko des Schuldners und damit die Gefahr, Regreßan-sprüche aus § 774 Abs. 1 BGB nicht mehr realisieren zu können.Daß sich durch den tatsächlichen Verzicht auf die [X.] und die damit einhergehende zeitlicheAusdehnung der Bürgenhaftung das Risiko der [X.] nicht nur ab-strakt, sondern hier auch tatsächlich erhöht hat, liegt auf der Hand. [X.] zwischen den Klägern und der [X.] getroffene [X.] wäredas Bauvorhaben im [X.] 1997 fertiggestellt worden, so daß es zueiner Inanspruchnahme der [X.] als [X.] nicht gekommen wäre.Davon ausgehend widerspräche es dem Grundsatz von [X.] undGlauben, die von der [X.] nicht informierte Beklagte, die imguten Glauben auf das Erlöschen der Bürgschaft seit [X.] 1997 [X.] Avalprovisionen mehr vereinnahmt und die ihr von der [X.] gestelltenSicherheiten freigegeben hat, nunmehr für die von den Klägern im eige-nen Interesse hinausgeschobene Fertigstellung der Arztpraxis haften [X.] 11 -III.Die Revision der Kläger war daher zurückzuweisen.[X.] Müller Wassermann Appl

Meta

XI ZR 111/03

27.01.2004

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2004, Az. XI ZR 111/03 (REWIS RS 2004, 4853)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4853

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.