Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2014, Az. V ZB 25/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2308

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
25/14

vom

9. Oktober 2014

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 788 Abs. 1 Satz 1

Kann ein Zwangsversteigerungsverfahren die Befriedigung des betreibenden [X.] aus
dem [X.] von vorneherein erkennbar nicht einmal teilweise erreichen, sind die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht als notwendig im Sinne von § 788 Abs. 1 ZPO anzusehen. Dass der [X.] auf-grund der ihm bleibenden Chance freiwilliger Leistungen des Schuldners zulässig ist, ändert daran nichts.

[X.], Beschluss vom 9. Oktober 2014 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner und
Weinland und [X.]
Kazele

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 2. Januar 2014 aufgehoben.

Die Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amts-gerichts Idstein vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.

Der Schuldner ist hälftiger Miteigentümer des in dem Eingang dieses [X.] bezeichneten Grundbesitzes, der mit einem Zweifamilienhaus bebaut ist. Die Gläubigerin betrieb aus den in Abteilung III Nr. 13 und 14 des Grund-buchs zu Lasten des Miteigentumsanteils des Schuldners eingetragenen [X.]
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Zwangsversteigerung. Der Miteigentumsanteil, dessen Verkehrswert das Amts-belastet. Dazu gehören zwei in Abteilung II Nr. 1 und 2 eingetragene Grund-dienstbarkeiten, ein in Abteilung II Nr. 3 eingetragener Altenteil sowie in [X.], 5 bis 12 eingetragene Hypotheken und Grundschulden. Bei der Feststellung des geringsten Gebotes bewertete das Amtsgericht die [X.] Rechte mit 256.171,64

zu zahlenden Betrag auf 114.826,r-de, stellte das Amtsgericht das Verfahren einstweilen ein und hob es schließlich auf, nachdem die Gläubigerin innerhalb von sechs Monaten keinen Fortset-zungsantrag gestellt hatte.

Das Amtsgericht hat auf Antrag des Schuldners die Kosten des [X.] der Gläubigerin auferlegt. Auf deren Be-schwerde hat das [X.] den Antrag des Schuldners zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die [X.] der Entscheidung des Amtsgerichts.

II.

Nach Ansicht des [X.] sind die Kosten des [X.] von dem Schuldner zu tragende notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dem stehe nicht entgegen, dass die das Verfahren betreibende Gläubigerin aufgrund der vorge-henden Rechte nicht mit einer

auch nicht teilweisen

Befriedigung ihrer Forde-rung in dem Zwangsversteigerungsverfahren habe rechnen können. Denn es bleibe die Chance, dass der Schuldner unter dem Eindruck der Vollstre-ckungsmaßnahme Mittel und Wege zur freiwilligen Befriedigung der betreiben-den Gläubigerin finde. Eine solche Chance, die auch hier zu

wenngleich nur 2
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geringen

Ratenzahlungen des Schuldners geführt habe, werde einem Gläubi-ger durch die Rechtsordnung nicht verwehrt. Hierfür spreche auch, dass das Verbot der zwecklosen Pfändung nach § 803 Abs. 2 ZPO im [X.] nicht gelte.

III.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Be-schwerdegericht die von dem Amtsgericht getroffene Kostenentscheidung, wo-nach die Gläubigerin die Kosten des [X.] trägt,
als fehlerhaft beanstandet.

1. Nach § 788 Abs. 1 ZPO hat der Schuldner die Kosten der [X.] nur zu tragen, soweit sie notwendig im Sinne von § 91 ZPO waren. Anderenfalls fallen sie dem Gläubiger zur Last, da er das Verfahren in Gang gesetzt hat. Dies muss das Vollstreckungsgericht in einer Kostenentscheidung zum Ausdruck bringen, wenn der Schuldner

wie hier

bereits am Verfahren beteiligt war ([X.], ZPO, 22. Aufl., § 788 Rn. 31; Zöl-ler/Stöber, ZPO, 30.
Aufl., § 788 Rn. 11, 21; KG, Rpfleger 1981, 318, 319). Die Notwendigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme ist nach dem Standpunkt des Gläubigers zum Zeitpunkt ihrer Vornahme zu bestimmen. Entscheidend ist, ob der Gläubiger bei verständiger Würdigung der Sachlage die Maßnahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte. Daran fehlt es, wenn die Zwangsvollstreckungsmaßnahme für den Gläubiger erkennbar aussichtslos ist
(Senat, Beschluss vom 14. April 2005

[X.], NJW 2005, 2460, 2462).

2. Kann ein Zwangsversteigerungsverfahren die Befriedigung des betrei-benden Gläubigers aus dem [X.] von vorneherein erkennbar 4
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nicht einmal teilweise erreichen, so sind die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht etwa deshalb

wie das Beschwerdegericht meint

als notwendig im Sinne von § 788 Abs. 1 ZPO anzusehen, weil dem Gläubiger die Chance bleibt, dass der Schuldner unter dem Eindruck der Vollstreckungsmaßnahme möglicher-weise Mittel und Wege zu einer freiwilligen Befriedigung findet.

a) Zwar verwehrt es die Rechtsordnung dem Gläubiger grundsätzlich nicht, die Zwangsversteigerung als Druckmittel einzusetzen, um den Schuldner zu freiwilligen Leistungen zu bewegen. Mit dieser Absicht eingeleitete [X.] stellen grundsätzlich weder
einen [X.] von §
826 BGB dar (Senat, Urteil vom 30. Juni 1972

[X.], [X.], 934, 935) noch begründen sie eine mit den guten Sitten nicht zu vereinbarende [X.] von §
765a ZPO oder lassen das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für die Durchführung der Zwangsvollstreckung entfallen (Beschluss vom 30. Januar 2004

IXa [X.], [X.], 646, 647; vgl. auch [X.], Beschluss vom 18.
Juli 2002

[X.], [X.]Z 151, 384, 388).

b) Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob der Schuldner die Kosten eines solchen [X.] nach §
788 Abs. 1 ZPO zu tragen hat. Der Umstand, dass es dem Gläubiger nicht verwehrt ist, mit der Vollstreckungsmaßnahme gleichzeitig Druck auf den Schuldner auszuüben, damit dieser freiwillig leistet, führt nicht zwangsläufig dazu, dass die Kosten des Verfahrens als notwendig i.S. von § 788 Abs. 1 ZPO anzusehen sind. Denn die Maßstäbe der Notwendigkeit decken sich nicht mit jenen des [X.] oder der guten Sitten
(vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., §
788 Rn. 31). Ob die durch das Zwangsversteigerungsverfahren ausgelösten Kosten von dem Schuldner zu erstatten sind, richtet sich vielmehr danach, ob der Gläubiger bei verständiger Würdigung der Sachlage die Maßnahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte
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(Senat, Beschluss vom 14. April 2005
[X.], NJW 2005, 2460, 2462). Allein die mit jedem

auch einem erkennbar aussichtslosen

Zwangsverstei-gerungsverfahren
verbundene Hoffnung des Gläubigers, dass der Schuldner Mittel und Wege für eine freiwillige Zahlung findet, um den Belastungen des [X.] zu entgehen, reicht hierfür nicht aus. [X.] ist vielmehr, ob der Gläubiger die berechtigte Erwartung haben kann, durch die Versteigerung zumindest teilweise Befriedigung zu finden.

3. Gemessen daran handelt es sich hier bei den Kosten des [X.] nicht um notwendige Kosten i.S. d. § 788 Abs. 1 ZPO. Die Zwangsversteigerung ist erfolglos geblieben, weil das geringste Gebot we-gen der Höhe der eingetragenen dinglichen Rechte so hoch war, dass ein Ge-bot auf den hälftigen Miteigentumsanteil des Schuldners nicht abgegeben [X.] ist. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] musste die Gläubigerin, als sie den Antrag auf Zwangsversteigerung stellte, angesichts der ihrem Recht vorgehenden

aus dem Grundbuch ersichtlichen

Belastungen auch erkennen, dass sie durch das Verfahren keine, auch nicht eine teilweise Befriedigung ihrer Forderung erlangen wird. Sie durfte daher bei verständiger Würdigung der Sachlage die Einleitung eines [X.]s zur Durchsetzung ihrer Ansprüche nicht für erforderlich halten.
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IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Stresemann

[X.]

Brückner

Weinland

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.10.2013 -
42 [X.]/09 -
LG [X.], Entscheidung vom 02.01.2014 -
4 [X.] -

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Meta

V ZB 25/14

09.10.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2014, Az. V ZB 25/14 (REWIS RS 2014, 2308)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2308

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