11. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 946
RECHTSBESCHWERDE PROZESSURTEIL VERWEISUNGSBESCHLUSS ÖRTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT Hinzufügen
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Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 29.07.2008 wird der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Köln vom 17.07.2008 - 37 O 221/08 - aufgehoben.
Gründe:
Nach § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO ist der Verweisungsbeschluss zwar grundsätzlich unanfechtbar. Die außerordentliche Beschwerde ist jedoch nach herrschender Meinung dann gegeben, wenn der Verweisung jede gesetzliche Grundlage fehlt, sie also auf objektiver Willkür beruht, oder das rechtliche Gehör verletzt worden ist ( MünchKomm / Prütting, ZPO 2. Aufl., § 281 Rn. 40 f.; Stein / Jonas / Leipold, ZPO 22. Aufl., § 281 Rn. 29, 42, 48; Thomas / Putzo / Reichold, ZPO 29. Aufl., § 281 Rn. 12 - a.A.:Zöller - Greger, ZPO 26. Aufl., § 281 Rn. 14 ).
Im vorliegenden Fall ist die Anfechtbarkeit des Verweisungsbeschlusses zu bejahen. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass er ohne den gem. § 281 Abs. 1 S.1 ZPO erforderlichen Antrag des Klägers ergangen ist; denn nach herrschender Meinung führt selbst eine Verweisung ohne Antrag für sich allein nicht zwingend zur Annahme einer willkürlichen Entscheidung ( Stein / Jonas / Leipold a.a.O. Rn. 45; Musielak / Foerste, ZPO 6. Aufl., § 281 Rn. 17; Zöller - Greger a.a.O. Rn. 16; BGH FamRZ 90,1226; OLG Oldenburg FamRZ 03, 1835).
Die Verweisung stellt sich aber weiter auch deshalb als grob rechtsfehlerhaft dar, weil es an einem der Verweisung fähigen Prozessgegenstand fehlte; denn der Rechtsstreit war in der Hauptsache nicht mehr rechtshängig, nachdem die Parteien ihn mit Schriftsätzen vom 14. 05. und 02. 06. 2008 übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Eine Verweisung nach Wegfall der Rechtshängigkeit wegen einer noch zu treffenden Kostenentscheidung ist ausgeschlossen; vielmehr hat das angerufene Gericht selbst gem. § 91 a ZPO über die Kosten zu befinden ( MünchKomm / Prütting a.a.O. Rn. 24; Stein / Jonas / Leipold a.a.O. Rn. 14; Zöller - Greger a.a.O. Rn. 7 und Zöller - Vollkommer § 91 a Rn. 9, 12; OLG Frankfurt MDR 81, 676; OLG München MDR 86, 61 f.; OLG Hamm NJW -RR 94, 828 ).
Ob die Verweisung nur zur Kostenentscheidung an ein hierfür nicht zuständiges Gericht allein oder jedenfalls im Zusammenwirken mit dem erstgenannten Umstand - Verweisung ohne Klägerantrag - die Annahme objektiver Willkür zu rechtfertigen vermag - wozu der Senat neigt - , kann letztlich offenbleiben, weil dem Landgericht außerdem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers vorzuwerfen ist, die zur Anfechtbarkeit des Verweisungsbeschlusses führt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 16.10.2008 reichte es nicht aus, dem Kläger Gelegenheit zu geben, zu der Klageerwiderung Stellung zu nehmen, in der der Beklagte die Zuständigkeit des Landgerichts gerügt hatte. Durch den Wegfall der Rechtshängigkeit der Hauptsache infolge der beiderseitigen Erledigungserklärung hatte sich eine neue Prozesssituation ergeben, die - wie oben ausgeführt - eine Verweisung verbot. Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 15.07.2008 erneut die Zuständigkeitsrüge erhoben hatte, hätte das Landgericht dem Kläger auf jeden Fall Gelegenheit zur Stellungnahme geben und ihn auf die beabsichtigte Verweisung hinweisen müssen. Die Gehörsverletzung hat die angefochtene Entscheidung auch beeinflusst; denn es ist davon auszugehen, dass der Kläger - wie in der Beschwerdeschrift geschehen - auf die Unzulässigkeit der Verweisung nach Erledigung der Hauptsache hingewiesen und das Landgericht sodann von der Verweisung abgesehen hätte.
Nach alledem war der angefochtene Verweisungsbeschluss aufzuheben. Das Landgericht wird nunmehr nach § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben ( vgl. OLG Hamm NJW-RR 94, 828).
Meta
10.11.2008
Oberlandesgericht Köln 11. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: W
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 10.11.2008, Az. 11 W 71/08 (REWIS RS 2008, 946)
Papierfundstellen: REWIS RS 2008, 946
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