Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.06.2013, Az. 3 B 71/12

3. Senat | REWIS RS 2013, 4801

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Fahrerlaubnisentziehung; Eignungszweifel bei Alkoholproblematik, strafgerichtliche Entziehung


Leitsatz

Entziehung der Fahrerlaubnis im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV (juris: FeV 2010) ist - wie in § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV - auch die strafgerichtliche Entziehung nach § 69 StGB.

Gründe

1

Die [X.]es[X.]hwerde des [X.] bleibt ohne Erfolg. Die Re[X.]htssa[X.]he hat ni[X.]ht die geltend gema[X.]hte grundsätzli[X.]he [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

2

Der Kläger begehrt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen AA, [X.] und [X.]E. Er wurde na[X.]h einer von ihm im Dezember 2005 unternommenen Trunkenheitsfahrt wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzli[X.]her Trunkenheit im Verkehr vom Strafgeri[X.]ht zu einer Geldstrafe verurteilt; ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen und eine Wiedererteilungssperre von 11 Monaten angeordnet. Das Amtsgeri[X.]ht ging von einer [X.]lutalkoholkonzentration von 1,58 Promille zur Tatzeit aus. Als der Kläger im Juli 2008 beim Landratsamt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beantragte, wurde er zur Vorlage eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens aufgefordert. Dieser Aufforderung kam er ni[X.]ht na[X.]h. Daraufhin lehnte das Landratsamt seinen [X.] gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV ab. Seine na[X.]h erfolglosem Widerspru[X.]h erhobene Klage hat das Verwaltungsgeri[X.]ht abgewiesen. Das [X.]erufungsgeri[X.]ht hat dieses Urteil geändert, die angefo[X.]htenen [X.]es[X.]heide aufgehoben und den [X.]eklagten verpfli[X.]htet, über den Antrag des [X.] auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis unter [X.]ea[X.]htung der Re[X.]htsauffassung des Geri[X.]hts erneut zu ents[X.]heiden. Das Landratsamt habe ni[X.]ht na[X.]h § 11 Abs. 8 FeV von der fehlenden Eignung des [X.] ausgehen dürfen, da die Guta[X.]htensanforderung ni[X.]ht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV entspro[X.]hen habe. Der Kläger habe aber keinen Anspru[X.]h auf die beantragte Fahrerlaubnis, da ni[X.]ht ausgeräumte [X.] die Anordnung der [X.]eibringung eines medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Guta[X.]htens erforderten. Eine sol[X.]he [X.]eibringensanordnung sei zwar ni[X.]ht na[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. [X.] FeV, jedo[X.]h sowohl na[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. d als au[X.]h na[X.]h § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. a 2. Alt. FeV geboten.

3

Ist ein Urteil - wie hier - nebeneinander auf mehrere jeweils selbständig tragende [X.]egründungen gestützt, so kann eine Revision nur dann zugelassen werden, wenn im Hinbli[X.]k auf jede dieser [X.]egründungen ein Zulassungsgrund geltend gema[X.]ht wird und vorliegt (ständige Re[X.]htspre[X.]hung, vgl. [X.]es[X.]hluss vom 9. April 1981 - [X.]VerwG 8 [X.] 44.81 - [X.]u[X.]hholz 310 § 132 VwGO Nr. 197).

4

Diese Voraussetzung erfüllt die [X.]es[X.]hwerde ni[X.]ht. Sie unternimmt zwar den Versu[X.]h, die grundsätzli[X.]he [X.]edeutung der Re[X.]htssa[X.]he sowohl hinsi[X.]htli[X.]h der Auslegung von § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. a FeV als au[X.]h hinsi[X.]htli[X.]h des [X.]u[X.]hst. d darzulegen, deren Anwendung das [X.]erufungsurteil jeweils selbständig trägt. Do[X.]h ist s[X.]hon allein in [X.]ezug auf § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. d FeV revisionsgeri[X.]htli[X.]her Klärungsbedarf ni[X.]ht dargetan. Eine Revisionszulassung ist bereits deshalb ni[X.]ht gere[X.]htfertigt.

5

Offen bleiben kann, ob die [X.]es[X.]hwerdebegründung den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO in [X.]ezug auf diese Regelung deshalb ni[X.]ht genügt, weil dort keine konkrete Re[X.]htsfrage formuliert wird. Au[X.]h wenn man dem Vorbringen sinngemäß entnimmt, der Kläger halte die Frage für grundsätzli[X.]h klärungsbedürftig, ob § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. d FeV so zu verstehen ist, dass mit der Formulierung "die Fahrerlaubnis aus einem der unter den [X.]u[X.]hstaben a bis [X.] genannten Gründe entzogen war" sowohl Entziehungen dur[X.]h die Fahrerlaubnisbehörde als au[X.]h dur[X.]h ein Geri[X.]ht erfasst werden, ist, au[X.]h ohne dass es hierfür erst no[X.]h der Dur[X.]hführung eines Revisionsverfahrens bedürfte, klar, dass diese Frage in dem vom [X.]erufungsgeri[X.]ht angenommenen Sinne zu beantworten ist.

6

Der Wortlaut der Regelung lässt die vom [X.]erufungsgeri[X.]ht befürwortete Auslegung ohne Weiteres zu, na[X.]hdem au[X.]h in § 69 StG[X.] von Entziehung der Fahrerlaubnis die Rede ist. Der Einwand des [X.], § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. a bis [X.], auf die in [X.]u[X.]hst. d als Grund für die vorangegangene [X.] abgestellt wird, setzten ihrerseits stets eine verwaltungsbehördli[X.]he [X.] voraus, ist offenkundig unzutreffend. Umgekehrt spre[X.]hen Sinn und Zwe[X.]k von § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst d FeV eindeutig dafür, dass die verwaltungsbehördli[X.]he und die strafgeri[X.]htli[X.]he [X.] glei[X.]hermaßen gemeint sind. Grund für die [X.] war jeweils, dass deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen wurde. Das führt in dem dur[X.]h § 13 Satz 1 [X.]u[X.]hst. a bis [X.] FeV gezogenen Rahmen zu fortbestehenden Eignungszweifeln und daher na[X.]h [X.]u[X.]hst. d zur Anforderung eines Fahreignungsguta[X.]htens. Zudem hatte der Verordnungsgeber das Urteil des [X.]erufungsgeri[X.]hts vom 18. Mai 2004 - 10 S 2796/03 - (V[X.]l[X.]W 2004, 428), in dem der Verwaltungsgeri[X.]htshof bereits in [X.]ezug auf die damals no[X.]h glei[X.]hlautende Vors[X.]hrift des § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV zum Ergebnis gekommen war, dass sowohl [X.]en dur[X.]h die Verwaltungsbehörden als au[X.]h dur[X.]h die Geri[X.]hte erfasst seien, zum Anlass genommen, mit der [X.] zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsre[X.]htli[X.]her Vors[X.]hriften vom 18. Juli 2008 ([X.]G[X.]l I S. 1338) nun au[X.]h den Wortlaut von § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV um eine entspre[X.]hende Klarstellung zu ergänzen. Zur [X.]egründung heißt es, den Regelungen des [X.] könne entnommen werden, dass si[X.]h der Gesetzgeber beim Erlass der Mögli[X.]hkeiten der Entziehung einer Fahrerlaubnis aufgrund von § 69 StG[X.] und dur[X.]h einen anfe[X.]htbaren Verwaltungsakt der Fahrerlaubnisbehörde bewusst gewesen sei. Wenn in der aufgrund von § 6 Abs. 1 StVG erlassenen Fahrerlaubnis-Verordnung der [X.]egriff der Entziehung der Fahrerlaubnis verwendet werde, so sei davon auszugehen, dass damit beide Wege der Entziehung der Fahrerlaubnis gemeint seien. Die [X.]es[X.]hränkung des [X.]egriffs der Entziehung der Fahrerlaubnis auf die Feststellung der Fahrungeeignetheit in einem verwaltungsbehördli[X.]hen Verfahren widersprä[X.]he der Vorrangstellung, die der Gesetzgeber (vgl. § 3 Abs. 3 StVG) der im Rahmen eines Strafverfahrens erfolgenden Ents[X.]heidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis beimesse (Vk[X.]l 2008 S. 567). Diese Gründe treffen in glei[X.]her Weise auf die Parallelregelung in § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. d FeV zu. Die [X.]estimmungen unters[X.]heiden si[X.]h der Sa[X.]he na[X.]h nur dadur[X.]h, dass es bei § 13 FeV um die Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik und bei § 14 FeV um die Klärung sol[X.]her [X.] im Hinbli[X.]k auf [X.]etäubungsmittel und Arzneimittel geht. Insofern kann au[X.]h daraus, dass der Verordnungsgeber eine entspre[X.]hende Ergänzung des [X.] ni[X.]ht au[X.]h in § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. d FeV vorgenommen hat, ni[X.]ht ges[X.]hlossen werden, dass dort etwas Anderes gelten soll. Dementspre[X.]hend hat der Senat § 13 Satz 1 Nr. 2 [X.]u[X.]hst. d FeV bereits in mehreren Fällen au[X.]h dann für anwendbar era[X.]htet, wenn die [X.] dur[X.]h das Strafgeri[X.]ht erfolgt war (vgl. u.a. Urteile vom 28. Juni 2012 - [X.]VerwG 3 [X.] 30.11 - [X.]u[X.]hholz 442.10 § 3 StVG Nr. 10 = NJW 2012, 3669 juris Rn. 22 und vom 28. April 2010 - [X.]VerwG 3 [X.] 2.10 - [X.]VerwGE 137, 10 <14> Rn. 18; zustimmend - unter [X.]ezugnahme auf das [X.]erufungsurteil - au[X.]h Dauer, in: Hents[X.]hel/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsre[X.]ht, 42. Aufl. 2013, § 13 FeV Rn. 26).

7

Von einer weitergehenden [X.]egründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO abgesehen.

Meta

3 B 71/12

24.06.2013

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 18. Juni 2012, Az: 10 S 452/10, Urteil

§ 13 S 1 Nr 2 Buchst d FeV 2010, § 14 Abs 2 Nr 1 FeV 2010, § 69 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.06.2013, Az. 3 B 71/12 (REWIS RS 2013, 4801)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4801

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

11 BV 15.1589 (VGH München)

Erfolgloser Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener strafgerichtlicher Entziehung wegen einer Trunkenheitsfahrt


11 BV 14.2738 (VGH München)

Fahrerlaubnis, MPU


3 C 13/16 (Bundesverwaltungsgericht)


3 C 24/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille


3 C 9/21 (Bundesverwaltungsgericht)

Entziehung der Fahrerlaubnis


Referenzen
Wird zitiert von

M 6a K 15.1122

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.