Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.10.2017, Az. I ZB 4/17

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3733

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ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) UNTERNEHMEN MARKENRECHT LEBENSMITTEL PATENTE

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Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der am 27. Dezember 2016 an [X.] Statt zugestellte Beschluss des 25. Senats ([X.]) des [X.] aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Für die Markeninhaberin ist seit dem 6. August 2003 die dreidimensionale Marke Nr. 397 55 314

Abbildung

als verkehrsdurchgesetztes Zeichen für die Ware

Traubenzucker, auch unter Zusatz von geschmack- und farbgebenden Stoffen sowie Vitaminen, Mineralstoffen und anderen Wirkstoffen

eingetragen.

2

Der Antragsteller hat am 24. September 2012 beim [X.] unter Verwendung des vom Amt herausgegebenen Formblatts die Löschung der Marke beantragt. Dabei hat er angekreuzt, die Marke sei zum einen entgegen § 3 [X.] und zum anderen entgegen § 8 [X.] eingetragen worden. Der Antragsteller hat vorgetragen, sämtliche Formmerkmale der dreidimensionalen Marke seien zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich, das angegriffene Zeichen sei deshalb dem Schutz als Marke nicht zugänglich, § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Zudem fehle dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

3

Das [X.] hat die Löschung der Marke angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist erfolglos geblieben ([X.], [X.], 525). Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde. Der Antragsteller beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

4

B. Das [X.] hat angenommen, die angegriffene Marke sei gemäß § 50 Abs. 1 und 2 [X.] zu löschen, weil sie nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schutzunfähig sei. Dazu hat es ausgeführt:

5

Die dreidimensionale Gestaltung bestehe ausschließlich aus einer Form, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sei. Wesentliche Merkmale der angegriffenen Warenform seien bei den dargestellten Täfelchen die Wahl eines flachen Quaders mit abgerundeten Ecken und Kanten, der auf der großflächigen Seite eine mittig verlaufende Vertiefung nach Art einer Sollbruchstelle aufweise. [X.] diesen wesentlichen Merkmalen seien technische Wirkungen zuzuschreiben. Die Quaderform des [X.] ermögliche eine platzsparende Konfektionierung im Wege der Stapelung von [X.]n. Ihre abgeschrägten Ecken und Kanten dienten dem angenehmeren Verzehr. Die Vertiefung in der Mitte der großflächigen Seiten des [X.] gewährleiste als Sollbruchstelle eine leichte und gleichmäßige Portionierung in kleinere Einheiten. Da die angegriffene Marke nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schutzunfähig sei, könne dahinstehen, ob Schutzhindernisse gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorlägen.

6

C. Die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann nicht angenommen werden, dass die angegriffene dreidimensionale Marke gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schutzunfähig und deshalb gemäß § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.] auf Antrag des Antragstellers zu löschen ist.

7

I. Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1 [X.] auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 3 oder § 8 [X.] eingetragen worden ist und das Schutzhindernis - vom Fall des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] abgesehen - auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung besteht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und der des Senats ist für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Abs. 1 [X.]) und im [X.] (§ 50 Abs. 1 [X.]) vorzunehmende Prüfung eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und nicht auf denjenigen der Entscheidung über den Eintragungsantrag abzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 18. April 2013 - [X.], [X.], 1143 Rn. 15 = [X.], 1478 - Aus Akten werden Fakten; Beschluss vom 17. Oktober 2013 - [X.]/12, [X.], 483 Rn. 22 = [X.], 438 - test; Beschluss vom 10. Juli 2014 - [X.], [X.], 872 Rn. 10 = [X.], 1062 - [X.]; Beschluss vom 21. Juli 2016 - [X.], [X.]Z 211, 268 Rn. 22 - [X.]). Für die Prüfung eines Schutzhindernisses nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gilt nichts anderes. Auch in diesem Fall ist es für den Anmelder von Interesse, durch die Dauer des [X.] keine Nachteile zu erleiden (zu Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung [[X.]] Nr. 40/94 [[X.] aF] vgl. [X.], Urteil vom 23. April 2010 - [X.]/09, [X.] 2010, 439 Rn. 47 - Frosch Touristik [FLUGBÖRSE]; [X.], [X.], 1143 Rn. 13 und 15 - Aus Akten werden Fakten). Außerdem ist zu prüfen, ob die angegriffene Marke im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde schutzunfähig ist (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Hiervon ist das [X.] ausgegangen.

8

II. Die Annahme des [X.]s, der Eintragung der angegriffenen Marke habe im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegengestanden, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

1. Das [X.] hat dem Umstand, dass die hier in Rede stehende Warenform einem technischen Schutzrecht nicht zugänglich ist, zu Recht keine Bedeutung zugemessen.

a) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist ein Zeichen dem Schutz als Marke nicht zugänglich, das ausschließlich aus einer Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e 2. Spiegelstrich der Richtlinie 89/104/[X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und des am 28. November 2008 an seine Stelle getretenen Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii der Richtlinie 2008/95/[X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken. Sie ist daher richtlinienkonform auszulegen. Ist ein Zeichen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schutzunfähig, kann dieses Schutzhindernis nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden werden ([X.], Urteil vom 18. Juni 2002 - [X.]/99, [X.]. 2002, [X.] = [X.], 804 Rn. 47 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 4. September 2003 - [X.], [X.]Z 156, 126, 134 - [X.]; Urteil vom 19. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 180, 77 Rn. 22 - UHU).

Durch die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und die ihr zugrunde liegenden unionsrechtlichen Bestimmungen soll im Allgemeininteresse verhindert werden, dass dem Markeninhaber über das Markenrecht ein zeitlich unbegrenztes Monopol für technische Lösungen einer Ware eingeräumt wird, die der Benutzer auch bei den Waren der Mitbewerber suchen kann, und es Mitbewerbern erschwert wird, Waren mit diesen technischen Lösungen im Wettbewerb mit dem Markeninhaber frei anzubieten (vgl. [X.], [X.], 804 Rn. 78 f. - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 18. September 2014 - [X.]/13, [X.], 1097 Rn. 18 = [X.], 1298 - [X.]/[X.]; Urteil vom 16. September 2015 - [X.]/14, [X.], 1198 Rn. 44 = [X.], 1455 - [X.]/[X.]; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], Urteil vom 14. September 2010 - [X.]/09, [X.]. 2010, [X.] = [X.], 1008 Rn. 45 und 56 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], Beschluss vom 25. Oktober 2007 - [X.], [X.], 510 Rn. 11 = [X.], 791 - Milchschnitte; Beschluss vom 16. Juli 2009 - [X.], [X.]Z 182, 325 Rn. 25 - [X.]). Ein dauerhafter Schutz über das Markenrecht würde dem System der gewerblichen Schutzrechte widersprechen, wonach technische Lösungen nur für eine begrenzte Dauer schutzfähig sind und danach von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden dürfen (vgl. [X.], [X.], 1097 Rn. 19 - [X.]/[X.]; [X.], 1198 Rn. 45 - [X.]/[X.]; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 45 f. - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 197/15, [X.], 734 Rn. 25 = [X.], 792 - Bodendübel).

b) Das [X.] hat angenommen, sobald die [X.] eine technische Lösung verkörpere, bestehe die Gefahr eines ungerechtfertigten markenrechtlichen Monopols auf die technische Lösung, so dass der Schutzzweck des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] eingreife. Dies gelte unabhängig von der Frage, ob die technische Lösung einem Patent oder einem Gebrauchsmuster zugänglich gewesen wäre. Im Markenrecht fänden sich zu den für Patenten geltenden Erfordernissen der [X.] und der Neuheit keine Entsprechungen. Ohne das Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] könnte eine technische Lösung selbst dann noch monopolisiert werden, wenn die Lösung wegen Vorbekanntheit nicht mehr hätte patentiert werden können.

c) Die Rechtsbeschwerde hält dem ohne Erfolg entgegen, die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sei nach ihrem Sinn und Zweck nicht anwendbar, wenn - wie im Streitfall - die technische Lösung einem technischen Schutzrecht nicht zugänglich sei. Da der Markeninhaberin die Erlangung eines technischen Schutzrechts nicht möglich sei, könnten dessen zeitliche Begrenzungen nicht unterlaufen werden.

Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die Gefahr der markenrechtlichen Monopolisierung von in der Warenform verkörperten technischen Lösungen unabhängig davon besteht, ob eine Warenform durch ein technisches Schutzrecht geschützt werden kann. Sofern technische Lösungen einer Ware nicht unter dem Sonderschutz des Patent- oder Gebrauchsmusterrechts stehen oder stehen können, sollen sie auch durch das Markenrecht nicht monopolisiert werden können, sondern allen Wirtschaftsteilnehmern zur freien Verwendung offenstehen. Diese Erwägungen gelten erst recht für in der Warenform verkörperte technische Lösungen, die die Voraussetzungen für ein technisches Schutzrecht nicht erfüllen und deshalb nicht einmal zeitlich begrenzt monopolisiert werden können.

2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des [X.]s, alle wesentlichen Merkmale der angegriffenen Marke seien zur Erreichung einer technischen Wirkung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erforderlich.

a) Ein Zeichen besteht im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ausschließlich aus einer Form, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, wenn alle wesentlichen Merkmale der Form einer technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann (vgl. [X.], [X.], 804 Rn. 83 - [X.]/[X.]; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 51 f. - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], Urteil vom 11. Mai 2017 - C-421/15, [X.]. 2017, 623 Rn. 27 - [X.]/[X.]; [X.]Z 182, 325 Rn. 25 - [X.]).

Für die Prüfung des Schutzhindernisses sind zunächst im Wege der Einzelfallbeurteilung die wesentlichen Merkmale des Formzeichens zu ermitteln, indem entweder zunächst die Bestandteile des Zeichens nacheinander einzeln geprüft werden oder unmittelbar der von dem Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck zugrunde gelegt wird (vgl. [X.], [X.], 1097 Rn. 21 - [X.]/[X.]; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 70 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], Urteil vom 10. November 2016 - [X.]/15, [X.], 66 Rn. 40 - [X.]). Bei der Ermittlung der wesentlichen Merkmale des Zeichens kann seine Wahrnehmung durch den Durchschnittsverbraucher Berücksichtigung finden (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 76 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 3 Rn. 123).

Sodann ist zu prüfen, ob alle diese wesentlichen Merkmale einer technischen Funktion der betreffenden Ware entsprechen (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 72 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], 66 Rn. 42 und 46 ff. - [X.]). Diese Prüfung hat grundsätzlich anhand objektiver Kriterien auf der Grundlage der graphischen Darstellung und der bei der Anmeldung eingereichten Beschreibungen zu erfolgen; nicht maßgeblich ist die Wahrnehmung der angesprochenen Verbraucher (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 75 f. - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], 66 Rn. 48 bis 52 - [X.]; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 3 Rn. 125; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 3 [X.] Rn. 61; [X.] [X.]/Kur, 10. Edition [Stand: 1. Juni 2017], § 3 [X.] Rn. 83).

[X.] des § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] greift nicht ein, wenn die Form der betreffenden Ware ein wesentliches nichtfunktionelles - wie ein dekoratives oder phantasievolles - Element aufweist, das für diese Form von Bedeutung ist (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 52 und 72 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.]. 2017, 623 Rn. 24, 27 und 30 - [X.]/[X.]; [X.]Z 182, 325 Rn. 30 - [X.]). In einem solchen Fall kann die technische Lösung von Mitbewerbern des Markeninhabers ohne Weiteres in [X.] verkörpert werden, die ein anderes nichtfunktionelles Element als die Form der Ware des Markeninhabers aufweisen und weder mit ihr identisch noch ihr ähnlich sind, so dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verfügbarkeit der technischen Lösung durch die eingetragene Marke nicht besteht (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 72 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], Beschluss vom 15. Dezember 2005 - [X.], [X.]Z 166, 65 Rn. 13 f. - [X.]; Beschluss vom 24. Mai 2007 - [X.], [X.], 71 Rn. 16 = [X.], 107 - Fronthaube).

b) Das [X.] hat zwar zutreffend drei wesentliche Merkmale des angegriffenen Zeichens ermittelt. Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch zu Recht, dass ihm bei der Bestimmung der Eigenschaften dieser Merkmale Rechtsfehler unterlaufen sind. Das [X.] hat nicht in der gebotenen Weise auf die Ausprägung dieser Merkmale in dem angegriffenen Zeichen abgestellt. Es hat sie auf eine abstrakte Grundform zurückgeführt, ohne in der gebotenen Weise ihre konkreten Eigenschaften zu berücksichtigen.

aa) Das [X.] hat angenommen, die angegriffene [X.] weise insgesamt drei wesentliche Merkmale auf. Sie lägen in der Wahl eines flachen Quaders mit abgeschrägten Ecken und Kanten, der auf beiden großflächigen Seiten eine mittig verlaufende Vertiefung nach Art einer Sollbruchstelle aufweise. Soweit die Markeninhaberin geltend mache, die Täfelchen wiesen insgesamt sieben charakteristische Merkmale auf, liege darin keine abweichende Betrachtungsweise. Die Markeninhaberin differenziere lediglich in weitergehendem Umfang bei der Gestaltung der Kanten der Täfelchen. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

bb) Der Schutz einer dreidimensionalen Formmarke bezieht sich nicht auf eine abstrakte Grundform, sondern auf die konkrete Ausgestaltung der formgebenden Merkmale der beanspruchten Ware (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 66 Rn. 47 - [X.]; [X.], [X.], 71 Rn. 16 - Fronthaube; [X.], 510 Rn. 21 - Milchschnitte; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 9 Rn. 309; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 14 [X.] Rn. 358). Die wesentlichen Merkmale einer Formmarke sind daher nicht nach allgemeinen Gestaltungsprinzipien, sondern anhand der konkreten Formgebung des Zeichens zu ermitteln, die seinen Gesamteindruck bestimmt (vgl. [X.], Beschluss vom 20. November 2003 - [X.], [X.], 507, 509 = [X.], 749 - Transformatorengehäuse; [X.]Z 182, 325 Rn. 30 - [X.]).

cc) Diese Maßstäbe hat das [X.] nicht hinreichend berücksichtigt. Soweit es die Quaderform als wesentliches Merkmal angesehen hat, hat es lediglich die Grundform in den Blick genommen und nicht berücksichtigt, dass die mittig verlaufende V-förmige Vertiefung die großflächigen Seiten dieser Quader optisch in zwei Rechtecke unterteilt. Die Kanten der Täfelchen sind ausweislich der Abbildung im Register entgegen der Annahme des [X.]s nicht abgerundet, sondern oben und unten abgeschrägt, so dass die schmalen Seitenflächen der Täfelchen hervorstehende Rechtecke bilden. Die Ecken sind zwar abgerundet, sie weisen jedoch zur Ober- und Unterseite der Täfelchen hin und abgesetzt zu den abgeschrägten oberen und unteren Rändern des [X.] zusätzliche Abschrägungen auf. Die Vertiefung in der Mitte der Täfelchen stellt nicht lediglich einen Einschnitt dar, sondern das Zusammentreffen zweier Schrägen, die dem Spalt eine V-Form verleihen. Sowohl die als charakteristisches Merkmal der [X.] anzusehende Randgestaltung der Täfelchen als auch die Einkerbung sind damit auf eine Weise gestaltet, dass sie einen komplexen geometrischen Eindruck vermitteln.

dd) [X.] wendet vergeblich ein, für den Verbraucher habe die Detailgestaltung der formgebenden Merkmale keine weitergehende Bedeutung, weil es sich bei [X.] um alltägliche Produkte von geringem Wert handele, die zum sofortigen Verzehr bestimmt seien. Das [X.] hat nicht festgestellt, dass der Verbraucher die Form der in der Marke dargestellten Täfelchen auf die darin eingeflossenen Grundformen zurückführt und der konkreten Ausformung insgesamt keine Bedeutung für den Gesamteindruck beimisst. Es hat zwar angenommen, eine andere Ausgestaltung der V-förmigen Vertiefungen, etwa in U-Form, würde den Gesamteindruck des Zeichens nicht verändern. Dass der konkreten Formgebung auch ansonsten keine wesentliche Bedeutung für den Gesamteindruck der Marke zukommt, hat es nicht festgestellt.

c) Die Rechtsbeschwerde wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des [X.]s, alle wesentlichen Merkmale der angegriffenen Formmarke seien im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich.

aa) Die wesentlichen Merkmale eines Formzeichens sind zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich, wenn sie im Hinblick auf die betreffende Ware eine technische Funktion erfüllen, ohne dass sie die einzigen Merkmale sein müssen, mit denen diese Funktion erreicht werden kann (vgl. [X.], [X.], 804 Rn. 83 - [X.]/[X.]; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 53 und 83 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.]. 2017, 623 Rn. 28 - [X.]/[X.]; [X.]Z 182, 325 Rn. 25 - [X.]; [X.], [X.], 734 Rn. 25 - Bodendübel). Die in den wesentlichen Merkmalen verkörperte technische Funktion kann auch in der verbesserten Handhabbarkeit, Brauchbarkeit, Gebrauchstauglichkeit oder Verbrauchs-tauglichkeit der Ware liegen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO § 3 Rn. 117; [X.] [X.]/Kur aaO § 3 [X.] Rn. 78). Eine technische Wirkung kann auch durch formgebende Merkmale eines Zeichens erreicht werden, das für nichttechnische Produkte - etwa für Nahrungsmittel - Geltung beansprucht (vgl. [X.], [X.], 1198 Rn. 52 ff. - [X.]/[X.]; [X.], [X.], 510 Rn. 20 - Milchschnitte; [X.], Beschluss vom 9. Juli 2009 - [X.], [X.], 138 Rn. 16 = [X.], 260 - [X.]). Ein Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] liegt nur vor, wenn allen wesentlichen Merkmalen einer Formmarke eine technische Wirkung zukommt (vgl. [X.], [X.], 1198 Rn. 48 - [X.]/[X.]).

Die Beurteilung der Funktionalität der wesentlichen Merkmale eines Zeichens liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter einen zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 66 Rn. 34 - [X.]; [X.]. 2017, 623 Rn. 22 f. - [X.]/[X.]). Die Beurteilung des [X.]s, sämtliche der von ihm als wesentlich angesehenen Merkmale der angegriffenen Marke wiesen eine technische Funktion auf, hält einer solchen Überprüfung nicht stand.

bb) Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des [X.]s, der Quaderform der Täfelchen komme eine technische Wirkung zu.

(1) Das [X.] hat die technische Funktion der Quaderform darin gesehen, dass sie gegenüber "Bonbonformen" und unregelmäßigen Raumformen die Möglichkeit der Konfektionierung der registrierten Ware Traubenzucker darstellt, die am meisten Raum spart, indem sie eine Stapelung der einzelnen [X.] ermöglicht. Dieser Vorteil komme dem Verbraucher zugute. Dieser suche nach einer Möglichkeit, mehrere auf kleinem Volumen verpackte und leicht portionierbare [X.] mit sich zu führen, um sie während des Sports oder anderer Tätigkeiten zur schnellen Energiezufuhr zu verzehren. Die platzsparende Konfektionierung erweise sich vor allem bei sportlichen Aktivitäten als vorteilhaft, bei denen der Verbraucher oft nur sehr beschränkt Proviant mit sich führen könne.

(2) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das [X.] habe bei seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft auf den Herstellungsprozess abgestellt. Für die durch die Form der Ware erzielte technische Wirkung kommt es auf die Funktionalität der fraglichen Ware für den Verbraucher und nicht auf die Modalitäten ihrer Herstellung an (vgl. [X.], [X.], 1198 Rn. 54 bis 57 - [X.]/[X.]). Dies hat das [X.] berücksichtigt. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, die technische Wirkung im Hinblick auf die Konfektionierung betreffe nicht nur die Herstellung und den Vertrieb der Ware. Sie biete auch dem Verbraucher funktionelle Vorteile beim Mitführen von Traubenzucker als schneller Energielieferant, etwa während sportlicher Aktivitäten.

(3) Die Beurteilung des [X.]s, die Quaderform habe für den Verbraucher eine technische Funktion, ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht willkürlich. Die Prüfung der technischen Wirkung einer Warenform richtet sich an den Funktionen aus, die der Benutzer bei der betreffenden Ware suchen kann (vgl. [X.], [X.], 804 Rn. 78 - [X.]/[X.]; [X.], 1097 Rn. 18 - [X.]/[X.]; [X.], 1198 Rn. 55 - [X.]/[X.]). Nach der nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Beurteilung des [X.]s handelt es sich bei Traubenzucker um ein Mitnahmeprodukt, das typischerweise unterwegs als Energielieferant in Situationen konsumiert wird, in denen dem Verbraucher wenig Platz zum Transport zur Verfügung steht. Angesichts des Umstands, dass die Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren Unterlagen vorgelegt hat, in denen sie die gestapelten [X.] als handliche Begleiter beschreibt, die einen unterwegs auftretenden Bedarf nach schneller Energiezufuhr zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit und Konzentration befriedigen, kann die Beurteilung des [X.]s nicht als willkürlich angesehen werden.

(4) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kann der Quaderform der Täfelchen die technische Erforderlichkeit nicht mit der Begründung abgesprochen werden, die Stapelbarkeit von [X.]n könne auch durch eine zylindrische Ausformung mit einer ebenen, runden oder ovalen Grundfläche erreicht werden. Dass dieselbe technische Wirkung durch abweichende Formen mit anderen Abmessungen oder in anderer Gestaltung erzielt werden kann, lässt die Erforderlichkeit der Form zur Erreichung der technischen Wirkung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht entfallen (vgl. [X.], [X.], 804 Rn. 81 und 83 - [X.]/[X.]; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 53 bis 55 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.]. 2017, 623 Rn. 28 - [X.]/[X.]; [X.]Z 182, 325 Rn. 25 und 33 - [X.]).

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Quaderform erweise sich aufgrund ihrer Ecken und Kanten beim Transport und beim Verzehr als eher sperrig, ersetzt sie die tatrichterliche Beurteilung des [X.]s durch ihre eigene Sichtweise, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen.

cc) Die Rechtsbeschwerde wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Annahme des [X.]s, den abgeschrägten Kanten und den abgerundeten Ecken der Täfelchen komme eine technische Wirkung zu.

(1) Das [X.] hat angenommen, die Vermeidung scharfer Ecken und Kanten diene dazu, den Verzehr der [X.] zu erleichtern und ihre Aufnahme im Mund angenehmer zu gestalten. Dabei könne ein gegenüber einem durchschnittlich angenehmen Mundgefühl gesteigerter Komfort beim Verzehr von Traubenzucker gewünscht und ausschlaggebend sein. Der Anblick scharfer Kanten könne beim Verbraucher ein unangenehmes Gefühl erzeugen. Es komme nicht darauf an, ob geformter Traubenzucker so scharfe Ecken und Kanten aufweise, dass die [X.] der Ware in Frage gestellt sei. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

(2) Nur solche Formgestaltungen sind technisch bedingt und vom Markenschutz ausgeschlossen, bei denen die von der Form erzeugte Wirkung technischer Natur ist. Soll die Form eine Wirkung erzielen, die auf nichttechnischem Gebiet liegt, greift das Schutzhindernis nicht ein. Dies ist der Fall, wenn die Form eines Lebensmittels der Erreichung einer geschmacklichen Wirkung dient ([X.], [X.], 138 Rn. 18 - [X.]). Vermittelt die Form bestimmte - hier optische und haptische - Sinneseindrücke, stellen diese ebenfalls keine Wirkungen technischer Natur dar ([X.] in [X.]/[X.] aaO § 3 Rn. 117; [X.] [X.]/Kur aaO § 3 [X.] Rn. 78).

(3) Nach diesen Maßstäben haben die abgeschrägten Ecken und Kanten der in der Marke gezeigten Täfelchen keine technische Funktion beim Verzehr von Traubenzucker. Sie haben nach den Feststellungen des [X.]s eine sensorische Wirkung beim Verbrauch. Die weitere Erwägung des [X.]s, der Anblick von scharfen Kanten könne beim Verbraucher gedanklich ein unangenehmes Gefühl im Hinblick auf den beabsichtigten Verzehr auslösen, betrifft ebenfalls nicht die objektive Funktionalität der Ecken und Kanten der [X.], sondern ihren optischen Eindruck und ihre Wahrnehmung durch den angesprochenen Verbraucher.

(4) [X.] macht ohne Erfolg geltend, die abgeschrägten Kanten und abgerundeten Ecken von [X.] seien ausweislich eines für Tabletten eingetragenen Patents technisch vorteilhaft, weil sie Schnittverletzungen der Mundschleimhaut verhinderten. Das [X.] hat offengelassen, ob geformter Traubenzucker so scharfe Ecken und Kanten aufweisen kann, dass seine [X.] in Frage gestellt ist, und ob die Schnelligkeit, mit der sich Traubenzucker im Mund auflöst, einer Verletzungsgefahr entgegensteht. Mangels abweichender Feststellungen ist deshalb im Rechtsbeschwerdeverfahren zugunsten der Markeninhaberin davon auszugehen, dass auch ohne die Abschrägung der Kanten oder der Abrundung der Ecken ein mundgerechter Verzehr von [X.] möglich ist.

(5) [X.] macht ohne Erfolg geltend, die Abschrägung der Kanten und die Abrundung der Ecken der [X.] dienten der technischen Funktion, deren Abbrechen oder Zerbröseln zu vermeiden. Das [X.] hat hierzu keine Feststellungen getroffen. [X.] macht nicht geltend, das [X.] habe entsprechenden Vortrag des Antragstellers übergangen oder den Sachverhalt entgegen § 73 Abs. 1 Satz 1 [X.] unzureichend ermittelt.

dd) Die Annahme des [X.]s, die Einkerbung in der Mitte der in der Marke wiedergegebenen Täfelchen erziele eine technische Wirkung, lässt dagegen - auch unter Berücksichtigung der konkreten V-Form der Einkerbungen - im Ergebnis keinen Rechtsfehler erkennen.

(1) Das [X.] hat angenommen, der Verbraucher werde die Einkerbung zutreffend als Sollbruchstelle wahrnehmen, die einer leichten und gleichmäßigen Teilung der Täfelchen diene. Eine solche Portionierbarkeit sei für die angesprochenen Verkehrskreise vorteilhaft, weil Traubenzucker als schneller Energielieferant vor allem von Sportlern in der Regel kontinuierlich und deshalb in kleineren Portionen verzehrt werde.

(2) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, eine Sollbruchstelle könne auch in U-Form ausgestaltet werden und gewährleiste bei ihrer diagonalen Anbringung auf dem Traubenzuckerstück ebenfalls eine gleichmäßige Portionierbarkeit, wie die vom Unternehmen des Antragstellers vertriebenen Traubenzuckerprodukte zeigten. Die Erforderlichkeit einer technischen Wirkung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] setzt nicht voraus, dass die technische Wirkung allein mit der betreffenden Form erzielt werden kann (vgl. [X.], [X.], 804 Rn. 83 - [X.]/[X.]; zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii [X.] aF vgl. [X.], [X.], 1008 Rn. 53 - [X.] Juris [[X.]-Stein]; [X.], [X.], 734 Rn. 25 - Bodendübel).

III. Die Entscheidung des [X.]s kann danach nicht aufrechterhalten werden. Sie ist aufzuheben und die Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 Satz 1 [X.]).

IV. Im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren stellen sich keine entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] erfordern. Die Frage, welche Anforderungen an ein Schutzhindernis nach Art. 3 Buchst. e 2. Spiegelstrich der Richtlinie 89/104/[X.] und Art. 3 Buchst. e Ziffer ii der Richtlinie 2008/95/[X.] zu stellen sind, ist durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] hinreichend geklärt.

D. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

I. Das [X.] wird die Frage des Vorliegens eines Schutzhindernisses nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erneut zu prüfen haben.

Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den besonders gestalteten Ecken und Kanten der Täfelchen um ein wesentliches nichtfunktionelles dekoratives oder phantasievolles Element handelt. Das wäre nur anders, wenn ohne die Abschrägungen und Abrundungen für den Verbraucher beim Verzehr eine Verletzungsgefahr bestünde, während allein ein angenehmes Gefühl im Mund beim Verzehr sensorisch wirkt. Letzteres reicht für eine technische Funktion nicht aus.

II. Soweit das [X.] das Vorliegen eines Schutzhindernisses nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Betracht gezogen hat, kann bei dem jetzigen Verfahrensstand hierauf die von dem Antragsteller begehrte Löschung der angegriffenen Marke nicht gestützt werden.

1. Der Antragsteller hat seinen Löschungsantrag nicht auf § 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gestützt. Er hat in der Antragsbegründung, mit der er die im amtlichen Formblatt angekreuzten Löschungsgründe der §§ 3 und 8 [X.] konkretisiert hat (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Februar 2016 - [X.]/14, [X.], 500 Rn. 9 und 12 = [X.], 592 - [X.]), lediglich § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] als Rechtsgrundlage genannt.

2. Die Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] bilden keinen einheitlichen Streitgegenstand. Dem [X.] ist es deshalb verwehrt, das vom [X.] nicht geltend gemachte Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von Amts wegen zu prüfen.

a) Das konkrete, auf einen bestimmten [X.] gestützte Löschungsverlangen ist einem zivilprozessualen Streitgegenstand hinreichend vergleichbar ([X.], Beschluss vom 16. Juni 1993 - [X.], [X.]Z 123, 30, 34 - [X.]; [X.], [X.], 500 Rn. 12 - [X.]). Daraus ergibt sich, dass der das Verfahren einleitende Akt nicht nur das im Antrag umschriebene [X.], sondern auch die Angabe des Antragsgrunds enthalten muss, aus dem der Antragsteller die begehrte Rechtsfolge herleitet ([X.], [X.], 500 Rn. 12 - [X.]). Daraus folgt weiter, dass das [X.] und das [X.] entsprechend § 308 Abs. 1 ZPO nur über den [X.] entscheiden dürfen, der ihnen vom Antragsteller unterbreitet worden ist (vgl. [X.] [X.]/[X.], § 66 [X.] Rn. 7; zum Zivilprozess vgl. [X.], Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 227/02, [X.], 854, 855 = [X.], 1173 - Karten-Grundsubstanz; Urteil vom 23. September 2015 - [X.], [X.]Z 207, 71 Rn. 63 - Goldbären). Der im registerrechtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz (§ 59 Abs. 1, § 73 Abs. 1 [X.]) entfaltet seine Geltung nur innerhalb des vom Antragsteller vorgegebenen Verfahrensgegenstands (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Mai 1977 - [X.], [X.] 1977, 664, 665 = WRP 1977, 574 - [X.]; Beschluss vom 10. Januar 1995 - [X.], [X.]Z 128, 280, 293 - [X.]; Beschluss vom 8. November 2016 - [X.], [X.]Z 212, 351 Rn. 25 f. - Ventileinrichtung).

b) Ebenso wie die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 10 [X.] geregelten Löschungsgründe (vgl. [X.], [X.], 500 Rn. 9 und 13 - [X.]) stellen die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] angeführten Löschungsgründe nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich eigenständige Antragsgründe für das Begehren nach Löschung der bezeichneten Marke dar. Die in § 3 Abs. 2 [X.] vorgesehenen Schutzhindernisse knüpfen zwar sämtlich an die Form der Ware an und verfolgen das übereinstimmende Ziel, wesentliche Eigenschaften der Ware, die sich in ihrer Form widerspiegeln, für alle Wirtschaftsteilnehmer freizuhalten (zu Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 89/104/[X.] vgl. [X.], [X.], 1097 Rn. 18 und 20 - [X.]/[X.]; Schlussanträge des Generalanwalts [X.], BeckRS 2014, 80871 Rn. 26 bis 28 - [X.]/[X.]). Sie bilden aber keinen einheitlichen Tatsachenkomplex, sondern sind selbstständige Lebenssachverhalte, indem sie auf die für die jeweilige Warengattung typischen Gebrauchseigenschaften (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), die technische Funktionalität (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) oder den ästhetischen Wert der Form (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) abstellen. Demzufolge erfordert die Annahme eines [X.]s nach § 3 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 [X.] unterschiedliche tatsächliche Feststellungen. Dass im Einzelfall mehrere Tatbestände des § 3 Abs. 2 [X.] verwirklicht sein können, steht der Annahme eigenständiger Antragsgründe nicht entgegen.

III. Sollte das [X.] nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis gelangen, dass eine technische Wirkung nicht für alle wesentlichen Formmerkmale der angegriffenen Marke besteht, wird es den weiteren vom Antragsteller geltend gemachten [X.] zu prüfen haben. Dieser hat sein Löschungsbegehren in zweiter Linie auf das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) gestützt. Sollte das [X.] zu dem Ergebnis gelangen, dass dieses Schutzhindernis vorliegt, wird es, sofern es nicht aus anderen Gründen die angegriffene Marke im Zeitpunkt ihrer Anmeldung oder der erneuten Entscheidung über die Beschwerde als unterscheidungskräftig ansieht, das Vorliegen der Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung zu prüfen haben. In diesem Zusammenhang wird es in Betracht zu ziehen haben, das von der Markeninhaberin beantragte demoskopische Gutachten zur Verkehrsdurchsetzung einzuholen (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Oktober 2008 - [X.], [X.] 2009, 669 Rn. 32 = [X.], 815 - [X.]; Beschluss vom 9. Juli 2015 - [X.]/13, [X.], 1012 Rn. 40 = [X.], 1108 - [X.]; [X.]Z 211, 268 Rn. 111 - [X.]).

Büscher          

      

Schaffert          

      

Löffler

      

Schwonke          

      

Marx          

      

Meta

I ZB 4/17

18.10.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BPatG München, 27. Dezember 2016, Az: 25 W (pat) 59/14, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.10.2017, Az. I ZB 4/17 (REWIS RS 2017, 3733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3733


Verfahrensgang

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Az. I ZB 4/17

Bundesgerichtshof, I ZB 4/17, 18.10.2017.


Az. 25 W (pat) 59/14

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 59/14, 27.12.2016.


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