28. Senat | REWIS RS 2012, 3310
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Markenbeschwerdeverfahren – "K-W-B/kwb (Wort-Bild-Marke)" – Warenähnlichkeit – klangliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 307 25 166.7
hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2012 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.] am [X.]
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 4, vom 2. Februar 2010 und 15. Juli 2011 insoweit aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 2 075 663 zurückgewiesen wurde für die Waren der
Klasse 4: technische Öle und Fette;
Klasse 7: Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge);
Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität.
Insoweit hat das [X.] die angegriffene Marke 307 25 166.7 zu löschen.
I.
Die am 17. April 2007 angemeldete Wortmarke
[X.]
ist am 13. September 2007 unter der Nummer 307 25 166.7 in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister für folgende Waren und Dienstleistungen eingetragen worden (nachträglich im Wege der Teillöschung eingeschränktes Verzeichnis):
Klasse 4: technische Öle und Fette;
Klasse 7: Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge);
Klasse 9: Schiffsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität;
Klasse 11: Heizungsgeräte;
Klasse 12: Fahrzeuge;
Klasse 39: Transportwesen.
Die Eintragung wurde am 19. Oktober 2007 veröffentlicht. Gegen diese Marke hat die Inhaberin der am 23. August 1994 eingetragenen Wort-/Bildmarke 2 075 663
Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke ist geschützt für folgende Waren der Klassen 3, 6, 7, 8 und 9:
Handwerkzeuge und maschinell angetriebene Werkzeuge, nämlich Bohrer, Bohrkronen, Fräsbohrer, Versenker, rotierende Fräser, Feilen, Bürsten, [X.] für Fräsköpfe, Fräsköpfe, Fliesenschneider, Meißel, Zangen, Schraubenschlüssel, Steckschlüssel, Schraubenenddreher, Schrauberbits, Schlagschrauber, Nietgeräte, Hämmer, Sägen, Lochsägen, Sägeblätter, Sägedrähte, [X.] bestückte Sägedrähte, Kreissägeblätter, Sägegriffe; Schneidladen für Sägen, Kreisschneider, [X.], Bürsten, Hobel, Messer, Ersatzklingen für Messer, Bohrfutter, [X.], [X.], [X.], Kartuschenpressen, mechanische und magnetische Greifwerkzeuge, Halter für Werkzeuge, Scheren, Drahtspender, Spachtel, Pinzetten, Schlösser, [X.] bestückte Handwerkzeuge, Blechscheren, [X.], Bithalter, Sägeführungen, Stichsägen und Säbelsägeblätter, Sägeketten, Ersatzmesser für Elektro- und Handhobel, [X.], [X.], Bandsägeblätter, Beschläge, Sicherheitsdrahtbürsten, [X.], [X.], [X.]halter, Nylonbürsten, Trenn- und Schruppscheiben, Diamantwerkzeuge, Diamantbohrwerkzeuge, Schleifstreifen, Diamanttrennscheiben, Schleifmop, [X.], [X.], [X.], [X.], Metallsucher, Strom- und Balkensucher; Meßwerkzeuge, Lehren auch zum Dübelsätzen, Wasserwaagen, Spannungsprüfer; [X.] und -klammern, Nagelgeräte, Nägel; Schleifpapier und -gewebe in Form von Bögen, Scheiben und Bändern, Schleifklötze, Schleifscheiben, Schleifteller, Trenn- und Schruppscheiben; Werkstück-Spanngeräte sowie Spanngurte, [X.], [X.], Schraubstöcke; motorisch angetriebene Handbohrmaschinen sowie Ständer hierfür; Vorsatzgeräte für Bohrmaschinen und andere Werkzeugmaschinen mit integriertem oder auswechselbarem Antrieb, nämlich Gummiteller, Polierteller, -scheiben und -hauben, [X.], Lamellenschleifer; Schleifscheiben und -stifte; Schleifvorrichtungen auch für Spiralbohrer, rotierende Raspeln, rotierende Bürsten, biegsame Welle, Farbrührer, Pumpen, [X.] bestückte und bestreute Schleifteller, Messer und Scherenschleifer; Fräser-, Schlagbohr-, [X.], Kreissägen-, Stichsägen sowie Schleif- und Trennscheiben-Vorsatzgeräte; Arbeitsschutz, nämlich Schutzbrillen, Staubschutzmasken, Gehörschutzgeräte, Arbeitshandschuhe.
Die Markenstelle für Klasse 4 des [X.] hat mit Beschlüssen vom 2. Februar 2010 und 15. Juli 2011, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken verneint und den Widerspruch aus der Marke 2 075 663 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die gegenüberstehenden Waren der Klassen 7, 8 und 9 in Beschaffenheit und Zweckbestimmung stark unterschieden, so dass trotz klanglicher Identität der [X.] keine Verwechslungsgefahr bestehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie - unter teilweiser Rücknahme des Rechtsmittels in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2012 - beantragt,
die Beschlüsse des [X.]s, Markenstelle für Klasse 4, vom 2. Februar 2010 und 15. Juli 2011 auszuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke 2 075 663 zurückgewiesen wurde für die Waren der
Klasse 4: technische Öle und Fette;
Klasse 7: Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge);
Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität,
und insoweit die Löschung der Marke 307 25 166.7 anzuordnen.
Sie ist der Ansicht, es stünden sich zum Teil ähnliche Waren gegenüber. So bestehe jedenfalls eine Ähnlichkeit zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren "Apparate zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität" und den Widerspruchswaren "Messwerkzeuge, Spannungsprüfer". Ferner fielen unter den von der jüngeren Marke beanspruchten Warenoberbegriff "Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge)" zweifellos auch Elektromotoren, die den von der Widerspruchsmarke geschützten maschinell angetriebenen Werkzeugen, die alle mit Elektromotoren betrieben würden, ähnlich seien.
Der Beschwerdegegner hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Verfahren vor dem [X.] hat er vorgetragen, dass eine Zeichenähnlichkeit aufgrund deutlicher schriftbildlicher Unterschiede - wie die ungleiche Zeichenanzahl aufgrund der Bindestriche im jüngeren Zeichen sowie der Großschreibung einerseits und der Kleinschreibung andererseits - nicht bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] GRUR 2006, 237, 238 - PICARO/[X.]; [X.], 824 [X.]. 19 - Kappa; [X.], 833 [X.]. 12 – [X.]; [X.], 235 [X.]. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484, 486 [X.]. 23 - Metrobus; [X.], 906 - [X.]; [X.], 258, 260 [X.]. 20 - INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 903 [X.]. 10 - [X.]).
1. Ausgehend von der [X.] werden die Vergleichsmarken im tenorierten Umfang zur Kennzeichnung ähnlicher Waren verwendet.
Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.] [X.] 2009, 47, 53 [X.]. 65 - Edition [X.]; [X.], 601 - d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2001, 507, 508 - [X.]/R[X.]).
a) Die von der angegriffenen Marke in Klasse 4 beanspruchten Waren "technische Öle und Fette" weisen eine zumindest mittelgradige Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren "maschinell angetriebene Werkzeuge, nämlich u. a. Bohrer, Bohrkronen, Fräsbohrer, Meißel; motorisch angetriebene Handbohrmaschinen" auf, weil diese Werkzeuge technische Öle und Fette für eine bessere Leistung und längere Lebensdauer benötigen. Wie sich aus den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Recherchebelegen des Senats ergibt, werden die fraglichen Waren in der [X.] auch von denselben Herstellern angeboten und vertrieben, so bietet beispielsweise die Firma [X.] unter dieser Bezeichnung nicht nur Werkzeuge, sondern auch Getriebeöle, [X.], [X.], Fette allgemein sowie Werkzeugfette für Bohrer und Meißel an (vgl. Anlagen 1 - 4 zum Protokoll vom 12. September 2012). Auch von [X.] wird neben verschiedenen maschinell angetriebenen Werkzeugen eine "[X.] Fetttube für Meißel oder Bohrer Aufnahme" angeboten (vgl. Anlage 5 zum o. g. Protokoll). Es handelt sich insoweit also um einander ergänzende Produkte.
b) Die o. g. maschinell angetriebenen Werkzeuge der Widerspruchsmarke liegen auch im mittleren Ähnlichkeitsbereich zu den in Klasse 7 beanspruchten Waren der jüngeren Marke "Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge)", da unter den letztgenannten Oberbegriff auch Elektromotoren fallen, die üblicherweise in maschinell angetriebenen Werkzeugen eingesetzt werden und eine wesentliche Komponente dieser Produkte darstellen. Es handelt sich daher auch hier um einander ergänzende Waren, die aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise von demselben oder ggf. wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen können.
c) Entsprechendes gilt für die in Klasse 9 beanspruchten Waren der angegriffenen Marke "Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität" und den Widerspruchswaren "Meßwerkzeuge, Spannungsprüfer", die sich in der Anwendung einander ergänzen und aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise von denselben oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Herstellern stammen können.
2. Der Widerspruchsmarke kommt von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft infolge intensiver Benutzung kommt nicht in Betracht, da die Widersprechende ihren diesbezüglichen pauschalen Vortrag im Verfahren vor dem [X.] nicht glaubhaft gemacht hat. Es ist daher von einem durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen, da Anhaltspunkte für eine Schwächung nicht ersichtlich sind.
3. Ausgehend hiervon hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hinsichtlich der o. g. im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren nicht ein.
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, 431 [X.]. 53 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im ([X.] und im Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus ([X.]. 26 - Kappa; [X.], 1055 [X.]. 26 - airdsl; [X.] 2008, 393, 395 [X.]. 21 - [X.]; [X.], 340, 347 - Lions). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen.
Vor diesem Hintergrund ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen, da die [X.] jedenfalls klanglich identisch wahrgenommen werden.
Bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr ist zunächst davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Widerspruchsmarke nach dem Wortbestandteil als einfachster Bezeichnungsform, also mit "ka-we-be" benennen (vgl. u. a. [X.] a. a. O., 905 [X.]. 25 - [X.]; GRUR 2006, 859, 862 [X.]. 29 – [X.]), so dass vorliegend grafische Unterschiede der Marken unberücksichtigt bleiben können. Die angegriffene Marke "[X.]" weist die gleiche Buchstabenfolge auf und wird vom angesprochenen inländischen Publikum ebenfalls mit "ka-we-be" benannt werden. An dieser Aussprache vermögen die Bindestriche zwischen den einzelnen Buchstaben "[X.]" nichts zu ändern. Es stehen sich damit klanglich identische Zeichen gegenüber, so dass die Vergleichsmarken in Bezug auf die im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren der jüngeren Marke eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aufweisen.
Ob darüber hinaus auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr besteht - wofür im Hinblick auf die gleiche Buchstabenfolge der [X.] sowie die einfache und werbeübliche Grafik der Widerspruchsmarke, die für den optischen Gesamteindruck wohl vernachlässigt werden dürfte - Einiges spricht, kann hier offen bleiben.
Meta
12.09.2012
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.09.2012, Az. 28 W (pat) 88/11 (REWIS RS 2012, 3310)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 3310
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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