Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. XII ZR 34/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 942

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 34/09
Verkündet am:

30.
November 2011

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §
1578 Abs.
1 und 3
Wenn der Unterhaltsberechtigte seinen [X.]bedarf auf einen Betrag beschränkt, für den noch keine konkrete [X.] erforderlich ist, unter Berücksichtigung des [X.] aber einen Gesamtbedarf geltend macht, der über jenem Betrag liegt, braucht er den Gesamtbedarf gleichwohl nicht konkret darzulegen. Der [X.] ist vielmehr ausgehend von dem ermittelten Elementarunterhalt zu berechnen.
[X.], Urteil vom 30. November 2011 -
XII ZR 34/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30.
November 2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und [X.], Dose, Schilling und Dr.
Günter
für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der [X.]en wird das Urteil des 8.
[X.]s für Familiensachen des [X.] vom 14.
Ja-nuar 2009 aufgehoben, soweit die Berufung des Antragstellers und diejenige der Antragsgegnerin wegen des Altersvorsorgeun-terhalts zurückgewiesen
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.]en streiten um nachehelichen Elementar-
und Altersvorsorge-unterhalt.
Der 1957 geborene Antragsteller und die 1954 geborene [X.] heirateten am 29.
Oktober 1976. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorge-gangen. Die 1990 geborene Tochter [X.] lebte bis Anfang 2005 bei der Mutter und wechselte dann zum Vater; der 1994 geborene [X.] lebt bei der Mutter. Die [X.]en trennten sich im Jahr 1995. Auf den am 1.
März 2005 zugestellten 1
2
-
3
-
Antrag wurde die Ehe durch seit dem 19.
März 2008 rechtskräftiges Urteil ge-schieden.
Der Antragsteller war bis zu einem 1978 erlittenen schweren Unfall, durch den er dienstunfähig wurde, als Polizist tätig. In den folgenden Jahren studierte er Medizin und ist seit 1990 als Arzt tätig. Seit 1994 betreibt er eine eigene Praxis.
Die Antragsgegnerin hat von
1974 bis 1976 eine Lehre als Schauwerbe-gestalterin absolviert und bis 1991 in diesem Beruf gearbeitet. Daneben hat sie im Dezember 1987 auf einem Abendgymnasium das Abitur absolviert und zum Wintersemester 1988/1989 ein Studium (Philosophie, Kunst und Pädagogik) begonnen. Das Studium hat sie wegen der Schwangerschaft mit der Tochter der [X.]en abgebrochen. [X.] hat die Antragsgegnerin eine Qualifi-zierungsmaßnahme im Bereich Kultur-
und [X.] durchlaufen.
Von 2001 bis Anfang 2005 war sie als [X.] im Be-reich von Grundschulen sowie als Museumspädagogin tätig. Von 2005 bis 2008 war sie an Projekten einer Schulkulturbörse
im künstlerischen Bereich beteiligt. Inzwischen geht die Antragsgegnerin einer entsprechenden selbständigen Tä-tigkeit nach, aus der sie monatliche Bruttoeinkünfte von rund 400

Im Scheidungsverbundverfahren hat die Antragsgegnerin zuletzt nach-ehelichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 1.654

(1.314

und 340

svorsorgeunterhalt) geltend gemacht, nachdem ihr in dem über den Trennungsunterhalt geführten Rechtsstreit Prozesskostenhilfe für einen höheren Unterhalt mit der Begründung versagt worden war, bei einem Unter-haltsbedarf von mehr als 2.000

ine konkrete Unterhaltsberech-nung erforderlich. Zur Erläuterung der Beschränkung hat sie vorgetragen, einen höheren Bedarf könne sie nicht darlegen, weil der Antragsteller sein Einkom-3
4
5
-
4
-
men im Wesentlichen für sich verwendet habe. Ihren Unterhaltsanspruch hat
die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung eines eigenen -
teilweise fiktiven
-
Einkommens von monatlich 800

Der Antragsteller ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat geltend ge-macht, dass die Antragsgegnerin eine verfestigte Beziehung zu einem neuen Partner unterhalte, weshalb der Unterhaltsanspruch zu versagen sei. Jedenfalls sei ein Anspruch aber herabzusetzen oder zu befristen.
Das Amtsgericht hat den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung zur Zahlung von Elementarunterhalt in Höhe
von 886

s-vorsorgeunterhalt in Höhe von 202,76

monatlich verurteilt. Die hiergegen ge-richtete Berufung des Antragstellers hat das [X.] zurückgewie-sen. Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat es das angefochtene Urteil teil-weise abgeändert und ihr nachehelichen Elementarunterhalt von monatlich 1.114

zuerkannt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Dagegen rich-ten sich die Revisionen beider [X.]en. Der Antragsteller verfolgt sein Begeh-ren auf Abweisung des Antrags auf nachehelichen Unterhalt weiter, die [X.] begehrt zusätzlichen [X.] in Höhe von monat-lich 340

Entscheidungsgründe:
Die Revisionen sind begründet.
Auf das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]surteil vom 25.
November 2009

XII
ZR
8/08
-
FamRZ 2010, 192 Rn.
5).
6
7
8
9
-
5
-
I.
Das [X.] hat die Revision zum einen zugelassen, soweit eine Beschränkung des Unterhalts nach Maßgabe des §
1578
b [X.] nicht vor-genommen worden ist, zum anderen wegen der Frage, ob neben der von der [X.] selbst vorgenommenen Beschränkung des Unterhaltsanspruchs auf eine Sättigungsgrenze zusätzlich eine konkret benannte einzelne Unterhaltsposition geltend gemacht werden kann. Damit
ist die Revision nur für die Antragsgeg-nerin, nicht hingegen für den Antragsteller, wirksam beschränkt worden.
1.
Das Berufungsgericht kann zwar die Zulassung der Revision wirksam auf Teile des Rechtsstreits begrenzen. Das setzt aber voraus, dass es sich um einen hinreichend klar umrissenen, abgrenzbaren Teil der Entscheidung [X.] ([X.]surteile vom 13.
Juli 2011 -
XII
ZR
84/09
-
FamRZ 2011, 1498 Rn.
16; vom 4.
Mai 2011 -
XII
ZR
70/09
-
FamRZ 2011, 1041 Rn.
10 und vom 12.
Juli 2000 -
XII
ZR
159/98
-
NJW-RR 2001, 485, 486).
Eine Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen innerhalb des Streitgegenstandes, etwa die [X.] des §
1578
b [X.], ist dagegen nicht zulässig ([X.] Beschluss vom 10.
Februar 2011 -
VII
ZR
71/10
-
NJW 2011, 1228 Rn.
11 und [X.]surteil
vom 13.
Juli 2011 -
XII
ZR
84/09
-
FamRZ 2011, 1498
Rn.
16). Da die Frage, ob der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zu begrenzen ist, für den gesam-ten streitgegenständlichen Zeitraum zu beantworten ist, konnte die Zulassung der Revision für den Antragsteller deshalb mit der gegebenen Begründung nicht wirksam beschränkt werden.
2. Hinsichtlich der Revision der Antragsgegnerin liegt hingegen, wie in dem Urteil über den Trennungsunterhalt der [X.]en -
XII
ZR
35/09
-
unter
I im Einzelnen ausgeführt, eine wirksame Begrenzung der Zulassung auf den Al-10
11
12
-
6
-
tersvorsorgeunterhalt vor, die deshalb zu einer hierauf beschränkten [X.] durch den [X.] führt.

II.
Zur Begründung seiner in [X.], 1157 veröffentlichten Entschei-dung hat das [X.] im Wesentlichen ausgeführt:
Die Antragsgegnerin sei nach §
1573 Abs.
2 [X.] unterhaltsberechtigt. Der Verwirkungseinwand sei nicht hinreichend dargetan. Nachdem die [X.] die pauschale Behauptung des Antragstellers, mit einem neuen Partner eheähnlich zusammenzuleben, bestritten habe, hätte der Antragsteller hierfür konkrete Anhaltspunkte vorbringen müssen.
Auch eine Beschränkung des Unterhalts nach Maßgabe des §
1578
b [X.] sei nicht vorzunehmen. Die Antragsgegnerin habe vor der Beendigung ihrer Erwerbstätigkeit nach der ersten Schwangerschaft in den letzten Jahren ein jährliches Bruttoeinkommen zwischen 37.000
DM und 40.000
DM, im Jahr 1989 sogar
von 44.800
DM
erzielt. In der Folgezeit habe sie sich der Familie gewidmet. Nach der Trennung der [X.]en sei sie zur Aufnahme einer teilzeiti-gen Erwerbstätigkeit frühestens zum Jahreswechsel 2003/2004 verpflichtet ge-wesen, als der [X.] zehn Jahre alt gewesen und die Tochter zum Vater [X.] sei. Angesichts der langen beruflichen Abstinenz der Antragsgegnerin und ihres fortgeschrittenen Alters erscheine es ausgeschlossen, dass sie damals -
mit weiteren Aufstiegsmöglichkeiten
-
an ihre frühere Berufstätigkeit hätte [X.] können. Eine Obliegenheit zu vollschichtiger Tätigkeit habe nach der vor dem 1.
Januar 2008 geltenden Rechtslage frühestens im Laufe des Jahres 2006 eingesetzt. Auch die angestrebte akademische Laufbahn habe die An-13
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15
-
7
-
tragsgegnerin offensichtlich im Hinblick auf die beiden Kinder nicht realisiert. Andererseits sei sie bis zur Geburt des ersten Kindes jahrelang die [X.] in der Ehe gewesen. Danach handle es sich um einen geradezu "klas-sischen" Fall ehebedingter Nachteile, die auszugleichen dem unterhaltsberech-tigten Ehegatten nach Trennung und Scheidung nicht mehr möglich seien. An-gesichts der Stringenz, mit der die Antragsgegnerin ihren beruflichen [X.] bis zur Geburt des ersten Kindes gestaltet habe (durchgehende Berufstä-tigkeit mit steigenden Einkünften, daneben Abitur und anschließendes Studium) sei mit hinreichender Gewähr davon auszugehen, dass sie bei ununterbroche-ner Karriere nunmehr [X.] von monatlich 2.000

Die Antragsgegnerin könne nicht zusätzlich zu dem Elementarunterhalt [X.] verlangen. Unterhalt sei entweder als Quotenunterhalt oder nach einer konkreten Bedarfsberechnung zu bemessen, nicht jedoch aus einer beliebigen Kombination zwischen beiden Berechnungsarten. Jede [X.], soweit sie nicht überzogen sei und der Vermögensbildung diene, sei im Rahmen einer Unterhaltsberechnung, sei es konkret, sei es nach einer Quote, zu berücksichtigen, jedoch nur im "geschlossenen System". Der Alters-vorsorgeunterhalt gehöre zum Lebensbedarf und mithin zu den Positionen, die bei der konkreten [X.] wertbestimmend zu berücksichtigen [X.]. Indem die Klägerin ihren Elementarunterhalt auf 2.000

u-sätzlich [X.]sbedarf geltend gemacht habe, habe sie entge-gen der sie treffenden Darlegungs-
und Beweislast ihren konkreten Bedarf nicht hinreichend dargetan, so dass sie an der selbst gewählten Sättigungsgrenze von 2.000

Im Rahmen der Bemessung des [X.] sei der [X.] teilweise fiktives Einkommen zuzurechnen. Der vom [X.] angesetzte Betrag von 1.300

etto erscheine angesichts des 16
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-
8
-
beruflichen Werdegangs der Antragsgegnerin, insbesondere der ca. 15-jährigen Berufsunterbrechung und ihres Alters von nahezu 50
Jahren, mit dem sie [X.] auf den Arbeitsmarkt zurückgekehrt sei, als überzogen. Andererseits verfü-ge die Antragsgegnerin über Fähigkeiten, die sie nicht auf eine Stufe mit einer völlig ungelernten Arbeitskraft stellten. Das führe unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Arbeitsmarktes zu der Einschätzung, dass die Antragsgeg-nerin bei den ihr obliegenden Erwerbsbemühungen ein monatliches Nettoein-kommen von 1.100

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

III.
Revision des Antragstellers:
1. Das Berufungsgericht hat der Antragsgegnerin einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß §
1573 Abs.
2 [X.] zuerkannt. Dabei hat es ei-nen Bedarf von 2.000

g-nerin ihren nach einer Quotenberechnung höheren Bedarf auf diesen Betrag beschränkt hatte. Dagegen bestehen aus Rechtsgründen keine Bedenken. Auch die Revision des Antragstellers erhebt hiergegen keine Einwendungen. Die weitere [X.] wird von der Revision zwar ebenfalls nicht angegriffen; sie rügt indessen hinsichtlich der Ausführungen des Berufungsge-richts zu einer Begrenzung
des Unterhalts nach §
1578
b [X.], dass der [X.] ein zu geringes fiktives Einkommen zugerechnet worden sei. Diesem Einwand, der bereits für die [X.] von Bedeutung ist, kann ein Erfolg nicht versagt werden.
18
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-
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-
Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, das vom Amtsgericht mit 1.300

die selbst nur ein solches von 800

e-re angesichts ihrer 15-jährigen Berufsunterbrechung und ihres Alters von fast 50
Jahren bei Beginn einer Erwerbsobliegenheit überzogen. Unter Berücksich-tigung der Fähigkeiten der Antragsgegnerin einerseits und der Situation auf dem Arbeitsmarkt andererseits sei von einem erzielbaren Einkommen von 1.100

tto monatlich auszugehen.
Damit sind die tatsächlichen Grundlagen der vorgenommenen Schätzung indessen nicht -
wie erforderlich
-
in objektiv nachvollziehbarer Weise angege-ben worden. Es wird nicht ersichtlich, in welchen Tätigkeitsbereichen und mit welcher Stundenvergütung das Berufungsgericht eine gegenüber der [X.] reduzierte Verdienstmöglichkeit der Antragsgegnerin gesehen hat. Das Amtsgericht hatte darauf abgestellt, dass sie ihrem Vorbrin-gen zufolge für die im Rahmen ihrer
selbständigen Tätigkeit durchgeführten Schulprojekte einen Stundenlohn von 20

Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Ebenso wenig ist es der Frage nachgegangen, ob es der Antragsgegnerin -
ohne Aufstiegschancen
-
möglich wäre, in ihrem erlernten Beruf wieder eine Anstellung zu finden
und welche Verdienstmöglichkeiten hierdurch gegebenenfalls
bestünden. Soweit darauf abgestellt worden ist, dass der Beruf der Schauwerbegestalterin inzwischen erheblichen Veränderungen ausgesetzt gewesen sein dürfte, rügt die Revision zu
Recht, dass nicht ersichtlich ist, worauf diese Würdigung gestützt wird. [X.] trägt die gegebene Begründung die Einschätzung der Verdienstmöglich-keiten der Antragsgegnerin aus einer ihr obliegenden vollschichtigen Erwerbstä-tigkeit nicht. Die [X.] kann deshalb bereits keinen Bestand haben.
Denn die Unterhaltsberechnung ändert sich, falls der Antragsgegnerin ein höheres Einkommen zuzurechnen sein sollte.
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-
10
-
2. Das Berufungsurteil begegnet auch insoweit durchgreifenden rechtli-chen Bedenken, als eine Beschränkung des Unterhalts nach §
1578
b [X.] ab-gelehnt worden ist.
a) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhalts-anspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach §
1578
b Abs.
2 Satz
1 [X.] ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt
zeit-lich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus §
1578
b Abs.
1 Satz
2 und 3 [X.]. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die [X.] eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemein-schaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstä-tigkeit während der Ehe sowie aus der Ehe ergeben.
aa) Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach §
1578
b Abs.
1 [X.] die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe oder Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur [X.] hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Ein-schränkung seiner Erwerbstätigkeit lediglich Einkünfte, die den eigenen ange-messenen Unterhaltsbedarf nach §
1578
b [X.] nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs zwar regelmäßig aus. Auch dann kann der Unterhalt nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil herabgesetzt werden, der sich aus der Differenz zwischen dem
angemessenen
23
24
25
-
11
-
Unterhaltsbedarf
und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt ([X.]surteile
vom 20.
Oktober 2010 -
XII
ZR
53/09
-
FamRZ 2010, 2059 Rn.
22 und vom 14.
Oktober 2009 -
XII
ZR
146/08
-
[X.], 1990 Rn.
16).
Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zu dem angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] und zu dem Einkommen treffen, das
der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. ge-mäß §§
1574, 1577 [X.]
erzielen könnte
([X.]surteil vom 20.
Oktober 2010

XII
ZR
53/09
-
FamRZ 2010, 2059 Rn.
23).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Höhe eines der Antragsgegnerin entstandenen ehebedingten Nachteils nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Berufungsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin ohne die ehebedingte Berufsunterbrechung heute ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 2.000

bereits im Jahr 1989 erzielte Bruttoeinkommen von 44.800
DM und die aus ih-rem beruflichen Werdegang zu ersehende Tüchtigkeit auch plausibel, so dass der genannte Betrag als angemessener Lebensbedarf angesetzt werden kann. Der ehebedingte Nachteil bemisst sich aber nach der Differenz zwischen dem angemessenen Lebensbedarf und dem aktuell erzielbaren Einkommen. Da [X.] nicht beanstandungsfrei ermittelt worden ist, bleibt die Höhe eines ehebe-dingten Nachteils offen.
b) Von dem Vorliegen eines solchen Nachteils hängt die Frage,
ob der Unterhaltsanspruch
zu
befristen ist, aber maßgeblich ab. Wenn mit dem [X.] davon auszugehen wäre, dass die Antragsgegnerin ein Einkom-men von monatlich 1.100

26
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28
-
12
-
900

r-werbstätigenbonus sowie berufsbedingter Aufwendungen ist insoweit nicht ge-rechtfertigt ([X.]surteile vom 11.
August 2010 -
XII
ZR
102/09
-
FamRZ 2010, 1637 Rn.
46; vom 10.
November 2010 -
XII
ZR
197/08
-
FamRZ 2011, 192 Rn.
28 und [X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
17). In Höhe von 900

würde dann zwar eine Befristung grundsätzlich ausscheiden. Nicht entschieden ist
damit aber, ob ein darüber hinausgehender Unterhaltsanspruch nach einer Übergangszeit auf diesen Betrag herabgesetzt werden kann.
Das hängt von der alle Umstände des Falles berücksichtigenden Billigkeitsabwägung ab. Eine sol-che Abwägung hat das Berufungsgericht, das sich mit der Frage einer Herab-setzung des Unterhalts nicht im Einzelnen befasst hat, nicht vorgenommen.

IV.
Revision der Antragsgegnerin:
Das Berufungsgericht hat der Antragsgegnerin zu Unrecht Altersvorsor-geunterhalt versagt.
1. Zu dem gesamten Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten, den der Unterhalt umfasst, gehören neben dem [X.]bedarf die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters (§
1578 Abs.
2 [X.]).
a) Der danach zu befriedigende [X.]bedarf wird regel-mäßig als Quotenunterhalt -
gegebenenfalls nach Abzug eines Erwerbstätigen-bonus
-
im Wege der Halbteilung ermittelt. Diese Bedarfsberechnung beruht auf der Annahme, dass das vorhandene Einkommen in voller Höhe für den Le-bensunterhalt der Ehegatten verwendet wurde. Bei besonders günstigen [X.] liegt allerdings die Vermutung nahe, dass nicht sämtli-29
30
31
32
-
13
-
che Einkünfte für den Lebensunterhalt eingesetzt werden, sondern ein Teil der
Vermögensbildung zugeführt wird. Insoweit hat das Einkommen für die [X.] aber grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Wenn in Recht-sprechung und Schrifttum deshalb in den entsprechenden Fällen eine konkrete [X.] verlangt wird (vgl. Nr.
15.3 der Leitlinien der Oberlandesge-richte sowie [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
7 Rn.
763
ff.), hat der [X.] dies nicht beanstandet ([X.]sur-teile
vom 11.
August 2010 -
XII
ZR
102/09
-
FamRZ 2010, 1637 Rn.
27; vom 5.
Juni 2004 -
XII
ZR
277/02
-
FamRZ 2005, 97, 98; [X.]Z 153, 372, 380
f. =
[X.], 848, 851).
b) Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum eine konkrete Bedarfsbe-messung auch dann gefordert wird, wenn der Bedarf denjenigen übersteigt, der ausgehend von den [X.] der [X.] ermit-telt worden ist, begegnet auch dies keinen rechtlichen Bedenken ([X.]surteil vom 11.
August 2010 -
XII
ZR
102/09
-
FamRZ 2010, 1637 Rn.
28). Die hieraus resultierenden Anforderungen rechtfertigen sich gleichfalls aus der Überlegung, dass bei entsprechenden Einkünften auch Vermögensbildung betrieben worden ist und nicht sämtliche vorhandenen Mittel für den laufenden Lebensunterhalt verwendet worden sind. Eine absolute Sättigungsgrenze ist mit dieser Art der Bedarfsermittlung nicht verbunden, denn die Darlegung eines konkreten höhe-ren Bedarfs bleibt dem Berechtigten unbenommen.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Antragsgegnerin habe ihren Bedarf konkret darlegen müssen, weil sie Gesamtunterhalt auf der Grundlage eines 2.000

zuzüglich [X.]) verlange, begegnet allerdings durchgreifen-den rechtlichen Bedenken.
33
34
-
14
-
a) Bei der Frage, welche Mittel der unterhaltsberechtigte Ehegatte für ei-ne nach den ehelichen Lebensverhältnissen sowie den Erwerbs-
und Vermö-gensverhältnissen angemessene Lebensführung benötigt, geht es zunächst um die Ermittlung des [X.]bedarfs. Diesem Zweck dient bei unteren und durchschnittlichen Einkommensverhältnissen die [X.] nach einer Quote des beiderseitigen -
gegebenenfalls fiktiven
-
Einkommens. Wenn bei günstigen Einkommensverhältnissen an die Stelle einer Quotenberechnung eine konkrete Bedarfsermittlung tritt, handelt es sich gleichfalls um eine Metho-de zur Bestimmung des [X.]bedarfs. Unabhängig davon, wie die [X.] im Einzelfall erfolgt, ist der auf Altersvorsorge gerichtete Bedarf als Teil des gesamten Lebensbedarfs zusätzlich zu berücksichtigen. Dabei hat der [X.] es für gerechtfertigt gehalten, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Ver-sicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu zahlen wären.
Damit wird der Berechtigte
hinsichtlich der Altersvorsorge so behandelt, wie wenn er aus einer versicherungspflichti-gen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elemen-tarunterhalts hätte ([X.]surteile vom 11.
August 2010

XII
ZR
102/09
-

FamRZ
2010, 1637 Rn.
36 und vom 25.
November 1998

XII
ZR
33/97
-

FamRZ
1999, 372, 373
f.). Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Elementarun-terhalt als Quotenunterhalt oder aufgrund einer konkreten [X.] ermittelt worden ist.
b) Auch soweit eine konkrete [X.] verlangt wird, wenn der Bedarf über denjenigen hinausgeht, der sich auf der Grundlage des Einkom-menshöchstbetrages der [X.] ergibt, geht es um die Feststellung allein des [X.]bedarfs. Denn der Höchstbetrag des [X.] (errechnet mit 3/7 der letzten Einkommensstufe der [X.] [X.] [hier: Stand: 1.
Juli 2003 und 1.
Juli 2005] von 4.800

; 3/7
=
rund 2.050

35
36
-
15
-
beinhaltet ebenfalls nur den Elementarunterhalt. Das folgt bereits daraus, dass auf die
bereinigten [X.] abgestellt wird, die einen Vorsorgeanteil nicht mehr enthalten, sondern der Bestreitung des laufenden Lebensbedarfs dienen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf auf diesen Betrag beschränkt. Zusätzlich zu dem Elementarunterhalt kann aber [X.] verlangt werden, ohne dass der betreffende Bedarf konkret darzulegen wäre. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihren Gesamtbedarf (Elementarunterhalt und [X.]) aufgrund einer unzulässigen Kombination der Berechnungsmethoden geltend gemacht, ist deshalb nicht gerechtfertigt.

V.
Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Dem [X.] ist eine abschließende Sachentscheidung nicht möglich, da es weiterer Feststellungen zu dem Anspruch auf Elementarunterhalt und damit zugleich zu demjenigen auf [X.] bedarf, der in seiner Höhe von dem Elementarunterhalt abhängt. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Oberlandesge-richt zurückzuverweisen. In dem weiteren Verfahren wird der Antragsteller Ge-legenheit haben, sein Vorbringen zu einer Versagung oder Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach §
1579 [X.] zu substantiieren.
Einer seit längerer Zeit bestehenden Beziehung des Unterhaltsberechtigten zu einem neuen Part-ner
kann auch im Rahmen der nach §
1578
b [X.] vorzunehmenden Billig-keitsabwägung Bedeutung zukommen. Denn hierdurch wird in der Regel eine zunehmende Distanz zu den ehelichen Lebensverhältnissen deutlich, weshalb eine weitere Gewährleistung des unveränderten Lebensstandards durch den geschiedenen Ehegatten nicht mehr ohne Weiteres der Billigkeit entsprechen 37
-
16
-
wird
(vgl. [X.]surteil vom 6.
Juni 2011 -
XII
ZR
17/09
-
FamRZ 2011, 1381 Rn.
36).

Hahne

Weber-Monecke

Dose

Schilling

Günter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.03.2008 -
43 [X.]/05 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.01.2009
-
II-8 [X.] -

Meta

XII ZR 34/09

30.11.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. XII ZR 34/09 (REWIS RS 2011, 942)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 942

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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