Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.12.2021, Az. 29 W (pat) 24/19

29. Senat | REWIS RS 2021, 512

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Die OberpfälzerIn (Wortzeichen)" - fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 015 088.4

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2021 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

Die OberpfälzerIn

3

ist am 20. Juni 2018 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 09: elektronische Publikationen; elektronische Zeitschriften;

5

Klasse 16: [X.]; Zeitschriften;

6

[X.]: Veröffentlichung von Publikationen; Veröffentlichung von Zeitschriften.

7

Die Markenstelle für Klasse 16 des [X.] hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 17. Januar 2019 und vom 28. Juni 2019, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

8

Zur Begründung der Beschlüsse ist ausgeführt, dass für die angesprochenen Verkehrskreise ein die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung ausschließender Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung ohne Weiteres erkennbar sei. Die Wortkombination sei [X.] aus dem Artikel „Die“ und der Bezeichnung der geografischen Zugehörigkeit „[X.]in“ zusammengesetzt und den angesprochenen breiten Verkehrskreisen verständlich. Der angesprochene Verkehr sehe in der angemeldeten Marke lediglich einen beschreibenden Hinweis darauf, dass sich die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen mit der Bewohnerin der [X.], der [X.]in, befassen würden, für diese bestimmt seien oder sonst in einem engen Zusammenhang damit stünden. Folglich gebe der Markenbegriff keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern beschreibe Art, Thematik und regionalen Bezug der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen, nämlich, dass sie mit der weiblichen Bevölkerung der [X.] zu tun hätten. So könnten (elektronische) Zeitschriften die [X.]in ansprechen und sich mit ihren Interessen und Belangen beschäftigen sowie für die in dieser Region lebenden weiblichen Bewohner bestimmt sein. In Bezug auf die Dienstleistungen „Veröffentlichung von Publikationen; Veröffentlichung von Zeitschriften“ beschränke sich die Bezeichnung auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der Dienstleistungen, nämlich, dass diese sich thematisch mit der Bewohnerin der [X.] befassen bzw. diesbezügliche Informationen enthalten würden. Eine derart klar verständliche inhaltsbeschreibende Wortfolge möge sich für die beanspruchten Waren „elektronische Publikationen, elektronische Zeitschriften; [X.]; Zeitschriften“ noch als Werktitel eignen und entsprechenden Titelschutz im Sinne von § 5 Abs. 3 [X.] erlangen können, sie sei aber nicht unterscheidungskräftig im markenrechtlichen Sinne, weil der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen, wenn es ihm auf [X.]n begegne, über dessen inhalts- und themenbeschreibende Bedeutung hinaus keinen individuellen betrieblichen Herkunftshinweis zu erkennen vermöge. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit der angemeldeten Bezeichnung sei nicht ersichtlich. Auch die Schreibweise der angemeldeten Wortmarke in Form eines Einwortzeichens mit Binnengroßschreibung führe nicht zu einer schutzbegründenden Verfremdung oder Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit. Die Großschreibung des [X.] werde entweder nicht bemerkt oder für einen Druckfehler gehalten, im Übrigen handele es sich dabei um ein werbeübliches Gestaltungsmittel, das selbst bei Wort-/Bildmarken nur als übliches, in bloß dekorativer Form verwendetes Stilmittel bekannt sei. Die Binnengroßschreibung verändere auch nicht die Bedeutung der Bezeichnung. Begriffsinhalte wie „die [X.] in ...“ oder „die [X.] sind in“, also „in Mode“, seien fernliegend. Ob neben dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch ein Freihaltebedürfnis bestehe, könne für die Entscheidung dahingestellt bleiben.

9

Hiergegen richtet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde.

Zur Begründung trägt der Beschwerdeführer vor, die Markenstelle habe zu Unrecht die Unterscheidungskraft verneint. Zudem habe sie sich mit den Argumenten des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt, so dass eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorliege.

Die angemeldete Bezeichnung „Die [X.]In“ sei bereits aufgrund ihrer Schreibweise mit dem [X.] ungewöhnlich. Diese Großschreibung eines Buchstabens innerhalb des Wortes „[X.]in“ falle dem Betrachter sofort auf, mache ihn stutzig und rege zum Nachdenken an. In der praktischen Verwendung werde die Schrift auch deutlich größer gestaltet sein als in der Markenanmeldung, so dass der Großbuchstabe „I“ noch leichter zu erkennen sein werde. Bei der Verwendung für periodische Druckschriften werde der Verkehr auch aufgrund der regelmäßigen Schreibweise mit dem Großbuchstaben „I“ nicht von einem Druckfehler ausgehen. Diese Schreibweise führe zu einer Mehrdeutigkeit der Bezeichnung. Die angesprochenen Verkehrskreise gingen aufgrund der besonderen Schreibweise nämlich gerade nicht davon aus, dass lediglich „die [X.]in", also die Frau aus der [X.], gemeint sei. Sie zögen vielmehr auch in Betracht, dass „die [X.] in... ", gemeint sein könnten, also [X.] in einer bestimmten Stadt oder Gegend, beispielsweise in [X.], [X.], [X.] etc. In einer so bezeichneten Zeitschrift könnte daher eine bestimmte Stadt oder Region in der [X.] vorgestellt werden. Eine weitere Bedeutung könnte sein, dass die [X.] oder etwas Bestimmtes aus der [X.] „in“, also „in Mode“, sei (die [X.] „In"). Schließlich könne der Begriff auch so verstanden werden, dass die Zeitung selbst die [X.]in sei. Aufgrund dieser Mehrdeutigkeit könne die Unterscheidungskraft der Bezeichnung nicht verneint werden. Insbesondere könne der angemeldeten Bezeichnung die Unterscheidungskraft auch nicht in Bezug auf die in [X.] beanspruchten Dienstleistungen „Veröffentlichung von Publikationen; Veröffentlichung von Zeitschriften“ abgesprochen werden, da nicht anzunehmen sei, dass sich ein Unternehmer, der beispielsweise Zeitschriften veröffentliche, thematisch auf Zeitschriften beschränken wolle, die „die [X.]in" zum Gegenstand haben. Gerade in Bezug auf die Dienstleistungen sei es am naheliegendsten, dass mit „Die [X.]In“ die Herausgeberin der Publikationen oder Zeitschriften gemeint sei, also ein Herkunftshinweis vorliege.

Auf den am 4. September 2019 versandten Hinweis des Senats hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass der Verkehr bei periodischen Druckschriften an die Verwendung von Orts- oder Gebietsbezeichnungen gewöhnt sei und entsprechenden Titeln auch einen Herkunftshinweis entnehme. So gebe es beispielsweise die „[X.]“, die „[X.]“, das „[X.] Tagblatt“, die „[X.]“, „Das Bayerwald Echo“, „[X.]“ etc. Im Allgemeinen Sprachgebrauch werde nur von „der Süddeutschen“, „der [X.]“ etc. gesprochen, ohne dass sich diese Zeitschriften oder Zeitungen auf Themen aus [X.], [X.] oder [X.] beschränken würden. Angesichts der Gewöhnung des Verkehrs dahingehend, Gebiets- oder Ortsbezeichnungen bei Zeitschriften nicht als inhaltsbeschreibend oder inhaltsbeschränkend aufzufassen, erblicke der Verkehr in solchen Zeichen einen Herkunftshinweis. In Bezug auf die Dienstleistungen der [X.] könne ausgeschlossen werden, dass sich ein Verlag auf Druckschriften beschränken wolle, die sich mit Themen aus der [X.] beschäftigen, da ein solcher Verlag kaum existenzfähig wäre.

Der Beschwerdeführer beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des [X.]s vom 17. Januar 2019 und vom 28. Juni 2019 aufzuheben.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den am 4. September 2019 versandten Hinweis des Senats und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

[X.].

Die zulässige, insbesondere nach §§ 66 Abs. 1 [X.] statthafte und gem. § 66 Abs. 2 [X.] fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „Die OberpfälzerIn“ steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher gem. § 37 Abs. 1 [X.] zu Recht die Eintragung versagt.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, dass die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren/ Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2015, 1198 Rn. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.] 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? [X.]; [X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas? [X.]; a. a. [X.] – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] Rn. 15 – Pippi-Lang-strumpf-Marke).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] 2013, 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

Ein Zeichen besitzt dann keine Unterscheidungskraft, wenn der angesprochene Verkehr ihm lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] GRUR 2004, 674 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270 Rn. 11 - Link economy) oder wenn es aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache besteht, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.] Rn. 12 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 21 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] Rn. 12 - DüsseldorfCongress).

Handelt es sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen können, ist zu berücksichtigen, dass ungeachtet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 [X.] die Bezeichnungen von Druckschriften auch dem Markenschutz zugänglich sind ([X.] 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042 - [X.] UND [X.]). Die Zielrichtung von Titel- und Markenschutz ist dabei unterschiedlich. Während der Titel im Allgemeinen inhaltsbezogen ist, ist es die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Frage einer hinreichenden Unterscheidungskraft ist dabei nach den allgemeinen markenrechtlichen Grundsätzen und nicht nach den Maßstäben des Schutzes von Zeitschriften- und Zeitungstiteln zu beantworten, bei denen häufig eine geografische Angabe verbunden mit einer reinen Gattungsbezeichnung als ausreichend angesehen wird ([X.] 1974, 661, 662 – [X.]). Die markenrechtliche Unterscheidungskraft ist dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, den gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben ([X.] 2001, 1043 – [X.]). Davon ist insbesondere bei Bezeichnungen auszugehen, die nach Art eines Sachtitels gebildet sind (vgl. hierzu [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 8 Rn. 297-299; [X.], 593 - Der kleine Eisbär).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortfolge „Die [X.]In“ im hier relevanten Waren- und Dienstleistungszusammenhang zu verneinen, da die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung ohne besonderen gedanklichen Aufwand lediglich als beschreibende Sachangabe auffassen, so dass sie diese nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb bzw. Unternehmen erkennen.

a) Angesprochene Verkehrskreise der beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 41 sind neben den Fachkreisen in erster Linie die Endverbraucher.

b) Die angemeldete Wortfolge „Die [X.]In“ setzt sich aus dem vorangestellten bestimmten Artikel „Die“ sowie der Bezeichnung „[X.]In“ zusammen, wobei der vorletzte Buchstabe „i“ der Wortfolge als Großbuchstabe „I“ ausgeführt ist. Die [X.] ist der nordöstliche Regierungsbezirk des [X.]. Dessen Einwohner – zum Zeitpunkt der Anmeldung des beschwerdegegenständlichen Zeichens etwa 1,1 Mio. – werden [X.] bzw. [X.]innen genannt. Der Regierungsbezirk [X.] umfasst drei kreisfreie Städte und sieben Landkreise (vgl. hierzu [X.], Stichwort: [X.]). Das in der angemeldeten Wortfolge verwendete sog. „[X.]“, also der Großbuchstabe I zur Darstellung von männlicher und weiblicher Form innerhalb desselben Wortes (vgl. hierzu [X.] unter www.duden.de, Stichwort: [X.]), soll bei Bezeichnungen von Personengruppen kenntlich machen, dass sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint ist, ohne beide Genera ausschreiben zu müssen oder das generische Maskulinum zu verwenden. Die angemeldete Bezeichnung „Die [X.]In“ beinhaltet daher sowohl einen Hinweis auf eine Bewohnerin der [X.] als auch auf mehrere [X.].

c) Dieser Bezeichnung einer Bewohnerin oder mehrerer Bewohner der [X.] entnehmen die angesprochenen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen in Vordergrund stehenden, die Waren und Dienstleistungen beschreibenden Sachhinweis auf Zielgruppe, Inhalt oder geographische Herkunft derselben.

aa) Dies gilt zunächst in Bezug auf die in den Klassen 9 und 16 beanspruchten Waren. Im Zusammenhang mit diesen kann die Wortfolge „Die [X.]In“ zum einen das Produkt selbst in personalisierter Form als ein solches aus der [X.] bezeichnen und damit einen geografischen Herkunftshinweis geben. Zum anderen hat die Angabe als Zielgruppen- und Inhaltshinweis beschreibende Bedeutung, nämlich dahingehend, dass sich die Publikationen an Frauen aus der [X.], aber auch an (männliche) [X.] wenden und damit inhaltlich und thematisch auf deren Interessen ausgerichtet sind.

bb) Ebenso werden die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung im Zusammenhang mit den in [X.] beanspruchten Dienstleistungen als bloßen Sachhinweis auffassen. Der für Druckschriften beschreibende Begriffsinhalt bezieht sich regelmäßig gleichermaßen auf die Dienstleistungen, die zur Entstehung der Druckschrift führen, wenn das in Rede stehende Zeichen geeignet ist, einen weiten Themenbereich abzudecken und den Inhalt einer Vielzahl unterschiedlicher Druckschriften zu umschreiben (vgl. [X.] 2014, 483 Rn. 18 - test; GRUR 2013, 522 Rn. 17 - [X.] schönste Seiten). Ein Zeichen, das für Druckerzeugnisse beschreibend und nicht unterscheidungskräftig ist, ist mithin für [X.] allenfalls dann unterscheidungskräftig, wenn es sich nur zur Beschreibung eines sehr eng begrenzten Themas oder eines einzelnen Druckwerks eignet (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Januar 2010 - 33 W (pat) 100/07 - AIR FORCE ONE). Ein derartiger Fall liegt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hier nicht vor. Weder ist es lebensfremd noch aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich, dass Verlage sich auf die Herausgabe von Druckschriften beschränken, die sich mit Themen aus der [X.] beschäftigen. Vielmehr lässt die Angabe „Die [X.]In“ durchaus eine thematische Breite zu. Denn auch eine Zeitung oder eine Zeitschrift mit einer regionalen Beschränkung auf die [X.] kann eine Vielzahl von lokalen und regionalen Themen – z. B. aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Mode, Sport, Geschichte etc. – aufgreifen und zugleich eine nicht unerhebliche Zahl von Lesern in erster Linie aus der [X.] erreichen. Daher ist es durchaus vorstellbar, dass ein Verlag sich dementsprechend inhaltlich beschränkt. Im Übrigen werden die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise, die in der Bezeichnung „Die [X.]In“ einen Sachhinweis auf die Zielgruppe bzw. den Inhalt der beanspruchten Waren sehen, nicht zwingend davon ausgehen, dass sich die Publikationen ausschließlich auf regionale oder lokale Themen beschränken, sondern vor allem davon, dass die Publikation Themen behandelt, die für eine [X.]in oder auch für (männliche) [X.] von Interesse sind. Dies können neben regionalen oder lokalen Themen aus den vorgenannten Bereichen jedenfalls auch überregionale Inhalte – gegebenenfalls mit regionaler Relevanz – sein. Vor diesem Hintergrund wird der angesprochene Verkehr die titelartige Bezeichnung „Die [X.]In“ wegen der Nähe der in Rede stehenden Publikationsdienstleistungen zum Werktitel unmittelbar und ohne Weiteres auch auf die Dienstleistungen der [X.] selbst beziehen und auch insoweit von einer beschreibenden Sachangabe ausgehen (vgl. [X.] 2009, 949 Rn. 20 – My World).

d) Der Umstand, dass der angemeldeten Bezeichnung mehrere Bedeutungen zukommen können – als Hinweis auf die Zielgruppe sowie den Inhalt der Publikationen oder auch auf den geographischen Herkunftsort der Publikationen bzw. den Sitz des Verlages – führt nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit und/oder Interpretationsbedürftigkeit der Bezeichnung, denn alle der vorgenannten Bedeutungen sind beschreibend. Hat aber ein Markenwort mehrere Bedeutungen, die sämtlich in Bezug auf die eingetragenen Waren und Dienstleistungen beschreibend sind, reicht der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des Verkehrs für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus ([X.] 2014, 569 Rn. 24 - HOT).

e) Die Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung ergibt sich schließlich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht aus der Binnengroßschreibung des Buchstabens „I“.

aa) Wie bereits unter Ziff. 2. b) ausgeführt, dient die Verwendung des sogenannten „[X.]“, also insbesondere der Endsilbe „In“ mit dem Großbuchstaben „I“, regelmäßig der Darstellung von männlicher und weiblicher Form innerhalb desselben Wortes. Dies ist – und war auch bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung im Jahr 2018 – allgemein üblich und den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt.

bb) Im Übrigen kann die Binnengroßschreibung innerhalb des [X.] „Die [X.]In“ auch leicht überlesen werden, da es sich um eine nur geringfügige Veränderung in nur einem – zudem schmalen – Buchstaben handelt. Eine derart geringfügig veränderte und selbst eine grammatikalisch unrichtige Schreibweise ist nach der markenrechtlichen Rechtsprechung nicht schutzbegründend, weil ein Teil des Verkehrs sie – vor allem beim flüchtigen Lesen – gar nicht bemerken, ein anderer für einen Druck- oder Schreibfehler halten wird (vgl. [X.] 2003, 882 Rn. 18 – [X.]; [X.], Beschluss vom 09. Februar 2015, 27 W (pat) 73/14 Rn. 56 – [X.]; Beschluss vom 08.03.2013, 28 W (pat) 555/11 – happyness (statt [X.]); Beschluss vom 07.08.2012, 27 W (pat) 552/11 – [X.] (statt [X.]); Beschluss vom 21.09.2011, 29 W (pat) 107/10 – Produktwal (statt Produktwahl); Beschluss vom [X.], 30 W (pat) 25/09 – [X.] (statt Schlüssel); Beschluss vom 07.05.2008, 32 W (pat) 23/07 – [X.] (statt Präsenztraining); Beschluss vom 12.03.2008, 32 W (pat) 115/06 – [X.] (statt Fokus Schule); Beschluss vom 17.01.2007, 28 W (pat) 66/06 – [X.] (statt Buddha); Beschluss vom 20.07.2004, 24 W (pat) 317/03 – [X.] (statt Plissee)). Soweit der Beschwerdeführer ausführt, dass hiervon aufgrund der praktischen Verwendung der Bezeichnung in deutlich größerer Ausgestaltung der Schrift auf den periodischen Druckschriften nicht ausgegangen werden könne, so kommt es hierauf nicht an. Maßgeblich ist nicht die geplante tatsächliche Verwendung des Zeichens, vielmehr ist Gegenstand der Prüfung allein das konkret angemeldete Wortzeichen.

cc) Schließlich stellt die Binnengroßschreibung als solche (vgl. hierzu etwa [X.] GRUR 2006, 229 Rn. 71 - BioID; [X.] 2001, 1153 - antiKALK; [X.] MarkenR 2003, 388 - [X.]), also unabhängig von der üblichen Binnengroßschreibung des Buchstabens „I“ im Rahmen der Darstellung sowohl der männlichen als auch der weiblichen Form eines Wortes, auch generell ein weit verbreitetes werbeübliches Gestaltungsmittel dar, das regelmäßig nicht als schutzbegründend zu werten ist. Die von dem Beschwerdeführer genannten weiteren Bedeutungen im Sinne von „die [X.] sind in Mode“ oder „die [X.] in (Ort)“ sind demgegenüber, wie die Markenstelle zu Recht ausgeführt hat, eher fernliegend.

f) Die angemeldete Wortfolge wird nach alledem vom Verkehr in Bezug auf die elektronischen [X.] der Klasse 9 und solche in Printform der Klasse 16 sowie auf die darauf bezogenen Veröffentlichungsdienstleistungen der [X.] als zielgruppen- und themenbeschreibender Hinweis dahingehend aufgefasst, dass es sich bei diesen Publikationen und Zeitschriften um solche aus der [X.] handelt, die auf die Bedürfnisse der [X.]innen und der [X.] zugeschnittene Informationen enthalten.

3. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

4. Der Umstand, dass Orts- oder Gebietsbezeichnungen als Titel für periodische Druckschriften üblich sind, führt nicht zu einer anderen Bewertung in markenrechtlicher Hinsicht. Die vom Beschwerdeführer genannten Bezeichnungen wie beispielsweise „[X.]“, „[X.] Tagblatt“, „[X.]“, „Das Bayerwald Echo“, „[X.]“ sind entweder gar nicht oder – wie die „[X.]“ (Nr. 301 31 631) – nur als verkehrsdurchgesetzte Marke in das Markenregister eingetragen.

5. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Gebots rechtlichen Gehörs durch die Markenstelle rügt, so ist eine solche bereits nicht ersichtlich, da sich die Markenstelle mit den maßgeblichen Argumenten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat, und im Übrigen wäre eine derartige Verletzung im vorliegenden Beschwerdeverfahren geheilt.

Meta

29 W (pat) 24/19

08.12.2021

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.12.2021, Az. 29 W (pat) 24/19 (REWIS RS 2021, 512)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 512

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