Bundessozialgericht, Urteil vom 13.02.2014, Az. B 8 SO 15/12 R

8. Senat | REWIS RS 2014, 7910

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Gegenstand

(Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen - Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag aufgrund der Übergangsregelung des § 133a SGB 12 - Beteiligung an den Aufenthaltskosten - Wegfall nach Unterbrechung des Leistungsbezuges - Verfassungsmäßigkeit)


Leitsatz

1. Der Anspruch auf den zusätzlichen Barbetrag nach dem vor dem 1.1.2005 geltenden Sozialhilferecht für Heimbewohner, den diese am 31.12.2004 wegen der Beteiligung an den Kosten des Aufenthalts in einer Einrichtung hatten, besteht ab dem 1.1.2005 nur, solange auch ein Anspruch auf den üblichen Barbetrag bei fortbestehender Beteiligung an den Aufenthaltskosten besteht.

2. Nach Unterbrechung der Anspruchsberechtigung bzw bestandskräftiger Leistungsablehnung entsteht dieser Anspruch nicht neu.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. April 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

[X.] ist (noch) die Zahlung von weiteren 29,78 Euro als Barbetrag zur persönlichen Verfügung bei Gewährung einer stationären Leistung nach dem [X.] - ([X.]) für den Monat Juni 2008.

2

Der 1940 geborene Kläger, der eine gesetzliche Altersrente bezieht, ist seit 1994 stationär untergebracht. Die Kosten dieser Unterbringung hat zunächst der überörtliche Träger der Sozialhilfe unter Beteiligung des [X.] an diesen Kosten übernommen und ua im Dezember 2004 einen sog [X.] in Höhe von 29,78 Euro wegen der klägerischen Beteiligung an den Kosten gezahlt. Diese Leistung wurde bis 31.1.2006 weiter erbracht, ab 23.11.2005 allerdings unter Vorbehalt der - dann später erfolgten - Rückforderung (Bescheid vom [X.]). Ab 1.2.2006 wurden sozialhilferechtliche Leistungen generell abgelehnt, weil der Kläger [X.] und Pflichtteilsergänzungsansprüche in Höhe von etwa 80 000 Euro nach dem Tod seines [X.] erworben hatte und davon im Dezember 2005 über 48 000 Euro seinem Sparbuch gutgeschrieben worden waren (bestandskräftiger Bescheid vom 20.1.2006). Danach bestritt der Kläger seinen Lebensunterhalt und die Kosten der stationären Unterbringung bis einschließlich Februar 2008 in vollem Umfang selbst. Erst auf seinen Antrag vom [X.] (wegen Verbrauch des Vermögens) bewilligte ihm der Beklagte ab 1.3.2008 wiederum Leistungen in einer Einrichtung und einen monatlichen Barbetrag - für Juni 2008 in Höhe von 93,69 Euro - ohne den früher gezahlten zusätzlichen Barbetrag in Höhe von 29,78 Euro (Bescheid vom 22.7.2008; Widerspruchsbescheid vom 19.9.2008 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).

3

Die hiergegen erhobene Klage hatte beim Sozialgericht ([X.]) Gelsenkirchen Erfolg; der Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger den "[X.] in der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe ab 1.3.2008 voll zu erbringen" (Urteil vom [X.]). Nachdem sich die Beteiligten im Berufungsverfahren gegen dieses Urteil zunächst auf eine Neubescheidung unter Beachtung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (B[X.]) im Verfahren [X.] [X.] 16/10 R verglichen hatten, wobei das Berufungsverfahren allerdings fortgesetzt werden solle, wenn das Revisionsverfahren ohne Urteil enden sollte, hat das [X.] ([X.]) [X.] nach [X.] des Berufungsverfahrens wegen unstreitiger Erledigung des Verfahrens [X.] [X.] 16/10 R das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen; der Streitgegenstand war zuvor in der mündlichen Verhandlung durch (erneuten) Vergleich auf den Monat Juni 2008 beschränkt worden (Urteil vom 16.4.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf einen höheren Barbetrag bzw den ihm früher gezahlten zusätzlichen Barbetrag. Der Beklagte habe als der nach Landesrecht sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträger den im Gesetz vorgesehenen pauschalierten Barbetrag zur persönlichen Verfügung in Höhe von 27 vom Hundert des Eckregelsatzes gewährt; mangels besonderer Einzelfallgesichtspunkte komme eine höhere Bemessung nicht in Betracht. Ein Anspruch auf den (ebenfalls pauschalierten) zusätzlichen Barbetrag gemäß § 133a [X.] iVm § 21 Abs 3 Satz 4 Bundessozialhilfegesetz ([X.]) ergebe sich nicht; dessen Fortzahlung ab 1.1.2005 sehe § 133a [X.] nach Sinn und Zweck der Regelung (Bestandsschutz) nur bis zum Entfallen der Hilfebedürftigkeit vor.

4

Mit seiner Revision macht der Kläger eine Verletzung des § 133a [X.] geltend. Der [X.] sei ab 1.1.2005 auch nach einer Unterbrechung des Leistungsbezugs weiterzuzahlen. Eine andere Auslegung der Norm verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>).

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der [X.]escheid vom 22.7.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.9.2008 (§ 95 [X.]G), gegen den sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wendet (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 [X.]G). Der streitbefangene Zeitraum ist aufgrund des wirksamen Teilvergleichs der [X.]eteiligten vom [X.] begrenzt worden. In der Sache ist die Klage zulässigerweise beschränkt auf die Zahlung eines höheren [X.]arbetrags (29,78 Euro), dessen untrennbarer [X.]estandteil der zusätzliche [X.]arbetrag nach § 133a [X.] ist (vgl im Einzelnen dazu [X.], 217 ff Rd[X.] 12 ff = [X.] 4-3500 § 133a [X.] 1). Zu Recht ist das [X.] deshalb davon ausgegangen, dass eine weitere [X.]eschränkung auf die Geltendmachung des zusätzlichen [X.]arbetrags (§ 133a [X.]) als alleinigen Streitgegenstand nicht möglich ist; dies gilt auch, wenn der [X.]eklagte - wie vorliegend vom [X.] - vorinstanzlich verurteilt worden ist, "den [X.] zu zahlen". Allerdings ist die vom Kläger geltend gemachte Leistung mit der Tenorierung des [X.] der Höhe nach auf den [X.]etrag von 29,78 Euro beschränkt, weil dies dem [X.]etrag entspricht, der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellt ist. Nur hierzu hat das [X.] den [X.]eklagten verurteilt ("in der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe"), und der Kläger hat hiergegen keine [X.]erufung eingelegt.

Im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor; insbesondere war die [X.]erufung gemäß § 143 [X.]G iVm § 144 Abs 1 Satz 2 [X.]G ohne Zulassung statthaft. Denn im Zeitpunkt ihrer Einlegung betraf sie nach dem Urteilsausspruch des [X.] wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Die Klage ist auch nicht wegen des (ersten) gerichtlichen Vergleichs vom [X.] unzulässig geworden; vielmehr hat dieser Vergleich die Rechtshängigkeit (§ 101 Abs 1 [X.]G iVm § 94 [X.]G) aufgrund seiner Unwirksamkeit nicht entfallen lassen. Ein gerichtlicher Vergleich hat nämlich eine rechtliche Doppelnatur: Er ist einerseits ein [X.], andererseits Prozesshandlung. Als Prozesshandlung ist er bedingungsfeindlich; er darf keine außerprozessuale [X.]edingung enthalten, die die [X.]eendigung des Verfahrens betrifft (vgl nur [X.][X.] [X.] 1500 § 101 [X.] 8 S 10 f). Dies war vorliegend indes der Fall; denn die [X.]eteiligten haben das Ende des Gerichtsverfahrens vom Ausgang des Revisionsverfahrens in der Sache [X.] [X.] 16/10 R abhängig gemacht. Die [X.]eendigung des vorliegenden Verfahrens war somit mit der auflösenden [X.]edingung verknüpft, dass in dem Verfahren [X.] [X.] 16/10 R keine Entscheidung ergehen sollte. Der Eintritt dieser auflösenden [X.]edingung hat allerdings für die [X.]erechtigung, den Rechtsstreit fortzuführen, wegen der Unwirksamkeit des Vergleichs keine [X.]edeutung.

In der Sache hat die Revision keinen Erfolg, sodass dahinstehen kann, ob der [X.]eklagte für die Leistungserbringung unter [X.]erücksichtigung des Landesrechts und der Ausführungen des [X.] zum Landesrecht sachlich und örtlich zuständig war. Ein Anspruch des [X.] auf höhere Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalts nach § 19 Abs 1 [X.] (hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - [X.] 554 - erhalten hat) iVm § 35 Abs 2 (hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - [X.] 2670 - erhalten hat) ergibt sich nicht daraus, dass ihm gemäß § 35 Abs 2 Satz 2 [X.] ein höherer angemessener [X.]arbetrag zur persönlichen Verfügung zustünde. Der dem Kläger gewährte [X.]arbetrag in Höhe von 93,69 Euro entspricht vielmehr - wie im Gesetz vorgesehen - dem Mindestbetrag von 27 vom Hundert des im Juni 2008 maßgeblichen Eckregelsatzes in Höhe von 347 Euro (vgl dazu § 1 Satz 1 Verordnung über die Regelsätze der Sozialhilfe in [X.] vom 19.6.2007 - Gesetz- und Verordnungsblatt 205). Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) lagen keine besonderen Gesichtspunkte für eine von diesem pauschalierten [X.]etrag abweichende höhere [X.]emessung des [X.]arbetrags im Einzelfall vor (vgl zu diesem Gesichtspunkt das Senatsurteil vom 23.8.2013 - [X.] [X.] 17/12 R - , in [X.][X.]E und [X.] 4-3500 § 92a [X.] 1 vorgesehen, Rd[X.] 36 f).

Dem Kläger stand eine höhere Leistung auch nicht als zusätzlicher [X.]arbetrag nach § 133a [X.] zu. Nach § 133a [X.] wird Personen, die am 31.12.2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen [X.]arbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 [X.] hatten, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht. § 21 Abs 3 Satz 4 [X.], der inhaltlich nicht in das [X.] übernommen worden ist, sah für Hilfeempfänger einen zusätzlichen [X.]arbetrag in Höhe von 5 vom Hundert ihres Einkommens vor, höchstens jedoch in Höhe von 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes, wenn sie einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trugen. Diese Leistung sollte wegen der nur unvollkommenen gesetzlichen Formulierung in § 133a [X.] jedoch nicht ohne weitere [X.]edingung fortgezahlt werden; vielmehr muss in die Regelung die Voraussetzung hineingelesen werden, dass ein Anspruch auf den [X.]arbetrag nach § 35 Abs 2 [X.] auch über den 1.1.2005 hinaus bestehen und der Hilfebedürftige, wie von § 21 Abs 3 Satz 4 [X.] vorgesehen, weiterhin an den Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung beteiligt sein muss. Nach Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 133a [X.] muss der Anspruch auf den [X.]arbetrag zudem ununterbrochen fortbestehen. Dies bedeutet, dass jedes Entfallen des Anspruchs auf den [X.]arbetrag gleichzeitig den Anspruch auf den [X.] entfallen lässt, ohne dass dieser wiederauflebt, gleichgültig, wie lange der Unterbrechungszeitraum dauert.

Mit der Streichung des [X.]s ab 1.1.2005 im [X.] wollte der Gesetzgeber nämlich die Ungleichbehandlung von Leistungsberechtigten inner- und außerhalb von Einrichtungen beenden und den Grundsatz der ambulanten Leistung vor stationären Leistungen durchsetzen ([X.], [X.] zu § 36). Die in § 133a [X.] vorgesehene Stichtagsregelung ist insoweit nur als Auslaufregelung zu verstehen ([X.]T-Drucks 15/3977, [X.]). Ob die Übergangsregelung angesichts der nachvollziehbaren Erkenntnis des Gesetzgebers, der zusätzliche [X.]arbetrag im Sinne des [X.] habe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dadurch bewirkt, dass Hilfebedürftigen über das Existenzminimum hinaus ohne konkreten Nachweis eines erhöhten [X.]edarfs beim [X.]arbetrag pauschal ein weiterer [X.]arbetrag zugestanden worden ist, obwohl bzw nur weil sie Einkommen oder Vermögen besaßen, mit dem sie sich an den Kosten der stationären Maßnahme beteiligen konnten und mussten, überhaupt notwendig war, mag dahinstehen. Jedenfalls macht die Gesetzesbegründung ([X.]T-Drucks 15/3977, [X.]) deutlich, dass es sich bei § 133a [X.] weniger um eine Vertrauens- als um eine [X.]estandsschutzregelung handelt (insoweit ungenau [X.], 217 ff Rd[X.] 24 = [X.] 4-3500 § 133a [X.] 1).

[X.]estärkt wird dies dadurch, dass der Anspruch des § 133a [X.] ausschließlich auf den Leistungsbezug am 31.12.2004, also an einem einzigen Tag, abstellt, sodass sogar die Personen, die davor einen Anspruch auf den zusätzlichen [X.]arbetrag hatten und diesen danach ohne die Neuregelung des [X.] wieder gehabt hätten, nicht in den Genuss der Weitergewährung dieser Leistung kamen. Unerheblich muss deshalb auch sein, ob bzw wie lange nach dem 1.1.2005 ein zunächst fortbestehender Anspruch auf den zusätzlichen [X.]arbetrag wegen Wegfalls einzelner Anspruchsvoraussetzungen unterbrochen war. Für die Annahme, eine Unterbrechung von kurzer Dauer sei unschädlich, fehlt im Gesetz jeder Anhaltspunkt. Sie würde der [X.]innensystematik des § 133a [X.] widersprechen, die von einem Stichtag ausgeht und dabei ebensowenig berücksichtigt, wann bzw wie lange der [X.] (vor dem 1.1.2005) gerade am 31.12.2004 unterbrochen war.

Ob vorliegend der Anspruch des [X.] auf den [X.]arbetrag des § 35 Abs 2 [X.] ab 1.2.2006 wirklich entfallen war, bedarf keiner Entscheidung, weil die Leistung mit bestandskräftigem (§ 77 [X.]G) [X.]escheid vom 20.1.2006 abgelehnt worden ist und dies einer anderen materiellrechtlichen [X.]eurteilung entgegensteht. Inwieweit bzw ob überhaupt Einmalzahlungen so auf einen angemessenen Zeitraum hätten verteilt werden müssen, dass ein Restbetrag des [X.]arbetrags zur persönlichen Verfügung verblieben wäre (vgl zur Problematik des Verteilzeitraums [X.][X.] [X.] 4-3500 § 82 [X.] 5), ist damit für die Entscheidung ohne [X.]edeutung.

Es ist im Rahmen der Anfechtung des Ablehnungsbescheids über die Gewährung des zusätzlichen [X.]arbetrags auch nicht inzident die Rechtmäßigkeit des früheren Ablehnungsbescheids nach § 44 Abs 1 [X.] - ([X.][X.] X) zu prüfen. Voraussetzung dafür wäre, dass der Kläger bereits mit dem Widerspruch geltend gemacht hätte, die frühere Leistungsablehnung sei trotz des zwischenzeitlichen Erwerbs von Einkommen rechtswidrig gewesen (vgl zu dieser Voraussetzung in anderem Zusammenhang [X.][X.] [X.] 3-4100 § 119 [X.] 23). Der Kläger hat jedoch mit seinem Leistungsantrag ausschließlich darauf verwiesen, die Sozialhilfe müsse wieder gewährt werden, nachdem die [X.] bis auf den Vermögensfreibetrag verbraucht seien.

Diese Auslegung des § 133a [X.] verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG (vgl: [X.] 132, 134 ff Rd[X.] 62 ff = [X.] 4-3520 § 3 [X.] 2 Rd[X.] 88 ff; [X.] 125, 175, 221 ff = [X.] 4-4200 § 20 [X.] 12 Rd[X.] 132 ff) ist bereits deshalb nicht beeinträchtigt, weil der [X.]edarf des [X.] auch ohne pauschale Erhöhung des [X.]arbetrags um den zusätzlichen [X.]arbetrag gesichert ist (s hierzu bereits [X.], 217 ff Rd[X.] 21 = [X.] 4-3500 § 133a [X.] 1). Denn mit der zum 1.4.1974 vorgenommenen Einführung des zusätzlichen [X.]arbetrags sollte den Heimbewohnern ein über die eigentliche [X.]edarfsdeckung hinausgehender [X.]etrag zur freien Verfügung erhalten bleiben (vgl [X.], [X.] zu [X.]uchst a), weil sie während ihres Arbeitslebens durch [X.]eiträge für ihre Alterssicherung vorgesorgt hatten und ihre Renteneinkommen durch die mit den Lebenshaltungskosten steigenden und gestiegenen Heimkosten nicht aufgezehrt werden sollten ([X.], [X.] zu [X.]). Die Regelung verstößt auch nicht gegen das Gebot des Vertrauensschutzes (Art 20 Abs 3 GG). Eine echte Rückwirkung liegt nicht vor; den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine unechte Rückwirkung ist durch die Übergangsregelung des § 133a [X.] hinreichend Genüge getan ([X.][X.], aaO, Rd[X.] 24). Insbesondere besteht vor dem Hintergrund der als nicht gerechtfertigt empfundenen [X.]esserstellung der Hilfeempfänger im stationären [X.]ereich und der in diesem Punkt pauschalierten [X.]edarfsdeckung über das Existenzminimum hinaus kein schützenswertes Recht des [X.] auf zeitlich unbegrenzte Fortzahlung des zusätzlichen [X.]arbetrags.

Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) vor. Dies wäre nur der Fall, wenn der Kläger gegenüber anderen Normadressaten anders behandelt würde, obwohl zwischen ihm und diesen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, dass sie die ungleiche [X.]ehandlung rechtfertigen könnten (vgl nur: [X.] 55, 72, 88; 117, 272, 300 f = [X.] 4-2600 § 58 [X.] 7 Rd[X.] 70; [X.] 112, 50, 67 = [X.] 4-3800 § 1 [X.] 7 Rd[X.] 55). Insoweit verweist der Kläger als Vergleichsgruppe auf die Personen, die ebenfalls am 31.12.2004 einen Anspruch auf den [X.] hatten, diesen aber aufgrund eines ununterbrochenen Leistungsbezugs bzw Anspruchs auf den [X.]arbetrag weiterhin besitzen. Die unterschiedliche [X.]ehandlung beruht jedoch auf der sachlichen Erwägung, die Leistung nicht auf Dauer erbringen zu wollen und auf diese Weise die als nicht gerechtfertigt empfundene [X.]esserstellung gegenüber ambulanten Leistungen auch nach Unterbrechungen zu perpetuieren. Der Kläger erfährt in der Sache eine den Personen vergleichbare [X.]ehandlung, die (nur) am Stichtag (31.12.2004) keinen Anspruch auf den zusätzlichen [X.]arbetrag hatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 8 SO 15/12 R

13.02.2014

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Gelsenkirchen, 30. Juli 2009, Az: S 8 SO 98/08, Urteil

§ 19 Abs 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 35 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 35 Abs 2 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 35 Abs 2 S 2 SGB 12 vom 02.12.2006, § 133a SGB 12, § 21 Abs 3 S 4 BSHG, Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.02.2014, Az. B 8 SO 15/12 R (REWIS RS 2014, 7910)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7910

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