Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.06.2021, Az. 10 AZR 217/19

10. Senat | REWIS RS 2021, 4925

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Gegenstand

Vermietung von Gussasphaltkochern mit Bedienungspersonal - Beitragspflichten zu dem Sozialkassensystem der Bauwirtschaft - betrieblicher Geltungsbereich


Leitsatz

Die Vermietung von Gussasphaltkochern mit Bedienungspersonal kann auch dann den Verfahrenstarifverträgen des Baugewerbes unterfallen, wenn der Gussasphalt aus dem Kocher nicht unmittelbar an der Stelle des Einbaus abgeladen, sondern auf der Baustelle weiterbefördert wird. Der Gussasphaltkocher wird zur Erbringung baulicher Leistungen im Tarifsinn eingesetzt, wenn der Transport auf der Baustelle eine bauliche Haupttätigkeit nach den Verfahrenstarifverträgen des Baugewerbes oder eine damit im Zusammenhang stehende Arbeit ist.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Mai 2019 - 12 [X.] 1391/18 SK - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Beiträge zu den [X.].

2

Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie war bis zum 31. Dezember 2009 tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den [X.] verpflichtet. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf der Grundlage verschiedener Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe ([X.]) auf Beiträge für mindestens zwei beschäftigte gewerbliche Arbeitnehmer in Anspruch. Sie verlangt Beiträge iHv. insgesamt 11.480,00 Euro für die Zeit von Dezember 2004 bis November 2005. Für Dezember 2004 stützt die Klägerin ihre Ansprüche auf den [X.] vom 20. Dezember 1999 idF vom 17. Dezember 2003 ([X.] 2003) und für den Zeitraum von Januar bis November 2005 auf den [X.] vom 20. Dezember 1999 idF vom 14. Dezember 2004 ([X.] 2004). Beide [X.] wurden für allgemeinverbindlich erklärt. Für den [X.] 2003 erfolgte das mit Erklärung vom 23. März 2004 ([X.] [X.] 2004, BAnz. Nr. 77 vom 23. April 2004 S. 8893). Der [X.] 2004 wurde am 24. Februar 2006 für allgemeinverbindlich erklärt ([X.] [X.] 2006, BAnz. Nr. 71 vom 11. April 2006 S. 2729). Für die erhobenen [X.] zieht die Klägerin die vom [X.] ermittelten Durchschnittslöhne heran.

3

Die nicht originär tarifgebundene Beklagte unterhält im [X.] einen Betrieb, in dem arbeitszeitlich überwiegend Gussasphalt im Auftrag von Kunden transportiert wird. Dazu werden sog. [X.] eingesetzt, mit denen der heiße und flüssige Asphalt vom Herstellungsbetrieb zu den Baustellen von Kunden gebracht wird. Der Gussasphalt wird nicht von der [X.] bei den Herstellern erworben, sondern direkt von den Kunden. Das Fahrpersonal der [X.], das den Transport durchführt, hat dafür Sorge zu tragen, dass der Gussasphalt durch einen unter dem Gefäß befindlichen Brenner in der richtigen Temperatur und durch ein Rührwerk flüssig gehalten wird.

4

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der betriebliche Geltungsbereich der [X.] sei eröffnet. Die [X.] mit Bedienungspersonal würden mietweise überlassen, um bauliche Leistungen zu erbringen. Der Transport des flüssigen Asphalts sei eine notwendige Teiltätigkeit ua. des Straßenbaus. Nach dem Zweck der tariflichen Vorschriften könne nicht zwischen dem Transport vom [X.] zur Baustelle und dem Weitertransport auf der Baustelle differenziert werden. Daher sei die Voraussetzung „zur Erbringung baulicher Leistungen“ auch dann erfüllt, wenn der flüssige Asphalt nicht unmittelbar vom [X.] auf die konkrete Baustelle ausgebracht werde.

5

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.480,00 Euro zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, sie sei in den streitgegenständlichen Kalenderjahren nicht in den betrieblichen Geltungsbereich der [X.] gefallen. Der Transport von Gussasphalt sei keine baugewerbliche Tätigkeit. Der [X.] sei zwar eine Baumaschine im Sinn der Tarifvorschrift. Die tarifliche Voraussetzung „zur Erbringung baulicher Leistungen“ sei jedoch lediglich in den Fällen erfüllt, in denen der Gussasphalt aus dem [X.] - gegebenenfalls über [X.] - unmittelbar auf die Straße gebracht und dort gewalzt werde. In allen anderen Fällen, in denen ein Zwischentransport erfolge, zB mithilfe von Schubkarren, Eimern oder sog. Dumpern, sei aufgrund der räumlichen und zeitlichen Zäsur zwischen dem [X.] und dem späteren Einbau nicht davon auszugehen, dass bauliche Leistungen erbracht würden.

7

Das Arbeitsgericht hat der Beitragsklage stattgegeben und die mit ihr verbundene Auskunftsklage abgewiesen. Das [X.] hat die gegen die stattgebende Entscheidung gerichtete Berufung der [X.] zurückgewiesen. Der betriebliche Geltungsbereich der [X.] sei eröffnet, weil im Betrieb der [X.] arbeitszeitlich überwiegend [X.] mit Bedienungspersonal vermietet würden, um bauliche Leistungen zu erbringen. Die Voraussetzung „zur Erbringung baulicher Leistungen“ sei bei [X.]n erfüllt, wenn der Asphalt in verarbeitungsfähigem flüssigem Aggregatzustand gehalten werde. Ein Zwischentransport sei unschädlich. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihr Ziel, dass die Beitragsklage abgewiesen wird.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.] ist unbegründet. Die [X.]orinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.] nach den [X.] des Baugewerbes beitragspflichtig ist. Der betriebliche Geltungsbereich der [X.] ist nach deren § 1 Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39 eröffnet. Der im Betrieb der [X.] arbeitszeitlich überwiegend versehene Transport von Gussasphalt mit sog. [X.] durch die eigenen Arbeitnehmer nach Weisung der Kunden erfüllt den Tatbestand der [X.]ermietung von Baumaschinen mit Bedienungspersonal, um bauliche Leistungen zu erbringen.

9

I. Die Pflicht der [X.], Beiträge zu den [X.] zu leisten, folgt aus dem [X.]T[X.] 2003 und [X.]T[X.] 2004. An sie ist die [X.] nach § 5 Abs. 4 T[X.]G i[X.]m. der A[X.]E [X.]T[X.] 2004 und der A[X.]E [X.]T[X.] 2006 gebunden. Für Dezember 2004 liegt den [X.]n § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i[X.]m. § 3 Abs. 3, § 18 Abs. 2 Satz 1, § 22 Abs. 1 [X.]T[X.] 2003 zugrunde. Die [X.] für Januar bis November 2005 beruhen auf § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i[X.]m. § 3 Abs. 3, § 18 Abs. 2 Satz 1, § 22 Abs. 1 [X.]T[X.] 2004.

1. Der im Land [X.] gelegene Betrieb unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich der Tarifverträge (§ 1 Abs. 1 der [X.]). Die gewerblichen Arbeitnehmer, die die [X.] im Streitzeitraum beschäftigte, werden vom persönlichen Geltungsbereich erfasst (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der [X.]).

2. Der Betrieb der [X.] unterfiel im streitgegenständlichen [X.]raum dem betrieblichen Geltungsbereich der [X.]. [X.] überwiegend wurden bauliche Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39 der [X.] erbracht.

a) Ein Betrieb wird vom Geltungsbereich der [X.] des Baugewerbes erfasst, wenn in den Kalenderjahren des [X.] in ihm arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt wurden, die unter § 1 Abs. 2 Abschn. I bis [X.] der jeweiligen [X.] fallen. Werden baugewerbliche Tätigkeiten in diesem Sinn erbracht, sind ihnen auch diejenigen Nebenarbeiten zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und [X.]erdienst und auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an. Für den Geltungsbereich der [X.] reicht es aus, wenn in dem Betrieb überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen ihrer Abschnitte I[X.] oder [X.] genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Der Betrieb wird dann stets vom betrieblichen Geltungsbereich der [X.] erfasst, ohne dass die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III zusätzlich geprüft werden müssen. Nur wenn in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht die in den Abschnitten I[X.] und [X.] genannten Beispielstätigkeiten versehen werden, muss darüber hinaus festgestellt werden, ob die ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen ([X.]., zB [X.] 27. Januar 2021 - 10 [X.] - Rn. 17; 13. Oktober 2020 - 10 [X.] - Rn. 14; 15. Juli 2020 - 10 [X.] - Rn. 28 mwN).

b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen und der Beweiswürdigung des [X.], an die der Senat nach § 72 Abs. 5 ArbGG i[X.]m. § 559 ZPO gebunden ist, transportieren die im Betrieb der [X.] beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer arbeitszeitlich überwiegend Gussasphalt, den Dritte bestellt haben, vom Hersteller zu den Baustellen der Kunden mithilfe sog. [X.]. Die [X.]orinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass darin eine baugewerbliche Tätigkeit iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39 der [X.] liegt.

aa) Bei den von der [X.] benutzten [X.] handelt es sich um Baumaschinen im tariflichen Sinn.

(1) Eine Baumaschine ist eine Maschine, die bei der Ausführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten verwendet wird. Als Maschine wird eine mechanische, aus beweglichen und unbeweglichen Teilen zusammengesetzte [X.]orrichtung bezeichnet, [X.] überträgt oder Arbeitsvorgänge selbständig verrichtet bzw. Energie aus einer in eine andere Form umwandelt ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.]/18 - Rn. 29; 13. November 2013 - 10 [X.] 842/12 - Rn. 18; 2. August 2006 - 10 [X.] 756/05 - Rn. 19).

(2) Diese [X.]oraussetzungen erfüllen die von der [X.] benutzten [X.]. Ihre Funktion besteht zunächst darin, den Gussasphalt vom Hersteller zur Baustelle zu transportieren. Die [X.] unterscheiden sich von bloßen Beförderungsmitteln dadurch, dass das Baumaterial nicht nur von einem zu einem anderen Ort gebracht wird, sondern gleichzeitig in dem für die sofortige [X.]erwendung auf der Baustelle erforderlichen [X.]erarbeitungszustand gehalten wird. Dies geschah in früheren [X.]en durch menschliche Arbeitskraft, die heute durch die maschinelle Arbeit des [X.] einerseits und die weitgehend automatisierte Erzeugung und Zuführung von Wärme zum Asphalt andererseits ersetzt wird. Indem während des Transports das Rührwerk tätig ist, Wärme erzeugt und sie dem Transportgut zugeführt wird, erfüllt dieser Transport eine über die bloße Beförderung hinausgehende besondere Funktion im Rahmen der arbeitsteiligen Organisation des jeweiligen Bauprojekts. Nur so ist gewährleistet, dass der Asphalt, wie vom Kunden gewünscht, sofort verbaut werden kann und sowohl Lagerung als auch Zubereitung des Baustoffs an der Baustelle entfallen können. Der bloße Transport des Materials, ohne es gleichzeitig zu erhitzen und zu bewegen, erforderte zusätzliche Arbeitsschritte auf der Baustelle. Der Gussasphalt müsste dort durch Erhitzen und Umrühren in einen verarbeitungsfähigen Zustand versetzt werden ([X.] 13. November 2013 - 10 [X.] 842/12 - Rn. 19; 2. August 2006 - 10 [X.] 756/05 - Rn. 19 f.).

[X.]) Die [X.] wurden auch im tariflichen Sinn „mit Bedienungspersonal vermietet“.

(1) Dabei ist nicht entscheidend, ob die zwischen dem Kunden oder Bauunternehmen und der [X.] geschlossenen [X.]erträge in allen Einzelheiten dem gesetzlichen Bild des Mietvertrags entsprechen, wie es in §§ 535 ff. [X.] niedergelegt ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass die Arbeitnehmer des „[X.]ermieters“ im arbeitsrechtlichen Sinn sowohl dessen Direktionsrecht unterliegen als auch gleichzeitig Weisungen des Kunden zu befolgen haben. Entscheidend ist, dass die Baumaschinen nach mietrechtlichen Grundsätzen zum Gebrauch überlassen werden ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.]/18 - Rn. 31; 13. November 2013 - 10 [X.] 842/12 - Rn. 20 mwN).

(2) In einem solchen Sinn wird auch der [X.] mit dem Fahrpersonal, das während des Transports die Arbeit des [X.] und die [X.] steuert und überwacht, dem Kunden für eigene Zwecke auf [X.] zum Gebrauch überlassen. Das wird dadurch bestätigt, dass der entsprechende wirtschaftliche [X.]organg branchenüblich ausnahmslos als [X.]ermietung oder [X.]erleih von Baumaschinen mit Personal bezeichnet wird ([X.] 13. November 2013 - 10 [X.] 842/12 - Rn. 20). Nach den Feststellungen des [X.] wurden die [X.] jeweils von den gewerblichen Arbeitnehmern der [X.] bedient. Sie unterlagen hinsichtlich des Transports den Anweisungen der Kunden.

[X.]) Die [X.] wurden im Streitfall eingesetzt, um bauliche Leistungen zu erbringen.

(1) Der Einsatz von Baumaschinen mit Bedienungspersonal erfolgt „zur Erbringung baulicher Leistungen“, wenn mit ihrer Hilfe Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. I bis [X.] der [X.] oder damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten ausgeführt werden ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.]/18 - Rn. 32).

(a) Die [X.] definieren den Begriff „bauliche Leistungen“ eigenständig. Er umfasst nach ihrem § 1 Abs. 2 nicht nur die gewerbliche Erstellung von Bauten (Abschnitt I), sondern darüber hinaus alle Arbeiten, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Errichtung und [X.]ollendung von Bauwerken oder auch der Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken zu dienen bestimmt sind, sodass diese in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können (Abschnitt II). Zu den „baulichen Leistungen“ im Tarifsinn zählen insbesondere die in § 1 Abs. 2 Abschn. I[X.] und [X.] der [X.] genannten Beispiele von baulichen Haupttätigkeiten ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.]/18 - Rn. 33 mwN).

(b) „Bauliche Leistungen“ sind darüber hinaus alle Arbeiten, die branchenüblich und zur sachgerechten Ausführung der in § 1 Abs. 2 Abschn. I bis [X.] der [X.] genannten baugewerblichen Tätigkeiten notwendig sind. Es kommt in Betracht, solche Tätigkeiten zusammenzurechnen, die unmittelbar erforderlich sind, um die jeweilige Bautätigkeit auszuführen, ihr üblicherweise nach ihrer Wertigkeit untergeordnet sind und deshalb regelmäßig auch von ungelernten Hilfskräften verrichtet werden können. Um eine Zusammenhangstätigkeit hinzurechnen zu können, ist grundsätzlich eine eigene baugewerbliche Haupttätigkeit erforderlich. Daher unterfällt ein Betrieb, der ausschließlich [X.] erbringt, ohne zugleich baugewerbliche Tätigkeiten und Arbeiten auszuführen, nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der [X.] ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.]/18 - Rn. 34 mwN).

(c) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff „bauliche Leistungen“ in § 1 Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39 der [X.] nicht anderweitig definiert. Deshalb ist davon auszugehen, dass sie ihm in diesem Zusammenhang dieselbe Bedeutung beimessen wollen. Eine Baumaschine wird „zur Erbringung baulicher Leistungen“ eingesetzt, wenn mit ihrer Hilfe Tätigkeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. I bis [X.] der [X.] oder damit im Zusammenhang stehende Arbeiten ausgeführt werden ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.]/18 - Rn. 35 mwN).

(2) Die mit Bedienungspersonal vermieteten [X.] wurden zur Erbringung baulicher Leistungen eingesetzt.

(a) Nach der Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts, auf die das [X.] nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen hat, wurde der Gussasphalt transportiert, um ihn im Rahmen des Straßenbaus zu verbauen. Straßenbauarbeiten stellen nach § 1 Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 32 der [X.] eine bauliche Haupttätigkeit dar. Die [X.] mit Bedienungspersonal wurden daher dem Kunden überlassen, um mit ihrer Hilfe bauliche Leistungen in Form von Straßenbauarbeiten zu erbringen.

(b) Entgegen der Ansicht der [X.] ist der Sachverhalt nicht deshalb anders zu bewerten, weil der transportierte Gussasphalt auf den Baustellen überwiegend weitertransportiert wurde.

(aa) Bauliche Leistungen sind regelmäßig geprägt durch eine [X.]ielzahl verschiedener Arbeitsschritte. Sie hängen von den jeweiligen Gegebenheiten ab und sind durch das vom Auftraggeber definierte Projekt geprägt. Die [X.]orschriften für die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft machen deutlich, welche unterschiedlichen Tätigkeiten zu einem Berufsbild zählen. Die [X.]erordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft sieht für die Berufsausbildung zum Tiefbaufacharbeiter/zur Tiefbaufacharbeiterin beispielsweise vor, dass der Transport und die Lagerung von Bau- und Bauhilfsstoffen auf der Baustelle zu den im ersten Ausbildungsjahr zu erlernenden Fertigkeiten und Kenntnissen gehören (§ 17 Nr. 7 i[X.]m. Abschn. I Nr. 7 Buchst. c der Anlage 3 [zu § 18] der [X.]erordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 2. Juni 1999 [[X.]l. I S. 1102] idF der [X.]erordnung vom 20. Februar 2009 [[X.]l. I S. 399], BauWiAusb[X.]).

([X.]) Für die [X.] ist daher davon auszugehen, dass auch die Tätigkeit des Transports von Baustoffen auf der Baustelle selbst zu den baulichen Haupttätigkeiten zählt. Die einzelnen Teilschritte der baulichen Haupttätigkeit trennscharf voneinander abzugrenzen, ist vielfach kaum möglich und widerspricht dem allgemeinen [X.]erständnis der beteiligten Kreise. Im Ergebnis führte eine derartige Aufspaltung einer baulichen Tätigkeit in einzelne Arbeitsschritte dazu, die Tätigkeiten und Berufsbilder, die den [X.] zugrunde liegen, zu „atomisieren“. Mit dem Sinn und Zweck der [X.] wäre ein solches [X.]orgehen nicht in Einklang zu bringen. Die Tarifvertragsparteien beabsichtigen mit dem Sozialkassensystem, dass Urlaubsansprüche auch bei Arbeitsverhältnissen von kurzer Dauer entstehen und übertragen werden können. Zudem sollen die Arbeitgeber der Bauwirtschaft die für die Berufsausbildung und die Rentenbeihilfen erforderlichen finanziellen Mittel gemeinsam und solidarisch aufwenden. Die Aufspaltung der Berufsbilder in [X.], die nur teilweise den [X.] unterfielen, liefe diesen Zwecken zuwider.

([X.]) Auch Sinn und Zweck des Katalogtatbestands des § 1 Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39 der [X.] spricht für dieses [X.]erständnis. Die Kunden des [X.]ermieterbetriebs verschaffen sich den Gebrauch der Maschine regelmäßig gerade deshalb, weil sie die Leistungen mit eigenem Personal und Gerät nicht erbringen wollen oder können. Die [X.]ermieterbetriebe unterfallen dem Geltungsbereich der [X.], weil ihre Arbeitnehmer letztlich dieselben Arbeiten wie Arbeitnehmer von Betrieben des Baugewerbes verrichten und damit im Grunde ebenfalls „Arbeitnehmer des Baugewerbes“ sind. Auf diese Weise haben die Tarifvertragsparteien verhindert, dass sich Betriebe dem betrieblichen Geltungsbereich der [X.] entziehen, obwohl sie durch die [X.]ermietung ihrer Baumaschinen zusammen mit dem entsprechend geschulten Bedienungspersonal der Sache nach Tätigkeiten des Baugewerbes erbringen ([X.] 18. Dezember 2019 - 10 [X.]/18 - Rn. 42 mwN).

([X.]) Mit dem Transport von Gussasphalt bis zur Baustelle werden auch dann bauliche Leistungen erbracht, wenn es auf der Baustelle zu einem Zwischentransport kommt. Soweit dem Urteil vom 13. November 2013 (- 10 [X.] 842/12 - Rn. 22 ff.) anderes entnommen werden könnte, stellt der Senat klar, dass diese Differenzierung in § 1 Abs. 2 Abschn. [X.] Nr. 39 der [X.] nicht angelegt ist ([X.] 15. Mai 2015 - 10 [X.]/14 - zu I 2 c [X.] der Gründe). Baumaschinen werden mit Bedienungspersonal bereits dann überlassen, um bauliche Leistungen zur erbringen, wenn mit ihrer Hilfe Tätigkeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. I bis [X.] der [X.] oder damit im Zusammenhang stehende Arbeiten versehen werden. Dazu gehört ua. die Weiterbeförderung angelieferter Baustoffe auf der Baustelle.

(ee) Nach diesen Maßstäben werden [X.], die Gussasphalt transportieren, immer dann zur Erbringung baulicher Leistungen im Tarifsinn eingesetzt, wenn die Person, die den Gussasphalt in verarbeitungsfähigem Zustand übernimmt, eine bauliche Leistung einschließlich der [X.] erbringt. Gehören die Transporte auf der Baustelle - wie im Streitfall - zu einer baulichen Haupttätigkeit, ist die tarifliche [X.]oraussetzung erfüllt.

3. Anspruchsinhaberin ist nach § 3 Abs. 3 [X.]T[X.] 2003 und [X.]T[X.] 2004 die Klägerin. Dies gilt auch, soweit sie als Einzugsstelle Beiträge einzieht, die anderen Sozialkassen zustehen.

a) Die Klägerin war nach den Bestimmungen des [X.]T[X.] 2003 und [X.]T[X.] 2004 ausdrücklich ermächtigt, auch [X.] einzuziehen, soweit sie nicht ihr selbst, sondern anderen Sozialkassen zustehen. Die Arbeitgeber können und konnten im Klagezeitraum nach der tariflichen Regelung des Beitragseinzugsverfahrens auf die Beitragsforderungen aller systemangehörigen Sozialkassen befreiend nur an die Klägerin leisten. Sie hatte die ausschließliche Empfangszuständigkeit für die [X.]. Sie tritt gegenüber den Arbeitgebern wie eine [X.]ollrechtsinhaberin auf, wenn sie die ihr tariflich eingeräumten Befugnisse wahrnimmt (vgl. [X.] 16. September 2020 - 10 [X.] 9/19 - Rn. 19 mwN).

b) Dem steht nicht entgegen, dass die Urlaubs- und [X.] der Bauwirtschaft mit Wirkung vom 1. Januar 2010 nach § 3 Abs. 3 Satz 1 des [X.]T[X.] vom 18. Dezember 2009 ([X.]T[X.] 2009) die Funktion der Einzugsstelle übernommen hat. Aus § 3 Abs. 3 Satz 2 [X.]T[X.] 2009 ergibt sich, dass die Klägerin Einzugsstelle bleibt, wenn die Ansprüche - wie im Streitfall - vor dem 1. Januar 2010 entstanden und gerichtlich geltend gemacht worden sind.

c) Die Klägerin ist deshalb im Außenverhältnis zu den Arbeitgebern als Beitragsschuldnern allein empfangszuständig und im [X.] aktivlegitimiert. Dem steht nicht entgegen, dass sie die [X.] eingezogenen, nach den tariflichen Regelungen anderen Sozialkassen zustehenden Beiträge an diese anderen Sozialkassen nach § 667 [X.] herauszugeben hat. Das Innenverhältnis zwischen der Klägerin als Einzugsstelle und den hinter ihr stehenden anderen Sozialkassen spielt weder beim Beitragseinzug noch bei der Rückabwicklung des [X.] zwischen der Klägerin und einem Arbeitgeber, der ohne rechtlichen Grund Beiträge an die Klägerin abgeführt hat, eine entscheidende Rolle (vgl. [X.] 16. September 2020 - 10 [X.] 9/19 - Rn. 20).

4. Die Klägerin hat ihre Forderungen auf der Grundlage der vom [X.] ermittelten durchschnittlichen Bruttomonatslöhne in der Bauwirtschaft erhoben. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Klägerin berechtigt, die geschuldeten Beiträge mit einer Durchschnittsbeitragsklage geltend zu machen und dafür die vom [X.] ermittelten durchschnittlichen Bruttomonatslöhne in der Bauwirtschaft heranzuziehen ([X.] 27. Januar 2021 - 10 [X.] - Rn. 53 mwN). Die Revision hat die Ermittlung der Beiträge auf der Basis der [X.] und die konkrete Berechnung nicht angegriffen. [X.] erhebliche Fehler sind nicht zu erkennen. Den Berechnungen liegen die nicht zu beanstandenden Durchschnittsbeiträge von 493,00 Euro für das [X.] und 477,00 Euro für das [X.] zugrunde. Für zwei gewerbliche Arbeitnehmer ergeben sich daraus für den [X.]raum vom 1. Dezember 2004 bis 30. November 2005 Beiträge iHv. 11.480,00 Euro.

5. Die [X.] sind weder verjährt noch verfallen. Die [X.] hat die Einrede der [X.]erjährung ausdrücklich nur gegen den Auskunftsanspruch in dem verbundenen Rechtsstreit erhoben. Sofern sich die Einrede auch gegen die [X.] richten sollte, greift sie jedenfalls nicht durch. Mit der erhobenen [X.] hat die Klägerin die Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht und die [X.]erjährung gehemmt.

a) Die [X.]erfall- und die [X.]erjährungsfrist von jeweils vier Jahren nach § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 der beiden [X.] sind gewahrt. Die [X.]erlängerung der [X.]erjährungsfrist gegenüber § 195 [X.] ist nach § 202 [X.] wirksam ([X.] 20. Mai 2020 - 10 [X.] 576/18 - Rn. 30, [X.]E 170, 295; 22. Januar 2020 - 10 [X.] 387/18 - Rn. 42 mwN, [X.]E 169, 285). Für den Beginn der [X.]erjährung ist auf den [X.]punkt der Fälligkeit abzustellen, weil ein Anspruch iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 1 [X.] regelmäßig entsteht, wenn er nach § 271 [X.] fällig ist ([X.] 20. Mai 2020 - 10 [X.] 576/18 - Rn. 33, aaO).

b) Der älteste Beitragsanspruch für Dezember 2004 war am Montag, 17. Januar 2005, fällig. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.]T[X.] 2003 sind die [X.] spätestens bis zum 15. des folgenden Monats bei der Einzugsstelle einzuzahlen. Soweit dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, verschiebt sich der [X.]punkt der Fälligkeit nach § 193 [X.] auf den nächsten Werktag ([X.] 24. Februar 2021 - 10 [X.] 236/19 - Rn. 40; 9. Dezember 2020 - 10 [X.] 335/20 - Rn. 97 mwN). Damit begannen die [X.]erfall- und die [X.]erjährungsfrist mit Schluss des Jahres 2005 zu laufen und endeten am 31. Dezember 2009. Die Klägerin hat die streitigen Ansprüche mit ihrer am 8. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage geltend gemacht und damit die [X.]erfallfrist gewahrt. Mit der Zustellung der Klage an die [X.] am 12. Oktober 2009 wurde die [X.]erjährungsfrist nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gehemmt.

II. Die [X.] hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Gallner    

        

    Pulz    

        

    Pessinger    

        

        

        

    Bu[X.]e    

        

    Beitz    

                 

Meta

10 AZR 217/19

16.06.2021

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 2. August 2018, Az: 5/11 Ca 8/09, Urteil

§ 193 BGB, § 195 BGB, § 199 Abs 1 Nr 1 BGB, § 202 BGB, § 535 BGB, § 667 BGB, § 17 Nr 7 BauWiAusbV 1999 vom 20.02.2009, Anl 3 BauWiAusbV 1999 vom 20.02.2009, § 18 BauWiAusbV 1999 vom 20.02.2009, § 1 Abs 1 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 1 Abs 2 Abschn V Nr 32 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 1 Abs 2 Abschn V Nr 39 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 3 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 18 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 22 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 25 VTV-Bau vom 14.12.2004, § 1 Abs 1 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 1 Abs 2 Abschn V Nr 32 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 1 Abs 2 Abschn V Nr 39 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 3 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 18 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 22 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 25 VTV-Bau vom 17.12.2003, § 3 VTV-Bau vom 18.12.2009

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.06.2021, Az. 10 AZR 217/19 (REWIS RS 2021, 4925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4925

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Baubetrieb - Gebäudehebungen - Zusammenhangstätigkeiten - Sozialkassenverfahren - Beitragspflicht - betrieblicher Geltungsbereich


10 AZR 190/20 (Bundesarbeitsgericht)

Angestellte und Bauwirtschaft - Bauträgerbetrieb - Beitragspflicht zu dem Sozialkassensystem der Bauwirtschaft - betrieblicher Geltungsbereich …


10 AZR 104/19 (Bundesarbeitsgericht)

Baubetrieb - Herstellung und Montage von mobilen Trennwänden - Sozialkassenverfahren - Beitragspflicht - betrieblicher Geltungsbereich


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