Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.03.2013, Az. 27 W (pat) 518/12

27. Senat | REWIS RS 2013, 7318

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – " LECKERBISSEN " – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 068 494.1

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2013 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin Hartlieb

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle vom 8. Dezember 2011 wird aufgehoben.

Gründe

I

1

Die am 22. November 2010 für die Waren

2

18.: „Leder- und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke, Peitschen, [X.] und Sattlerwaren;

3

21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit nicht in anderen Klassen enthalten;

4

25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“

5

angemeldete Wortmarke

6

[X.]

7

ist von der mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzten Markenstelle für Klasse 25 des [X.] mit Beschluss vom 8. Dezember 2011 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist ausgeführt, bei dem angemeldeten Begriff „[X.]“ handele es sich um die allgemein bekannte Bezeichnung für etwas [X.]. Darüber hinaus handele es sich jedoch auch um eine verallgemeinernde Qualitätsaussage, um einen werbeüblichen Hinweis auf etwas, für den jeweiligen betreffenden Bereich, Vorzügliches.

8

Entsprechend werde der Verbraucher in der angemeldeten Marke aufgrund des sich ohne weiteres erschließenden Sinngehalts auch keinen individualisierenden markenmäßigen Hinweis auf eine ganz bestimmte Firma, die entsprechende Waren anbiete, herstelle oder vertreibe, entnehmen, sondern in dieser eine reine Werbeaussage erkennen, zumal die [X.] des aufmerksamen und verständigen Publikums beim Erkennen einer werbeüblichen Aussage als solcher nicht zu gering veranschlagt werden dürfte. Das angesprochene Publikum sei an die Verwendung von derartigen Schlagwörtern in der Werbesprache gewöhnt. Die Werbesprache stelle in zunehmendem Maß auf Redewendungen und Begriffe ab, die sich in emotionalen oder provokativen Aussagen erschöpften. Mit derartigen Aussagen solle die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf die betreffenden Erzeugnisse und angebotenen Leistungen gelenkt werden, was den angesprochenen Verbrauchern auch völlig bewusst sei, weshalb sie derartige Slogans oder [X.] nicht als neu und außergewöhnlich im kennzeichnungsmäßigen Sinne auffassten, sondern ihnen allenfalls eine mehr oder weniger intensive Werbekraft beimäßen. Der Begriff „[X.]“ bewege sich in jeder Hinsicht im Rahmen dessen, was auch bei den vorliegend beanspruchten Waren als beschreibende Angabe und Werbeanpreisung üblich sei und erwartet werde. Die Markenstelle verweist hierzu auf drei dem vorangegangenen Beanstandungsbescheid beigefügte Internetauszüge, bei denen das Wort „[X.]“ im Zusammenhang mit Taschen und Bekleidungsstücken verwendet wurde.

9

Auch ein Verständnis von „[X.]“ als Synonym für Delikatesse, als Bezeichnung für etwas [X.] könne die fehlende Unterscheidungskraft nicht überwinden, da sich in Verbindung mit den beanspruchten Waren der werbende Sinngehalt unmittelbar aufdränge. Somit stehe die sachbezogene Aussage, welche lediglich eine Werbefunktion ausübe, im Vordergrund und nicht das Verständnis als individualisierender betrieblicher Herkunftshinweis.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des [X.] vom 8. Dezember 2011 aufzuheben.

Unter Bezugnahme auf ihr Verbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin weiterhin die Auffassung, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig. Das [X.] Wort „[X.]“ habe nur im Bereich der Nahrungsmittel einen beschreibenden Sinngehalt, weil etwas besonders [X.] als „[X.]“ bezeichnet werde. Für die beanspruchten Waren der Klassen 18, 21 und 25 stelle „[X.]“ keine unmittelbar beschreibende Angabe dar.

Es sei auch nicht erkennbar, dass die angemeldete Wortmarke „[X.]“ „einen engen beschreibenden Bezug“ bzw. „engen sachlichen Bezug“ zu den beanspruchten Waren herstelle, da diese in keinem engen sachlichen Zusammenhang mit Nahrungsmitteln stünden.

Richtig sei, dass der Begriff „[X.]“ gelegentlich im übertragenen Sinne gebraucht werde, z. B. um zum Ausdruck zu bringen, dass etwas „vorzüglich“ oder „erlesen“ sei. Entgegen der Rechtsauffassung der Markenstelle ergebe sich hieraus jedoch nicht, dass dem angemeldeten Markenwort „[X.]“ als Werbeaussage allgemeiner Art für die beanspruchten Waren der Klassen 18, 21 und 25 jegliche Unterscheidungskraft fehle.

Da der Begriff „[X.]“ im allgemeinen nicht im Zusammenhang mit Lederwaren, Haushaltsgegenständen und Modeartikeln benutzt werde und keinen Hinweis auf Eigenschaften darstelle, die das Publikum normalerweise mit solchen Waren verbinde, besitze der übertragene Sinn des Markenwortes „[X.]“ für die angemeldeten Waren der Klasse 18 wie z. B. „Lederwaren“, der Klasse 21 wie z. B. „Geräte und Behälter für Hausrat und Küche“ sowie der Klasse 25 „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ eine gewisse Originalität und insbesondere ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand für die angesprochenen Verbraucher. Es sei auch geeignet, bei dem angesprochenen Publikum einen Denkprozess auszulösen, da die beanspruchten Waren in keinem Zusammenhang mit Nahrungsmitteln stünden.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. Auf Vorschlag des Senats hat sie das Warenverzeichnis in der Klasse 21 auf folgende Waren beschränkt:

„Kämme und Schwämme; Glaswaren, Porzellan und Steingut ausgenommen Behältnisse, soweit nicht in anderen Klassen enthalten“.

II

Die zulässige Beschwerde hat auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingeschränkten Warenverzeichnisses Erfolg. Für die weiterhin beanspruchten Waren der Klassen 18, 21 und 25 stehen einer Eintragung der angemeldeten Marke weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] noch das einer Merkmalsbezeichnung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.], 850, 854, Nr. 18 - [X.] 2006).

Abweichend von der Auffassung der Markenstelle vermag der Senat der angemeldeten Bezeichnung „[X.]“ in Bezug auf die nunmehr noch beanspruchten Waren der Klassen 18, 21 und 25 weder einen im Vordergrund des Verständnisses stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen lediglich anpreisenden Charakter entnehmen.

Das zum [X.]n Sprachschatz gehörende Wort „[X.]“ hat die Bedeutung „etwas besonders [X.]“ und wird im übertragenen Sinn auch verwendet, z. B. im Sinne von „ein musikalischer, künstlerischer oder technischer Leckerbissen“ (vgl. [X.], [X.], 6. Aufl. [X.] 2006). Da es sich bei den nunmehr noch beanspruchten Waren weder um Lebensmittel noch um Waren handelt, die für die Zubereitung oder Lagerung von Lebensmitteln benötigt werden, noch um Waren, die einen Bezug zur Musik, Kunst oder Technik haben, bleibt der Bedeutungsinhalt der Bezeichnung „[X.]“ vage und unscharf. „[X.]“ weist für „Leder- und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke, Peitschen, [X.] und Sattlerwaren; Kämme und Schwämme; Glaswaren, Porzellan und Steingut ausgenommen Behältnisse, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ keine auf der Hand liegende beschreibende Bedeutung auf. Die Interpretationsbedürftigkeit der Bezeichnung spricht für deren Unterscheidungskraft ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rn. 111).

Der von der Markenstelle angenommene beschreibende bzw. werbeübliche Sinngehalt ergibt sich erst nach einer analysierenden Betrachtung, die der Verbraucher in der Regel nicht vornimmt ([X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 105).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der von der Markenstelle zitierten Entscheidung 29 W (pat) 126/95, wonach die Bezeichnung „Leckerbissen“ für „Zeitschriften“ schutzunfähig sei. Anders als Zeitschriften, die sich beispielsweise auch mit Kochrezepten befassen können, haben die hier beanspruchten Waren keinen Bezug zu Lebensmitteln.

Die angemeldete Bezeichnung unterliegt auch nicht dem Ausschlussgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], da die Bezeichnung „[X.]“ die nunmehr noch beanspruchten Waren nicht unmittelbar beschreibt.

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass, zumal die Beschwerde erst nach Beschränkung der Anmeldung Erfolg hat.

Meta

27 W (pat) 518/12

19.03.2013

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.03.2013, Az. 27 W (pat) 518/12 (REWIS RS 2013, 7318)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7318

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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