Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.07.2015, Az. 29 W (pat) 17/12

29. Senat | REWIS RS 2015, 8058

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "BALLOONING" – Kostenanträge – Kostenentscheidung - kein Abweichen vom Grundsatz der eigenen Kostentragung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 305 34 852

(Löschungsverfahren [X.]/10 – [X.])

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 16. Juli 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber und die Richterinnen [X.] und Akintche

beschlossen:

Die [X.] der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten des Löschungsverfahrens betreffend die am 15. Juni 2005 angemeldete und am 25. Oktober 2006 eingetragene Wortmarke

2

[X.]

3

begehren wechselseitig Kostenauferlegung auf die Gegenseite, nachdem das Löschungsverfahren durch Verzicht auf die angegriffene Marke und anschließende Rücknahme des Löschungsantrags in der Hauptsache erledigt ist.

4

Den Anträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5

Der Anmelder und frühere Inhaber der angegriffe[X.] Marke [X.] unterhielt im Jahr 2005 geschäftliche Beziehungen zu dem Mandaten der [X.]. Herr [X.] war zum damaligen Zeit- punkt Geschäftsführer der jetzigen Inhaberin der angegriffe[X.] Marke und Beschwerdegegnerin. Diese vertrieb Fitnessgeräte, unter anderem [X.] unter der Bezeichnung „[X.]“. [X.] seinerseits war Inhaber eines [X.]. Er hatte bereits im Jahr 2002 ein Trainingskonzept namens „Ballooning“ entwickelt, bei dem ein Luftballon in Schwingung gebracht und mit der dadurch entstehenden Resonanz die Tiefenmuskulatur trainiert wird. Er hatte dieses Konzept in den Jahren 2003 und 2004 sowie vor Eintragung der angegriffe[X.] Marke im Jahr 2005 in Fernsehsendungen und Printmedien beworben und mehrere Seminare und Vorträge dazu gehalten. Außerdem ist er Mitautor eines Buches mit dem Titel „Ballooning“, das dieses Trainingskonzept zum Gegenstand hat und bereits im Februar 2005 im V…- … erschie[X.] ist. Der Verlag hatte am 25. Mai 2004 Titelschutz beantragt. Daneben hat [X.] im Juni 2005 eine DVD mit dem Titel „Ballooning“ produziert.

6

Am 15. Juni 2005 kam es zu einer gemeinsamen Besprechung zwischen Herrn [X.] und [X.] bei der Firma [X.], wo die Produktion einer DVD über das Fitnessgerät [X.] nach dem Beispiel der DVD über das Ballooningkonzept des [X.] besprochen wurde. Am selben Tag meldete Herr [X.] die verfahrensgegenständliche Marke auf sei[X.] Namen zur Eintragung für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 25, 28 – hier unter anderem „Sportbälle, Spielbälle und/oder [X.]“ - sowie der Klassen 35 und 41 in das Markenregister an. Mit Wirkung vom 20. April 2007 wurde das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis durch den Zusatz „ausgenommen [X.]“ in Klasse 28 und hinsichtlich der übrigen Klassen durch den Zusatz „aber nicht mit [X.]“ beschränkt.

7

Abbildung

8

Bereits am 29. August 2006 hat Herr [X.] dann Herrn [X.], den damaligen Inhaber der angegriffe[X.] Wortmarke, die hiesige Beschwerdegegnerin [X.]… GmbH, sowie eine weitere [X.] wegen Schutzrechtsverletzung abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Daran schloss sich ein Klageverfahren gegen [X.] seitens der [X.]… GmbH vor dem [X.] (17 [X.] 25500/09) wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung an, in dessen Verlauf [X.] der Löschungsantragstellerin mit Schriftsatz vom 1. März 2010 den Streit verkündete.

9

Auf eine Klage des [X.] vom 23. Januar 2007 wurde Herr [X.], durch Urteil des [X.] vom 20. November 2007 (33 O 1370/07) zur Einwilligung in die Löschung der angegriffe[X.] Marke verurteilt. Bereits zuvor war die angegriffene Marke mit Wirkung vom 18. September 2007 auf die jetzige Beschwerdegegnerin umgeschrieben worden. In dem gegen die Verurteilung gerichteten Berufungsverfahren vor dem [X.] (6 U 5833/07) erklärten die Streitparteien sodann in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2009 zu Protokoll:

Nach der [X.] im Verfahren vor der Handelskammer des [X.] I (17 [X.] 25500/09) durch [X.] stellte die hiesige Beschwerdeführerin und damalige anwaltliche Vertreterin des [X.] am 30. Juni 2010 den verfahrensgegenständlichen Löschungsantrag, dem die Inhaberin der angegriffe[X.] Marke entgegen getreten ist. Das Klageverfahren vor dem [X.] wurde nach Teilverurteilung des Beklagten [X.] in erster Instanz am 11. April 2013 vor dem [X.] (29 U 3765/12) durch ei[X.] Vergleich beendet, in dem [X.] sich bei Abgeltung der wechselseitigen Ansprüche zur Zahlung eines Geldbetrages an die [X.]… GmbH verpflichtete.

[X.] sowie für die entsprechenden Dienstleistungen mit [X.] angemeldet worden und eine Einschränkung erst im Laufe der Auseinandersetzung vorgenommen worden sei, spreche für die Störungsabsicht des Anmelders. Herr G… habe auch ei- [X.] schutzwürdigen Besitzstand hinsichtlich anderer Bälle, da ihm eine entsprechende Beschränkung seines Besitzstandes auf [X.] nicht zumutbar sei. Herr S… sei immer bestrebt gewesen, [X.]… die Benutzung von „[X.]“ auch für ein Trainingskonzept zu verbieten, bei dem Sportbälle statt [X.] benutzt würden. Die jetzige Markeninhaberin setze die bestehende Markenregistrierung nun zweckfremd ein, um Schadensersatzansprüche wegen angeblich unberechtigter Schutzrechtsverletzungen zu generieren. Denn ohne die eingetragene verfahrensgegenständliche Marke könne die Inhaberin keine älteren Rechte gegenüber der Marke 30624894 Abbildung

Die Antragstellerin sei wie jedermann zur Löschungsantragstellung berechtigt. Zudem habe sie ein Interesse an der Löschung, da ihr andernfalls Regressansprüche aus der Schutzrechtsverwarnung drohten.

Die Markeninhaberin hat vorgetragen, der Löschungsantrag sei unzulässig. Herr [X.] habe bereits mit dem gerichtlichen Vergleich vor dem [X.] (6 U 5833/07) am 2. Juli 2009 auf den materiellen Löschungsanspruch wegen [X.]er Markenanmeldung verzichtet. Dies stehe dem hiesigen Löschungsantrag entgegen, weil die Antragstellerin als Strohmann des [X.] anzusehen sei. Sie habe kein eigenes Interesse an der Löschung der Marke. Die Schadensersatzpflicht wegen der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung bestehe unabhängig von dem Bestand der Marke deshalb, weil [X.] keine Schutzrechte zugestanden hätten.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2011 hat die Markenabteilung 3.4. des [X.] den Löschungsantrag zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Löschungsantrag wegen [X.]er Anmeldung sei zwar zulässig, aber unbegründet. Der Einwand der Markeninhaberin, der Antragstellung stünden die in einem anderen Verfahren vergleichsweise getroffe[X.] Absprachen entgegen, führe nicht zur Unzulässigkeit des Löschungsantrags, da entgegenstehende vertragliche Abmachungen im Hinblick auf den Popularklagecharakter des Löschungsantrags grundsätzlich nicht geltend gemacht werden könnten. Zudem handele es sich bei den [X.]en des Vergleichs und den Beteiligten des Löschungsverfahrens um unterschiedliche Perso[X.]. Die Antragstellerin sei auch nicht als Strohmann des [X.] anzusehen. Sie habe ein eigenes Interesse an dem Ausgang des Verfahrens, da ihr in dem parallelen [X.] wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung der Streit verkündet worden sei und sie deshalb mit Regressansprüchen des [X.] rech[X.] müsse.

Es sei jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit von einer Bösgläubigkeit des Anmelders auszugehen. Zwar habe bei Anmeldung bereits ein wertvoller Besitzstand für [X.] bestanden, da er sowohl am Buchtitel „Ballooning“ als auch an der gleichnamigen DVD prioritätsältere Titelschutzrechte erworben gehabt habe. Der damalige [X.] und Geschäftsführer der jetzigen Markeninhaberin [X.] habe mit der Anmeldung ohne vorherige Absprache auch objektiv ge- gen die Interessen des [X.] verstoßen. Ob [X.] sein Einverständnis zu der Anmeldung erteilt habe, solle dahingestellt bleiben und sei nicht erwiesen. Allein daraus lasse sich aber nicht der sichere Schluss ziehen, dass es dem Anmelder im Anmeldezeitpunkt ausschließlich oder überwiegend um die rechtsmissbräuchliche Behinderung oder Störung des [X.] gegangen sei. Denn beide hätten miteinander erwogen, die Marke anzumelden, [X.] habe der Anmeldung jedoch keine große Chance eingeräumt. Für das Vernei[X.] der Bösgläubigkeit spreche zum ei[X.] das Eigeninteresse an der Markenanmeldung, zum anderen das nachträgliche Verhalten der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin habe ein eigenes Konzept verfolgt und dafür ei[X.] Übungsball entwickelt. [X.] seien vom Schutz der angegriffe[X.] Marke gerade ausgenommen, der dortige Kläger also nicht gehindert gewesen, sein Konzept mit [X.] zu betreiben. Auch das spätere Verhalten der Markeninhaberin erlaube keine sicheren Rückschlüsse auf eine Behinderungsabsicht im Anmeldezeitpunkt. Die Markeninhaberin habe [X.] niemals behindert, im Vergleich sogar vereinbart, dass dieser „Ballooning“ für sein Trainingskonzept mit [X.] weiter benutzen könne und dem auch durch die Teillöschung im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis Rechnung getragen. Ein aggressives Verhalten der Markeninhaberin sei nicht feststellbar. Die bloße Anmeldung eines Zeichens in Kenntnis dessen, dass ein anderer dasselbe oder ein ähnliches Zeichen bereits nutzt, ohne hierfür formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, genüge nicht für die Annahme der Bösgläubigkeit. Die bloße Vorbenutzung der Marke begründe keine bessere Priorität. Besondere Umstände, die die Erwirkung des Markenschutzes als wettbewerbs- oder sittenwidrig erschei[X.] ließen, hätten nicht ermittelt werden kön[X.]. Eine Kostenauferlegung sei nicht veranlasst.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Antragstellerin am 5. Januar 2012 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Anmelder der angegriffe[X.] Marke, Herr [X.], sei jedenfalls im Zeitpunkt der Anmeldung [X.] gewesen. Dies habe auch das [X.] I nach der Beweisaufnahme festgestellt. Die Marke sei deshalb ungeachtet der vergleichsweisen Einigung der [X.]en in der Berufungsinstanz jenes Prozesses zu löschen. Weder Herr [X.]- … noch die [X.]… hätten im Jahr 2005 ein Trainingskonzept oder eine Präsentation gehabt, die dem „Ballooning“-Konzept des [X.] ähnlich gewe- sen sei. [X.] habe sein Trainingskonzept auf dem „[X.]“-Stand der [X.]… unter eigenem Namen der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Aus dem Umstand, dass Herr [X.] die angegriffene Marke noch am Tag der Besprechung bei [X.], am 15. Juni 2005 auf sei[X.] eige[X.] Namen angemeldet habe, ohne [X.] darüber zu informieren, sei offensichtlich, dass der An- melder sich die Möglichkeit eröff[X.] wollte, zu einem späteren Zeitpunkt die aus dem Markenrecht folgenden Ausschließlichkeitsrechte gegen [X.] ein- setzen zu kön[X.]. Herr [X.] habe auch ohne eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit [X.] von dessen geschäftlichem Erfolg und der Bekanntheit des Zeichens finanziell profitieren und ihn gegebe[X.]falls an einer weiteren Benutzung des Zeichens hindern wollen. Besonders deutlich werde dies daran, dass das angemeldete Waren- und Dienstleistungsverzeichnis expressis verbis „[X.]“ enthalten habe, obgleich dieser Begriff sich in der [X.] der [X.] nicht finde. In Kenntnis des [X.] habe die Markeninhaberin ei[X.] eige[X.] Ballooning-Ball entwickelt und auch somit den schutzwürdigen Besitzstand des [X.] nachhaltig gestört. Eine Störung des Besitzstandes sei schon durch die Anmeldung gegeben gewesen und liege auch dann vor, wenn sich [X.] mit seinem Produkt infolge der Anmeldung nicht mehr habe entwickeln kön[X.]. Dies sei hier der Fall, weil Herr [X.] [X.] nur noch die identische Nutzung für spezielle [X.] genehmigt habe. Dass der Bezug zu [X.] später aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis gestrichen worden sei, ändere nichts an der Bösgläubigkeit im Zeitpunkt der Anmeldung, sondern sei im Gegenteil ein Beleg für diese. Auch ob und inwieweit die Markeninhaberin ihr Trainingsgerät inzwischen in „[X.]“ umbenannt habe, spiele für die Bösgläubigkeit der Anmeldung keine Rolle. Die Behinderungsabsicht ergebe sich schon aus dem Umstand, dass der [X.] der und [X.] mit dem flexiblen Ball als Trainingsgegenstand in einer [X.]situation gestanden hätten, zudem hätten sie miteinander kooperiert; das Konzept sei die wesentliche Existenzgrundlage des [X.] gewesen, die durch Herrn [X.] inzwischen zerstört worden sei. Dies sei wesentliches Motiv der Anmeldung gewesen, was für die Annahme einer Behinderungsabsicht genüge. Zudem habe der Anmelder gegen die aus den Geschäftsbeziehungen mit [X.] resultierenden Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Der Anmelder habe mit der Anmeldung und Benutzung der angegriffe[X.] Marke die Absicht verfolgt, die geplante Nutzung des Zeichens durch [X.] zu sperren oder zu erschweren und dies sei auch das wesentliche Motiv der Anmeldung, weshalb man von einem zweckfremden Einsatz der Marke im Wettbewerb ausgehen könne. Dabei sei auch die Bekanntheit des Zeichens „[X.]“ im Zeitpunkt der Anmeldung zu berücksichtigen. Die an Fitnesstraining interessierten Verkehrskreise hätten die Produkte und das Trainingskonzept des [X.] bereits gekannt, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen entnehmen lasse.

Die Beschwerdegegnerin hat zur Begründung ihres Antrags, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin sämtliche Kosten aufzuerlegen, vorgetragen, der Löschungsantrag sei unzulässig. Die Löschungsantragstellerin sei als Strohmann des [X.] anzusehen, da dieser in Person durch den am 2007 geschlosse[X.] Vergleich auf die Geltendmachung von Löschungsansprüchen gegen die Marke verzichtet habe und daher kei[X.] Löschungsantrag hätte stellen kön[X.]. Dies wirke auch für die Löschungsantragstellerin, da sie kein eigenes Interesse an der Löschung habe und sich ihr geltend gemachtes Interesse ausschließlich aus dem Interesse des [X.] ableite. Zudem seien die von der Antragstellerin befürchteten Regressansprüche unabhängig von dem Bestand der angegriffe[X.] Marke, sie resultierten aus-schließlich daraus, dass dem dortigen Beklagten [X.] die behaupteten Schutzrechte gegenüber der hiesigen Beschwerdegegnerin nicht zugestanden hätten, unabhängig von dem Bestand der angegriffe[X.] Marke. Auch wenn für das registerrechtliche Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzrechte kein individueller Löschungsanspruch erforderlich sei, sei in den Fällen, in de[X.] die Bösgläubigkeit der Anmeldung - wie hier – nur den Schutz einer einzel[X.] Person betreffe, ein entsprechender Verzicht auf die Löschung durch diese Person im Wege der teleologischen Reduktion zu berücksichtigen mit der Folge, dass der Löschungsantrag zumindest unbegründet sei. In der Sache sei ferner zu beachten, dass die DVD des [X.] erst nach der Markenanmeldung herausge- bracht worden sei. Von einem wertvollen Besitzstand des [X.] sei nicht auszugehen, wie sich aus den Umsatzzahlen für sein Buch ergebe, die sich in den Jahren ab 2006 jeweils nur im zweistelligen Bereich bewegt hätten. Zudem habe [X.] den Begriff Ballooning nur für sein Trainingskonzept benutzt, nicht für [X.] selbst. Den von ihm benutzten Luftballon habe er unter der Bezeichnung „[X.]“ vermarktet. Die Benutzung des Begriffs „[X.]“ sei zudem eine titelschutzartige Verwendung gewesen, nicht aber eine Verwendung als betrieblicher Herkunftshinweis, sodass aus dieser Benutzung ein wertvoller Besitzstand nicht entstanden sein konnte. Zudem habe [X.] die Markenanmeldung im Mai 2005 mit [X.]… ausführlich diskutiert, er habe von ihr Kenntnis gehabt und ihr zugestimmt, er sei nur nicht bereit gewesen, sich an der Anmeldung zu beteiligen, weil er ihr keine Erfolgsaussicht beigemessen habe. Er selbst habe kein Interesse an der Markenanmeldung gehabt. Dies ergebe sich auch daraus, dass die entsprechenden Waren der Klasse 28 nicht Gegenstand seiner Markenanmeldung vom 13. April 2006 gewesen seien. Nicht die Anmeldung der angegriffe[X.] Marke, sondern persönliche Differenzen hätten zu der Trennung der Geschäftspartner geführt. Die Anmeldung für [X.] sei erfolgt, weil man im Zeitpunkt der Anmeldung noch davon ausgegangen sei, mit [X.] zusammenzuarbeiten und auch dessen Schutzinteresse berücksichtigt habe.

Nach der mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2015 hat die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 4. März 2015 gegenüber dem [X.] vollumfänglich auf die angegriffene Marke verzichtet und die Beschwerdeführerin mit weiterem Schriftsatz vom 29. April 2015 von allen Ansprüchen aus der angegriffe[X.] Marke für die Zeit vor dem Verzicht freigestellt. Lediglich ihren [X.] hat sie weiter aufrechterhalten. Die Beschwerdeführerin hat den Löschungsantrag daraufhin zurückgenommen und zugleich [X.] gegen die Beschwerdegegnerin gestellt. Sie habe den Löschungsantrag nämlich ausschließlich im eige[X.] Interesse gestellt, nachdem ihr in dem überraschend von der Antragsgegnerin erhobe[X.] [X.] gegen [X.] der Streit verkündet worden sei.

Die Beschwerdeführerin beantragt nunmehr,

der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beschwerdegegnerin stellt sinngemäß den Antrag,

den [X.] der Beschwerdeführerin zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Sie ist der Auffassung, die Anmeldung der angegriffe[X.] Marke sei nicht bösgläu- big erfolgt. Insbesondere habe [X.] der Anmeldung explizit zugestimmt. Selbst bei einer [X.]en Anmeldung scheide eine Kostenauferlegung im konkreten Fall aus. Denn [X.] habe sich mit der Inhaberin der angegriffe- [X.] Marke geeinigt und auf sämtliche Ansprüche gegenüber der angegriffe[X.] Marke verzichtet. Die Beschwerdeführerin werde hier als Strohmann des [X.] tätig, jedenfalls sei sie nach [X.] und Glauben daran gehindert, die Vereinbarung der Beschwerdegegnerin mit [X.] zu umgehen. Daher seien ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Da die Beschwerdegegnerin auf die angegriffene Marke verzichtet und die Beschwerdeführerin den Löschungsantrag zurückgenommen hat, ist gemäß § 71 Abs. 1 und 4 [X.] nur noch über die Kostenanträge der Beteiligten zu entscheiden.

Die wechselseitigen Kostenanträge der [X.]en werden zurückgewiesen, weil hinreichende [X.] für eine Kostenauferlegung auf ei[X.] der Beteiligten gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vorliegen. Es verbleibt beim Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine eige[X.] Kosten trägt.

1. Der [X.] der Beschwerdeführerin ist unbegründet, da nach dem jetzigen Sach- und Streitstand nicht vom Vorliegen besonderer [X.] ausgegangen werden kann.

Das Vorliegen eines Billigkeitsgrundes setzt voraus, dass besondere Umstände eine Abweichung von der als Regelfall vorgesehe[X.] Kostenaufhebung nach § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] rechtfertigen (vgl. [X.], 600, 601 – [X.]; [X.] in: [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 71 Rn. 12). Ein derartiger Sonderfall kann regelmäßig angenommen werden, wenn der Löschungsantrag wegen [X.]er Markenanmeldung voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Denn wer missbräuchlich Markenschutz in Anspruch nimmt, muss sich notwendige Maßnahmen, die auf Beseitigung der rechtswidrigen Zeichenlage gerichtet sind, zurech[X.] lassen (vgl. [X.], 744, 748 - [X.]; [X.] in [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 71 Rn. 15 m. w. N.). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nach Wegfall des [X.] durch [X.] bzw. Rücknahme des Löschungsantrags anhand des bisherigen Sach- und Streitstands zu beurteilen, das Gericht hat sich dabei auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Verfahrens zu beschränken (vgl. § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO; siehe auch [X.]/[X.], Zivilprozessordnung, 35. Aufl. 2014, § 91a Rn. 46a).

Eine Markenanmeldung ist – mit der Folge der Kostenauferlegung – als [X.] im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 10 i. V. m. § 50 Abs. 1 [X.] anzusehen, wenn das wesentliche Motiv der Anmeldung darin besteht, den schutzwürdigen Gebrauch eines fremden Kennzeichens zu stören (vgl. [X.] GRUR 2009, 763 Rn. 46, 53 - [X.]/[X.]; [X.] GRUR 2000, 1032, 1034 - [X.] 2000). Es ist nach dem vorliegenden Streitstand jedoch offen, ob von einem derartigen Motiv auf Seiten des damaligen [X.]s ausgegangen wer- den kann. Denn wenn [X.], wie die Beschwerdegegnerin vorgetragen hat, vorab von der Markenanmeldung informiert war, sie zwar für entbehrlich hielt, aber sein Einverständnis dazu erklärt hat, besteht keine Grundlage für die Annahme einer auf Störung seines [X.] gerichteten Zielsetzung des Anmelders. Die Beschwerdeführerin hat den Vortrag der Beschwerdegegnerin allerdings bestritten und sich demgegenüber für ihre Behauptung, Herr [X.] als Anmelder habe hinter dem Rücken des [X.] gehandelt, auf dessen Zeugnis berufen. Die Beschwerdegegnerin hat sich zum Beweis auf die Vernehmung der bereits im Amtsverfahren benannten jetzigen Geschäftsführerin der Beschwerdegegnerin [X.] berufen. Diese hätte zwar wegen ihrer Stellung als [X.] nicht (mehr) als Zeugin vernommen werden kön[X.] ([X.]/[X.], a. a. [X.], § 51 Rn. 6, vor § 373 Rn. 6); jedenfalls ihre informatorische Anhörung wäre jedoch aus Gründen der Waffengleichheit und im Rahmen der Beweiswürdigung einer Aussage des Zeugen [X.] geboten gewesen. Der Senat hat insoweit in der münd- lichen Verhandlung vom 4. Februar 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er eine Beweisaufnahme für erforderlich hält. Ohne eine Beweisaufnahme über die näheren Umstände der Anmeldung und der in diesem Zusammenhang getroffe[X.] Absprachen kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer [X.]en Markenanmeldung ausgegangen werden.

Ein entsprechender Beweis war nach Rücknahme des Löschungsantrags nicht mehr zu erheben, sodass es an hinreichenden Tatsachen, die das Vorliegen von [X.]n für eine Kostenauferlegung auf die Inhaberin der angegriffe[X.] Marke nahelegen, fehlt.

2. Auch der [X.] der Beschwerdegegnerin hat mangels besonderer Umstände, die die Abweichung von dem sich aus § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergebenden Grundsatz rechtfertigen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, kei[X.] Erfolg.

Eine Kostenauferlegung auf die Beschwerdeführerin käme in Betracht, wenn von einer missbräuchlichen Stellung des Löschungsantrags durch die Beschwerdeführerin auszugehen wäre. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben.

Die Einleitung des Löschungsverfahrens durch die Beschwerdeführerin stellt sich nicht als Rechtsmissbrauch des Löschungsverfahrens durch die Einschaltung eines sogenannten „Strohmanns“ dar. Von dem Betreiben eines Verfahrens durch ei[X.] Strohmann ist nur auszugehen, wenn das Verfahren ausschließlich im Interesse und im Auftrag des „[X.]“ sowie auf dessen Weisung ohne jedes eigenes Interesse betrieben wird ([X.] GRUR 2010, 231 Rn. 21 – [X.]). Zu beachten ist, dass die Anforderungen an das eigene Interesse im Löschungsverfahren nach § 50 [X.] nicht allzu hoch angesetzt werden dürfen, da wegen der Ausgestaltung als [X.] gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 [X.] ein eigenes Interesse an dem Verfahren ohnehin nicht Antragsvoraussetzung ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ausschließlich im Auftrag und auf Weisung des hier materiell von der Eintragung betroffe[X.] [X.] tätig war, sind von der insoweit darlegungspflichtigen Markeninhaberin nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin als Verfahrensbevollmächtigte des [X.] bei der Schutzrechtsverwarnung und dem sich anschließenden Klageverfahren tätig war, genügt dafür nicht. Sie hat dargetan, dass sie sich bei Antragstellung im Fall des weiteren Bestehens der Marke möglicherweise Regressansprüchen ausgesetzt sah. Ein entsprechender Vortrag genügt nach der Rechtsprechung des [X.] (a. a. [X.] – [X.]) für ein eigenes Interesse des Antragstellers. Dieses Interesse war bei ([X.] – mag eine Inanspruchnahme auch unwahrscheinlich gewesen sein, da [X.] seine Abmahnung nicht auf sein Recht aus einer eingetrage[X.] Marke gestützt hat, sondern aus anderen Anspruchsgrundlagen, nämlich Titelschutzrechten und einer benutzten Marke vorgegangen ist - jedenfalls nicht von vornherein von der Hand zu weisen, nachdem ihr [X.] als Beklagter in dem mit der [X.]… geführten [X.] wegen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung den Streit verkündet hatte. Dass die begehrte Löschung der Marke die Erfolgsaussicht des Beklagten in dem Schadensersatzklageverfahren erhöhen konnte, war bei Antragstellung jedenfalls denkbar und scheidet als Grund für ein eigenes Interesse der Antragstellerin an der Löschung der Marke nicht von vorn herein aus.

Auch sonstige Gründe für die Kostenauferlegung sind nicht ersichtlich. Eine Kostenauferlegung auf die Löschungsantragstellerin kommt auch dann in Betracht, wenn der Löschungsantrag auf Gründe gestützt wird, für die es weder in der Rechtsprechung oder in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung gibt ([X.] in [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 71 Rn. 15). Der von der Beschwerdeführerin unter Beweis gestellte Vortrag, der Anmelder habe die bereits von seinem Geschäftspartner [X.] seit längerer Zeit im einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich benutzte Bezeichnung „Ballooning“ auf sei[X.] eige[X.] Namen ohne Kenntnis und Zustimmung des [X.] angemeldet, stellte ei[X.] deutlichen  Anhaltspunkt für die Absicht des Anmelders dar, mit Hilfe der Anmeldung den schutzwürdigen Besitzstand seines Geschäftspartners zu stören. Die Begründung des Löschungsantrags kann deshalb nicht als von vornherein aussichtslos eingeordnet werden. Sonstige eine Auferlegung der Kosten rechtfertigende Umstände sind nicht vorgetragen und ersichtlich.

Auch die durch die Beteiligten veranlasste Beendigung des Verfahrens in der Hauptsache führt zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere kön[X.] weder der Verzicht auf die Marke 305 34 852 noch die Rücknahme des Löschungsantrags als Eingeständnis einer drohenden Niederlage im Beschwerdeverfahren oder als Distanzierung von dem bisherigen Sachvortrag gewertet werden.

Daher hat es bei der gesetzlichen Regelung nach § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], wonach jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt, zu bleiben.

Meta

29 W (pat) 17/12

16.07.2015

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.07.2015, Az. 29 W (pat) 17/12 (REWIS RS 2015, 8058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8058

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