Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.2013, Az. I ZR 28/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5736

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Gegenstand

Urheberrechtsschutz für Werke der bildenden Kunst: Vervielfältigung in Form einer Bearbeitung bzw. anderer Umgestaltung bei Abbildung einer Aktion von Joseph Beuys in einer Fotoserie - Beuys-Aktion


Leitsatz

Beuys-Aktion

1. Jede Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG stellt, soweit sie körperlich festgelegt ist, zugleich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG dar.

2. In einer nur unwesentlichen Veränderung einer benutzten Vorlage ist nicht mehr als eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG zu sehen. Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG setzt daher eine wesentliche Veränderung der benutzten Vorlage voraus. Ist die Veränderung der benutzten Vorlage indessen so weitreichend, dass die Nachbildung über eine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügt und die entlehnten eigenpersönlichen Züge des Originals angesichts der Eigenart der Nachbildung verblassen, liegt im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG ein selbständiges Werk vor, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 30. Dezember 2011 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 29. September 2010 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die [X.]. Sie nimmt unter anderem die Urheberrechte von bildenden Künstlern wahr. Die Witwe und Alleinerbin des am 23. Januar 1986 verstorbenen Künstlers [X.], [X.], hat mit der Klägerin am 29. April 1986 einen [X.] geschlossen (nachfolgend [X.] 1986), mit dem sie ihr bestimmte Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht von [X.] zur Wahrnehmung eingeräumt hat. Zu diesen Nutzungsrechten gehört nach § 1 Satz 1 Buchst. a des [X.] 1986 das Ausstellungsrecht gemäß § 18 [X.]. Die Rechtseinräumung gilt nach § 1 Satz 3 des [X.] 1986 auch für den Fall der Verwertung von Werken in Teilen, Ausschnitten, Bearbeitungen und Umgestaltungen.

2

Die Beklagte veranstaltete vom 9. bis zum 13. Mai 2009 im [X.] die Ausstellung „[X.] - Unveröffentlichte Fotografien von [X.]“, in der sie unter anderem eine aus achtzehn Schwarz-Weiß-Fotografien bestehende Fotoserie mit dem Titel „[X.] von [X.] wird überbewertet“ zeigte. Weder [X.] noch die Klägerin hatten in die Ausstellung der Fotografien eingewilligt.

3

Gegenstand der Fotoserie ist eine künstlerische Aktion, die [X.] (assistiert von seinem damaligen Schüler [X.]) am 11. Dezember 1964 im [X.] des [X.] veranstaltet hatte. Parallel dazu hatten zwei weitere Künstler - [X.] und [X.] - jeweils eine Aktion durchgeführt. Die 20 bis 30 Minuten dauernden Aktionen wurden gefilmt und unmittelbar in der Fernsehreihe „Drehscheibe“ gesendet; [X.] gibt es nicht. Die [X.]-Aktion wird von dem Kunsthistoriker Prof. [X.] in seinem Werk „[X.], [X.]“ wie folgt beschrieben:

[X.] hatte im Studio einen Bretterverschlag, der in einem Winkel angeordnet war, aufgestellt. Eine Filzdecke mit sich ziehend, betrat er das Aktionsfeld, legte die Filzdecke ab, entnahm einem [X.]karton die einzelnen Packungen und stapelte sie. Auf dem Boden liegend und kriechend bildete er im inneren Winkel des [X.] eine [X.] aus. „Dann kam“, so hat er berichtet, „eine [X.] in Filz und ein Geräuschstück mit Glocken, die auf dem Boden vor der Ecke lagen. Dann malte ich die Worte mit meiner Braunkreuz-Farbe und Schokolade. Ein weiteres Element war der mit Fett verlängerte Spazierstock.“ [...] [X.] „DAS [X.] VON MARCEL DUCHAMP WIRD ÜBERBEWERTET“ beschriebene, auf dem Boden vor dem [X.] liegende Platte war nach [X.] ursprünglich größer, zerbrach aber im Verlauf der Vorbereitungen und wurde von [X.] dann in dieser kleineren Form verwendet (die Bruchstelle an der rechten Seite der Platte ist auf den Fotos von der Aktion deutlich zu erkennen). Zu den [X.] gehörte eine Reihe von Schokoladentafeln; einige wurden geschmolzen und der Braunkreuzfarbe in einer Dose hinzugefügt, andere auf der beschriebenen Platte platziert (Schokolade war zuvor als „Liebesgabe“ in der [X.] Veranstaltung vom 20. Juli 1964 eingesetzt worden). Nach [X.] wurde angeschmolzene Schokolade auch - neben Fett - zur Verlängerung des Spazierstocks benutzt. Im Mittelpunkt der Aktion scheint die Herstellung der [X.] gestanden zu haben, wenn sie nicht gar das eigentliche Ziel der Aktion war. Auf der Rückseite eines Fotos mit der fertigen [X.] heißt es in [X.]' Handschrift: „Fettwinkel - : - [X.] von [X.] wird überbewertet/Aktion“. Jedoch wurde das Fett auch in das Filztuch gepresst, in das es sich einsaugte, statt - wie im [X.] - eine feste Form einzunehmen.

4

Die von der Beklagten ausgestellten - nachfolgend verkleinert wiedergegebenen - Fotografien zeigen die [X.]-Aktion aus verschiedenen Perspektiven. Auf den Fotografien sind [X.] (mit Hut) und die von ihm verwendeten Requisiten (Bretterverschlag, Filzdecke, [X.], Spazierstock, Plakat mit den Worten „[X.] von [X.] wird überbewertet“ usw.) zu erkennen. Auf einigen Fotografien sind (auch) Elemente (z.B. Frauen mit Fahrrädern und Fischen) der Aktionen von [X.] und [X.] zu sehen. Sämtliche Künstler waren mit der Anfertigung von Fotografien durch [X.] einverstanden.

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5

Die Klägerin ist der Ansicht, die [X.]-Aktion sei ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Die Beklagte habe durch das Ausstellen der Fotografien eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung dieses Werkes ohne die nach § 23 Satz 1 [X.] erforderliche Einwilligung veröffentlicht und verwertet.

6

[X.] hat mit der Klägerin am 5. Juni 2009 einen [X.] geschlossen (nachfolgend [X.]), der an die Stelle des [X.] 1986 getreten ist und mit dem sie ihr erneut bestimmte Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht von [X.] zur Wahrnehmung eingeräumt hat. Das Ausstellungsrecht gehört nach dem [X.] - anders als nach dem [X.] 1986 - nicht zu diesen Nutzungsrechten. Die Rechtseinräumung gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des [X.] 2009 - wie nach § 1 Satz 3 des [X.] 1986 - auch für den Fall der Verwertung von Werken in Teilen, Ausschnitten, Bearbeitungen und Umgestaltungen.

7

[X.] hatte die Klägerin bereits am 28. April 2009 und hat sie erneut am 13. August 2010 bevollmächtigt, ihre Urheberpersönlichkeitsrechte und urheberrechtlichen Rechte und Ansprüche im Zusammenhang mit der Ausstellung „[X.] - unveröffentlichte Fotos von [X.]“ wahrzunehmen.

8

Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten unter Androhung von [X.] zu untersagen, die Fotografien von [X.] aus der Fotoserie „[X.] von [X.] wird überbewertet“ im [X.] auszustellen.

9

Das [X.] ([X.], [X.], 203 = ZUM 2011, 77) hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht (O[X.], [X.], 173 = ZUM 2012, 692) hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich das im landgerichtlichen Urteil ausgesprochene Verbot auf die aus der Anlage zum Berufungsurteil ersichtliche - oben wiedergegebene - Reihe von achtzehn Fotografien bezieht. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei nach § 97 Abs. 1, § 23 Satz 1 [X.] begründet, weil die Beklagte durch das Ausstellen der Fotoserie das [X.] an der [X.]-Aktion verletzt habe. Dazu hat es ausgeführt:

Der Klägerin sei nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozessstandschaft berechtigt, den erhobenen Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Ihre Berechtigung ergebe sich aus ihrer Bevollmächtigung durch [X.] und dem [X.].

Bei der [X.]-Aktion handele es sich um ein nach §§ 1, 2 Abs. 2 [X.] urheberrechtlich geschütztes Werk der Kunst. Von der Aktion lasse sich auf der Grundlage überlieferter Erinnerungen und der hier in Rede stehenden Fotografien bei sorgfältiger Deutung des Materials und einer kunsthistorischen Analyse so viel feststellen, dass dieses Urteil getroffen werden könne.

Durch die Veröffentlichung der Bilderreihe sei das [X.] des Schöpfers der Aktion nach § 23 Satz 1 [X.] verletzt worden. Die Bilderreihe erweise sich als eine teilweise körperliche Festlegung der szenischen Aufführung vom 11. Dezember 1964. Die Fotografien fixierten wesentliche Elemente der szenischen Aufführung, die zur persönlich geistigen Schöpfung beitrügen. Die Fotoserie sei keine unveränderte Vervielfältigung der [X.]-Aktion, sondern deren Umgestaltung. Sie greife durch Verkürzung und Akzentuierung des Geschehens in die persönlich geistige Schöpfung tief ein. Diese Veränderungen gingen allerdings nicht so weit, dass mit der Bilderserie ein selbständiges Werk in freier Benutzung der [X.]-Aktion entstanden sei. Der Fotograf habe mit den Bildern eine dokumentarische Darstellung der Aktion bezweckt und diesen Zweck auch erreicht.

Es sei nichts weiter dazu vorgebracht worden, dass [X.] mit der Gestattung der Anfertigung der Aufnahmen zugleich in deren Veröffentlichung eingewilligt hätte.

B. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, die Beklagte habe das [X.] an der [X.]-Aktion widerrechtlich verletzt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 [X.]), weil sie durch das Ausstellen der Fotoserie eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne Einwilligung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet habe (§ 23 Satz 1 [X.]).

I. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Klägerin beanspruche mit ihrer Unterlassungsklage allein ein Verbot des Ausstellens der gesamten Serie von Fotografien und nicht ein Verbot des Ausstellens einzelner Fotografien aus dieser Serie. Die Klage sei allein auf eine Verletzung des [X.]s an der [X.]-Aktion gestützt und nicht auf eine Verletzung des [X.]s an einzelnen Gegenständen, die Joseph [X.] im Laufe dieser Aktion eingesetzt oder geschaffen habe. Diese Auslegung des Klagebegehrens lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

II. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die Klägerin befugt ist, den erhobenen Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend zu machen.

1. Die Prozessführungsbefugnis ist als Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, also auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Ein Kläger ist prozessführungsbefugt, wenn er berechtigt ist, über das behauptete (streitige) Recht einen Prozess als Partei im eigenen Namen zu führen ([X.], Urteil vom 25. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 161, 165 - Götterdämmerung).

2. Die Klägerin kann allerdings nicht aus eigenem Recht klagen.

a) Die Klägerin macht einen auf Wiederholungsgefahr gestützten und die Abwehr künftiger Rechtsverletzungen gerichteten Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung des behaupteten Rechts geltend, eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung der [X.]-Aktion zu veröffentlichen oder zu verwerten. Dazu ist die Klägerin aus eigenem Recht nur befugt, wenn sie sowohl zum Zeitpunkt der behaupteten Verletzungshandlung über dieses Recht verfügt hat als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung noch dessen Inhaberin war (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 29. April 2010 - [X.], [X.], 652 Rn. 10 = [X.], 872 - [X.], mwN).

b) Die Klägerin könnte zwar zum Zeitpunkt der behaupteten Verletzungshandlung - der Ausstellung der Fotoserie durch die Beklagte vom 9. bis zum 13. Mai 2009 im [X.] - über das behauptete Recht verfügt haben. [X.] hatte der Klägerin nach § 1 Satz 1 Buchst. a des [X.] 1986 das Ausstellungsrecht (§ 18 [X.]) an den Werken von Joseph [X.] zur Wahrnehmung eingeräumt. Diese Rechtseinräumung galt nach § 1 Satz 3 des [X.] 1986 auch für den Fall der Verwertung von Werken in Bearbeitungen und Umgestaltungen.

c) Die Klägerin war jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr Inhaberin dieses Rechts. § 1 des [X.] 2009, der an die Stelle des [X.] 1986 getreten ist, führt unter den der Klägerin zur Wahrnehmung eingeräumten Rechten weder das Ausstellungsrecht (§ 18 [X.]) noch das - hier gleichfalls in Betracht kommende - Erstveröffentlichungsrecht (§ 12 Satz 1 [X.]) auf. § 2 Abs. 2 Satz 1 des [X.] 2009 räumt der Klägerin keine weiteren Rechte zur Wahrnehmung ein; vielmehr erstreckt diese Regelung lediglich das Recht der Klägerin zur Wahrnehmung der ihr durch § 1 des [X.] 2009 eingeräumten Nutzungsrechte auf den Fall einer Werknutzung in Bearbeitungen und Umgestaltungen. [X.] hat der Klägerin durch den [X.] daher nicht das Recht zur Ausstellung oder Erstveröffentlichung der Werke von Joseph [X.] - sei es in unveränderter Form, sei es in Form von Bearbeitungen oder anderen Umgestaltungen - eingeräumt.

3. Die Klägerin ist jedoch nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozessstandschaft zur Prozessführung befugt.

a) Eine gewillkürte Prozessstandschaft setzt nach der Rechtsprechung des [X.] eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des [X.] sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung voraus, wobei dieses Interesse auch wirtschaftlicher Natur sein kann ([X.], Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, [X.]Z 119, 237, 242 - Universitätsemblem; Urteil vom 17. Juli 2008 - [X.], [X.], 181 Rn. 18 = [X.], 182 - Kinderwärmekissen; Urteil vom 31. Juli 2008 - [X.], [X.], 1108 Rn. 54 = [X.], 1537 - Haus & Grund III).

b) [X.] hat die Klägerin wirksam zur gerichtlichen Verfolgung der erhobenen Ansprüche ermächtigt. Auf [X.] ist als Alleinerbin von Joseph [X.] das gemäß § 28 Abs. 1 [X.] vererbliche [X.] an dessen Werken übergegangen. Sie hat die Klägerin mit Vollmachten vom 28. April 2009 und 13. August 2010 bevollmächtigt, ihre Urheberpersönlichkeitsrechte und ihre urheberrechtlichen Rechte und Ansprüche im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Ausstellung wahrzunehmen. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Urheber eine Verwertungsgesellschaft, die er zur Wahrnehmung urheberrechtlicher Nutzungsrechte ermächtigt hat, auch zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Urheberpersönlichkeitsrechte ermächtigen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Februar 1983 - I ZR 194/80, [X.] 1983, 379, 381 = [X.], 395 - Geldmafiosi; Urteil vom 1. Oktober 1998 - [X.], [X.], 230, 231 - Treppenhausgestaltung; Urteil vom 11. März 2010 - [X.], [X.], 920 Rn. 26 = [X.], 1268 - Klingeltöne für Mobiltelefone II).

c) Die Klägerin hat auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse an dieser Rechtsverfolgung. Das Berufungsgericht hat ein solches Interesse der Klägerin ohne Rechtsfehler aus dem zwischen [X.] und der Klägerin geschlossenen [X.] hergeleitet. Mit diesem Wahrnehmungsvertrag hat [X.] der Klägerin zwar nicht das Erstveröffentlichungsrecht oder das Ausstellungsrecht, wohl aber näher bezeichnete Nutzungsrechte an den Werken von Joseph [X.] zur Wahrnehmung eingeräumt. Daraus ergibt sich, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, nicht nur eine unbefugte (wirtschaftliche) Nutzung unveränderter oder umgestalteter Werke, sondern auch eine unberechtigte Erstveröffentlichung oder Ausstellung umgestalteter Werke durch Dritte zu verhindern. Eine solche Erstveröffentlichung oder Ausstellung kann das Ansehen des Urhebers und die Wertschätzung seiner Werke und damit nicht nur sein Urheberpersönlichkeitsrecht, sondern auch seine Verwertungsinteressen beeinträchtigen.

III. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen jedoch nicht seine Beurteilung, die Beklagte habe durch das Ausstellen der Fotoserie eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne Einwilligung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet (§ 23 Satz 1 [X.]) und damit das [X.] an der [X.]-Aktion widerrechtlich verletzt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht beurteilt werden, ob die [X.]-Aktion urheberrechtlich geschützt ist (dazu 1) und ob es sich bei der Fotoserie um eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung dieser Aktion handelt (dazu 2).

1. Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob die [X.]-Aktion urheberrechtlich geschützt ist.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, von der Aktion lasse sich auf der Grundlage überlieferter Erinnerungen und der hier in Rede stehenden Fotografien bei sorgfältiger Deutung des Materials und einer kunsthistorischen Analyse so viel feststellen, dass das juristische Urteil getroffen werden könne, es habe sich um eine persönlich geistige Schöpfung und damit um ein urheberrechtlich geschütztes Werk gehandelt. In einem menschlichen Schöpfungsakt habe ein geistiger Gehalt auf dem Gebiet der Kunst Ausdruck gefunden. Ausdrucksmittel seien szenische Handlungsabläufe gewesen, die sich in einem besonders arrangierten Raum unter Einsatz ersichtlich sorgfältig ausgewählter, zum Teil ganz ausgefallener Gegenstände in einer durchaus nicht naheliegenden Anordnung ereignet hätten; ferner hätten so merkwürdige Hervorbringungen wie eine [X.] an einem Holzverschlag in zwei durch eine Filzdecke getrennten Schichten und ein mit [X.] verlängerter Spazierstock zu den Ausdrucksmitteln gezählt. Wegen des geistigen Gehalts der Aktion könne auf die kunstwissenschaftliche Diskussion verwiesen werden. Die Vergänglichkeit der Aktion stehe einem urheberrechtlichen Schutz nicht entgegen, da es dafür keiner körperlichen Festlegung der Gestaltung bedürfe. Auch hänge der Schutz nicht von einer Zuordnung der Aktionskunst zu einer der Werkkategorien des § 2 Abs. 1 [X.] ab.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hängt der urheberrechtliche Schutz der [X.]-Aktion von deren Zuordnung zu einer Werkkategorie ab. Das Fehlen einer körperlichen Festlegung der Gestaltung kann einem urheberrechtlichen Schutz entgegenstehen.

aa) Die [X.]-Aktion wurde am 11. Dezember 1964 veranstaltet, also vor dem Inkrafttreten der hier maßgeblichen Bestimmungen des [X.] am 1. Januar 1966 (§ 143 Abs. 2 [X.]). Nach der Übergangsbestimmung des § 129 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind die Vorschriften des [X.] auf die vor seinem Inkrafttreten geschaffenen Werke anzuwenden, es sei denn, dass die Werke zu diesem Zeitpunkt urheberrechtlich nicht geschützt sind oder dass im [X.]sgesetz sonst etwas anderes bestimmt ist. Werke, die beim Inkrafttreten des [X.] urheberrechtlich nicht geschützt waren, genießen danach auch dann keinen Schutz, wenn sie den Anforderungen des [X.] an ein urheberrechtlich geschütztes Werk entsprechen (vgl. zu § 53 Abs. 1 Satz 1 KUG [X.], Urteil vom 30. Juni 1976 - [X.], [X.], 649, 650 f. - Hans-Thoma-Stühle).

bb) Hinsichtlich der Anforderungen an die Werkqualität bestehen zwar zwischen dem geltenden und dem früheren Recht keine grundsätzlichen Unterschiede, so dass insoweit die Versagung eines unter dem [X.]sgesetz an sich erreichbaren Schutzes wegen Fehlen des Schutzes nach früherem Recht ausscheidet ([X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 129 Rn. 5 und 13). Der Schutz von zu den Bühnenwerken zählenden choreographischen und pantomimischen Werke hängt allerdings nach früherem Recht (§ 1 Abs. 2 [X.]) - anders als nach geltendem Recht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) - auch von einer formellen Voraussetzung ab: Solche Werke sind nur dann - und zwar wie [X.] - urheberrechtlich geschützt, wenn der [X.] schriftlich oder auf andere Weise festgelegt ist (vgl. [X.], Das [X.] an Werken der Literatur und der Tonkunst, 2. Aufl. 1928, § 1 [X.] Rn. 2).

Aus der vom Berufungsgericht herangezogenen [X.]sentscheidung „Happening“ ergibt sich nichts anderes. Sie betraf ein nach dem Inkrafttreten des [X.] geschaffenes Werk, nämlich ein am 25. Januar 1978 von [X.] mit Hörern seiner Vorlesung nach dem Gemälde „[X.]“ von [X.] durchgeführtes Happening. Der [X.] konnte deshalb die Frage, ob dieses Happening als eine Art lebendes Bild eindeutig den Werken der bildenden Künste im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 [X.] zuzurechnen ist oder ob es mit Rücksicht auf die Erfindung und Choreographie von Handlungsabläufen zumindest auch als eine Art Bühnenwerk anzusehen ist, mit der Begründung offenlassen, die [X.]sschutzfähigkeit hänge nicht von seiner klaren Einordnung in die in § 2 Abs. 1 [X.] nur beispielhaft aufgezählten Arten künstlerischer Werke ab; es reiche daher aus, dass das Happening eine persönliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der Kunst im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.] sei (vgl. [X.], Urteil vom 6. Februar 1985 - [X.], [X.], 529 - Happening).

c) Da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob es sich bei der [X.]-Aktion um ein pantomimisches oder choreographisches Werk gehandelt hat (vgl. zum „[X.], [X.], 530, 531) und ob die Aktion vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des [X.] schriftlich oder in anderer Weise im Sinne von § 1 Abs. 2 [X.] festgelegt war, kann nicht beurteilt werden, ob sie die formellen Anforderungen an einen [X.]schutz erfüllt.

2. Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann ferner nicht beurteilt werden, ob es sich bei der Fotoserie um eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung der [X.]-Aktion handelt.

a) Jede Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 [X.] stellt, soweit sie körperlich festgelegt ist, zugleich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 [X.] dar (vgl. [X.], Urteil vom 2. November 1962 - [X.], [X.] 1963, 441, 443 - Mit Dir allein; [X.] in [X.] aaO § 16 [X.] Rn. 8; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 4. Aufl., § 16 Rn. 10; vgl. auch Heerma in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 16 [X.] Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 16 [X.] Rn. 11; A. [X.] in [X.]/[X.] aaO §§ 23/24 [X.] Rn. 8; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 16 [X.] Rn. 9; [X.] in Möhring/[X.], [X.], 2. Aufl., § 16 Rn. 10). Zu den Vervielfältigungen zählen nicht nur Nachbildungen, die mit dem Original identisch sind; vom Vervielfältigungsrecht des Urhebers werden vielmehr auch solche - sogar in einem weiteren Abstand vom Original liegende - Werkumgestaltungen erfasst, die über keine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügen und sich daher trotz einer vorgenommenen Umgestaltung noch im Schutzbereich des Originals befinden, weil dessen Eigenart in der Nachbildung erhalten bleibt und ein übereinstimmender Gesamteindruck besteht ([X.], Urteil vom 10. Dezember 1987 - [X.], [X.] 1988, 533, 535 - Vorentwurf II; Urteil vom 29. April 2010 - [X.], [X.]Z 185, 291 Rn. 17 - Vorschaubilder I).

Allerdings führt nicht jede Veränderung eines Werkes zu einer Bearbeitung oder anderen Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 [X.]. In einer nur unwesentlichen Veränderung einer benutzten Vorlage ist nicht mehr als eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 [X.] zu sehen (vgl. [X.], Urteil vom 8. November 1989 - [X.], [X.], 1990, 669, 673 - Bibelreproduktion). Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 [X.] setzt daher eine wesentliche Veränderung der benutzten Vorlage voraus. Ist die Veränderung der benutzten Vorlage indessen so weitreichend, dass die Nachbildung über eine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügt und die entlehnten eigenpersönlichen Züge des Originals angesichts der Eigenart der Nachbildung verblassen, liegt keine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 [X.] und erst recht keine Vervielfältigung im Sinne des § 16 [X.], sondern ein selbständiges Werk vor, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist und das nach § 24 Abs. 1 [X.] ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden darf (vgl. [X.], Urteil vom 1. Dezember 2010 - [X.], [X.] 2011, 134 Rn. 33 = [X.], 249 - Perlentaucher, mwN; Urteil vom 1. Juni 2011 - [X.], [X.] 2011, 803 Rn. 47 = [X.], 1070 - Lernspiele).

b) Zur Prüfung, ob eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung vorliegt, ist zunächst im Einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der einander gegenüberstehenden Gestaltungen zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der neuen Gestaltung eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 2004 - [X.], [X.] 2004, 855, 857 = [X.], 1293 - Hundefigur). Stimmt danach der jeweilige Gesamteindruck überein, handelt es sich bei der neuen Gestaltung um eine Vervielfältigung des älteren Werkes. Es ist dann weiter zu prüfen, ob die neue Gestaltung gleichwohl so wesentliche Veränderungen aufweist, dass sie nicht als reine Vervielfältigung, sondern als Bearbeitung oder andere Umgestaltung des benutzten Werkes anzusehen ist.

c) Die Revision macht zutreffend geltend, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen wesentliche Merkmale, die der [X.]-Aktion schöpferische Eigentümlichkeit verleihen, nicht oder nicht hinreichend erfassen. Damit fehlt eine tragfähige Grundlage für die Prüfung, ob es sich bei den Fotografien um eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung der - unterstellt - urheberrechtlich geschützten [X.]-Aktion handelt.

aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, bei der [X.]-Aktion habe es sich um eine persönlich geistige Schöpfung und damit um ein urheberrechtlich geschütztes Werk gehandelt, stützt sich auf die Feststellungen, die das Berufungsgericht anhand der von dem Kunsthistoriker [X.] überlieferten Erinnerungen und der hier in Rede stehenden Fotografien getroffen hat. Die gegen diese Feststellungen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Schilderung der [X.]-Aktion durch den Kunsthistoriker [X.] werde durch die hier in Rede stehenden Fotografien eindrucksvoll veranschaulicht. Sie verdeutlichten das Umfeld der Aktion und zeigten [X.] (mit Hut) und [X.] (ohne Kopfbedeckung) als handelnde Personen. Sie erlaubten es, drei Handlungen von [X.] zu unterscheiden: Zum einen sei (erste Handlung) [X.] aus dem Karton genommen, ausgepackt und gestapelt worden. [X.] habe sie dann - auf dem Boden liegend, kriechend oder kniend - zur inneren Ecke des [X.] gebracht, dort bis zu einer gewissen Höhe gestapelt, in die Ecke gedrückt und mit einem Pinsel verschmiert (Bild 12, 9, 11, 8, 1, 18/3/10/16). Dabei habe es einen Moment der Zuwendung zu [X.] gegeben (Bild 9). In einem zweiten Schritt müsse darüber die Filzdecke gelegt worden sein, auf die nochmals [X.] gedrückt worden sei (Bild 6). Danach sei (zweite Handlung) auf dem Boden - zwischen dem Verschlag und dem Plakat - der Spazierstock mit einem Messer oder Schaber an beiden Enden mit [X.] verlängert worden (Bild 7, 6). Ferner habe [X.] (dritte Handlung) am oberen Rand des Plakats von links nach rechts Schokoladentafeln aufgereiht (Bild 4, 5, 2, 13, 14, 15, 17). Da sich die Schokolade dort schon befunden habe, als die [X.] in der Ecke verarbeitet und der Spazierstock bearbeitet worden sei, müsse diese Handlung vor den beiden anderen gelegen haben (zum einen Bild 3 - unklar allerdings Bild 11, 12; zum anderen Bild 7, 6). Für eine solche Abfolge spreche auch, dass sich [X.] auf den Bildern mit der Schokoladenreihung noch in seiner Anfangsposition befunden habe (Bild 13) und die Filzdecke noch bei den Requisiten gelegen habe (Bild 4, 13, 17). Nach alledem gäben die Fotografien die [X.]-Aktion dem Ablauf nach wie folgt wieder: 4, 5, 13, 2, 14, 15, 17, 12, 9, 11, 8, 1, 18/3/10/16, 7, 6.

(2) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die von dem Kunsthistoriker [X.] in seinem Werk „Joseph [X.], [X.]“ überlieferten Erinnerungen an die Aktion „[X.] von [X.] wird überbewertet“ beruhten nicht auf eigener Wahrnehmung, sondern auf Informationen vom „[X.]“. Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass diese Informationen deshalb unzutreffend sind. Das Berufungsgericht konnte sie seinen Feststellungen daher ohne Rechtsfehler zugrunde legen. Gegen die Richtigkeit der vom Berufungsgericht festgestellten zeitlichen Reihenfolge der Fotografien spricht nicht, dass zwischen den Parteien unstreitig gewesen sein mag, eine chronologische Reihenfolge der Fotografien sei weder bekannt noch möglich. Den Formulierungen des Berufungsgerichts: „In einem zweiten Schritt muss darüber die Filzdecke gelegt worden sein“, „muss diese Handlung vor den beiden anderen gelegen haben“ und „Für eine solche Abfolge spricht auch“ ist auch nicht zu entnehmen, dass die vom Berufungsgericht angenommene Reihenfolge letztlich spekulativ ist.

bb) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erfassen jedoch wesentliche Merkmale, die für die schöpferische Eigenart der [X.]-Aktion bestimmend sind, nicht oder nicht hinreichend.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei der [X.]-Aktion um ein Werk der Aktionskunst handelt, deren Ziel die Ersetzung eines [X.] durch eine künstlerische Aktion ist. Für die schöpferische Eigenart der [X.]-Aktion sind daher vor allem die „szenischen Handlungsabläufe“ und weniger die „merkwürdigen Hervorbringungen“ wie die [X.] im Holzverschlag oder der mit [X.] verlängerte Spazierstock von Bedeutung.

Die vom Berufungsgericht zur Rekonstruktion der szenischen Handlungsabläufe ausgewerteten Fotografien können angesichts ihrer geringen Zahl zwangsläufig nur einen kleinen Teil des gesamten Geschehens erfassen. Die 18 Fotografien geben nur 18 Momente der 20 bis 30 Minuten dauernden Aufführung wieder. Die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Aufnahmen sind ebenso wenig bekannt wie das Geschehen zwischen den Aufnahmen. Auf einigen Fotografien (insbesondere auf den Bildern 2, 15, 16 und 17) ist von der [X.]-Aktion nicht viel zu erkennen, weil die Aktionen von [X.] und [X.] im Vordergrund stehen. Der für die [X.]-Aktion als Werk der Aktionskunst wesentliche Aufführungscharakter kann mit diesen wenigen Momentaufnahmen nicht hinreichend erfasst werden. Dazu genügt es nicht, dass die Aufnahmen es erlauben, drei Handlungen (die Verteilung von Schokoladentafeln oberhalb des Plakats, die Bildung der [X.] aus [X.] in zwei Schichten, die Verlängerung eines Spazierstocks mit [X.]) zu unterscheiden.

Hinzu kommt, dass die Fotografien einige Elemente nicht wiedergeben, die die schöpferische Eigenart der [X.]-Aktion bestimmen. Auf keiner der Fotografien ist das (unstreitig) zu Beginn der Aktion noch unbeschriftete Plakat oder dessen (unstreitige) Beschriftung im Laufe der Aktion durch Norbert [X.] mit den Worten „[X.] von [X.] wird überbewertet“ vollständig zu sehen. Der Vorgang des Schmelzens der Schokolade, mit der - nach den von [X.] wiedergegebenen Erinnerungen - die Braunkreuz-Farbe angereichert und der Spazierstock verlängert wurden, ist aus den Fotografien gleichfalls nicht ersichtlich. Auf den Fotografien ist auch kein Glockenspiel oder sonstiges Instrument zu erkennen, das zur Erzeugung des von dem Kunsthistoriker [X.] erwähnten „Geräuschstücks mit Glocken“ gedient haben könnte. Zu dem für die gesamte Aktion wesentlichen akustischen Element fehlen jegliche Feststellungen.

cc) Damit fehlt eine tragfähige Grundlage für die Prüfung, welchen Gesamteindruck die [X.]-Aktion aufgrund der ihre schöpferische Eigentümlichkeit bestimmenden Einzelmerkmale vermittelt. Es kann daher bereits nicht festgestellt werden, ob der Gesamteindruck der Fotoserie mit dem Gesamteindruck der [X.]-Aktion übereinstimmt und es sich bei der Fotoserie daher um eine Vervielfältigung der [X.]-Aktion handelt. Es kommt dann nicht mehr darauf an, ob die Fotoserie so wesentliche Veränderungen aufweist, dass sie nicht als reine Vervielfältigung, sondern als Bearbeitung oder andere Umgestaltung der [X.]-Aktion anzusehen ist.

C. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Eine Zurückverweisung kommt nicht in Betracht, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das landgerichtliche Urteil ist auf die Berufung der Beklagten abzuändern; die Klage ist abzuweisen.

Es bleibt zwar offen, ob es sich bei der [X.]-Aktion um ein pantomimisches oder choreographisches Werk gehandelt hat und ob die Aktion vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des [X.] schriftlich oder in anderer Weise im Sinne von § 1 Abs. 2 [X.] festgelegt war; für die rechtliche Prüfung in der Revisionsinstanz ist daher zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass die [X.]-Aktion entweder kein pantomimisches oder choreographisches Werk gewesen ist oder jedenfalls die formellen Anforderungen an den [X.]schutz eines solchen Werkes erfüllt waren.

Es sind aber keine weiteren Feststellungen zu den die schöpferische Eigenart der [X.]-Aktion bestimmenden Merkmalen zu erwarten. Damit fehlt eine tragfähige Grundlage für die Prüfung, ob es sich bei der Fotoserie um eine Bearbeitung oder sonstige Umgestaltung der [X.]-Aktion handelt. Das geht zu Lasten der Klägerin, die als Anspruchstellerin im urheberrechtlichen Verletzungsprozess die Darlegungslast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen trägt (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2008 - [X.], [X.], 984 Rn. 19 = [X.], 1440 - [X.], mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                  Pokrant                      Büscher

                   Koch                      Löffler

Meta

I ZR 28/12

16.05.2013

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 30. Dezember 2011, Az: I-20 U 171/10, Urteil

§ 16 UrhG, § 23 S 1 UrhG, § 24 Abs 1 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.2013, Az. I ZR 28/12 (REWIS RS 2013, 5736)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5736

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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