Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.12.2010, Az. I R 86/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 56

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Gegenstand

(In Teilbereichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 22.12.2010 I R 84/09 - Zurechnung des Einkommens einer liechtensteinischen Stiftung - Notwendigkeit eines Verböserungshinweises - Fehlende Auskunftsregelung rechtfertigt Beschränkung des freien Kapitalverkehrs - Zurückverweisung an Vollsenat)


Leitsatz

1. NV: Die Zurechnung des Einkommens nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG a.F. setzt voraus, dass die ausländische Stiftung eigene Einkünfte erzielt. Dies ist nicht der Fall, wenn die betreffenden Einkünfte unmittelbar dem Stifter zuzurechnen sind.

2. NV: Gegen eine Zurechnung des Einkommens einer liechtensteinischen Stiftung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG a.F. bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken.

3. NV: Kann der Steuerpflichtige durch eine Einspruchsrücknahme den Ablauf der Festsetzungsfrist herbeiführen, muss das FA nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO verfahren, wenn es die Steuerfestsetzung zum Nachteil des Steuerpflichtigen ändern will.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist die Hinzurechnung des [X.]inkommens der [X.] nach § 15 der im Streitjahr 2000 geltenden Fassung des [X.]esetzes über die Besteuerung bei [X.] ([X.] --[X.]St[X.] a.F.--) streitig.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist neben ihren zwei [X.]eschwistern als [X.]rbin [X.]esamtrechtsnachfolgerin der im Jahr 2001 verstorbenen [X.] hatte seit 1971 dauerhaft in [X.] gelebt und in [X.] keinen Wohnsitz unterhalten. [X.] hatte sie die [X.] und die [X.] als Familienstiftungen liechtensteinischen Rechts errichtet, bevor sie im Jahr 1997 nach [X.] zog. In den Statuten und im [X.] der [X.] ist als "Stifter" und als "einziges Mitglied des Stiftungsrats" R bezeichnet.

3

[X.]lleiniger Begünstigter der [X.] war der jüngste [X.] der Stifterin, [X.]. Im Falle seines [X.]blebens sollten Begünstigte dieser Stiftung seine drei Kinder sein. Im [X.] war außerdem geregelt, dass der [X.] erst nach [X.]blauf von zwölf Monaten nach dem [X.]bleben der [X.] über seine Begünstigung benachrichtigt werden sollte.

4

Begünstigte der [X.] sollten die drei Kinder der [X.], nämlich die Klägerin, [X.] und [X.] zu gleichen Teilen sein. Das [X.] enthielt unter Ziffer II. Bedingungen, an die die [X.]uszahlung des Stiftungsvermögens an die Begünstigten gekoppelt war. So durften beispielsweise die Begünstigten nicht mehr als ihr Pflichtteilsrecht geltend machen und mussten sie sich mit ihrer Mindesterbberechtigung abfinden.

5

[X.] hatte in ihren [X.]inkommensteuererklärungen für die Jahre 1998 bis 2000 die [X.]rträge aus der [X.] als [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen deklariert, nicht jedoch die [X.]inkünfte aus der [X.].

6

[X.]b dem 30. Juni 2004 fand bei den Rechtsnachfolgern der verstorbenen [X.] eine Steuerfahndungsprüfung statt, die auch die [X.]rmittlung der Besteuerungsgrundlagen der beiden Stiftungen betraf. [X.]uf der [X.]rundlage des Berichts der Steuerfahndung vom 9. Januar 2006 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) am 13. März 2006 einen geänderten [X.]inkommensteuerbescheid 2000 gegen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin nach [X.]. Darin erfasste er u.a. die [X.]inkünfte aus beiden liechtensteinischen Familienstiftungen. In dem dagegen geführten [X.]inspruchsverfahren hat das F[X.] mit seiner [X.]inspruchsentscheidung die [X.]inkommensteuer erhöht, da es erstmals eine [X.]ufstellung der X-Bank über die von der [X.] im Jahr 2000 getätigten Veräußerungsgeschäfte berücksichtigte. Das Finanzgericht (F[X.]) wies die dagegen gerichtete Klage durch den [X.]inzelrichter ab (Hessisches F[X.], Urteil vom 18. [X.]ugust 2009  2 K 954/09).

7

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil und den [X.]inkommensteuerbescheid 2000 vom 13. März 2006 in [X.]estalt der [X.]inspruchsentscheidung aufzuheben.

8

Das F[X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Die Feststellungen des [X.] reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus. Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang die tatsächlichen Feststellungen zum Inhalt der Statuten und Beistatuten der [X.] mit Blick auf das liechtensteinische Recht treffen müssen, die eine Entscheidung ermöglichen, ob die von der [X.] erwirtschafteten Erträge steuerlich dieser oder unmittelbar der Stifterin [X.] als von ihr erzielte Einkünfte zuzurechnen sind.

1. Nach § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]StG a.F. wird für Zwecke der Einkommensteuer das Einkommen einer Familienstiftung i.S. des § 15 [X.]bs. 2 [X.]StG a.F., die sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung im [X.]usland hat, dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter zugerechnet. Diese Zurechnung setzt voraus, dass die Familienstiftung ein entsprechendes Einkommen im steuerrechtlichen Sinn erzielt (vgl. Senatsbeschluss vom 8. [X.]pril 2009 [X.]/08, [X.], 1437; Senatsurteil vom 5. November 1992 [X.], [X.], 62, [X.] 1993, 388). Die Vorschrift regelt nur die Zurechnung des Einkommens, nicht aber die --vorgelagerte-- Frage der Erzielung von Einkünften (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 1994 [X.], [X.], 404, [X.] 1994, 727). Die mit der [X.]nwendung des § 15 [X.]StG a.F. einhergehende Durchbrechung der [X.]bschirmwirkung ausländischer Rechtsträger tritt somit --abweichend von der Regelungslage bei einschlägigen [X.] (vgl. §§ 7 ff. [X.]StG a.F.), denen sowohl nach ihrem Tatbestand als auch nach ihrer Rechtsfolge grundsätzlicher spezialgesetzlicher Vorrang zukommt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 29. Januar 2008 [X.], [X.], 392, [X.] 2008, 978)-- zurück, wenn die betreffenden Einkünfte aufgrund allgemeiner Regelungen nicht der Stiftung, sondern einer anderen Person --dem [X.] zuzurechnen sind (ebenso z.B. [X.]/[X.], EStG/ [X.]/[X.], § 15 [X.]StG Rz 1; [X.] in [X.], EStG, § 15 [X.]StG Rz 7; [X.], Internationales Steuerrecht --[X.]-- 2009, 191; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]ußensteuerrecht, § 15 [X.]StG Rz 28 zu Stiftungen in [X.] unter Verweis auf das Urteil des [X.] --BFH-- vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, [X.], 518, [X.] 1998, 152; [X.]/[X.]/[X.], [X.]StG/[X.][X.], § 15 [X.]StG Rz 23; [X.]/[X.] in [X.], [X.]ußensteuergesetz/Doppelbesteuerungsabkommen, § 15 Rz 32; [X.], Die Besteuerung ausländischer Familienstiftungen nach dem [X.]ußensteuergesetz, 2010, [X.] ff.; vgl. auch [X.], Die Familienstiftung im [X.]ußensteuerrecht, 2010, [X.] f. sowie derselbe in [X.]/ [X.], [X.]ußensteuergesetz, 2. [X.]ufl., § 15 Rz 21; [X.], [X.], 603; zu [X.] Stiftungen auch von Löwe, [X.] 2005, 577; s. auch Schreiben des [X.] --BMF-- vom 16. September 2004 IV [X.] 4 - S 1928 - 120/04, IV [X.] 4 - S 1928 - 94/04, dort [X.]ntwort zu Frage 19, [X.]bsatz 3). Ob sich an dieser Rechtslage durch die [X.]nfügung des § 15 [X.]bs. 6 [X.]StG durch das Jahressteuergesetz 2009 ([X.]StG n.F.) etwas geändert hat, bedarf jedenfalls für das Streitjahr keiner Entscheidung (vgl. § 21 [X.]bs. 18 Satz 1 [X.]StG n.F.).

2. [X.]ufgrund dieser [X.]usgangslage hätte das [X.] prüfen müssen, wer wirtschaftlicher Eigentümer der von der [X.] gehaltenen Wirtschaftsgüter war und wem die damit erzielten Einkünfte zuzurechnen sind. Im [X.]llgemeinen kann insbesondere bei Kapitaleinkünften davon ausgegangen werden, dass der wirtschaftlichen Inhaberschaft einer Forderung die Zurechnung der daraus resultierenden Einkünfte folgt (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1999 [X.], [X.], 254, [X.] 1999, 514). Da bei Stiftungen in [X.] der [X.] regelmäßig an die [X.]nweisungen des [X.] gebunden ist (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 15 [X.]StG Rz 28; [X.], [X.] 2008, 603; zu "kontrollierten" [X.] vgl. auch [X.] in [X.], a.a.[X.], § 15 [X.]StG Rz 8), kann entgegen der Vorgehensweise des [X.] nicht unterstellt werden, das von der Stiftung verwaltete Vermögen und die daraus erzielten Einkünfte seien dieser ohne Weiteres steuerrechtlich zuzurechnen. Das [X.] hat insbesondere zu den Rechtsfolgen der Statuten und Beistatuten, einschließlich des Inhalts eines etwaigen Mandatsvertrags zu dem als rechtlicher Stifter aufgetretenen R, nach dem insoweit anwendbaren liechtensteinischen Recht bisher keine näheren Feststellungen getroffen. Es hat sich insoweit auf die Feststellung beschränkt, der Einwand der Klägerin, die verstorbene Stifterin [X.] habe zu Lebzeiten über die Erträge der [X.] verfügen können, während das bei der [X.] nicht der Fall gewesen wäre, gehe "ins Leere". Gerade die Frage der Gestaltungs- und Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen ist aber entscheidungserheblich. [X.]uch wenn das [X.] bei der allgemeinen Darstellung der Besteuerung nach § 15 [X.]StG a.F. davon ausgeht, dass die Besteuerungstatbestände von der Familienstiftung verwirklicht wurden, lässt das keinen Rückschluss darauf zu, ob § 15 [X.]StG a.F. überhaupt anwendbar ist.

Die dazu erforderlichen Feststellungen zum ausländischen Recht gehören zu den Tatsachenfeststellungen i.S. des § 118 [X.]bs. 2 [X.]O, die das [X.] von [X.]mts wegen und unter Beachtung des § 76 [X.]bs. 1 Satz 4 [X.]O i.V.m. § 90 [X.]bs. 2 der [X.]bgabenordnung ([X.]) sowie der §§ 16, 17 [X.]StG a.F. vorzunehmen hat (vgl. § 155 [X.]O i.V.m. § 293 der Zivilprozessordnung) und die im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können. Dabei hat das [X.] eine Gesamtwürdigung der tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte im Streitfall vorzunehmen (vgl. zu den zu würdigenden [X.]spekten beispielhaft BMF-Schreiben vom 16. September 2004, a.a.[X.], [X.]ntwort zu Frage 19, [X.]bsatz 5 f.). Die [X.]rt und Weise der Ermittlung ausländischen Rechts steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Dezember 2007 [X.]/07, [X.], 930, m.w.N.).

3. Wenn der Stiftung die Einkünfte unmittelbar zuzurechnen sind, wird das [X.] für die [X.]nwendung des § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]StG a.F. darüber hinaus prüfen müssen, ob sich seine bisherige Rechtsauffassung, dass sich nicht nur der Sitz, sondern auch die Geschäftsleitung der Stiftung in [X.] befand, aufrecht halten lässt. Dazu bedarf es ebenfalls weiterer Feststellungen, die dem Revisionsgericht versagt sind.

Schließlich wird das [X.] die Höhe des zu versteuernden Einkommens im Falle einer unmittelbaren Zurechnung der Einkünfte oder einer Zurechnung des Einkommens nach § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]StG a.F., unter Berücksichtigung der jeweiligen Ermittlungsvorschriften für natürliche Personen und Körperschaften einschließlich etwaiger Verlustabzüge, in der verfahrensrechtlichen Grenze des [X.] berechnen müssen.

4. Es ist nicht erforderlich, das Verfahren nach [X.]rt. 267 [X.]bs. 2, [X.]bs. 3 des Vertrags über die [X.]rbeitsweise der [X.] ([X.]mtsblatt der [X.] 2007 Nr. [X.]) auszusetzen und wegen der von der Klägerin aufgeworfenen Frage der Vereinbarkeit des § 15 [X.]StG a.F. mit dem [X.]bkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-[X.]bkommen) dem Gerichtshof der [X.] ([X.]) vorzulegen. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit oder den freien Kapitalverkehr nach [X.]rt. 31 bzw. [X.]rt. 40 des EWR-[X.]bkommens liegt nicht vor.

Zwar beschränkt § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]StG a.F. insbesondere den freien Kapitalverkehr. Die Beschränkung der [X.] wird aber gerechtfertigt, wenn es an einem steuerlichen [X.]uskunftsaustausch mit einem anderen [X.] fehlt und deshalb das Interesse der [X.]llgemeinheit, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, und die Notwendigkeit, die Wirksamkeit von Steuerprüfungen zu wahren, durch eine hierfür geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Regelung in anderer Weise sichergestellt wird (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 28. Oktober 2010 [X.]/09 "Établissements [X.]", [X.] 2010, 842; so auch [X.]-Urteil vom 19. November 2009 [X.]/07 "[X.]", [X.] 2009, 853). Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall vor.

Im Streitjahr bestand mit [X.] kein [X.]mtshilfeabkommen in Steuersachen und auch kein [X.]bkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einer gleichwertigen [X.]uskunftsregelung. Insoweit weist das F[X.] berechtigterweise darauf hin, dass es sich nicht auf einen Nachweis durch den Steuerpflichtigen verweisen lassen muss, wenn es dessen [X.]ngaben nicht im Wege der [X.]mtshilfe überprüfen kann. Das mit [X.] am 2. September 2009 abgeschlossene [X.]bkommen über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen ([X.], 951) wirkt nach dessen [X.]rt. 13 [X.]bs. 2 nicht auf das Streitjahr zurück. [X.]ngesichts dessen hat der erkennende Senat keine Zweifel an der Vereinbarkeit des § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]StG a.F. mit dem EWR-[X.]bkommen (vgl. zur fehlenden Vorlageverpflichtung bei offenkundiger Rechtslage [X.]-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "[X.]", Slg. 1982, 3415).

5. [X.]uch der von der Klägerin erhobene Einwand, die Vorschrift sei jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn die Stiftung vor der Wohnsitzverlegung nach [X.] errichtet wurde, ist unbeachtlich. Für die [X.]nwendung des § 15 [X.]StG a.F. und seine Vereinbarkeit mit dem EWR-[X.]bkommen kommt es auf das tatsächliche Vorliegen einer "Steuer- oder Kapitalflucht" aus [X.] nicht an.

6. Im zweiten Rechtsgang wird das [X.] ggf. erneut darüber befinden müssen, ob das F[X.] vor Ergehen der Einspruchsentscheidung auf die Verböserung gemäß § 367 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.] hätte hinweisen müssen. Ein solcher Hinweis war entgegen seiner [X.]uffassung nicht deswegen entbehrlich, weil das F[X.] die streitige Steuerfestsetzung auch über § 173 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] hätte korrigieren können.

Nach § 367 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.] kann der mit dem Einspruch angefochtene Verwaltungsakt auch zum Nachteil des [X.] geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter [X.]ngabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern. Damit soll der Einspruchsführer die Gelegenheit erhalten, den Einspruch zurückzunehmen und die Verböserung abzuwenden. Diesem Zweck entsprechend greift § 367 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.] dann nicht ein, wenn eine Entscheidung zum Nachteil des Steuerpflichtigen ungeachtet einer Rücknahme möglich ist (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 [X.], [X.], 100, [X.] 1997, 5; BFH-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 24/08, [X.], 390, [X.] 2009, 587).

Wird allerdings der [X.]blauf der Festsetzungsfrist lediglich durch den Einspruch gehemmt (§ 171 [X.]bs. 3a [X.]), würde durch die Einspruchsrücknahme die [X.]blaufhemmung entfallen und der angefochtene Steuerbescheid bestandskräftig werden. In einem solchen Fall bedarf es deshalb eines Hinweises nach § 367 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.] (vgl. zum Wegfall des [X.] BFH-Urteile in [X.], 390, [X.] 2009, 587; vom 17. Februar 1998 IX R 45/96, [X.] 1998, 816). Das gilt auch im Zusammenhang mit der [X.]blaufhemmung nach Beginn einer Steuerfahndung gemäß § 171 [X.]bs. 5 Satz 1 [X.]: Diese wirkt nur bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide (§ 171 [X.]bs. 5 [X.]), weshalb sie endet, wenn jene Bescheide zunächst mit einem Einspruch angefochten worden sind und der Einspruch in der Folge zurückgenommen wird. Daher hätte im Streitfall die Klägerin durch eine Rücknahme ihres Einspruchs gegen den Einkommensteuerbescheid vom 13. März 2006 einen [X.]blauf der Festsetzungsfrist herbeiführen können, weshalb § 367 [X.]bs. 2 Satz 2 [X.] eingreifen könnte.

Daraus folgt, dass sich das [X.] nicht ohne Weiteres auf den Hinweis der Möglichkeit einer Korrektur nach § 173 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] hätte beschränken dürfen. Es hätte weitere Feststellungen zum Beginn und [X.]blauf der Feststellungsfrist treffen müssen, da eine Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 169 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] nur vor [X.]blauf der Festsetzungsfrist möglich ist. Ist zweifelhaft, ob eine Änderung noch möglich ist, darf auf den Hinweis nicht verzichtet werden (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 2006 [X.], [X.], 18, [X.] 2006, 576).

7. [X.]ufgrund der Notwendigkeit einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] bedarf es keiner Entscheidung, ob das angefochtene Urteil auf den von der Klägerin gerügten weiteren verfahrensrechtlichen Mängeln beruht.

8. Die Sache wird gemäß § 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O an den zuständigen voll besetzten Senat und nicht an den Einzelrichter zurückverwiesen, da die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher [X.]rt aufweist (§ 6 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]O). Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

I R 86/09

22.12.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 18. August 2009, Az: 2 K 954/09, Urteil

§ 15 AStG, Art 31 EWRAbk, Art 40 EWRAbk, § 367 Abs 2 S 2 AO, § 171 Abs 5 S 1 AO, § 15 Abs 6 AStG vom 19.12.2008, § 39 AO, § 126 Abs 3 S 1 Nr 2 FGO, § 6 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.12.2010, Az. I R 86/09 (REWIS RS 2010, 56)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 56

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