Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2002, Az. VIII ZB 66/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 623

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[X.]/02vom20. November 2002in dem [X.]:ja[X.]Z:nein ZPO § 259Wurde Wohnraum gekündigt, weil der zahlungsunfähige Mieter über mehrereMonate hinweg keinen Mietzins zahlte, und erhebt der Vermieter Räumungs-klage, kann er zugleich die künftig fällig werdende Nutzungsentschädigung biszur Herausgabe der Wohnung einklagen.[X.], Beschluß vom 20. November 2002 - [X.]/02 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 20. November 2002 [X.] Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter [X.], Dr. Leimert,[X.] und [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 30. April 2002 im Kos-tenpunkt aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur erneuten Ent-scheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Die Kosten des [X.] hat die Beklagte zutragen.[X.]: 1.400 Gründe:[X.] Beklagte bewohnte ab Oktober 1975 aufgrund eines Mietvertragesmit der Klägerin Räume in deren [X.]. Da die Beklagte seit Juli 2000keine [X.] mehr leistete, kündigte die Klägerin das [X.] Schreiben vom 7. Dezember 2000 fristlos.Auf entsprechende Klage vom Januar 2001 hat das [X.] die Beklagte am 6. Juli 2001 im Wege des Versäumnisurteils zur Zah-- 3 -lung von rückständigem Mietzins in Höhe von 20.298,73 DM nebst Zinsen undzur Räumung der Wohnung verurteilt. Soweit die Klägerin beantragt hatte, [X.] für die [X.] ab August 2001 bis zur Herausgabe der Wohnung zu mo-natlicher Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.128,12 DM nebst Zinsen zuverurteilen, hat das Amtsgericht die Klage durch Schlußurteil vom 7. [X.] abgewiesen.Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.Nach Räumung der Wohnung durch die Beklagte am 1. März 2002 undZahlung geforderter Nutzungsentschädigung für Januar 2002 haben die [X.] den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. [X.] begehrten Nutzungsentschädigung für die Monate August 2001 bis [X.] 2001 und für Februar 2002 hat die Beklagte den [X.] anerkannt.Daraufhin hat das [X.] am 30. April 2002 antragsgemäß ein [X.] und Schlußurteil erlassen.Soweit der Rechtsstreit von den [X.]en übereinstimmend für erledigterklärt worden war, hat das [X.] der Klägerin nach § 91 a ZPO [X.] auferlegt. Es hat bezüglich der Kostenentscheidung nach übereinstim-menden Erledigungserklärungen der [X.]en die Rechtsbeschwerde zugelas-sen.Die Klägerin, der das Berufungsurteil am 14. Juni 2002 zugestellt wordenist, hat mit [X.] vom 4. Juli 2002, eingegangen am 8. Juli 2002, Rechts-beschwerde eingelegt und diese innerhalb der bis zum 16. September 2002antragsgemäß verlängerten Frist [X.] 4 -II.Das Rechtsmittel hat Erfolg.1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft; sieist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 575 ZPO).2. Die Rechtsbeschwerde ist auch [X.]) Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung nach § 91 a Abs. 1ZPO die Kosten der Klägerin auferlegt, weil es die Klage insoweit für unzulässiggehalten und gemeint hat, deshalb wäre die Klägerin ohne Erledigungserklä-rungen in diesem Umfang mit ihren Klageanträgen unterlegen.Hierzu hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt:Die Klage auf künftige Leistung der Nutzungsentschädigung sei [X.] §§ 257 ff. ZPO zulässig gewesen. Anders wäre dies nur, wenn die Kläge-rin aus den Erklärungen oder dem Verhalten der Beklagten hätte schließendürfen, daß diese nicht leisten wolle. Einen solchen Erklärungswert könne mander bloßen Nichtleistung jedoch nicht beimessen. Die Beklagte habe die Forde-rungen der Klägerin gerade nicht bestritten. Im erstinstanzlichen Verfahren seisie säumig geblieben. Ihr Verhalten und ihre Erklärungen im [X.] ließen lediglich Schlüsse auf ihre Leistungsunfähigkeit, nicht aber auf man-gelnden Leistungswillen zu. Nach verbreiteter Auffassung in [X.] Schrifttum sei eine voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichend,um die Besorgnis zu begründen, die andere [X.] werde sich im Sinne des§ 259 ZPO der Leistung entziehen. Aus § 258 ZPO lasse sich die Zulässigkeitdes Antrags der Klägerin gleichfalls nicht herleiten, weil die Forderung auf [X.] in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu weiterhin gegebe-nen Verpflichtungen des Vermieters stehe.- 5 -b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.aa) Nach §§ 257, 258 ZPO ist eine Klage auf künftige, nach Erlaß [X.] fällig werdende wiederkehrende Leistungen dann zulässig, wenn [X.] nicht von einer Gegenleistung abhängig ist. Diese Vorausset-zungen sind bei einer Klage auf Miet- oder Pachtzahlung nicht gegeben, weilder Anspruch auf Miet- oder Pachtzins mit einer Gegenleistung verknüpft ist.Hingegen ist bei einer auf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage (Eigentü-mer/[X.], ungerechtfertigte Bereicherung) gestützten Klage aufwiederkehrende Nutzungsentschädigung ein Gegenseitigkeitsverhältnis zu ver-neinen, weil mit dem Nutzungsentgelt die rein tatsächliche Nutzung, nicht eineentsprechende Leistung des zur Entschädigung Berechtigten abgegolten wer-den soll ([X.], Urteil vom 20. Juni 1996 - [X.], [X.] 1996, 1232 unterI. 1.); daher können diese künftigen Forderungen auf [X.] Wege einer Klage nach §§ 258, 257 ZPO geltend gemacht werden. Ob dieseGrundsätze auch auf den Entschädigungsanspruch nach § 557 BGB a.F. zuübertragen sind, ist umstritten. In dem Anspruch aus § 557 BGB a.F. ist einvertraglicher Anspruch eigener Art zu sehen, der an die Stelle des Mietzinsan-spruchs tritt ([X.]Z 104, 285, 290; [X.] in: Bub/[X.], Handbuch der Ge-schäfts- und Wohnraummieter, 3. Aufl., [X.]. 97) und seine Ursachegleichfalls in der Gewährung einer Leistung findet ([X.], Urteil vom 22. [X.] - [X.], [X.], 609 unter II, 1 [X.]; [X.] in: [X.], Mietrecht, 7. Aufl., § 557 [X.]. 3). Unter diesen Umständen sprichteiniges dafür, daß die Vorschrift des § 258 ZPO auf diesen Anspruch keine An-wendung finden kann (Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 258 [X.]. 2; vgl. [X.], NJW 1989, 138, 140; a.[X.], 2. Aufl., § 258[X.]. 9), zumal dem Vermieter, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt,darüber hinaus weiterhin eine Vielzahl von Verpflichtungen auferlegt [X.] -bb) Eine Entscheidung dieser Frage kann aber letztlich dahingestelltbleiben. Die Zulässigkeit der Klage auf die ab August 2001 bis zur [X.] zu entrichtenden monatlichen Beträge von 1.128,12 DM ergibtsich jedenfalls aus § 259 ZPO.Nach § 259 ZPO kann Klage auf künftige Leistung erhoben werden,wenn die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß sich der Schuldner der rechtzeitigenLeistung entziehen werde. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ein "Sich-Entziehen" im Sinne des § 259 ZPO stets anzunehmen,wenn der Schuldner die Forderung des Gläubigers ernstlich bestreitet ([X.]Z43, 28, 31; [X.], Urteil vom 20. Juni 1996 aaO; [X.], Urteil vom 14. [X.] - II ZR 330/97, NJW 1999, 954 unter [X.]). Umstritten ist, ob künftig fälligwerdende Nutzungsentschädigungen nach dieser Vorschrift auch dann einge-klagt werden können, wenn der Mieter nach beendetem Mietverhältnis eineNutzungsentschädigung voraussichtlich wegen Zahlungsunfähigkeit nicht [X.] wird. Nach einer Ansicht ist § 259 ZPO nicht anwendbar, weil die zu erwar-tende Nichtleistung infolge Zahlungsunfähigkeit einem Sich-Entziehen nichtgleichstehen soll ([X.], [X.], 583, 585; für die Besorgniskünftiger Zahlungsunfähigkeit: [X.] aaO, § 259 [X.]. 13;Zöller/[X.], ZPO, 23. Aufl., § 259 [X.]. 3). Nach anderer Auffassung ist§ 259 ZPO auch in Fällen voraussichtlicher Zahlungsunfähigkeit des [X.] ([X.], [X.], 173; [X.]/[X.]/Ball, Handbuch desgewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingsrechts, 8. Aufl., [X.]. 1124; [X.] in:Bub/[X.] aaO, 3. Aufl. VIII [X.]. 34; Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 259[X.]. 5; [X.] aaO S. 140 f.). Jedenfalls bei schon eingetretener [X.] hält der Senat die Anwendung des § 259 ZPO für [X.] spricht zunächst das Schutzbedürfnis des Gläubigers, dem [X.] Vorschrift des § 259 ZPO Rechnung getragen werden soll. Bei [X.] wie dem vorliegenden wird durch den über einen längeren [X.]raum [X.], auf Zahlungsunfähigkeit beruhenden Mietrückstand des Mieters [X.] begründet, er werde auch die nach Beendigung des [X.] werdenden Raten der Nutzungsentschädigung nicht bezahlen ([X.]aaO S. 141. Auch der der Vorschrift des § 259 ZPO zugrundeliegende [X.] eine Anwendung geboten erscheinen. Die §§ 257 bis 259 ZPO sind in [X.] eingefügt worden, um einem praktischen Bedürfnis nachzukommen; siesollen die Effektivität des Rechtsschutzes fördern. Die Zulassung der [X.] § 259 ZPO entspricht zudem dem Bedürfnis nach einer wirtschaftlichenProzeßführung, weil die Ansprüche auf rückständige Miete sowie auf die zu-künftige Nutzungsentschädigung aus demselben Sachverhalt hergeleitet wer-den und in einem besonders engen Zusammenhang stehen (vgl. [X.], [X.] 20. Juni 1996 aaO). Bei Nichtanwendung des § 259 ZPO wird es in [X.] dem vorliegenden regelmäßig zu Folgeprozessen kommen. Wenn mit [X.] bzw. der Klage auf Mietrückstände die Klage auf künftig fälligwerdende Nutzungsentschädigung verbunden werden kann, liegt dies auch [X.] des ehemaligen Mieters, der nicht mit einer Mehrzahl von [X.] wird, die in ihrer Summe höhere, auf ihn entfallende Kosten verursa-chen als ein einmal angestrengtes Verfahren.Mit seiner Entscheidung weicht der erkennende Senat nicht von der obenaufgeführten Rechtsprechung der anderen Zivilsenate ab. Zwar wird in den ge-nannten Entscheidungen ein "Sich-Entziehen" im Sinne des § 259 ZPO bejaht,wenn der Schuldner die Forderung des Gläubigers ernstlich bestreitet. Daß sichdie Heranziehung des § 259 ZPO auf die Fälle des Bestreitens beschränkensoll (vgl. Gesetzesbegründung in [X.]/[X.], Die gesamten Materialien zu- 8 -den [X.], [X.]), ist diesen Entscheidungen aber nichtzu entnehmen.DeppertHübschLeimert[X.]Wolst

Meta

VIII ZB 66/02

20.11.2002

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2002, Az. VIII ZB 66/02 (REWIS RS 2002, 623)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 623

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