Bundessozialgericht, Urteil vom 18.03.2021, Az. B 10 EG 6/19 R

10. Senat | REWIS RS 2021, 7736

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Elterngeldberechtigung - inländischer Wohnsitz - Auslandsaufenthalt von über einem Jahr - dauerhafter Schwerpunkt der Lebensverhältnisse - Doppelwohnsitz - zumindest annähernde Gleichwertigkeit mehrerer Lebensmittelpunkte - Beibehaltung einer voll eingerichteten Mietwohnung im Inland - zeitweises Wohnen - ganze Bandbreite des alltäglichen Lebens - Vorrang des Familienwohnsitzes - Ausstrahlungswirkung des deutschen Sozialrechts - Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund eines Sozialversicherungsabkommens - Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses


Leitsatz

1. Während eines auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalts besteht ein Elterngeldanspruch nur dann fort, wenn sich der dauerhafte Schwerpunkt der Lebensverhältnisse des Elterngeldberechtigten zumindest annähernd gleichwertig zwischen Ausland und Inland verteilt (Doppelwohnsitz).

2. Als alleiniger Wohnsitz des Elterngeldberechtigten ist in der Regel der Ort anzusehen, an dem seine Familie den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 15. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

[X.]ie Klägerin wehrt sich gegen die Aufhebung der [X.] für den siebten bis zwölften Lebensmonat ihrer am 18.3.2017 geborenen jüngeren Tochter (nachfolgend: [X.]) wegen eines längeren Aufenthalts der Familie in [X.].

2

Vor der Geburt ihrer Tochter [X.] war die Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt und befand sich seitdem in [X.]lternzeit, in der sie kein [X.]inkommen erzielte. Ihr [X.]hemann war bei der Firma [X.] beschäftigt.

3

Bei der Geburt von [X.] lebte die Klägerin mit ihrem [X.]hemann und dem gemeinsamen älteren Geschwisterkind in einer [X.]ohnung in (nachfolgend: [X.]). [X.]ie [X.]ohnung gehört der Klägerin, ist aber mit einem Nießbrauch ihres Vaters belastet, der ihr die [X.]ohnung dauerhaft vermietet.

4

Mit Bescheid vom 15.5.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin Basiselterngeld für den dritten bis zwölften Lebensmonat von [X.]. Ab dem siebten Lebensmonat ergab sich einschließlich des [X.] ein Betrag von monatlich 1980 [X.]uro, für den elften und zwölften Lebensmonat von monatlich 1800 [X.]uro.

5

Im Juli 2017 teilte die Klägerin der Beklagten mit, ihr [X.]hemann werde ab September des Jahres nach [X.] versetzt. Sie beabsichtige, so viel [X.] wie möglich mit [X.] und den Kindern in [X.] zu verbringen. Sie werde aber in regelmäßigen Abständen nach Hause kommen, wo sie unentgeltlich bei ihren [X.]ltern wohnen könne. Sie behalte ihren Arbeitgeber und einen [X.]ohnsitz in [X.]eutschland.

6

[X.]er Arbeitgeber des [X.]hemanns gab an, dieser werde für die [X.] bis zum 31.8.2020 an eine [X.]insatzgesellschaft in die [X.] entsandt, die ihn wiederum an die in V überlassen werde. Grundlage bilde ein [X.]ntsendevertrag. [X.]as Arbeitsverhältnis mit der Firma [X.] ruhe für die [X.]auer der [X.]ntsendung. [X.]ie [X.]insatzgesellschaft trage die Personal- und Sachkosten zu 100 Prozent und habe das tägliche [X.]eisungsrecht.

7

Mit Änderungsbescheid vom 28.7.2017 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid für die [X.] ab dem siebten Lebensmonat der [X.] (18.9.2017) auf. Mit ihrem [X.]egzug nach [X.] ab dem 1.9.2017 verliere die Klägerin ihren [X.]ohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.]eutschland.

8

Im [X.]iderspruchsverfahren führte die Klägerin aus, sie sei mit [X.] und den Kindern am 1.9.2017 nach [X.] geflogen. Sie könne aber jederzeit in ihre [X.]ohnung in [X.] zurückkehren. Sie müsse sich dort regelmäßig um ein geerbtes Haus und landwirtschaftliche Flächen kümmern. [X.]ann sie nach [X.]eutschland zurückkomme, stehe noch nicht fest. Sie hätten vor, [X.]eihnachten zu Hause zu feiern. Im Februar wollten sie die Vorsorgeuntersuchungen der Kinder bei ihrem Kinderarzt durchführen lassen. Außerdem stehe noch die Hochzeit ihrer besten Freundin an und im April eine wichtige Präsentation ihres Arbeitgebers. Möglicherweise flögen sie aber auch gar nicht nach [X.]eutschland, was vom Gesundheitszustand ihrer Kinder abhänge. Sie zahle in [X.]eutschland Steuern und beziehe weiterhin Kindergeld. [X.]en [X.]iderspruch wies die Beklagte nach Anhörung der Klägerin mit [X.]iderspruchsbescheid vom 21.12.2017 zurück.

9

[X.]as [X.] hat ihre Klage unter Verweis auf den fehlenden [X.]ohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in [X.]eutschland abgewiesen (Urteil vom 10.10.2018). Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin vorgetragen, der Aufenthalt ihres [X.]hemannes in [X.] sei projektbezogen; die Rückkehr könne jederzeit nach Abschluss des Projekts erfolgen. [X.]ie [X.] stellten nur eine Höchstgrenze dar. Ihr [X.]hemann unterliege weiter der Sozialversicherungspflicht in [X.]eutschland. [X.]en geplanten mehrwöchigen Aufenthalt über die [X.]eihnachtsfeiertage habe sie zwar wegen einer [X.]rkrankung ihrer Tochter verschieben müssen. Sie habe sich aber im Jahr 2018 von Mitte März bis Mitte April in ihrem Heimatort aufgehalten.

[X.]as L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen. [X.]ie Klägerin habe im streitigen [X.]raum weder [X.]ohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in [X.]eutschland, sondern ihren alleinigen Lebensmittelpunkt in V bei ihrem [X.]hemann gehabt. [X.]ie Familie habe die [X.]ohnung in [X.]eutschland nur für vorübergehende Aufenthalte zu Urlaubs-, beruflichen oder familiären Zwecken genutzt. [X.]er [X.]hemann sei nicht entsandt gewesen. [X.]ine der [X.]ntsendung vergleichbare Konstellation habe nicht bestanden (Urteil vom 15.10.2019).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin einen Verstoß gegen § 30 Abs 3 Satz 1 [X.]B I iVm § 1 Abs 1 des Gesetzes zum [X.]lterngeld und zur [X.]lternzeit ([X.] und [X.]lternzeitgesetz - B[X.][X.]G). Sie macht geltend, sie habe nach dem 1.9.2017 einen [X.]ohnsitz in [X.]eutschland beibehalten. Sie habe langfristig einen mehrwöchigen Aufenthalt mit [X.]ohncharakter über die [X.]eihnachtsfeiertage geplant, den sie nur wegen der [X.]rkrankung ihrer Tochter verschoben habe. Zudem gehe auch die Familienkasse von einem inländischen [X.]ohnsitz aus und gewähre deshalb weiterhin Kindergeld. [X.]ie Nichtberücksichtigung der Zahlung von Sozialbeiträgen durch ihren [X.]hemann verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG.

[X.]ie Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2018 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-[X.]ürttemberg vom 15. Oktober 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2017 in der Gestalt des [X.]iderspruchsbescheids vom 21. [X.]ezember 2017 aufzuheben.

[X.]ie Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). [X.]ie Klägerin hat keinen Anspruch auf [X.]lterngeld für den siebten bis zwölften Lebensmonat ihrer Tochter [X.]. [X.]er angefochtene Aufhebungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt sie daher nicht in ihren Rechten.

1. [X.]ie Klägerin begehrt mit ihrer nach § 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG statthaften isolierten Anfechtungsklage die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28.7.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2017 (§ 95 SGG), der die ursprüngliche [X.]lterngeldgewährung teilweise, für den siebten bis zwölften Lebensmonat von [X.], aufgehoben hat.

Wie die [X.]orinstanzen zu Recht entschieden haben, hat die Beklagte die [X.] in rechtmäßiger Weise für die Zukunft aufgehoben, weil der Klägerin für den sieben bis zwölften Lebensmonat von [X.] kein [X.]lterngeld zusteht. Sie hatte in dieser [X.] weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] (dazu unter 2.). [X.]benso wenig lagen in der Person ihres [X.]hemanns die [X.]oraussetzungen einer [X.]ntsendung iS von § 4 [X.][X.] vor (dazu unter 3.). [X.]erfassungsrechtliche Bedenken gegen den [X.]erlust des [X.]lterngeldanspruchs wegen der Aufgabe des Wohnsitzes in [X.] bestehen nicht (dazu unter 4.).

2. [X.]ie Beklagte hat die [X.] der Klägerin für den siebten bis zwölften Lebensmonat von [X.] in rechtmäßiger Weise aufgehoben. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids sind weder erhoben noch ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte die zunächst unterbliebene Anhörung der Klägerin (vgl § 24 Abs 1 SGB X) rechtzeitig noch vor [X.]rlass des Widerspruchsbescheids nachgeholt, wie es § 41 Abs 1 Nr 3 i[X.]m Abs 2 SGB X ermöglicht.

[X.]ie materiell-rechtlichen [X.]oraussetzungen der Aufhebungsentscheidung lagen ebenfalls vor. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein [X.]erwaltungsakt mit [X.]auerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen [X.]erhältnisse, die seinem [X.]rlass zugrunde lagen, wesentlich geändert haben. [X.]in solcher [X.]auerverwaltungsakt ist die [X.]lterngeldgewährung (vgl Senatsurteil vom 21.2.2013 - [X.] [X.]G 12/12 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.] RdNr 39 ff mwN). [X.]ine entscheidungserhebliche Änderung ist die Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland, weil damit eine Grundvoraussetzung des [X.]lterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] B[X.][X.]G (in der hier maßgeblichen ab 1.1.2015 geltenden Neufassung des Bundeselterngeld- und [X.]lternzeitgesetzes vom [X.], [X.]) entfällt. [X.]ie Klägerin hatte ab September 2017 weder einen Wohnsitz (dazu unter a) noch einen gewöhnlichen Aufenthalt (dazu unter b) in [X.]. Ihr fortlaufender [X.] ändert daran nichts (dazu unter c).

a) [X.]inen Wohnsitz iS von § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] B[X.][X.]G i[X.]m § 30 Abs 3 Satz 1, § 37 Satz 1, § 68 [X.]5 [X.] hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird.

Inhaber einer Wohnung ist, wer sie tatsächlich jederzeit nutzen kann ([X.] Urteil vom 26.7.1979 - 8b [X.] 12/78 - [X.] 5870 § 1 [X.] f = juris Rd[X.]7 mwN). [X.]iese [X.]erfügungsgewalt besaß die Klägerin weiterhin während des gesamten beanspruchten Bezugszeitraums des [X.]lterngelds. Sie war [X.]igentümerin der Familienwohnung in [X.] [X.]ie Wohnung war zwar mit einem Nießbrauch ihres [X.]aters belastet, der ihr die Wohnung jedoch dauerhaft vermietet, also vertraglich zum Gebrauch überlassen und ihr damit tatsächliche [X.]erfügungsgewalt eingeräumt hatte. Wie das [X.] weiter festgestellt hat, konnte die Klägerin nach Beginn ihres Auslandsaufenthalts in [X.] jederzeit in die voll eingerichtete Mietwohnung in [X.] zurückkehren, die sie damit voraussichtlich beibehalten würde.

[X.]ie Klägerin hatte die Wohnung im maßgeblichen [X.]punkt des [X.] aber nicht unter Umständen inne, die darauf schließen ließen, dass sie die Wohnung in Zukunft in ausreichendem Maße iS von § 30 Abs 3 Satz 1 [X.] nutzen würde.

aa) [X.]ine Wohnung benutzt iS von § 30 Abs 3 Satz 1 [X.], wer darin wohnt und die Wohnung als Mittel- und Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse nutzt. [X.]ntscheidend ist der an den objektiven [X.]erhältnissen zu messende, tatsächlich umsetzbare Wille, an einem bestimmten Ort zu wohnen (Senatsurteil vom 3.12.2009 - [X.] [X.]G 6/08 R - [X.][X.] 105, 70 = [X.] 4-7833 § 1 [X.]0, Rd[X.]5). Allein der Besitz einer Wohnung reicht dafür ebenso wenig aus, wie die polizeiliche oder ordnungsbehördliche Meldung eines Wohnsitzes, solange keine ausreichende Benutzung dazukommt (Senatsurteil vom 20.12.2012 - [X.] [X.]G 16/11 R - [X.] 4-7837 § 12 [X.] Rd[X.]8). [X.]afür muss am Wohnort ein Lebensmittelpunkt von bestimmter [X.]auer bestehen (Senatsurteil vom 3.12.2009 - [X.] [X.]G 6/08 R - [X.][X.] 105, 70 = [X.] 4-7833 § 1 [X.]0, RdNr 31); die Wohnung muss den (oder zumindest einen) Schwerpunkt der Lebensverhältnisse bilden (Senatsurteil vom 20.12.2012 - [X.] [X.]G 16/11 R - [X.] 4-7837 § 12 [X.] Rd[X.]8). [X.]ine nur vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen, solange sich dadurch nicht der alleinige Schwerpunkt der Lebensverhältnisse an einen anderen Ort verlagert ([X.] vom 28.5.1997 - 14/10 [X.] 14/94 - [X.] 3-5870 § 2 [X.] f = juris Rd[X.]4 f). Wo der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse liegt, beurteilt sich nach den wirtschaftlichen, rechtlichen und persönlichen Gegebenheiten und Beziehungen im [X.]inzelfall. [X.]amit ein Wohnsitz besteht, müssen sie den Schluss auf den - tatsächlich umsetzbaren - Willen des [X.] tragen, die Wohnung (auch) in Zukunft dauerhaft zu nutzen (hierzu und zum [X.]orstehenden insgesamt Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], Rd[X.] f).

[X.]a es somit die Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht von vornherein ausschließt, wenn eine Wohnung nicht mehr ständig benutzt wird, können im [X.]inzelfall zwei Wohnsitze gleichzeitig bestehen. [X.]as besagt schon der Wortlaut des § 30 Abs 3 Satz 1 [X.], indem er den unbestimmten Artikel nutzt ("einen Wohnsitz"). [X.]in solcher doppelter Wohnsitz besteht ausnahmsweise, wenn sich der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse annähernd gleichmäßig auf beide Wohnorte verteilt, weil sich die Intensität der Beziehungen zu beiden Orten nicht maßgeblich unterscheidet. Insbesondere darf die Lebensführung an beiden Orten nicht nur begrenzte Ausschnitte, sondern sie muss in vergleichbarem Umfang die ganze Bandbreite des alltäglichen Lebens umfassen (vgl Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], Rd[X.]0; Senatsurteil vom 20.12.2012 - [X.] [X.]G 16/11 R - [X.] 4-7837 § 12 [X.] Rd[X.]8; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl 2020, § 30 Rd[X.], jeweils mwN).

Bei geplanten Auslandsaufenthalten von bis zu einem Jahr greift in dieser Hinsicht nach ständiger Rechtsprechung des [X.] aus Gründen der [X.]erwaltungsvereinfachung und Praktikabilität eine widerlegliche [X.]ermutung für die Aufrechterhaltung eines Inlandswohnsitzes; sie macht die ansonsten erforderliche umfassende Würdigung aller aussagekräftigen [X.]inzelfallumstände entbehrlich. Beabsichtigt der [X.] innerhalb eines Jahres zurückzukehren und hält er seine Inlandswohnung jederzeit nutzbar, wird hiernach widerleglich vermutet, dass zumindest ein Schwerpunkt der Lebensverhältnisse am bisherigen Wohnort fortbesteht (vgl Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], Rd[X.]1 f mwN).

[X.]iese [X.]ermutung greift dagegen nicht, wenn der Auslandsaufenthalt auf mehr als ein Jahr angelegt ist. Wer trotz einer für einen derart langen [X.]raum geplanten Abwesenheit geltend macht, sein Wohnsitz im Inland bestehe fort, muss dafür positive Indizien benennen können, die den Schluss auf eine Aufrechterhaltung eines Lebensmittelpunkts im Inland tragen. Nicht aussagekräftig sind dafür zwischenzeitliche Inlandsaufenthalte von überschaubarer [X.]auer, die nur begrenzten Zwecken privater, familiärer oder beruflichen Natur dienen, wie insbesondere bloße Besuche. [X.]amit der inländische Wohnsitz trotz eines geplanten Auslandsaufenthalts von mehr als einem Jahr bestehen bleibt, müssen die erforderlichen zwischenzeitlichen Aufenthalte im Inland vielmehr den Charakter eines zeitweisen Wohnens - im Sinne einer Nutzung der Wohnung als Schwerpunkt der Lebensverhältnisse - haben (Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], Rd[X.]1; [X.] vom 28.5.1997 - 14/10 [X.] 14/94 - [X.] 3-5870 § 2 [X.] f = juris Rd[X.]5). [X.]afür muss die Inlandswohnung für eine erhebliche [X.] weiter oder wieder den Schwerpunkt der maßgeblichen Lebensbeziehungen bilden, an dem sich das Alltagsleben in vergleichbarem Ausmaß wie im Ausland abspielt und so eine hinreichend intensive Bindung zum Inland erkennen lässt.

Im [X.]lterngeldrecht sind die für das Bestehen eines Wohnsitzes aussagekräftigen [X.]inzelfallumstände auch im Lichte der Zweckbestimmung dieser Familienleistung zu würdigen. Sie soll nach den [X.]orstellungen des Gesetzgebers, wie sie die Materialien der Ursprungsfassung des B[X.][X.]G widerspiegeln, einen "Schonraum für Familien" eröffnen, in dem diese "ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden und sich vorrangig der Betreuung ihrer Kinder widmen können" (so die Lösung unter B. des Gesetzentwurfs der Fraktionen der [X.] und [X.] zum Gesetz zur [X.]inführung des [X.]lterngeldes, BT-[X.]rucks 16/1889 [X.]). Als alleiniger Wohnsitz des [X.]lterngeldberechtigten ist deshalb regelhaft der Ort anzusehen, an dem seine Familie den gemeinsamen Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat.

bb) Nach diesen rechtlichen Maßgaben erfolgt die Prüfung, ob bei einem längeren Auslandsaufenthalt eines [X.]lterngeldberechtigten der Wohnsitz nach § 30 Abs 3 Satz 1 [X.] i[X.]m § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] B[X.][X.]G in [X.] fortbesteht, in drei Schritten:

In einem ersten Schritt sind alle die Wohnungen in [X.] und im Ausland betreffenden Tatsachen festzustellen, die zu Beginn des entscheidungserheblichen Bezugszeitraums erkennbar waren und einen Schluss auf das zukünftige [X.]erhalten des [X.] erlauben. [X.]as können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche, bestehende oder zukünftig zu erwartende Umstände sein. [X.]iese sind in einem zweiten Schritt in einer vorausschauenden Betrachtung zu würdigen. Schließlich ist in einem dritten und letzten Schritt auf dieser tatsächlichen Grundlage die Prognose zu treffen, ob der [X.]lterngeldberechtigte die Wohnung in [X.] während des Auslandsaufenthalts im Bezugszeitraum weiterhin innehaben, behalten und benutzen wird (vgl hierzu und dem Folgenden ausführlich Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], Rd[X.]4 ff mwN).

[X.]er von § 30 Abs 3 Satz 1 [X.] verlangte Schluss von den tatsächlichen Umständen, unter denen jemand eine Wohnung innehat, auf deren zukünftige Nutzung beinhaltet die Feststellung einer hypothetischen Tatsache. [X.]ie Feststellung ihrer tatsächlichen Grundlagen durch die Tatsacheninstanzen bindet das Revisionsgericht nach § 163 SGG, solange sie nicht in sich widersprüchlich, offensichtlich lückenhaft oder mit durchgreifenden [X.]erfahrensrügen angegriffen ist. Rechtlich hat das [X.] auf dieser Grundlage nur noch zu prüfen, ob das [X.] für seine Prognose sachgerechte Kriterien gewählt und richtig angewendet hat (vgl hierzu Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 30 ff mwN).

cc) Nach diesen Maßstäben hat das [X.] den Fortbestand eines Inlandswohnsitzes der Klägerin ab Beginn ihres Aufenthalts in [X.] rechtsfehlerfrei verneint.

[X.]ie Klägerin hat keine förmlichen [X.]erfahrensrügen gegen die vom [X.] festgestellten Tatsachen erhoben, sondern zieht daraus nur andere (rechtliche) Schlüsse. [X.]ie Feststellungen des Berufungsgerichts sind zudem weder offensichtlich unklar oder widersprüchlich (vgl [X.] vom 10.8.2000 - B 11 [X.] 83/99 R - juris Rd[X.]0 mwN), weshalb der Senat sie seinem Urteil nach § 163 SGG zugrunde zu legen hat.

[X.]as [X.] ist zutreffend von den dargelegten rechtlichen Maßstäben ausgegangen und hat sie richtig angewandt. [X.]s hat zur Beibehaltung des Inlandswohnsitzes wegen des geplanten Auslandsaufenthalts der Klägerin von mehr als einem Jahr ein "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung in [X.] verlangt. Kurzzeitige Besuche sowie Aufenthalte zu beschränkten Zwecken hat es dagegen zu Recht nicht ausreichen lassen.

Nach den Feststellungen des [X.] hielt sich die Familie von September 2017 an durchgehend am beruflichen [X.]insatzort des [X.]hemanns in [X.] auf. [X.]ies entsprach weitgehend der von der Klägerin zuvor geäußerten Absicht, "so viel [X.] wie möglich" mit ihrem [X.]hemann in [X.] zu verbringen. [X.]ie Familienwohnung in [X.] wollte die Klägerin dagegen nach ihren Planungen stets nur für vorübergehende Aufenthalte zu Urlaubs-, beruflichen oder familiären Zwecken nutzen. [X.]as [X.] hat daraus ohne Rechtsfehler gefolgert, die Klägerin habe ab September 2017 ihren alleinigen Lebensmittelpunkt mit ihren Kindern zu [X.] nach [X.] verlagert und keinen zweiten, annähernd gleichwertigen Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen in [X.] beibehalten.

[X.]ie [X.]inwendungen der Klägerin belegen keine Prognosefehler des [X.]. [X.]ies gilt für den von ihr beabsichtigten, letztlich aber unterbliebenen mehrwöchigen Aufenthalt über die [X.], der mehr als nur ein Besuch gewesen sei, weil er [X.] auch für die [X.]orsorgeuntersuchungen ihrer Kinder habe genutzt werden sollen. [X.]ies trifft in gleicher Weise zu für ihr [X.]orhaben, während weiterer Aufenthalte den Kontakt zu ihrem Arbeitgeber und ihren Freunden aufrechtzuerhalten und zu stärken. [X.]iese [X.] stützen vielmehr die Schlussfolgerung des [X.], die - geplanten - vorübergehenden Aufenthalte der Klägerin hätten jeweils begrenzten familiären, privaten oder beruflichen Zwecken gedient und deshalb gerade keinen umfassenden Lebensmittelpunkt in [X.] aufrechterhalten. Indem die Klägerin betont, wie sehr sie und ihre Familie in ihrem Heimatort verwurzelt seien, belegt dies zwar die erforderliche Rückkehrabsicht als eine maßgebliche [X.]oraussetzung für die Beibehaltung des Inlandswohnsitzes. [X.]iese allein genügt aber nicht, um während eines längeren Auslandsaufenthaltes einen Wohnsitz in [X.] zu behalten. [X.]enn eine bloße Absicht für die fernere Zukunft begründet keinen aktuellen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen in [X.] (vgl hierzu Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], Rd[X.]0 mwN).

b) [X.]benso wenig wie über einen Wohnsitz verfügte die Klägerin nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (vgl § 163 SGG) im hier entscheidungserheblichen [X.]raum über einen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.].

Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat nach § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] B[X.][X.]G i[X.]m § 30 Abs 3 Satz 2 [X.] jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. [X.]afür genügt ein tatsächliches, absehbar längeres, [X.] und mehr als zufälliges [X.]erweilen (vgl Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 43 f; [X.], [X.], 6. Aufl 2019, § 30 Rd[X.]3, jeweils mwN). [X.]en gewöhnlichen Aufenthalt im Inland verliert nicht, wer sich von vornherein zeitlich begrenzt und nur vorübergehend im Ausland aufhält, solange er seine maßgeblichen Lebensbeziehungen zum Aufenthaltsort im Inland aufrechterhält ([X.] vom 22.3.1988 - 8/5a [X.] - [X.][X.] 63, 93, 97 f = [X.] 2200 § 205 [X.] f = juris Rd[X.]1 ff für ein Auslandsstudium). [X.]agegen ist die [X.]erlagerung des örtlichen Schwerpunkts der Lebensverhältnisse ein gewichtiges Indiz für einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts ([X.] vom 31.10.2012 - [X.] R 1/12 R - [X.][X.] 112, 116 = [X.] 4-1200 § 30 [X.], RdNr 30). [X.]in erneuter, aber nur vorübergehender oder besuchsweiser Inlandsaufenthalt nach einer solchen [X.]erlagerung genügt dann allein nicht, um einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (vgl [X.] vom 28.5.1997 - 14/10 [X.] 14/94 - [X.] 3-5870 § 2 [X.] ff = juris Rd[X.]3 ff).

Ob jemand sich nach diesen [X.]orgaben gewöhnlich (weiterhin) an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält, lässt sich weitgehend auf dieselbe Weise wie beim Wohnsitz nur mittels einer vorausschauenden Betrachtung feststellen. [X.]iese Prognose hat alle Umstände des [X.]inzelfalls zu berücksichtigen, wie sie zu Beginn des entscheidungserheblichen [X.]raums erkennbar sind. Ihr Schwerpunkt liegt dabei noch stärker als beim Wohnsitz auf den tatsächlichen [X.]erhältnissen. [X.]s obliegt wiederum allein den [X.]en, die dafür notwendigen [X.]rmittlungen durchzuführen und auf dieser Grundlage die Prognose zu stellen. Ohne begründete [X.]erfahrensrügen hat das [X.] in dieser Hinsicht lediglich - wie oben ausgeführt - zu prüfen, ob die [X.]e für ihre Prognose sachgerechte Kriterien gewählt und richtig angewendet haben (Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 45).

Nach diesen [X.]orgaben ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] mit dem Wohnsitz auch einen gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin in [X.] verneint hat, weil sie ihren alleinigen Lebensmittelpunkt zu ihrem [X.]hemann nach [X.] verlagert hatte.

c) [X.]er [X.]inwand der Klägerin, sie habe während ihres Aufenthalts in [X.] Kindergeld bezogen, führt zu keinem anderen [X.]rgebnis. Zwar mag die Familienkasse bei der Gewährung von Kindergeld nach § 62 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]inkommensteuergesetz ([X.]StG) davon ausgegangen sein, die Klägerin oder ihr [X.]hemann hätten während des [X.]aufenthalts ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] beibehalten. [X.]araus ergibt sich indes nichts rechtlich [X.]erbindliches für ihren [X.]lterngeldanspruch. Ob der inländische Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt nach § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] B[X.][X.]G i[X.]m § 30 Abs 3 Satz 1 und 2 [X.] während des längeren Auslandsaufenthalts eines [X.]lterngeldberechtigten fortbesteht, haben die [X.]lterngeldstellen und Sozialgerichte im sozialrechtlichen [X.]lterngeldverfahren vielmehr eigenständig zu prüfen. [X.]ies gilt sogar dann, wenn die Familienkasse im steuerrechtlichen Kindergeldverfahren das [X.]orliegen eines inländischen Wohnsitzes nach § 8 Abgabenordnung [X.]) oder eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 9 AO für den gleichen [X.]raum bejaht haben sollte. [X.]ine Bindung der [X.]lterngeldstellen an solche [X.]ntscheidungen der Familienkassen oder deren [X.]orrang ist gesetzlich nicht bestimmt und deshalb zu verneinen. [X.]ie fehlende gesetzliche Anordnung der Bindungswirkung unterscheidet die vorliegende Konstellation maßgeblich von der Rechtsprechung des Senats zur Steuerakzessorietät des Begriffs der sonstigen Bezüge (Senatsurteil vom 14.12.2017 - [X.] [X.]G 7/17 R - [X.][X.] 125, 62 - [X.] 4-7837 § 2c [X.], Rd[X.]7 ff), die das [X.] als Anlass für seine Revisionszulassung angeführt hat.

Insbesondere bestehen ohnehin keine grundlegenden Unterschiede zwischen dem sozialrechtlichen Wohnsitzbegriff nach § 30 Abs 3 Satz 1 [X.] und dem steuerrechtlichen Wohnsitzbegriff nach § 8 AO und der jeweiligen Auslegung durch das [X.] einerseits und des [X.] andererseits (Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 39). Auch nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Frage der Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes unter Berücksichtigung aller Umstände des [X.]inzelfalls im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen (vgl [X.] Urteil vom 17.12.2015 - [X.] R 13/15 - juris Rd[X.]3 mwN). Hierbei lässt sich für die [X.]auer des Auslandsaufenthalts keine maximale Grenze ziehen (vgl [X.] Beschluss vom 22.11.2011 - [X.]/11 - juris RdNr 8 mwN).

Nach § 8 AO, dessen Wortlaut identisch ist mit dem von § 30 Abs 3 Satz 1 [X.], hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. [X.]as setzt nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl zB [X.] Urteil vom 17.12.2015 - [X.] R 13/15 - juris Rd[X.]3; [X.] Urteil vom 15.7.2010 - III R 6/08 - juris Rd[X.]2, jeweils mwN) neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen insbesondere das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig nutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit - wenn auch in größeren [X.]abständen - aufsucht. [X.]in nur gelegentliches [X.]erweilen während unregelmäßig aufeinanderfolgender kurzer [X.]räume zu [X.]rholungs- oder Besuchszwecken reicht nicht aus. [X.]avon geht - wie oben dargestellt - grundsätzlich auch das [X.] aus. Bei einem ins Ausland entsandten Arbeitnehmer gelten nach der Rechtsprechung des [X.] in dieser Hinsicht keine anderen Maßstäbe (vgl [X.] Beschluss vom 5.1.2012 - III B 42/11 - juris Rd[X.]3 f). Zwar hat der [X.] im Urteil vom 12.1.2001 ([X.]I R 64/98 - juris Rd[X.]) auch ausgeführt, eine Wohnung im Inland brauche nicht "den Mittelpunkt der Lebensinteressen" des Steuerpflichtigen zu bilden. [X.]iese Ausführungen erfolgten jedoch lediglich vor dem Hintergrund und zur Begründung dafür, dass der Steuerpflichtige "deshalb mehrere Wohnsitze haben" kann. [X.]in doppelter Wohnsitz ist aber - wie oben bereits erläutert - auch nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl zB Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 40; Senatsurteil vom 20.12.2012 - [X.] [X.]G 16/11 R - [X.] 4-7837 § 12 [X.] Rd[X.]8 mwN) möglich, wenn nach den [X.]") erkennbaren inneren und äußeren Umständen des [X.]inzelfalls der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen an verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. [X.]ies war bei der Klägerin nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] jedoch nicht der Fall. [X.]ine andere rechtliche Beurteilung der Familienkasse für die Zwecke der [X.] ändert daran - wie oben ebenfalls schon aufgezeigt - nichts.

3. [X.]er fehlende Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt kann auch nicht mit Hilfe der sozialversicherungsrechtlichen Ausstrahlungswirkung kompensiert werden (§ 1 Abs 2 Satz 1 [X.] i[X.]m Satz 2 B[X.][X.]G, § 4 Abs 1 [X.][X.]). [X.]ie Klägerin, die im streitbefangenen [X.]raum keine [X.]rwerbstätigkeit ausgeübt hat, zählte nicht über ihren [X.]hemann zum Kreis der Anspruchsberechtigten. [X.]er [X.]hemann der Klägerin war nicht im Rahmen seines [X.] Beschäftigungsverhältnisses nach [X.] entsandt, wie es § 4 Abs 1 [X.][X.] als [X.]oraussetzung für eine sozialversicherungsrechtliche Ausstrahlungswirkung verlangt. [X.]ie während des Auslandsaufenthalts verbliebene (Rest-)Bindung an seinen [X.] Arbeitgeber umfasste nicht mehr den Schwerpunkt der typischen tatsächlichen und rechtlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses, sondern beschränkte sich auf ein sogenanntes Rumpfarbeitsverhältnis, das keine Ausstrahlungswirkung hat und daher keinen Anspruch auf [X.]lterngeld begründen kann (zu den [X.]oraussetzungen im [X.]inzelnen Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 49; Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.]G 12/09 R - [X.] 4-7833 § 1 [X.]1 Rd[X.]8 f; [X.] vom 17.12.2015 - [X.] U 1/14 R - [X.] 4-2400 § 4 [X.] Rd[X.]). [X.]enn wie das [X.] bindend (§ 163 SGG) festgestellt hat, war der [X.]hemann der Klägerin ab dem 1.9.2017 bei einer rechtlich selbstständigen Tochtergesellschaft im Ausland beschäftigt und unterlag deren täglichen Weisungsrecht. Sie trug die Personalkosten zu 100 Prozent. [X.]ie Hauptleistungspflichten aus einem Arbeitsvertrag mit der [X.] in [X.] waren dementsprechend suspendiert. [X.]urch diese vom [X.] festgestellten [X.]ertragsgestaltungen bestand während des Aufenthalts in [X.] in [X.] kein vollständiges Beschäftigungsverhältnis mit Ausstrahlungswirkung iS des § 4 Abs 1 [X.][X.] mehr, sondern nur noch ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis. Nichts anderes ergibt sich aus der vom [X.] festgestellten Anwendung des [X.] Sozialversicherungsrechts auf den [X.]hemann der Klägerin über eine Ausnahmevereinbarung nach dem deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommen. [X.]ie darauf gestützte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in [X.] konnte die [X.]erlagerung der Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses (Gehaltszahlung und [X.]irektionsrecht) ins Ausland nicht aufwiegen und damit keinen Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses im Inland aufrechterhalten.

4. [X.]ie verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen ihren Ausschluss vom [X.]lterngeld teilt der Senat nicht. [X.]ie Anknüpfung der [X.]lterngeldberechtigung an einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis beruht auf einem sachlichen Grund. Mit der damit verbundenen Ungleichbehandlung verfolgt der Gesetzgeber mit geeigneten [X.]ifferenzierungskriterien ein rechtlich zulässiges [X.]ifferenzierungsziel in angemessener und insgesamt verhältnismäßiger Weise (vgl dazu ausführlich Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 51 ff). [X.]in Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt als Grundvoraussetzung für den [X.]lterngeldanspruch gewährleistet - anders als die bloße Beibehaltung einer inländischen Wohnung - die nötige Anbindung an die inländischen Lebensverhältnisse. [X.]as beschränkt den begünstigten Personenkreis grundsätzlich auf eine [X.]rziehung und Betreuung des Kindes im Inland. [X.]enn der Gesetzgeber beabsichtigt, die Änderung der Lebenssit[X.]tion infolge der [X.]lternschaft gerade unter den spezifischen wirtschaftlichen Gegebenheiten in [X.] auszugleichen. Während eines längeren Auslandsaufenthalts darf er in typisierender Betrachtung eine Lösung vom Lebensmittelpunkt in [X.] annehmen. [X.]ie von der Klägerin angeführte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für ihren [X.]hemann im Inland auf der Grundlage des deutsch-kanadischen [X.] ändert daran nichts. Sie genügt - wie ausgeführt - nicht, um den maßgeblichen Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses in [X.] aufrechtzuerhalten.

Mit diesem auf eine hinreichende Anbindung ans Inland abzielenden Regelungskonzept steht es in [X.]inklang, [X.]lterngeld bei [X.] auch solchen Personen zukommen zu lassen, die während eines nur vorübergehenden Auslandsaufenthalts noch einen hinreichend engen Bezug zur inländischen Arbeitswelt haben (vgl Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.]G 12/09 R - [X.] 4-7833 § 1 [X.]1 RdNr 35). [X.]s ist sachgerecht, die Gewährung des [X.]lterngelds an ein Beschäftigungsverhältnis zu knüpfen, das der inländischen Sozialversicherung unterliegt und damit als Ausnahmetatbestand das [X.] und Aufenthaltsprinzip erweitert. [X.]enn anders als ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis sichert diese Anknüpfung einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland. Innerhalb der - auch unter Berücksichtigung des Schutzes von [X.]he und Familie (Art 6 Abs 1 GG) - besonders weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen ist demnach auch die sich aus dieser Anknüpfung ergebene Ungleichbehandlung durch hinreichend gewichtige Gründe sachlich gerechtfertigt (Senatsurteil vom 27.3.2020 - [X.] [X.]G 7/18 R - [X.][X.] 130, 103 = [X.] 4-7837 § 1 [X.], RdNr 54).

5. [X.]ie Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Meta

B 10 EG 6/19 R

18.03.2021

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Stuttgart, 10. Oktober 2018, Az: S 9 EG 423/18, Urteil

§ 1 Abs 1 S 1 Nr 1 BEEG, § 30 Abs 3 S 1 SGB 1, § 30 Abs 3 S 2 SGB 1, § 4 Abs 1 SGB 4, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, § 8 AO 1977, § 9 AO 1977, SozSichAbk CAN, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.03.2021, Az. B 10 EG 6/19 R (REWIS RS 2021, 7736)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7736

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